Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag arbeitet mit einer Art Schuldvermutung. Das heißt, alle internetbasierten Angebote, die nicht über eine Altersfreigabe verfügen, gelten als schlecht und werden blockiert. Hiermit werden nicht kommerzielle und private Anbieter diskriminiert, die sich diese teuren Filtergeschichten, die Alterskennzeichnungen wahrscheinlich gar nicht leisten können. Dann werden ihre Angebote, wenn ein Filter installiert ist, automatisch blockiert. Damit könnte es sogar dazu kommen, dass gute Angebote wie z. B. das von Myjuleica oder das von Jugendgruppen blockiert werden, obwohl sie für Kinder ausgesprochen gut geeignet und sogar für sie gedacht sind. Ich halte das für ziemlich sinnlos.
Was wir brauchen - die Vorrednerinnen haben es gesagt -, ist Medienkompetenz, und zwar eine, die bei der Nutzung des Netzes zum Tragen kommt, so wie das bei Myjuleica ist: Jeder Beitrag, der eingestellt wird, ist sofort für andere User sichtbar. Aber es wird ausdrücklich dazu aufgefordert, im Netz darüber zu diskutieren, ob die Inhalte gut oder richtig sind, sie im Zweifelsfall zu melden, sie selbst zu sperren. So entsteht Internet- und Medienkompetenz, nämlich indem die Menschen es tun. Das scheint mir ein Ansatz zu sein, der mehr Erfolg verspricht. Filterprogramme können diese Kompetenz und auch die Erziehungsbereitschaft der Erziehenden leider nicht ersetzen, und auch nicht die Nichtbereitschaft dieser Landesregierung, mehr Geld und konsequent in Schule und Kindertagesstätten für Medienkompetenz zu investieren.
Man kann den Inhalt dieses Staatsvertrages mit „Thema verfehlt“ zusammenfassen, und, ehrlich gesagt, dazu können Sie unsere Zustimmung nicht erwarten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird schwerpunktmäßig der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag novelliert. Der FDPFraktion war es seit Beginn der Beratung zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ein zentrales Anliegen, den im europäischen Vergleich hohen Standard des Jugendschutzes in Deutschland einerseits zu erhalten und ihn andererseits den Gegebenheiten des technischen Fortschritts und der zunehmenden Digitalisierung der Alltagswelt zeitgemäß und umsetzbar anzupassen.
Die aktive Einbeziehung der Anbieter in den Jugendmedienschutz begrüßen wir ausdrücklich und sehen das Prinzip der regulierten Selbstregulierung als zukunftsweisenden Weg. Natürlich müssen zum Verständnis dieser sehr komplexen Formulierung noch etwas praxisnähere Erklärungen angeboten werden.
die Kennzeichnung der Selbstkontrolle nach dem Jugendschutzgesetz zu verwenden und von der Einführung weiterer, neuer Kennzeichen abzusehen. Die Standards der Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle haben sich als effektiv erwiesen. Die Einführung weiterer Kennzeichen, von der Kommission vorgeschlagen, hätte die Verbraucher lediglich verwirrt und zu einer Inflationierung von Kennzeichen geführt. Ich gebe zu, dass die FSK bei der Umsetzung ihrer Standards sicherlich noch Handlungsbedarf hat.
Natürlich stellt der novellierte Jugendmedienschutz-Staatsvertrag nicht den großen Wurf dar. Dies stellt auch das Hans-Bredow-Institut in seiner Stellungnahme fest. Allerdings stellt dieses Institut auch fest, dass durch den vorliegenden Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Schwachstellen im Jugendmedienschutz deutlich verringert würden und er daher grundsätzlich zu begrüßen sei.
Vor dem Hintergrund, dass es sich hierbei um einen Kompromiss zwischen 16 Bundesländern, zwischen 16 Staatskanzleien unterschiedlicher parteipolitischer Couleur handelt, hatte ich gehofft - ich habe jetzt gehört, dass das nicht der Fall ist -, dass die Oppositionsfraktionen diesem Gesetzentwurf zustimmen können. Diese Ablehnung verstehe ich sowieso nicht: Wenn Ihnen daran etwas nicht gefällt, dann hätten Sie ja in der rheinlandpfälzischen Staatskanzlei anrufen und Herrn Beck fragen können: Kurt, findest du wirklich gut, was du da vereinbart hast?
Oder Sie hätten vielleicht bei Herrn Wowereit in Berlin anfragen sollen, ob denn das wirklich die Zustimmung des sozialistischen Senats in Berlin findet.
Wir von der FDP-Fraktion jedenfalls, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden diesem Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jugendmedienschutz ist ein höchst aktuelles und extrem vielschichtiges Thema. Das haben wir in der Debatte eben gut mitverfolgen können. Hier sind ganz grundlegende Fragen zu stellen.
Erstens. Wie befähigen und motivieren wir junge Menschen zu einem altersgerechten Umgang mit Radio, Fernsehen, Computerspielen und insbesondere Internet - also Stichwort „Medienkompetenz“ -?
Zweitens. Umgekehrt: Wie schützen wir Kinder und Jugendliche vor nicht altergerechten Medieninhalten - Stichwort „Jugendmedienschutz“ -?
Drittens. Wie erhalten wir zugleich die Freiheit und die Unabhängigkeit der Medien - Stichwort „Informationsfreiheit gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes“ -?
Viertens. Wie können wir all dies in einer global vernetzten medialen Welt, in der die nationalen Gesetzgeber schnell an ihre Grenzen stoßen, leisten?
Meine Damen und Herren, ich will vorweg deutlich sagen: Der heute hier vorliegende Entwurf für einen geänderten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in Gestalt des Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages erhebt sicherlich nicht den Anspruch, all diese Fragen umfassend zu beantworten. Er ist vielmehr ein weiterer Schritt zur Beantwortung der Frage, wie Kinder und Jugendliche insbesondere im Netz besser geschützt werden können, aber er ist mit Sicherheit ein wichtiger Schritt.
Wir sind uns hoffentlich einig: Der Jugendmedienschutz in Deutschland ist seit Jahren wegweisend für Europa. In den Dokumenten der EU-Kommission kann man dies vielfach nachlesen. In der novellierten Fassung wird der JugendmedienschutzStaatsvertrag seine Vorbildwirkung noch weiter ausbauen können. Daher bin ich fest davon überzeugt, dass der Vierzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein sinnvoller Staatsvertrag ist. Meine Damen und Herren, er sollte zum 1. Januar 2011 in Kraft treten.
Ich will ausdrücklich das unterstreichen, was der Kollege Rickert angesprochen hat: Es ist schon schwer nachzuvollziehen, dass bei diesem Staatsvertrag die Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz, bekanntlich momentan noch unter der Leitung von
Ministerpräsident Beck, die Federführung hat, den Vertrag eindeutig voranbringt und den anderen Ländern empfiehlt zuzustimmen, und dass die eigenen sozialdemokratischen Freunde in Niedersachsen - nun sind Sie vielleicht keine Freunde - dagegen stimmen. Das ist ein weiterer Beleg für die Unzuverlässigkeit der Sozialdemokraten in Niedersachsen.
Erstens. Wir stärken das bewährte System der sogenannten regulierten Selbstregulierung. Gerade dieses System hat in Europa Vorbildwirkung. Hier tragen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft eine gemeinsame Verantwortung für den Jugendmedienschutz durch die bestehenden Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle, die künftig mehr Verantwortung übernehmen sollen.
Zweitens. Wir machen einen wichtigen Schritt in die Richtung der Vereinheitlichung von Jugendmedienschutz in der Zuständigkeit der Länder und von Jugendschutz in der Zuständigkeit des Bundes; denn beide Bereiche lassen sich heutzutage kaum noch voneinander trennen.
Drittens. Wir schaffen die Voraussetzungen, damit es bald eine freiwillige Alterskennzeichnung von Inhalten in Rundfunk und Telemedien gibt. Die Betonung liegt auf „freiwillig“. Da werden also - anders, als im Vorfeld dieser Novelle von so manchem befürchtet - die bestehenden Verpflichtungen für die Anbieter nicht erweitert.
Viertens. Zugleich - darauf ist bereits hingewiesen worden - geben wir mit dem JugendmedienschutzStaatsvertrag die notwendigen Impulse für die Entwicklung und Verbreitung von Jugendschutzprogrammen, die Erziehungsberechtigte auf den PCs ihrer Kinder einfach installieren und aktivieren können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, obwohl der überarbeitete Staatsvertrag noch gar nicht in Kraft ist, haben ihn Wissenschaftler im Gegensatz zur Opposition in diesem Hause bereits bewertet und für gut befunden. Danach stellt der novellierte Jugendmedienschutz-Staatsvertrag eine ganz wesentliche Verbesserung gegenüber dem heutigen Stand dar,
weil er die Weichen für eine bessere Orientierung der Nutzer von Angeboten in Rundfunk und Telemedien stellt und weil er auch die Anerkennungs- und Aufsichtsverfahren strafft. Dieser Einschätzung schließe ich mich vollinhaltlich an und bitte das Hohe Haus, diesen Gesetzentwurf zu beschließen.
Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung zustimmen und den Gesetzentwurf damit unverändert annehmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit hat der Gesetzentwurf hier im Hause die erforderliche Mehrheit bekommen.
Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit die Einsender der in die Beratungen einbezogenen Eingaben 01585 (01-50) über die Sach- und Rechtslage unterrichten möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Wir verfahren so.