Sie erwähnen ein weiteres Informationsgespräch mit dem Prince of Wales, in dem Sie ihm gegenüber eine Einladung für 2014 ausgesprochen haben.
Sie erwähnen ein Gespräch mit den Bürgermeistern Ahlhaus und Böhrnsen, ein Gespräch mit den evangelischen Kirchen, ein Gespräch mit der Niedersächsischen Handwerkskammer,
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Johanne Modder [SPD]: Genau! - Jens Nacke [CDU]: Soll er mit denen nicht reden? Wollen Sie das? Ist das Ihre Politik?)
Das akzeptieren wir. Dazu gratulieren wir auch ganz herzlich. Aber das Entscheidende - und das steht in dieser Bilanz gar nicht drin - sind die Ergebnisse, die dabei herausgekommen sind. Ein großes Vorbild hat immer gesagt: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“
Ich habe noch einen weiteren Bereich aus den Charts herausgesucht, den ich ganz speziell finde. Zum Beispiel stehen in dem Chart auf Seite 4 die
Zuleitung des Haushaltsentwurfes an den Landtag, die Beratung des Haushaltsentwurfes in den Ausschüssen oder die Verabschiedung des Mediengesetzes. Ich frage mich: Was hat das in einer 100-Tage-Bilanz verloren? - Ich meine, das ist Routine.
(Johanne Modder [SPD]: Weil nichts anderes da war! - Ulf Thiele [CDU]: Sie haben überhaupt keine Ahnung! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Hätten Sie wirklich etwas zur Haushaltskonsolidierung beigetragen oder ernsthafte Schritte hin zu einer nachhaltigen Verbesserung der Haushaltssituation unternommen, dann müsste das in einer solchen Bilanz stehen. Dort finde ich aber ganz andere Aussagen. Darin steht z. B.: Bekräftigung des geplanten Stellenabbaus im Kabinett. - Die Streichungen, die hier erwähnt worden sind, sind schon im Jahr 2010 beschlossen worden.
Sie sind nur noch einmal um 400 erhöht worden. Das ist meines Erachtens eher eine dubiose Erhöhung, weil fast alle Stellen Luftbuchungen sind. Nehmen Sie nur den Bereich „80 Stellen beim Eich- und Messwesen“, die gestrichen werden sollen, und zwar erst dann, falls es privatisiert wird. Ich meine, das ist zu wenig und unwürdig für eine Bilanz nach 100 Tagen.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist eine fade Rede! - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist aber ökologischer!)
In eine Bilanzaussprache gehört aber auch - das ist doch das Entscheidende - das, was schlichtweg fehlt. Ich will die Punkte aufzählen, die die Landesregierung wohl aus guten Gründen nicht erwähnt hat.
Es fehlen Erklärungen zum Thema Verbraucherschutz. Es fehlt das Abhaken an einer Stelle, nämlich: Wie lösen wir die Finanzprobleme der Kommunen? - Ihr Einsatz für die Gewerbesteuer, die wir in der Gemeindefinanzkommission auf Bundesebene eingefordert haben, steht bis heute aus.
Hier dräut uns Schreckliches. Engagieren Sie sich bitte, Herr Ministerpräsident! Retten Sie die Gewerbesteuer!
Es gibt auch kein Wort zu den Hafenstrukturprojekten. Besonders bezeichnend für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist ein Konzept zur Steigerung der Innovationsförderung. Das ist eine absolute Nullstelle und wird überhaupt nicht erwähnt. Mein Eindruck ist: Sie haben sich mittlerweile in die Fernverwaltung aus Berlin begeben. Das ist kein Einsatz für Niedersachsen, meine Damen und Herren.
Zum Schluss möchte ich Ihnen, weil ich nicht in Abrede stellen will, dass Sie wirklich viel gearbeitet und sehr viel getan haben, noch einen Tipp geben. Ich möchte Ihnen ein Buch schenken - nicht nur leihen, wie es einmal bei den Grünen üblich war - und Ihnen damit ein Vorbild zur Verfügung stellen:
„Kämpfer und Visionär“. Es ist ein Buch über Willy Brandt. Vielleicht können Sie daraus etwas lernen. Bitte schön!
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Der Redner überreicht Mi- nisterpräsident David McAllister das Buch)
Herr Ministerpräsident, wir hätten erwartet, dass Sie heute auch persönlich Stellung nehmen. In den letzten Wochen ist kaum ein Tag ohne neue Provokationen in der Energie- und Atompolitik vergangen. Das ist für Niedersachsen eine unmittelbar zentrale Frage. Hiervon hängen für die Zukunft Zehntausende von Arbeitsplätzen ab, die von Ihrer Politik ausgebremst werden. Die Stadtwerke werden potenziell enteignet, und die maroden Reakto
Sie haben in Berlin zulasten des Landes kapituliert und noch nicht einmal erreicht, dass die Industrie für die Asse zahlen muss, obwohl Sie Gegenteiliges behauptet haben.
Der Atommüll wird unsere Kinder und Kindeskinder noch sehr lange beschäftigen. Seit 33 Jahren, Herr McAllister, stemmt sich das Wendland gegen eine Willkürentscheidung. Jetzt soll wieder ein Castortransport nach Gorleben fahren.
Sie, Herr McAllister, haben sich mit der Enkelin von Mahatma Gandhi getroffen. Sie haben mit ihr beim Tee sicher auch über das Erbe ihres Vaters gesprochen. Es ist schon ein Unterschied, ob man mit der Enkelin von Mahatma Gandhi beim Tee sitzt oder ob man sich in einer offenen Diskussion im Wendland befindet, meine Damen und Herren.
Täuschen Sie sich nicht, auch Gandhi war kein Kind von Traurigkeit. Sein Kampf gegen die britische Herrschaft war gewaltlos, aber hart und konsequent. Seine Methode des waffenlosen Kampfes und des bürgerlichen Ungehorsams hat Indien befreit. Wenn Gandhis Anhänger von der Polizei aufgefordert wurden, die Straße zu verlassen, dann wichen sie nicht zurück, sondern sind nach vorn gegangen - gewaltfrei, unbewaffnet, aber voller Entschlossenheit.
In einer Definition von Gewaltfreiheit heißt es: Ein häufiges Missverständnis ist die Gleichsetzung von Gewaltlosigkeit mit Wehrlosigkeit, Passivität, Tatenlosigkeit. Konflikte sollen aber nicht vermieden, sondern durch gewaltfreien Widerstand geregelt werden. Wesentliches Element der Erziehung zur Gewaltfreiheit ist das Erlernen von Methoden der friedlichen Konfliktbearbeitung. Ich würde mir wünschen, dass Sie das mal Ihrem Kollegen Mappus für Stuttgart 21 mit auf den Weg geben, oder schauen Sie sich in Gorleben beim nächsten Castortransport an, was die Wendländer von Gandhi gelernt haben.
Damit das auch klar ist, meine Damen und Herren: Ich will nicht einfach das Indien Gandhis mit dem Deutschland unter der CDU/FDP-Regierung gleichsetzen.
Aber ich will auch nicht die Geschichtslosigkeit zulassen, Herr Thümler, mit der man sich immer in historischen Kategorien ergeht, Gandhi, Nelson Mandela und Martin Luther King lobt und so tut, als hätte das keine Verbindung mit unserer bundesrepublikanischen Wirklichkeit.
In Indien haben Sie gesagt, Gandhi war einer der Großen des Jahrtausends. In Niedersachsen trauen Sie sich noch nicht mal in eine offene Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern im Wendland. Sie verweigern ihnen bis heute eine Bürgerbeteiligung bei einem Verfahren, das seit 33 Jahren läuft.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)