Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Die neue Ministerin steht für vieles. Die Frauenpolitik ist jedoch nach einem guten halben Jahr im Amt ganz sicher kein Aushängeschild für Frau Özkan.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Immer diese Behauptungen! Das stimmt doch gar nicht!)

Schon als Sie sich erstmals im Sozialausschuss vorstellten, wurde klar, dass Frauenpolitik nicht zu Ihren Schwerpunktthemen gehören würde. Sie haben die anhängigen Problemfelder in Ihrer langen Rede selbst noch nicht einmal benannt, nur am Rande und auf Nachfragen eines Kollegen von der SPD - und das ausgerechnet im Zusammenhang mit der Schließung der Frauenabteilung.

Auf eine Antwort darauf, die To-dos im Frauenbereich mit den frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen zu erörtern, warte ich noch heute.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Das ist eine einseitige Darstellung!)

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Frauen haben nicht nur ein Recht auf gleiche Chancen im Erwerbsleben, nein, sie haben vor allem das Recht, für gleichwertige Arbeit auch gleiches Geld zu bekommen.

Von daher ist ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft überfällig. Hier allerdings kann die Landesregierung allein nur recht wenig bewirken. Allerdings kann sie sich beim Bund für die Umsetzung stark machen.

(Glocke des Präsidenten)

Noch unter Frau von der Leyen begann der systematische Abbau von Frauenpolitik; Frau König hat bereits darauf hingewiesen. Die Zahl der Gleichstellungsbeauftragten ist landesweit um ein Viertel gesunken. Damit wurde eines der fortschrittlichsten Gesetze in der Bundesrepublik nach elf Jahren außer Kraft gesetzt.

Unsäglich ist das Gezerre um das Niedersächsische Gleichstellungsgesetz. Fünf Jahre haben die Regierungsfraktionen ihre vermeintliche Novelle in der Schublade verstauben lassen. Jetzt soll das Gesetz im Schweinsgalopp noch in diesem Jahr durchgepaukt werden.

Seit Jahren laufen alle, die ein bisschen von Frauenpolitik verstehen, Sturm gegen dieses Gesetzesvorhaben. Doch kein Christdemokrat oder Liberaler bzw. die dazugehörigen Frauen nehmen davon Notiz. Eine komplette Anhörung zum NGG ist an den beratungsresistenten Regierungsfraktionen ungehört vorbeigezogen.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Das stimmt überhaupt nicht! Das ist eine Verdrehung von Tatsachen! - Rein- hold Hilbers [CDU]: Das sind Wahr- nehmungsstörungen! - Glocke des Präsidenten)

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Kurzum: Wir brauchen eine starke Vertretung von Frauen für Frauen im Ministerium. Wir haben mit dem NGG ein wirksames Instrument, bestehende Benachteiligungen abzubauen.

Der Antrag der Linken ist allerdings, auch wenn er eher wie ein buntes Potpourri vielfältiger Ideen

daherkommt, bestens geeignet, Sie mindestens zum Nachdenken zu bringen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich Frau Groskurt von der SPD das Wort erteile, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es eine kleine technische Unstimmigkeit gegeben hat. Trotz des Drückens des richtigen Knopfes war die Anzeige für die Redezeit bei Frau König nicht korrekt. So stehen der Fraktion DIE LINKE noch 3:00 Minuten Redezeit zur Verfügung.

(Björn Thümler [CDU]: Aber die müs- sen ja nicht ausgeschöpft werden!)

Die drei Minuten wird Frau König im Anschluss an die Wortmeldungen, die mir noch vorliegen, auch nutzen.

Jetzt, bitte, Frau Groskurt! Frau König kann bis dahin ihre Unterlagen noch ein bisschen sortieren. Das, was sie ausgelassen hat, kann sie dann noch vortragen.

Frau Groskurt, Sie haben das Wort!

Danke schön, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ein Dank an die Fraktion DIE LINKE für diesen Antrag. Auf den ersten Blick habe ich mich zwar gefragt: Warum jetzt? Erst im nächsten Jahr wird doch der Internationale Frauentag zum 100. Mal begangen. Geburtstag feiert man nämlich eigentlich nicht im Voraus.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das bringt Unglück!)

Als ich mir dann aber den Antrag durchgelesen habe, war mir klar: Einige Punkte dieses Antrags müssen dringend vor dem Geburtstag besprochen werden, da es sonst vielleicht nicht groß etwas zu feiern gibt.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN und Zustimmung bei den GRÜ- NEN)

Da haben die Oppositionsfraktionen ja schon böse Erfahrungen gemacht. Geschenke gibt es in diesem Haus nicht. Da kann man noch so brav sein.

Dann also lieber nach dem Motto „Brave Mädchen/Menschen kommen in den Himmel, böse überall hin“.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Nun im Einzelnen zu den sieben Punkten Ihres Antrags. Die Punkte 2, 3, 4 und 5 können wir unterstützen. Um diesen Punkten allerdings zustimmen zu können, müssten ein paar Änderungen vorgenommen werden. Zum Beispiel in Punkt 2 betreffend die Änderung der Niedersächsischen Gemeindeordnung. Hier würde es völlig genügen, bezüglich der Gleichstellungsbeauftragten den § 5 a des vorherigen Gesetzes wieder in der ursprünglichen Fassung aufzunehmen. Damit waren die Gleichstellungsbeauftragten zufrieden; sie haben sehr dafür gekämpft, ihn beizubehalten.

Zu Punkt 3, Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft: Die Gelegenheit ist jetzt günstig, Ihre Forderung in das sich zurzeit in der Beratung befindende NGG aufzunehmen.

(Zustimmung von Dr. Gabriele Andret- ta [SPD])

Dann bräuchten wir kein weiteres Gesetz, sondern hätten alles in einem Guss. Aber leider wurde der § 2 betreffend den Geltungsbereich sogar so weit gekürzt, dass es jetzt nur heißt: „Das Gesetz gilt nicht für die Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft und der freien Berufe.“ Der so wichtige Halbsatz „diese sollen jedoch bei ihrer Personalwirtschaft die Ziele dieses Gesetzes eigenverantwortlich beachten“ ist gestrichen worden. Der Sinn des Gesetzes, dass die gesetzlichen Regelungen Vorbildfunktion und Ausstrahlung auf die Privatwirtschaft haben sollen, ist total entstellt.

Zu Punkt 4, Entfristung der §§ 5 und 6 des Niedersächsischen Gleichstellungsgesetzes: Das ist natürlich in unserem Sinne, da hier noch einmal der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vom 11. August 2010 aufgenommen wird. Danke, dass auch Sie den Kampf um die §§ 5 und 6 in ihrer ursprünglichen Form nicht aufgeben und sich nicht durch den unbrauchbaren § 10 des Gesetzentwurfs beirren lassen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN und Zustimmung bei den GRÜ- NEN)

Zu Punkt 5 Ihrer Forderungen, die Förderung der weggesparten Kleinstfrauenprojekte wieder aufzunehmen: Diese Forderung unterstütze ich ebenfalls

grundsätzlich. Ich möchte aber erst einmal im Einzelnen darauf schauen, wo vielleicht ein höherer oder geringerer Bedarf besteht. Hier hat sich in den letzten sechs Jahren wahrscheinlich einiges verändert.

Zu den Punkten 6 und 7 schlage ich vor, diese an den Kultusausschuss zu übergeben. Wir haben heute Morgen auch schon über den Zukunftstag für Mädchen und Jungen diskutiert. Ich denke, dort ist die entsprechende Fachkompetenz vorhanden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nun zu den Punkten, denen wir nicht zustimmen können. Bei Punkt 1 ist die SPD hin- und hergerissen; da hat sie ein kleines Problem. Wir haben heftig gegen unseren Ministerpräsidenten Gerhard Schröder gekämpft, der 1998 das Frauenministerium abgeschafft hat. Das war zwar keine gute Entscheidung. Aber das Frauenressort kam in das Sozialministerium, und damit wurde die Entscheidung ins Positive verwandelt, und zwar durch eine Frau. Heidi Merk übernahm das Sozialministerium und damit auch die Abteilung für Frauen in die Hand, eine starke Ministerin, die die Gleichstellung gerade in der Kombination mit einem großen Ministerium im Rücken dazu genutzt hat, fortschrittliche Frauenpolitik zu machen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie hat gezeigt, dass eine Sozialministerin sehr wohl sehr gute Frauenpolitik machen und dem Ministerpräsidenten zeigen kann, wo es langzugehen hat.

(Zuruf von der SPD: So ist es! - Zuruf von der CDU: Gerade Schröder! Schröder und die Frauen!)

- Ich habe von Frau Merk gesprochen. Wenn Sie zugehört hätten, dann hätten Sie es auch gehört.

Heute wieder ein Frauenministerium einzurichten, halte ich bei dieser Landesregierung für gefährlich. Dieses Ministerium würde mit Sicherheit an einem Katzentisch sitzen. Ich finde es pragmatischer, Forderungen zu stellen, die erfolgversprechend sind, z. B. das Frauenreferat wieder mit einer Abteilungsleiterin zu besetzen.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, Ihre Forderung nach einer Auswertung der Erfolge und Rückschritte stürzt die Landesregierung in ein Chaos. Erfolge würde die Landesregierung vielleicht gerne aufzeigen. Es

wäre aber eine mühselige Suche. Mir fallen gerade gar keine ein.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Eine Auflistung der Rückschritte wäre viel zu umfangreich. Wir haben außerdem genug damit zu tun, vorwärts zu kommen. Ich glaube, Nostalgie bringt uns da nicht weiter.