Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu diesem Punkt liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich erkläre die Beratung für beendet.

Wir kommen zur Abstimmung über die Nr. 1 der Beschlussempfehlung. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses entfernt sich inhaltlich am weitesten vom Ursprungsantrag. Über sie ist daher gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 unserer Geschäftsordnung zunächst abzustimmen. Nur bei ihrer Ablehnung wäre dann noch über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abzustimmen.

Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Kultusausschusses in der Drs. 16/204 zustimmen und damit den Antrag ablehnen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Beschlussempfehlung wurde gefolgt. Damit ist nach § 39 Abs. 2 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung zugleich der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/223 abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Nr. 2 der Beschlussempfehlung.

Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit die in die Beratung einbezogene Eingabe 162 für erledigt erklären möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Das ist somit beschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Zweite Beratung: Es kann nur einen geben - den Häuserkampf um das Altpapier beenden - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/109 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz - Drs. 16/165

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Ich erteile dem Kollegen Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung lässt die Kommunen bei der Altpapierentsorgung im Regen stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Ach! - Heinz Rolfes [CDU]: Bei uns funktioniert das!)

Anders kann man es nicht sagen.

Der Niedersächsische Landkreistag hat in den letzten Wochen darauf aufmerksam gemacht, dass auch er eine Veränderung der Rechtslage für notwendig hält. Ursache ist das OVG-Urteil zu § 13 Abs. 3 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

Wir fordern in unserem Antrag eine Klarstellung des § 13 Abs. 3, um das öffentliche Interesse zu verdeutlichen und um das Interesse an einer Sicherstellung der Entsorgung, auch im Bereich Papier, eindeutig zu regeln.

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten eine völlig absurde Entwicklung erlebt. Die abfallentsorgungspflichtigen Körperschaften - in der Regel die Landkreise und die kreisfreien Städte - wehren sich in diesen Wochen mit vielen Mitarbeitern gegen private Entsorger, die bis zu drei oder vier blaue Tonnen zusätzlich auf die Grundstücke der privaten Haushalte stellen, um einen Teil der Papiermengen abzugreifen, die am Papiermarkt mittlerweile bis zu 100 Euro pro Tonne bringen. Die Gelder, die den Kommunen dort verloren gehen, werden in Zukunft den Gebührenhaushalt belasten. In Einzelfällen kann es bei den Gebühren zu Preissteigerungen von 5 bis 10 % kommen.

Einige Kommunen rechnen sogar mit höheren Werten.

Das ist eine Situation, bei der wir nicht einfach zusehen können. Wir müssen hier handeln. Der Umweltminister hat sich nicht überzeugen lassen. Auch die CDU-Fraktion hat sich im Ausschuss nicht überzeugen lassen. Der Argumentation, die das Umweltministerium vorgetragen hat, dass es am Ende nur an einer ausreichenden juristisch zugespitzten Formulierung in den Anträgen der Kommunen vor Gericht mangele, kann ich nur energisch widersprechen.

Gucken wir uns einmal an, was die Kommunen gemacht haben: Die Kommunen haben seit Jahren flächendeckend eine beispielhafte Entsorgung, auch im Papierbereich, gewährleistet, beispielsweise hier in der Region Hannover, wo es eine wöchentliche Sammlung in Säcken gab. In vielen anderen Regionen werden unterschiedliche Möglichkeiten gewählt: Bündelsammlung, Säcke, zum Teil Tonnen. In der Regel haben die Kommunen dieses Angebot flächendeckend vorgehalten. Jetzt machen ihnen die Privaten das streitig.

Ich kann an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, nur appellieren: Gehen Sie noch einmal in sich! Prüfen Sie noch einmal sehr energisch! Ich glaube, wir brauchen die Änderung des § 13 Abs. 3 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Wir müssen auch den Bund überzeugen, damit er sich in dieser Frage engagiert. Alles andere würde zu wirklich absurden Entwicklungen führen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Letztlich geht es exemplarisch auch darum, die Daseinsvorsorge, die Vorhaltung solcher Dienstleistungen durch unsere Kommunen zu verteidigen. Deshalb sollte man meines Erachtens bei diesem Punkt sehr energisch darauf drängen, die Rechte der Kommunen zu wahren. Ich bitte um Ihre Unterstützung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Rednerin ist Frau Schröder-Ehlers von der Fraktion der SPD. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Bäumer, ich möchte Ihnen sehr herzlich zu der sportlichen Leistung gratulieren. Ich weiß aller

dings nicht, ob Sie bei diesem Fallrückzieher schon im EM-Fieber waren; denn eine solche Leistung sieht man wirklich nicht alle Tage.

(Beifall bei der SPD - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Herr Bäumer spielt ja gar nicht Fußball! - Ernst- August Hoppenbrock [CDU]: Er hat doch noch gar nicht gesprochen!)

Bevor Sie das nächste Mal auflaufen, sollten Sie sich einmal darüber informieren, in welches Tor Sie schießen müssen; denn das, was Sie sich geleistet haben, war ein Eigentor, und zwar zulasten der Kreise und Kommunen sowie der Gebührenzahler in Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist gerade einmal vier Wochen her, da haben Sie sich lautstark an die Seite der Kreise und Kommunen gestellt. Sie haben sich von den Verbänden feiern lassen, um dann ganz klammheimlich den Rückzug anzutreten

(Jörg Hillmer [CDU]: Worüber reden Sie denn?)

und zu entscheiden, dass Sie doch keine Gesetzesänderung wollen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Wel- cher Tagesordnungspunkt ist das?)

Die Änderung sei zu schwierig. Schließlich sei ja auch die FDP dagegen. Überhaupt seien die Kommunen selbst schuld, wenn ihnen Private Marktanteile streitig machten.

In diesem Zusammenhang muss u. a. immer wieder die Region Hannover herhalten, die es nicht geschafft hatte, ihren Bürgern ein vernünftiges Angebot zu machen und attraktive Sammelbehälter zur Verfügung zu stellen.

(Christian Dürr [FDP]: Richtig! Katast- rophe! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das sehen auch Sie so?)

Es wurde gesagt, in der Region Hannover würden wöchentlich nur Bündel oder Säcke abgeholt. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich der blanke Hohn!

(Beifall bei der SPD - Dr. Philipp Rös- ler [FDP]: Wo wohnen Sie denn?)

Gerade hier in der Region gab und gibt es ein flächendeckendes System für das Altpapier.

(Christian Dürr [FDP]: Das hat ja so gut funktioniert, dass die Privaten gleich mitgeholfen haben!)

Jedes Grundstück wird angefahren, und es werden Tonnen zur Verfügung gestellt.

Glaubt man Ihren Ausführungen, Herr Minister Sander, müsste die Region alle juristischen Möglichkeiten haben, um auch den Privaten das Einsammeln von Altpapier zu untersagen.

(Christian Dürr [FDP]: Gerade nicht, weil sie keine Argumente in der Hand haben!)

Die Region hat versucht, diesen Weg zu gehen. Sie hat die juristischen Schritte eingeleitet, ist aber wie viele andere Kommunen auch vor Gericht gescheitert. Jetzt heißt es aus dem Ministerium: Einfache Gebührensteigerungen würden ja nicht ausreichen, es müssten schon signifikante Gebührensteigerungen sein, und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müsste beeinträchtigt sein. - Meine Damen und Herren, das ist nicht unsere Vorstellung von einer vernünftigen Abfallpolitik vor Ort.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen keine Gebührensteigerungen, nur weil sich die Privaten zeitweise einen lukrativen Markt zu eigen machen. Wir wollen eine flächenhafte Entsorgung auch in Zukunft in den Städten und auf dem Land. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Bäumer, sind wir auch heute noch der Meinung, dass die Gewinne nicht privatisiert und die Kosten nicht sozialisiert werden dürfen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir wussten von Anfang an, dass das kein leichter Weg sein würde und es hier dicke Bretter zu bohren gilt. Zurzeit läuft die zweite Lesung der Abfallrahmenrichtlinie im Europäischen Parlament, und es gibt auf europäischer Ebene eine Diskussion darüber, wie die Rolle der Kommunen in der Abfallwirtschaft zukünftig gestaltet werden soll. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns hier vor Ort dafür stark machen, dass die Kommunen auch noch in Zukunft ihre Aufgaben ordentlich wahrnehmen können.

Nun steht zu befürchten, dass Sie gleich wieder erklären, wer in den letzten zehn Jahren was zu wem aus welchem Grund gesagt hat und warum Sie gerade deshalb jetzt diesen Fallrückzieher machen und den Kommunen in den Rücken fallen

mussten. Ich bitte Sie sehr herzlich: Lassen Sie das Schwarze-Peter-Spiel stecken, helfen Sie mit, eine verbindliche Regelung zu finden und diesen Punkt, der noch gar nicht so lange in der Diskussion ist, auf die europäische Ebene zu tragen! Helfen Sie mit, die Rolle der Kommunen in dieser Frage zu stärken!