Protokoll der Sitzung vom 08.12.2010

Insofern appelliere ich an Sie: Lassen Sie uns dieses Projekt im Jahr 2011 zum Erfolg führen! Erhöhen wir die Summe, und sichern wir eine gute Realisierung!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ebenfalls für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Polat. Bitte sehr!

Danke. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rede zum Bereich Integrationspolitik.

Die Integrationspolitik hat bei der Landesregierung im Sozialministerium eine neue Heimat gefunden. Aber sie ist dort in dem Maße schlecht integriert, wie sie seitens des Innenministeriums noch immer konterkariert wird. Frau Ministerin Özkan, Sie haben Enttäuschungen erlebt. Sie werden vom Innenministerium gegängelt. Auch das CDU-KlientelFiletstück „Referat für Heimatvertriebene und Spätaussiedler“ hat sich Innenminister Schünemann nicht vom Brot nehmen lassen.

(Editha Lorberg [CDU]: Die Verbände wollten das aber auch gar nicht!)

Hinzu kommt, dass der Bereich, in dem am meisten für Integration getan werden könnte, nämlich die Bildung, auch nur zum Teil in Ihrem Ressort liegt. Frau Özkan, den wahren Integrationsminister müsste man nach den Haushaltsvolumina wirklich Herrn Dr. Althusmann nennen, weil von den 80,2 Millionen Euro, die Sie mittlerweile im Integrationsbereich deklariert haben, etwa 55,6 Millionen Euro auf das Kultusministerium entfallen. Nur 11,5 % der Volumina sind in Ihrer Handlungsmasse. Ich denke, dass Sie als Integrationsministerin da nicht viele Spielräume in Ihrem Ministerium haben.

Außerdem muss ich noch einmal die Integrationsmittel ansprechen, die Sie hier einstellen. Vor ein paar Monaten waren es noch 60 Millionen Euro. Jetzt sind es 80 Millionen Euro. Überall, wo Sie Menschen mit Migrationshintergrund gefunden haben, stellen Sie das jetzt in den Integrationsetat ein. Wenn Sie es ehrlich meinen, dann müssten Sie bei den 25 Milliarden Euro eigentlich in allen Bereichen Menschen mit Migrationshintergrund suchen. Dann läge der Integrationshaushalt wahrscheinlich bei 24,8 Milliarden Euro.

Was bei den Integrationsansätzen der Landesregierung auf jeden Fall fehlt, sind die Förderung des herkunftssprachlichen Unterrichts sowie die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE])

Wir werden morgen dazu eine Dringliche Anfrage behandeln. Auch die Clearingstellen, die Erstanlaufstellen, die Qualifizierung, die Nachqualifizierung, die Anpassungsqualifizierung finden sich im Haushaltsetat 2011 nicht wieder.

Genauso wenig findet sich dort der Bereich der Stärkung der Selbstorganisationen der Migrantinnen und Migranten. Dazu hatten wir in diesem Jahr einen Antrag der SPD-Fraktion. Hier gibt es keinerlei Förderung oder allenfalls nur eine minimale Förderung für die Selbstorganisationen der Migrantinnen und Migranten.

Wir würden auch gerne einmal erfahren, wie sich die Integrationsleitstellen bewährt haben. Eine Evaluation dazu ist lange überfällig, wird aber offensichtlich von der Landesregierung seit Jahren gescheut.

Tatsächlich evaluiert wurden dagegen die Integrationslotsen. Obwohl hier deutliche organisatorische Mängel aufgezeigt wurden, leisten die Lotsen wertvolle Arbeit, die aber nicht angemessen finanziell gewürdigt wird. Wir fordern deshalb eine deutlich erhöhte Aufwandsentschädigung für die Lotsen. Meine Damen und Herren, Ehrenamt in allen Ehren, aber im Bereich Integrationspolitik kann nicht alles auf der Basis von Ehrenamt geleistet werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Riese. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Riese.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist gut, dass zu dieser Zeit noch ein paar Dinge, die hier sachlich sehr falsch vorgetragen wurden, wieder richtiggestellt werden können.

Ich möchte beginnen mit dem Gesamtvolumen des Haushalts für Soziales, Frauen, Familie und Integration - Gesundheit habe ich noch nicht erwähnt, und Städtebau gehört da ebenso mit hinein wie

viele andere Dinge, die die Lebenswirklichkeit der Menschen im Lande positiv gestalten.

Das Gesamtvolumen des Haushalts, über den wir hier reden, liegt bei 3,4 Milliarden Euro. Der Zuschuss, verehrter Herr Humke-Focks, beträgt - jedenfalls ausweislich meines Exemplars des Haushaltsplans - 2,6 Milliarden Euro. Unsere Einnahmen liegen bei ungefähr 700 Millionen Euro. Der Rest sind echte Landesgelder. Das haben Sie hier völlig anders vorgerechnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielfältige Lebenssituationen der 8 Millionen Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens sind mittelbar oder unmittelbar mit diesem Haushalt verknüpft. Zum einen werden umfängliche Investitionsmittel bereitgestellt. Es werden bleibende Werte geschaffen. Diese haben die Nebenwirkung, dass Menschen Beschäftigung finden. Zum anderen geht es darum, dass die Bürgerinnen und Bürger Strukturen für eine wohnortnahe hoch qualifizierte gesundheitliche Betreuung finden. Zahlreiche Initiativen im Bereich der Integrations- und Migrationsarbeit, in sozialen Projekten und in selbstverantworteter Gesundheitsprävention werden aus Landesmitteln begleitet. Dabei geht es häufig um geringe Beträge, einige hundert oder einige tausend Euro, mit denen aber viel Gutes gestiftet wird.

Der größte Einzelansatz innerhalb dieses Haushaltes sind die Mittel, die nach dem Zwölften Band des Sozialgesetzbuches verausgabt werden, mithin die Mittel, die vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu leisten sind. Dieser Ansatz beträgt 1,57 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 31 Millionen Euro und gegenüber den verausgabten Mitteln des Jahres 2009 sogar um 117 Millionen Euro. Also steigen auch in diesem Bereich die Ansätze der Leistungen des Landes an. Das ist die Wahrheit, und das muss hier gesagt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der größte Teil innerhalb dieses Ansatzes steht für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung. Für sie schaffen wir vielfältige Angebote, von der Frühförderung für behinderte Kinder über Wohnmöglichkeiten und Behindertenwerkstätten bis hin zu Angeboten mit Tagesstrukturierung, zunehmend auch für ältere behinderte Menschen.

Die Kosten der Eingliederungshilfe steigen kontinuierlich an, und das werden sie auch in den nächsten Jahren tun. Für den fortlaufenden Anstieg der Fallzahlen in der Eingliederungshilfe gibt

es mehrere Gründe, u. a. den medizinischen Fortschritt und die demografische Entwicklung sowie einen gesellschaftlichen Wandel mit dem Wegfall sozialer Netze im familiären Umfeld. Die Sozialministerkonferenz beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe. Im Lichte der vielzitierten UN-Konvention wird es darum gehen, die Ansätze des persönlichen Budgets und des Budgets für Arbeit entschlossen weiterzuentwickeln und damit viel breitere Entscheidungsspielräume für die Menschen mit Behinderungen zu schaffen.

Auf der anderen Seite haben wir bei den Kosten, zu denen die Einrichtungen ihre Leistungen für die Menschen mit Behinderungen ermöglichen, immer noch eine große Bandbreite. Angesichts des großen Ausgabevolumens werden wir nicht umhinkommen, mithilfe etwa einer Form des qualitativen Benchmarkings für Maßnahmen der Eingliederungshilfe deren Effizienz zu überprüfen. Darauf hat übrigens mein Kollege Professor Dr. Dr. Zielke an dieser Stelle bereits am 17. Mai 2006 hingewiesen.

Meine verehrten Damen und Herren, ich komme zu den Investitionsmitteln im Sozialhaushalt. In der Städtebauförderung hat sich der Bund entschlossen, im nächsten Jahr nun doch insgesamt 455 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Auf das Land Niedersachsen entfallen davon im Jahre 2011 38 Millionen Euro. Dazu kommt der Investitionspakt mit dem Bund. Aus ihm fließen über 26 Millionen Euro in die energetische Sanierung von Gebäuden der sozialen Infrastruktur. Davon sind die Hälfte Landesmittel. Die andere Hälfte kommt vom Bund.

Dann ist da noch der Bereich der Wohnraumförderung. Da verausgaben wir 34 Millionen Euro. Dabei stehen Familien, Menschen mit Behinderungen und das Zusammenleben mehrerer Generationen im Mittelpunkt der Förderung. Außerdem begleiten wir dort die energetische Sanierung.

Der weitere große Posten bei den Investitionen sind die Krankenhäuser. Hier führen wir die Mittelansätze auf hohem Niveau fort und stellen aus Landesmitteln 234 Millionen Euro bereit, die durch weitere Mittel in erheblichem Umfang ergänzt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu den neuen Projekten des Haushaltes, die die Fraktionen von CDU und FDP vorschlagen, gehört die Prävention für solche Männer, die eine innere

Neigung zur Pädophilie entdecken und von ihr befreit werden möchten, bevor sie etwas anrichten. Dieses Projekt läuft erfolgreich an der CharitéKlinik in Berlin und erfreut sich großer Nachfrage. Wir haben uns im Sozialausschuss dazu unterrichten lassen. In ähnlicher Form gibt es das auch in Schleswig-Holstein.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Weil wir einen Antrag gestellt haben!)

Dem Grunde nach wäre eine solche Therapie aus Krankenkassenmitteln zu leisten. Allerdings ist das in der Sache unmöglich, weil diejenigen, die die Therapie in Anspruch nehmen wollen, berechtigt den Wunsch haben, anonym zu bleiben; denn man kann sich ungefähr vorstellen, was ihnen geschehen würde, wenn ihr Wunsch, sich einer solchen Therapie zu öffnen, bekannt würde.

Verehrte Damen und Herren, die Fraktionen von FDP und CDU stellen 4 Millionen Euro bereit, um dem Programm „Familie mit Zukunft“ eine Zukunft zu gewährleisten und somit die Arbeit der Familienservicebüros auch künftig zu gewährleisten. Hier werden neue Modelle zur Kinderbetreuung entwickelt. Hier werden Betreuungspersonen qualifiziert. Hier werden Betreuungsmöglichkeiten vermittelt. Insbesondere die Vermittlung qualifizierter Tagespflegepersonen findet dort statt. Diese gewährleisten eine qualitätvolle Beratung und flexible Betreuungsmöglichkeiten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben bereits die Oppositionsfraktionen gehört. Alle Fraktionen haben Anträge gestellt, die von unterschiedlicher intellektueller Tiefe sind, um es vorsichtig zu sagen.

(Oh! bei der SPD und bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: So viel Selbstkritik hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut!)

Die LINKE geht mit der breiten Gießkanne durch das Land, Herr Humke-Focks, und will zusätzliche Milliarden ausgeben, behält aber wunderbarerweise am Ende 87 Millionen Euro für den Schuldenabbau übrig.

Wie machen Sie das? - Wie im Vorjahr generieren Sie einige Milliarden aus zusätzlichen Steuereinnahmen, die Sie aufgrund von Landesrecht überhaupt nicht bewerkstelligen können und wozu Sie den Bund brauchen. Mit solchen Fantasieeinnah

men, die ich als Luftschlösser bezeichnen möchte, lässt sich natürlich sehr leicht Politik gestalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Henning Adler [LINKE]: Das setzt allerdings eine andere Bundes- regierung voraus!)

Ich bin davon überzeugt, dass alle Allgemeinmediziner Sie u. a. wegen der erwähnten 10 Millionen Euro an Anreizen für Allgemeinmediziner wählen werden.

(Beifall und Heiterkeit bei der FDP)

Die SPD findet Städtebaufördermittel in erheblichem Umfang und zusätzliche 4 Millionen Euro für die Krankenhäuser und kommt innerhalb des Sozialhaushaltes weitgehend ohne Kürzungen aus. Wie geht das? - Das geht nur, weil Ihnen die langfristige Haushaltsentwicklung vollständig egal ist, meine Damen und Herren. Wie hat es Otto Graf Lambsdorff doch so schön gesagt?

(Johanne Modder [SPD]: Den nennen Sie in dem Zusammenhang lieber nicht!)

Man darf besser einem Hund einen Topf mit Bratwürsten zur Bewachung anvertrauen als der SPD die Staatsfinanzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Riese, Frau Emmerich-Kopatsch hat eine Zusatzfrage. Würden Sie sie beantworten?