Zwei große Bauprojekte sind es, die wir im kommenden Jahr begleiten dürfen: die neue Justizvollzugsanstalt in Bremervörde, zu der die Bauarbeiten bald beginnen werden - und das ist gut so, wie das ganze Projekt -, und die Vorbereitungen für das neue Justizzentrum in Hannover, über das wir ja heute Nachmittag Vielversprechendes gehört haben und das diesmal hoffentlich parteiübergreifend getragen werden wird.
Hinzu kommen werden möglicherweise weitere erhebliche Investitionen, die im Haushalt jetzt noch nicht abgebildet sind, im Zusammenhang mit der Unterbringung von Tätern in Sicherungsverwahrung nach den Maßgaben des Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach Sicherungsverwahrung keine Strafe ist, sondern allein der Sicherheit der Bevölkerung dient und sich daher schon allein hinsichtlich der Unterbringung von der Strafhaft deutlich abheben muss.
Ich wiederhole an dieser Stelle meine Auffassung, dass es am besten wäre, hier eine länderübergreifende gemeinsame Institution der Nordländer zu schaffen.
Ein Wort zu Herrn Kollegen Limburg und seiner Auffassung zu den neuen Regelungen der Sicherungsverwahrung, dass jetzt nämlich die nachträgliche Sicherungsverwahrung abgeschafft sei: Es mag sein, dass die vorbehaltliche Sicherungsverwahrung jetzt öfter verhängt werden wird, als sie bisher verhängt worden ist. Aber unter dem Strich bleibt doch die Tatsache, dass die Zahl der betroffenen Inhaftierten, über denen das Damoklesschwert der nachträglichen Sicherungsverwahrung bis kurz vor ihrer Entlassung schwebte, viel größer ist als derer, für die vorbehaltliche Sicherungsverwahrung verhängt werden wird. Insofern ist das schon ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Regelung.
Zur Aufstockung der Zahl der Sozialrichterstellen, die schon fast zu einem jährlichen Ritual zu werden scheint, kann ich nur feststellen: Sie ist, was unsere Möglichkeiten als Land betrifft, alternativlos. Im Übrigen, Herr Limburg, sind nicht 50 % der Bescheide der Argen falsch, sondern 50 % der beklagten Bescheide der Argen. Das ist ein großer Unterschied.
Die Berge unerledigter Akten bei den Sozialgerichten steigen anscheinend unaufhaltsam weiter. Meine Zuversicht, dass sich daran durch die neue Hartz-IV-Gesetzgebung mit den Gutscheinen etwas zum Positiven wenden würde - damit meine ich weniger Gerichtsverfahren -, hält sich in Grenzen. Aber gerade Kläger in Sozialsachen sind oft die, die das jahrelange Warten auf ein Urteil am härtesten trifft. Also haben wir keine Wahl. Denn diese Regierungskoalition nimmt ein Motto ernst: Wir machen Politik für die Menschen.
Was den Stellenhaushalt im Justizbereich angeht: Wir sind uns mit den Betroffenen einig, dass viele Vorschläge für Verbesserungen sinnvoll und richtig wären, auch über all das hinaus, was wir in diesem Haushalt zusätzlich zum Bestehenden auf den Weg bringen. Nun haben wir aber einen tiefen Konjunktureinbruch hinter uns und eine tiefe Delle in den Staatseinnahmen. Deshalb lässt sich nicht
- Wenn wir über den Haushalt diskutieren, dann geht es um Politik im Angesicht der Haushaltslage. Das ist, glaube ich, eine Trivialität!
Die Beschäftigten der Justiz wissen eben auch, dass auf diese Regierungskoalition aus CDU und FDP Verlass war und Verlass ist. Wir haben zu Beginn dieser Legislaturperiode eine schrittweise jährliche Umsetzung von Strukturverbesserungen im Justizbereich festgelegt, und wir haben Wort gehalten. Wir haben dieses Konzept Jahr für Jahr nach Plan umgesetzt. Auch in diesem Jahr halten wir trotz der klammen Kassen unsere Versprechen und setzen die geplanten Verbesserungen ohne Abstriche fort. Es sind eben zwei Attribute, die diese Koalition ausmachen: Verlässlichkeit und Politik für die Menschen.
Zum Schluss ein Dank: Unser Dank gilt allen Bediensteten unserer Justiz für ihre hervorragende Arbeit. Dafür sei nur eine Kennzahl angeführt, an der natürlich unsere Polizei mit ihrer gleich hervorragenden Arbeit besonderen Anteil hat und die - das ist das Entscheidende - für die Menschen in Niedersachsen ganz wichtig ist. Eine Aufklärungsquote von über 60 %: Das hat es in Niedersachsen noch nie gegeben. Das ist besser als je zuvor. Die Menschen in Niedersachsen und wir von CDU und FDP sagen Danke.
Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Limburg noch einmal zu Wort gemeldet. Zweieinhalb Minuten Redezeit.
Zunächst zum Punkt der Bescheide, Herr Zielke. Sie haben natürlich recht, da habe ich mich versprochen: Es geht um 50 % der tatsächlich beklagten Bescheide.
Wir beide haben das Problem, dass wir nicht wissen, wie viele rechtswidrige Bescheide ausgegeben werden, die nicht beklagt werden, die nie überprüft werden können, weil wir natürlich nur die Zahl der Fälle kennen, über die die Gerichte urteilen. Ich habe die Rückmeldung bekommen, dass da möglicherweise noch sehr viel mehr rechtswidrige Bescheide schlummern. Aber Sie haben recht, das ist nicht so genau zu messen.
- Das ist ein wichtiger Bereich, Herr Professor Zielke, weil auch die Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden ist.
Ein zweiter Punkt in unseren Änderungsanträgen: Wir fordern ein Landesprogramm gegen Rechts. Das ist hauptsächlich im Innenhaushalt angesiedelt, betrifft aber auch den Justizhaushalt. Deshalb möchte ich jetzt noch auf einen Einzelfall eingehen, der mir in den letzten Wochen zugetragen worden ist.
Wir fordern eine Fortbildungsoffensive, u. a. auch für den Bereich der Justiz, zu Strukturen des Rechtsextremismus in Niedersachsen; denn wir hatten im Amtsgericht Neustadt einen Fall, bei dem zwei mehrfach vorbestrafte Nazischläger - echte Nazigrößen aus der Region, Marco Siedbürger und ein Kollege von ihm - eine junge Frau bedroht und angegriffen haben. Beide sind von dieser Frau dann angezeigt worden. Es ist zu einem Prozess vor dem Amtsgericht Neustadt gekommen. Die beiden haben eine Gegenanzeige wegen Beleidigung gegen die Frau gestellt. Das Amtsgericht Neustadt hat auf Betreiben der Staatsanwaltschaft Hannover hin die beiden Prozesse zusammengelegt, sodass es dieser jungen Frau zugemutet worden ist, neben zwei bekannten Nazigrößen aus der Region auf der Anklagebank sitzen zu müssen.
Meine Damen und Herren, das war höchst unsensibel, das war von grober Unkenntnis über die Strukturen vor Ort geprägt. Darum sind wir der Auffassung, dass da im Bereich der Justiz an der einen oder anderen Stelle nachgearbeitet werden muss.
Ein letzter Punkt betrifft den Bereich der Abschiebehaft. Wir fordern mit unseren Änderungsanträgen die Streichung der Mittel für den Vollzug der Abschiebehaft, weil wir die Abschaffung der Abschiebehaft fordern; denn Abschiebehaft ist eine Haft gegen Menschen, die überhaupt keine Straftat begangen haben, meine Damen und Herren.
Die Abschiebehaft dient nur dem Mittel der Ausreise. Diese Haft sollte in unserem Rechtsstaat abgeschafft werden, zumal wir in Niedersachsen - auch das betrifft die Justiz, Herr Busemann - neun Mal vom Bundesverfassungsgericht gerügt worden sind, weil unsere Amtsgerichte Abschiebehaft rechtswidrig angeordnet haben.
Ich frage mich schon, welche Konsequenzen Ihr Haus daraus zieht, dass niedersächsische Amtsgerichte neun Mal auf Betreiben niedersächsischer Behörden hin gegen das Grundrecht auf Freiheit der Person verstoßen haben. Das kann in der Justiz nicht ohne Konsequenzen bleiben, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zu Beginn meiner Rede erst einmal grundsätzlich dafür bedanken, dass dieser Landtag als Haushaltsgesetzgeber der Justiz in den letzten Jahren immer die entsprechende Wertschätzung, auch in finanzieller Hinsicht, entgegengebracht hat. Sicherlich ist es auch Ausdruck der Wertschätzung, dass die Beratung dieses Etats als Höhepunkt der Beratungen am Schluss steht. Sie wollen die Beratungen wahrscheinlich mit einem gewissen Wohlgefühl beenden. Das wollen wir gerne so handhaben.
Nun können wir, einige haben das getan, auf rechtspolitische Felder ausweichen und den Haushalt dabei etwas aus dem Blick verlieren. Das möchte ich nicht nachvollziehen.
Die Vorratsdatenspeicherung wird uns in den nächsten Jahren vermutlich noch einmal beschäftigen. Google und Internetkriminalität sind wichtig. Die Mediation ist wichtig. Dazu beraten wir gerade ein Bundesgesetz. Wir in Niedersachsen sind auf diesem Gebiet Vorreiter und werden das und anderes mehr vernünftig mit erledigen.
Ich kann Sie auch beruhigen, was die Anwärter angeht. Wir können gemeinsam die Forderung der Gewerkschaften erfüllen. Die Anwärter des anstehenden Jahrgangs, die mit befriedigend oder besser abschließen, werden bei uns oder bei benachbarten Justizverwaltungen angestellt werden. Das haben wir derzeit, so wie ich das sehe, im Griff.
Man hat natürlich immer offene Wünsche. Aber ich glaube, wir dürfen sagen: Insgesamt hat der Justizetat eine Finanzausstattung, die den vernünftigen, angemessenen und würdigen Ausgleich zwischen notwendiger Haushaltskonsolidierung und dem, was an Tun und an Entwicklung notwendig ist, findet.
Nach der Tagesordnung geht es nicht, sondern es ist so - das habe ich auch am Anfang gesagt -, dass sich die Landesregierung an die Vorgabe zu halten hat, elf Minuten zu sprechen.