Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln das Thema Beihilfe. Die Beihilfe ist das eigenständige Krankensicherungssystem für unsere Beamten und Richter. Für Soldaten - das wissen Sie - und zum Teil auch für Beamte im Vollzugsdienst kann die Krankensicherung auch in Form der sogenannten Heilfürsorge ausgestaltet sein.
Das Beihilfesystem, das wir hier haben und heute diskutiert wird, umfasst die Aufwendungen des Dienstherrn im Rahmen der Fürsorgepflicht für Krankheitspflege und Geburtsfälle sowie bei Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und Schutzimpfungen.
Die Leistungen ergänzen in diesen Fällen - es ist wichtig, das jetzt zu betonen - die Eigenvorsorge des Beamten in Form der ergänzenden privaten Krankenversicherung. Diese ist aus den laufenden Bezügen zu bestreiten.
Leistungen des eigenständigen Beihilfesystems erfolgen im Gegensatz zum grundsätzlichen Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung als Kostenerstattung.
Meine Damen und Herren, das, was ich hier wiedergegeben habe, ist nichts andres als die Beschreibung des Alimentationsprinzips. Wir als Dienstherr stellen den Beamten eine entsprechende Alimentation zur Verfügung, aus der sie eben auch ihre eigene Krankensicherung bezahlen sollen. Ergänzend kommt dazu der Baustein der Beihilfe.
Wenn man hier über die Vorschläge der Opposition diskutiert, möchte ich einige Denkanstöße liefern, weil wir nämlich auch überlegen müssen, zu welchen Kostenverschiebungen es kommt, wenn man das, was Sie wollen, in die Praxis umsetzt. Deshalb möchte ich auf einige Aspekte kurz eingehen, meine Damen und Herren.
Erstens ist anzumerken, dass eigentlich nicht klar ist, wer letztendlich die Zeche zahlen soll. In der Regel - wir alle wissen, wie es derzeit läuft - kann ein Arzt seine Praxiskosten nicht allein durch GKVPatienten decken.
- Warum das so ist, ist an anderer Stelle zu diskutieren. Ich halte hier nur fest, wie es ist. Ihre Reaktionen zeigen mir, dass Sie das mit anerkennen.
Deswegen ist ein Arzt darauf angewiesen, dass er auch PKV-Patienten hat, um eine sogenannte Quersubventionierung zu erreichen.
Fakt ist: Das ist eine Art der Quersubventionierung. Die anderen Subventionen will ich gar nicht erwähnen. Was nämlich aus Steuermitteln auch in das System der gesetzlichen Krankenversicherung fließt, ist hier überhaupt noch nicht debattiert worden, meine Damen und Herren.
Erwähnenswert ist auch noch, dass ca. 50 % der PKV-Vollversicherten beihilfeberechtigt sind und die Quersubventionierung bei der Umsetzung Ihrer Pläne spürbar sinken würde. Denken Sie bitte auch an die Folgen, wenn man das System komplett umstellt und möglicherweise nicht mehr genügend neue Versicherte in die Versichertenkollektive nachrücken: Welche Auswirkungen hat das für diejenigen, die im System sind?
Meine Damen und Herren, für mich ergeben sich gerade bei diesem Punkt mehr Fragen als Antworten, die hier heute schon gegeben werden konnten.
Ferner stellt sich für mich die Frage, wer dann Kostenträger sein soll: Der gesetzlich Versicherte, der mit steigenden Versicherungsbeiträgen, höheren Zuzahlungen oder geringeren Leistungen zu rechnen hat? Oder der Arzt, der auf Einnahmen verzichtet und dann gegebenenfalls ins Ausland abwandert, nachdem er hier mit unseren Steuergeldern toll ausgebildet worden ist und nachher der Volkswirtschaft keinen Dienst mehr erweisen kann?
Oder - Herr Klein, hören Sie zu! - trifft es den Beamten, der möglicherweise die Differenz zwischen dem Gebührensatz von 1,7 und 2,3 hälftig aus seinen eigenen Einkünften übernehmen muss, weil ihm das niemand erstattet? Ich weiß nicht, welcher
Beamte Krösus ist; denn Fakt ist: Wenn das nicht im Gleichklang mit einer Änderung der Gebührenverordnung laufen würde und wir in Niedersachsen eigenständig eine andere Lösung betrieben, dann würden wir unsere Beamtinnen und Beamten im Regen stehen lassen.
Wenn man wissen will, wie sich das System eigentlich auf den Landeshaushalt auswirkt, ist es sinnvoll, auch einmal in den Haushaltsplan hineinzuschauen. Wenn Sie aus den Aufwendungen an Beihilfe für unsere aktiven Beamten und den Personalkosten für unsere aktiven Beamten einen Dreisatz bilden und das dann mit dem vergleichen, was wir zahlen müssten, wenn alle im GKVSystem untergebracht würden, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass wir bei unserer derzeitigen Lösung, bezogen auf das Jahr 2009, einen Beitragssatz von ca. 4,05 % und, bezogen auf das Jahr 2010, einen Beitragssatz von 3,85 % haben. Würden wir hingegen als Arbeitgeber unsere Beamtinnen und Beamten im System der gesetzlichen Krankenversicherung anmelden, dann läge der Beitragssatz bei 7,3 %.
Es kann nicht sein, dass Sie gar nicht auf solche Argumente eingehen und das nicht entsprechend berücksichtigen.
Es ist noch darauf hinzuweisen, dass in Berlin - das ist schon erwähnt worden - derzeit vieles im Fluss ist. Wir als CDU-Fraktion meinen, es ist wichtig, dass in Berlin erst einmal die Vorgaben gemacht werden, damit wir uns dann als Niedersachsen einbringen können. Es gibt Referentenentwürfe für die Gebührenordnung der Zahnärzte. Referentenentwürfe für die Gebührenordnung der Ärzte werden folgen. Ich glaube, es ist wichtig, erst einmal die Referentenentwürfe zu bekommen, um sich dann einzubringen.
Wichtig ist auch, dass man solche Lösungen in Zusammenarbeit mit den anderen 15 Bundesländern gestaltet.
Deswegen stehen wir derzeit weiterhin für die Fürsorgepflicht gegenüber unseren Beamtinnen und Beamten. Wir lassen sie nicht im Regen stehen, sondern sind weiterhin für sie da.
Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche auf Kurzinterventionen. Zunächst Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dreyer, ich muss sagen, ich finde die Argumentation, die Sie hier vorgetragen haben, im Grunde abenteuerlich; denn wenn ich die in einem Satz zusammenfasse, dann heißt das: Das Land Niedersachsen muss über die Beihilfe und über überhöhte Honorare die Ärzteschaft subventionieren, damit das System nicht zusammenbricht.
Was da passiert, ist zum Nachteil des Landes. Wir zahlen einfach zu viel. Aber es ist auch zum Nachteil der Beamten. Da würde es gerade die Fürsorgepflicht des Landes gebieten, die Beamtinnen und Beamten davor zu schützen, dass sie ein Viertel der Praxisumsätze erwirtschaften müssen und ihre Versicherungsbeiträge prozentual sehr viel stärker steigen als in der GKV. Ich finde, es ist Aufgabe des Landes, die Beamtinnen und Beamten da in Schutz zu nehmen.
Im Grunde gibt es angesichts des Dilemmas, das Sie geschildert haben, nur eine Lösung, der Sie sich logischerweise anschließen müssten, und das ist die Bürgerversicherung, in die selbstverständlich auch die Beamtinnen und Beamten des Landes mit einbezogen sind. Dann würde es diese ganzen Probleme überhaupt nicht geben.
Meine Damen und Herren, die nächste Kurzintervention kommt vom Kollegen Schwarz von der SPD-Fraktion.
Es kann doch nicht sein, dass wir zur Kenntnis nehmen, dass die Ausgaben und Beiträge in der privaten Krankenversicherung momentan wesentlich heftiger explodieren als in der gesetzlichen Krankenversicherung, was damit zu tun hat, dass der Ausnahmetatbestand, nämlich im Ausnahmefall das 3,5-Fache abrechnen zu können, zwischenzeitlich zum Regelfall der Ärzte geworden ist.
Es kann doch nicht sein, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, die Besserstellung der Privatversicherten hat etwas mit der Fürsorgepflicht des Staates zu tun. Das ist doch völlig falsch. Sie haben eine Fürsorgepflicht gegenüber allen gesellschaftlichen Gruppen. Der Krankenversicherte zahlt zurzeit die Besserstellung der Privatversicherten über seine Steuern. Das ist doch nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.
Das Zweite, was ich sagen will: Wir haben hier etwas ganz Simples hineingeschrieben. Wir wollen den Beamten und Beamtenanwärtern die gleiche Möglichkeit einräumen, die wir für uns als Abgeordnete selber in Anspruch nehmen, nämlich zu Beginn der Tätigkeit darüber entscheiden zu können, ob wir Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben wollen oder ob wir die Beihilfe in Anspruch nehmen wollen.
Dieses Wahlrecht lehnen Sie gegenüber den Beamten ab. Das hat mit Fürsorgepflicht verdammt wenig zu tun. Sie zwingen die Beamten in eine Krankenversicherung, in die durchaus nicht alle wollen.
Ich finde, eine Gleichberechtigung, was uns selber, alle anderen Versicherten und die Beamten angeht, wäre ehrliche Fürsorge. Sie stützen die Privilegien der Ärzte und der Beamten und Ihre eigenen Interessen - mehr nicht, meine Damen und Herren.