Protokoll der Sitzung vom 16.02.2011

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gerade die Verhandlungen vor dem letzten Freitag waren in der Tat nicht einfach gewesen. Bayern und Hessen hatten bis zuletzt vor, wegen der geschätzten Mehrkosten von 600 Millionen Euro für die Erdverkabelung noch einmal den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Hierzu müssen wir wissen, dass diese Mehrkosten bundesweit auf den Strompreis umgelegt werden und letztlich von allen Verbrauchern aufgebracht werden müssen. Es ist keine Frage, dass dies gerade auch für energieintensive Unternehmen wie der chemischen Industrie zusätzliche Belastungen mit sich bringen wird, die unsere Betriebe nicht wettbewerbsfähiger machen werden, meine Damen und Herren.

Die Neuregelung des Gesetzes sendet jetzt ein sehr wichtiges Signal an die Netzgesellschaften. Jetzt kann der Netzausbau auf den Pilottrassen zügig vorangebracht werden. Dies ist ein sehr wichtiger Beitrag, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern in den betroffenen Regionen zu akzeptablen und guten Lösungen zu kommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Landesregierung hat hier eine erstklassige Arbeit geleistet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Schröder-Ehlers. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, Sie feiern heute eine Gesetzesänderung und wissen, dass das, was beschlossen worden ist, überhaupt nicht ausreicht, um die Probleme zu lösen.

(Zustimmung bei der SPD)

Diese Änderungen bringen uns nicht voran. Was vorliegt, ist ein klitzekleiner, halbherziger Schritt. Herr McAllister, Sie fahren mit großem Getöse

nach Berlin, versuchen, Probleme zu lösen, und das Ergebnis? - Ein typischer McAllister: heiße Luft und wenig dahinter.

(Zustimmung bei der SPD - Wider- spruch bei der CDU - Heinz Rolfes [CDU]: Unglaublich! - Weitere Zurufe von Heinz Rolfes [CDU])

Ein guter Ministerpräsident, meine Damen und Herren, löst die Probleme und lässt sich nicht wegen nichts abfeiern. Sie, Herr McAllister, gehören in die Garde der Erbprinzen. Dafür haben Sie wieder den Beweis geliefert.

(Zurufe von der CDU: Mein Gott! - Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: So etwas von schwach!)

Wir stehen hier vor einer riesengroßen Herausforderung. Herr Ehlen, Sie als früherer Landwirtschaftsminister wissen das, weil Sie auch für die Raumordnungsverfahren zuständig waren. Wir stehen hier vor einer riesengroßen Herausforderung;

(Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Und Sie haben keine Ahnung! So einfach ist das! - Weitere Zurufe von der CDU)

denn das zum Teil stark veraltete Stromnetz, Herr Ehlen, muss zukunftsfähig gemacht werden,

(Zuruf von der CDU: Wie denn?)

es muss ausgebaut werden, sodass die erneuerbaren Energien auch wirklich eingespeist werden können.

Wir haben über die Windenergie gesprochen und haben schon von den vielen kleinen Anlagen der erneuerbaren Energien gehört. Das bedeutet - das wissen Sie ganz genau -, dass die Energieleitungen über sehr viele Kilometer erneuert werden müssen.

Das bedeutet auch, dass Energieleitungen über viele Kilometer neu gebaut werden müssen. Die beiden dena-Studien sind im Ansatz schon zitiert worden. Demnach müssen nicht nur 850 km neu gebaut werden, sondern bis 2025 müssen rund 3 500 km mit einem geschätzten Investitionsvolumen von 10 Milliarden Euro neu gebaut werden, also eine erhebliche Investition, die hier vor uns liegt. Bisher sind kaum 100 km neue Energieleitungen geschafft. Das macht deutlich, wie groß die Aufgabe ist, die vor uns liegt.

Wenn man sich vor Augen hält, welche Proteste jetzt an den Strecken erfolgen, dann wird einem sehr schnell klar, dass das erst der Anfang sein kann. Viele Proteste werden folgen, und zwar völlig zu Recht. Herr Bode, da hilft es auch nicht, wenn Sie jetzt die Beteiligungsverfahren reduzieren. Wir müssen es schaffen, die Konzepte bei diesem gigantischen Ausbauprogramm zu optimieren und auch wirklich moderne Technik zum Einsatz zu bringen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Was ist denn Ihr Konzept?)

Dazu gehören die Erdkabel, und zwar auf langen Strecken. Dazu gehört die HGÜ-Technik, die Hochspannungsgleichstromübertragung.

(Heinz Rolfes [CDU]: Sie wissen noch nicht einmal, was das ist!)

- Herr Rolfes, wir können uns gerne nachher einmal über die physikalischen Dinge unterhalten.

(Heinz Rolfes [CDU]: Darüber können wir uns eben nicht unterhalten!)

Die HGÜ-Technik kommt übrigens schon auf vielen Strecken zum Einsatz: zwischen Lübeck und Schweden seit 1994, zwischen Rostock und Dänemark seit 1995. 2008 ist zwischen Norwegen und den Niederlanden eine Strecke von 580 km gebaut worden. Im letzten Jahr haben die Chinesen erstmals eine 800-kV-Erdkabelleitung verlegt.

(Björn Thümler [CDU]: Gerade die Chinesen als Beispiel zu nehmen, das ist schon dreist!)

Jetzt will Tennet - das ist der niederländische Staatskonzern, dem ja mittlerweile alle Pilotstrecken gehören - zwischen Amsterdam und Rotterdam eine Höchstspannungsdrehstromleitung bauen. Es gibt also viele gute Beispiele. Jetzt wird es darauf ankommen, diese Techniken und Initiativen auch in Niedersachsen umzusetzen.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie vermitteln den Eindruck, Sie wollen das gar nicht und sind ganz zufrieden damit, wenn sich der Ausbau des Netzes weiter verzögert, wenn die Bürgerinitiativen um ihre Rechte kämpfen müssen, wenn es Klagen von allen Seiten und lange Gerichtsverfahren gibt.

(Jens Nacke [CDU]: Sie wissen, dass das nicht stimmt!)

Denn jede Verzögerung führt dazu, dass sich der Ausbau der Erneuerbaren nach hinten verlagert und dass Atomkraftwerke länger am Netz bleiben.

(Björn Thümler [CDU]: So ein Quatsch!)

Meine Damen und Herren, das ist das traurige Ergebnis der Politik, die wir hier erleben.

(Zustimmung bei der SPD - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Es fehlt das Gesamtkonzept für Niedersachsen. Die aktuellen Änderungen erfassen lediglich Teilbereiche. Wir wollen keinen ständigen Wechsel zwischen Erdkabel und Freileitung.

(Jörg Hillmer [CDU]: Was wollen Sie denn?)

Diese Sägezahntechnik lehnen wir ab. Wir wollen, dass endlich auch neue Techniken berücksichtigt werden.

Herr McAllister, das, was uns hier geboten wird, reicht nicht. Es gibt noch viele Hürden und keinen Grund zum Feiern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Wol- len Sie Hamsterräder als Generato- ren?)

Danke schön, Frau Kollegin Schröder-Ehlers. - Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Oetjen. Sie haben das Wort.

Frau Präsidenten! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass ich nach der Kollegin Schröder-Ehlers sprechen kann; denn das gibt mir die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass das Energieleitungsausbaugesetz unter einer großen Koalition entstanden ist und dass ich den Eindruck habe, dass Sie das völlig verdrängen und die Realitäten überhaupt nicht wahrnehmen, mit denen man es im Bundesrat zu tun hat, wenn man etwas für unser Land erreichen möchte.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Clemens Große Macke [CDU]: Ja, das ist scheinheilig!)

Mit dem Energieleitungsausbaugesetz wurden nun die notwendigen Konsequenzen aus den bisheri

gen Erfahrungen bei der Anwendung des Gesetzes seit 2009 gezogen.

Wir alle wissen, dass der Ausbau der Stromnetze unverzichtbar ist. Wir müssen beispielsweise den Windstrom aus dem Norden in den Süden transportieren, um die klimapolitischen Ziele zu erreichen, die wir uns in Deutschland gesteckt haben. Das ist angesprochen worden. Bis 2015 müssen 850 km gebaut werden. Etwa 50 % dieser Strecken liegen in Niedersachsen. Deshalb ist gerade bei uns die Betroffenheit der Bürgerinnen und Bürger sehr groß. Ich möchte hier als die drei großen Strecken Wahle–Mecklar, Diele–Niederrhein und Ganderkesee–St. Hülfe nennen. Deswegen ist es Aufgabe unserer Landesregierung gewesen, sich stark einzusetzen, und zwar gegen den Widerstand der Strombezieher aus dem Süden.

Diese Weigerung in Süddeutschland, zur Kenntnis zu nehmen, dass es eine gesamtdeutsche Aufgabe ist, den Strom zu transportieren, finde ich unverantwortlich!