Es geht nicht nur um ein neues Gesetz, sondern es geht ein Stück weit auch um eine Kulturänderung im Verhältnis zwischen Staat, Land, Kommunen und Bürgern. Das bedarf eines gewissen Prozesses, damit das dann von beiden Seiten mit Erfolg und großer Akzeptanz in die Realität umgesetzt werden kann. Dazu gehört dann nicht nur die in der Geschäftsordnung der Landesregierung vorgesehene Beteiligung der Ressorts der Landesbehörden sowie der kommunalen Spitzenverbände, sondern vor allen Dingen Zeit für die Beteiligung unserer Mitbürgerinnen und -bürger, für die dieses Gesetz gemacht ist.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Nach der Rede der Ministerin haben wir noch eine weitere Wortmeldung zu Tagesordnungspunkt 21. Herr Kollege Stefan Birkner, Sie haben das Wort für zwei Minuten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, nach wie vor nicht nachvollziehbar ist, warum Sie meinen, Zeit bis zum Januar nächsten Jahres zu brauchen, um einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Wir haben hier vielfach gehört, dass es sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene - übrigens auch in Niedersachsen durch das Umweltinformationsgesetz - entsprechende Vorbilder und auch entsprechende Erfahrungen gibt. Der Kollege Winkelmann hat auf den Evaluationsbericht hingewiesen. Es liegt also eigentlich alles vor.
Was wir erwartet hätten, ist, dass diese Landesregierung hier viel zügiger vorangeht, weil dieses Thema ja längst auf der Tagesordnung ist. Die
Fraktion der Grünen hat in der letzten Legislaturperiode einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Insofern sind wir etwas überrascht, dass Sie erst im Januar mit einem entsprechenden Gesetzesvorschlag kommen wollen.
Wir bitten darum und fordern Sie auf, dass Sie dieses Gesetzgebungsvorhaben dazu nutzen, um sich jetzt einzubringen, damit wir hier zügig zu einer entsprechenden Verabschiedung kommen und diese Gemeinsamkeit, die hier in diesem Hohen Hause durchaus festzustellen ist, schnell umsetzen können, um dieses gemeinsame Ziel eines Informationsfreiheitsgesetzes oder auch eines weitergehenden Transparenzgesetzes - das bleibt zu diskutieren - zu erreichen.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Damit ist die Beratung abgeschlossen. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Vorgesehen ist die Überweisung an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Dann wird das so geschehen.
Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung: Steueraufkommen durch gerechten Steuervollzug sichern - Maßnahmen gegen Steuerbetrug verstärken - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/260
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über Steuergerechtigkeit und die faire Finanzierung des Gemeinwesens, über Steuervollzug und über Steuerbetrug wurde schon heute Morgen im Rahmen der Aktuellen Stunde einiges
ausgetauscht. Der Kollege Nacke - leider ist er nicht mehr da - hatte ja schon gestern in der Plenardebatte die Anregung gegeben - - -
- Herr Nacke ist da, wunderbar. Ich würde gern Ihre Anregung in Richtung einer höheren Debattenkultur aufgreifen. Sie haben gestern ja moniert, dass wir doch stärker auf die Reden der Vorgänger eingehen sollen. Deswegen möchte ich Ihre Anregung heute zum Anlass nehmen, noch auf den einen oder anderen Satz aus der Aktuellen Stunde heute Morgen einzugehen, weil sie unmittelbar mit unserem Entschließungsantrag zum Steuervollzug zusammenhängt.
Herr Bode, der auch dort vorne sitzt - guten Tag, Herr Bode! -, hat heute in der Aktuellen Stunde zum wiederholten Mal beklagt, dass 10 % der Eliten und Leistungsträger in diesem Land mehr als die Hälfte des Einkommensteueraufkommens zahlen.
- Ja, Sie haben recht, Herr Bode. Sie haben völlig recht. Es ist nämlich so, dass 10 % der Steuerzahler mehr als die Hälfte zum Einkommensteueraufkommen beitragen. Meine Damen und Herren, das ist auch gut und richtig so.
Das ist nämlich überhaupt nichts Neues, weil sich diese Bevölkerungsgruppe diese Steuerlast auch leisten kann. Betroffen sind nämlich diejenigen in diesem Land, die deutlich mehr verdienen und zur Verfügung haben als die Normalbürgerin oder der Normalbürger in diesem Land.
Im Übrigen möchte ich Sie, Herr Bode, noch einmal daran erinnern, dass in diesem Land immer noch der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gilt, auch wenn die FDP das nicht so gerne hört. Deswegen sollte gelegentlich daran erinnert werden: Wer viel hat, der kann auch viel zahlen. - Das ist völlig richtig.
Im Übrigen übersehen Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der FDP-Fraktion, und verschweigen Sie geflissentlich, dass das Einkom
Weitere 34 % - da wird es dann interessant - resultieren aus dem Mehrwertsteueraufkommen in diesem Land. Die Belastung durch die Mehrwertsteuer trifft die Millionäre in gleichem Maße wie den Hartz-IV-Empfänger. Ich gehe sogar so weit und sage: Den Hartz-IV-Empfänger trifft die Mehrwertsteuerbelastung deutlich mehr als den Millionär, insbesondere dann, wenn man es prozentual sieht.
Geringverdiener werden also vom Staat ebenso wie Reiche überdurchschnittlich belastet, nur eben an anderer Stelle, nämlich durch die Mehrwertsteuer und andere Mechanismen.
Warum erzähle ich Ihnen all das, Herr Bode? - Ganz einfach; denn auch in der Steuerdebatte heute Morgen im Rahmen der Aktuellen Stunde über Spitzensteuersätze ging bzw. geht es genauso wie bei unserem heutigen Entschließungsantrag zum Steuervollzug um die immer gleiche Frage: Wie bekommen wir es eigentlich hin, dass der Staat seinen Aufgaben im Bereich der Bildung und der Infrastruktur überhaupt nachkommen kann? Wie kriegen wir unsere Aufgaben finanziert? - Da kann die Debatte in der Aktuellen Stunde heute Morgen ganz hilfreich sein.
Ein anderer, ergänzender Weg - ich nenne es einmal so - ist aber auch der, den Steuervollzug zu verbessern und Steuerhinterziehung wirksam zu bekämpfen.
Meine Damen und Herren, das Geld liegt auf der Straße. Dazu brauchen wir gar kein neues Gesetz zu schaffen. Das Geld liegt auf der Straße. Wir müssen es nur einsammeln, weil hier dringender Handlungsbedarf besteht.
So entgehen nämlich dem Staat nach seriösen Schätzungen durch Steuerhinterziehung jedes Jahr Einnahmen in Milliardenhöhe. Um diese Zielsetzung zu erreichen, um also diese Steuereinnahmen zu generieren, die uns rechtmäßig zustehen, ohne dass wir irgendein Gesetz ändern müssen, müssen wir die Steuerverwaltung des Landes Niedersachsen so ausrichten, dass sie ihrer Rolle als tragende Einnahmeverwaltung dieses Landes gerecht werden kann. Das heißt, wir brauchen eine
bedarfsgerechte Personalausstattung, und wir brauchen eine Stärkung der Betriebs- und Steuerfahndungsstellen in diesem Land. Dafür steht unser Antrag, meine Damen und Herren.
Ich sage das sehr deutlich, weil Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt sein sollte und auch keine lässliche Sünde, wie das vielleicht in den Augen der FDP der Fall ist, sondern eine Straftat, die das Vertrauen in den Rechtsstaat untergräbt und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährdet.
Wir als SPD-Fraktion wollen deshalb ganz konkret 100 neue Stellen im Bereich der Betriebsprüfung und der Steuerfahndung schaffen, um die Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Da Betriebsprüfer nun mal nicht vom Himmel fallen, müssen wir dementsprechend die Ausbildungskapazitäten für die Finanzanwärterinnen und Finanzanwärter anpassen, damit wir hier zu einer vernünftigen Verbesserung kommen. Alles das finden Sie in unserem Entschließungsantrag.
Ich möchte auf einen weiteren interessanten Punkt eingehen: auf den sogenannten BenchmarkingProzess, den wir in unserem Antrag formuliert haben. Dieser soll alle Länder dazu verpflichten, jährlich die finanzielle und personelle Ausstattung ihrer jeweiligen Steuerverwaltungen offenzulegen.
Warum machen wir das, meine Damen und Herren? - Das ist ganz einfach: Es kann doch nicht wahr sein, dass einzelne Bundesländer - wie beispielsweise Bayern - weniger intensiv prüfen und damit auch noch eine Standortwerbung zum Nachteil des Landes Niedersachsen betreiben, wo deutlich intensiver geprüft wird als in Bayern. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Frage der Ausstattung der Betriebsprüfungsstellen und die Häufigkeit und Intensität von Betriebsprüfungen als ein Argument für die Ansiedlung von Unternehmen im jeweiligen Bundesland genutzt werden nach dem Motto: „Kommt doch in die schwarz regierten Bundesländer, da geht es euch besser; denn in den rot regierten wird intensiv geprüft!“ Das kann nicht sein, meine Damen und Herren. Damit muss Schluss sein!
Lassen Sie mich aus Gerechtigkeitsgründen noch auf einen Punkt aus dem Landesrechnungshofbericht hinweisen, der die Defizite bei der Prüfung von Einkommensmillionären klar aufgezeigt hat. Wir sind bereit, diese Defizite zu beseitigen, indem wir mehr Personal für die Steuerverwaltung bereitstellen. Nach Schätzungen des Landesrechnungshofs entgehen uns in Niedersachsen jährlich 170 Millionen Euro an Steuereinnahmen, weil die Einkommensmillionäre nicht vernünftig geprüft werden. Das kann so nicht weitergehen. Deswegen müssen wir handeln. Dazu dient unser Entschließungsantrag.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss auch noch einmal auf das leidige Thema Steuerdaten-CD eingehen. Der Kollege Grascha hat am 16. April eine Pressemitteilung herausgegeben, in der er den Ankauf von Steuerdaten-CDs deutlich kritisiert. Ich zitiere wörtlich aus Ihrer Pressemitteilung; Sie machen das ja auch immer gerne.