Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Nun zu den anderen Ausführungen. In der Frage der Steuergerechtigkeit und wie man der Steuerhinterziehung habhaft werden kann, ist es nun einmal so, dass mit dem Abkommen mit der Schweiz ein Vielfaches dessen eingenommen worden wäre, was durch die CDs und den illegalen Ankauf hereingekommen ist. Wenn man eins und eins zusammenzählt - Herr Schneider hat es hier ausgeführt -: Es war ein schlechtes Geschäft für das Land. Es war ein schlechtes Geschäft für die Kommunen. Was hätten wir durch dieses Abkommen mit der Schweiz nicht alles an Straßen hier in Niedersachsen bauen können, meine sehr geehrten Damen und Herren?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Petra Tiemann [SPD]: Das ist das Erste, was Ihnen einfällt?)

Wenn Sie wirklich auf weitere Steuergerechtigkeit durch Erhebungen und Prüfungen setzen, dann lassen Sie uns doch das Modellprojekt, das in Osnabrück zur zeitnahen Betriebsprüfung angelaufen ist, umsetzen, damit wirklich schnell Klarheit besteht.

Herr Kollege Bode, die Redezeit ist abgelaufen.

Das wäre der richtige Weg.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Henning, Sie haben Gelegenheit, in ebenfalls anderthalb Minuten zu antworten.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Sagen Sie einfach, wir haben recht!)

Eine kurze Erwiderung auf Herrn Hilbers: Herr Hilbers, Sie haben es doch selbst ausgeführt. Natürlich ist der Druck durch den Ankauf von Steuerdaten-CDs auf Steuerhinterzieher in diesem Lande gewachsen. Ich sage Ihnen sehr deutlich: Mir verbietet nur der Hinweis auf das Steuergeheimnis, hierzu weitere Ausführungen zu machen. Sie können sich doch wohl 1 : 1 ausrechnen, woher Herr Hoeneß und die weiteren Steuerhinterzieher in diesem Land den Druck bekommen haben. Sie wissen ganz genau, dass sie auf einer solchen Steuerdaten-CD stehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

- Sie können sich gleich zu Wort melden.

Von daher müssen wir doch erst einmal zur Kenntnis nehmen, dass der Druck durch den Ankauf von Steuerdaten richtig war und dadurch natürlich auch der Fall Hoeneß ins Rollen gebracht worden ist, wie die weiteren 1 000 Selbstanzeigen in diesem Lande zeigen.

Herr Bode, es ist natürlich immer die Frage, wie man etwas betont. Natürlich haben Sie heute Morgen sachlich dargestellt, dass 10 % der Menschen in diesem Land 52 % zum Einkommensteueraufkommen beitragen. Das gestehe ich Ihnen gerne zu. Aber Sie haben schon an anderer Stelle, auch heute Morgen durch Ihre Kollegen, darstellen lassen, wie schwierig es aus Sicht der FDP-Fraktion ist, dass die Leistungsträger in diesem Land so hoch besteuert werden. Das ist doch Ihr Dauerthema! Es ist auch immer die Frage, wie Sie das verkaufen.

Von daher habe ich überhaupt kein Problem mit ihrer Korrektur, die Sie gerade gemacht haben, dass Sie sagen: Es ist gut, dass 10 Prozent 52 % des Steueraufkommens tragen. - Okay. Aber ich sage auch: Das ist nur ein Bruchteil des Steueraufkommens. Die Mehrwertsteuer - das habe ich eben schon dargestellt - trägt viel stärker zum Steueraufkommen bei. Im Übrigen ist hier auch das Lohnsteueraufkommen zu nennen. Das vergessen Sie bei der Gelegenheit auch immer. 70 % des Einkommensteueraufkommens besteht aus dem eigentlichen Lohnsteueraufkommen, was die Arbeitnehmer in diesem Lande bezahlen, aber nicht aus veranlagter Einkommensteuer, wozu vielleicht auch Ihre Geschäftsführer-Kollegen beitragen.

Herr Kollege Henning, vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Als nächster Redner hat sich der Kollege Gerald Heere für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. - Entschuldigung, zuerst Herr Kollege Mohr. Danach Herr Heere.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Henning, ich finde es interessant, wenn Sie hier deutlich machen, dass Sie wissen, wo die Hintergründe dieser HoeneßAffäre liegen und wie es zustande gekommen ist, dass eine CD den Hintergrund bilden soll. Das ist in der allgemeinen öffentlichen Diskussion nicht so bekannt. Es wäre spannend zu erfahren, woher diese Informationen kommen, die Sie hier eingebracht haben.

(Beifall bei der CDU - Johanne Mod- der [SPD]: Zeitung lesen!)

Eine Vorbemerkung: Selbstverständlich haben Sie recht, das ist für die Länder ein gutes Geschäft. Nur ist Steuergerechtigkeit in meinen und in unseren Augen nicht immer eine Frage des Geschäfts, sondern es geht auch hier um die gleiche Behandlung gleicher Tatbestände. Da ist das Ankaufen von Steuer-CDs nicht der richtige Weg, weil man in der Tat nur die Spitze des Eisbergs von Steuerhinterziehern, aber nicht auf breiter Front eine Lösung im Sinne der Steuergerechtigkeit erreicht.

Insofern ist das für den Haushalt für Überbrückungszwecke vielleicht eine schöne Sache. Aber richtiger und gerechter wäre es, Abkommen mit anderen Staaten zu schließen.

(Beifall bei der CDU - Ronald Schmin- ke [SPD]: Gerechter wäre es, anstän- dig Steuern zu bezahlen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei Ihrem Entschließungsantrag sind einige wenige Punkte neu, also als ernsthafter und echter Handlungsauftrag an die Landesregierung zu werten. Diese Punkte verdienen eine sachliche und sachgerechte Würdigung insbesondere im Fachausschuss.

In anderen Punkten soll die Landesregierung aufgefordert werden, einfach ihre Pflicht zu erfüllen und zu arbeiten. Ich komme gleich zu einem konkreten Punkt. Wenn wir uns einig sind, dass es

dort Defizite gibt, dann kann man das gerne so beschließen.

Weiter wird die Landesregierung im Antrag aufgefordert, das zu tun, was sie selbst bereits öffentlich bzw. im Haushaltsausschuss des Landtags angekündigt hat. Dies betrifft auch den Kernpunkt Ihres Antrages, die zusätzlichen Betriebs- und Steuerprüfer. Dieser ist nach den Aussagen des Finanzministers schon heute als abgefrühstückt anzusehen.

Wenn Sie das, was Ministerinnen und Minister konkret öffentlich avisieren, kurz darauf über die Fraktion mittels Entschließungsanträgen in diesen Landtag einbringen und wir uns damit doppelt und dreifach befassen dürfen, dann ist das ein Stück weit Zeitverschwendung für diesen Landtag.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Teile des Antrags können mit Verweis auf die geltende Rechtslage sowie auf die politischen Anstrengungen und Erfolge der letzten Jahre in Bund und Land als abgearbeitet angesehen werden. Dies werden wir mit einigen Beispielen im Fachausschuss belegen.

Die beantragte Bundesratsinitiative in Sachen Personalkostenberücksichtigung im Länderfinanzausgleich steht in meinen Augen im Widerspruch zu den Abmachungen der Länder. Nach der Bundestagswahl soll im Jahr 2014 eine Verhandlungskommission gebildet werden, um die Finanzbeziehungen der Länder insgesamt zu erörtern, insbesondere mit Blick auf das Ablaufen der geltenden Finanzausgleichsvereinbarung im Jahr 2019. Das geht im Übrigen auch aus einer Antwort des Finanzministers auf eine Anfrage des Abgeordneten Hilbers hervor.

Die von den Koalitionsfraktionen gegen diese Regierungsposition geforderte Bundesratsinitiative lehnen wir als Schnellschuss ab. Vielleicht geht es den antragstellenden Fraktionen hierbei aber auch gar nicht so sehr um einen zügigen Erfolg in der Sache, sondern nur um einen zügigen Aufschlag vor der Bundestagswahl. Das scheint derzeit eine der Hauptaufgaben des Bundesrates zu sein.

Ich sage ausdrücklich: Das Anliegen, eine Berücksichtigung dieser Thematik im Länderfinanzausgleich zu erreichen, ist inhaltlich berechtigt und sinnvoll. Schon im Zuge der Föderalismuskommission II spielte dieser Punkt bekanntlich eine Rolle. Unter anderem wurde er damals auch von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in die Beratung der FöKo II eingebracht. Eine Lösung dieser Detailfra

ge brachte die an vielen Fronten geforderte Kommission damals nicht zustande.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit der Ankündigung, 100 weitere Stellen innerhalb von fünf Jahren zu schaffen - mit 20 Stellen soll es in 2013 losgehen -, setzt der Finanzminister auf eine Politik der kleinen Schritte. Dabei wollen die Koalitionsfraktionen laut Antrag die Einnahmelage des Landes nicht nur verbessern, sondern sie versteigen sich zu der Aussage, mit diesen Stellen werde das Land seine Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen. Diese Formulierung in Verbindung mit der 2012 - wir haben kürzlich das Rechnungsergebnis bewertet -, 2013 und - absehbar - 2014 auf sehr hohem Niveau weiter steigenden Einnahmelage des Landes gibt uns ein wenig Hoffnung, dass sie von ihren mittelstands- und mittelschichtfeindlichen Steuererhöhungsplänen doch noch Abstand nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Zum beantragten Auftrag zur Prüfung weiterer interner Umstrukturierungen sowie organisatorischer und technischer Verbesserungen hat der Herr Finanzminister u. a. in der Braunschweiger Zeitung vom 14. Juni bereits Stellung bezogen. Diese Forderung des Antrags ist somit obsolet.

Im Übrigen ist es wirklich hohles Füllmaterial, wenn der Landtag in einer Entschließung die Regierung auffordern soll, organisatorische und technische Verbesserungen zu prüfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das müssen wir nicht beraten, das müssen wir nicht fordern, das müssen wir nicht beschließen - das ist die ureigene Aufgabe und Pflicht der Landesregierung!

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gab in den letzten Jahren erhebliche - und ich füge hinzu: erfolgreiche - Anstrengungen, um Steuerbetrug und Steuerflucht zu begegnen. Auch auf internationaler Ebene über die OECD, die Europäische Union und die G 20 hat sich Deutschland hier federführend eingebracht. Seit 2009, also in der Amtszeit von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble, wurden 36 Steuer- und Informationsaustauschabkommen mit anderen Staaten geschlossen, zuletzt vor drei Wochen mit Grenada und mit den Cookinseln, die im Rahmen dieser Thematik auch in den Schlagzeilen waren. In der Amtszeit des Finanzministers Steinbrück waren es übrigens sechs Abkommen.

(Beifall bei der CDU)

2011 hat das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz massive Einschränkungen bei der Straffreiheit von Steuerselbstanzeigen bewirkt sowie zusätzlich Zahlungszuschläge auf die Nachzahlungsbeträge gebracht. Die Verjährungsfristen wurden mit dem Jahressteuergesetz 2009 verschärft.

Sie wollen da jetzt noch einen draufsetzen. Man kann es diskutieren, ob die zehnjährige Verjährungsfrist hier hinreichend ist. Man darf das aber nicht nur durch die Brille des einnahmefixierten Steuerstaates sehen, sondern das ist auch eine rechtsstaatliche Frage. Neben der Steuerhinterziehung in schweren Fällen verjährt in Deutschland u. a. auch die gefährliche Körperverletzung nach zehn Jahren. Gleiches gilt für Brandstiftung oder die Misshandlung von Schutzbefohlenen - zehn Jahre. Die Frage der Verhältnismäßigkeit muss also auch hier sorgsam abgewogen werden. Das tut Ihr Antrag leider nicht, er ist in diesem, meines Erachtens durchaus sensiblen Punkt, überraschend unreflektiert.

Wir werden die Mängel bei der fachlich-inhaltlichen Recherche der Abstimmungslage zwischen den Ländern und auf der Bund-Länder-Schiene angehen, aber auch die Mängel in der politischen Akzentuierung Ihres Antrages - auf einige habe ich hingewiesen - im Zuge der weiteren Beratungen gern aufgreifen und verdeutlichen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Lieber Kollege Mohr, 0:00 zeigt die Uhr. Es war eine Punktlandung bei der ersten Rede. Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt hat Herr Heere von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Mohr, meinen Glückwunsch zur ersten Rede.

Nun aber zu dem, was Sie gesagt haben. Zunächst zum Stichwort Steuer-CDs. Wir brauchen die Debatte heute nicht noch einmal groß zu führen; denn das hatten wir bereits. Wir sind uns im Grunde auch darüber einig, dass ein Abkommen das beste Mittel ist. Der Streit geht nun darum, ob das Abkommen, das Schäuble damals vorge

schlagen hat, ein gutes war. - Ich sage: Das war es nicht, sondern wir brauchen ein anderes Abkommen.