Natürlich können wir über die Gestaltung von Rahmenbedingungen unterstützen. Eine der Rahmenbedingungen hatte ich Ihnen bereits genannt: Wenn sich die Kassen freundlicherweise verpflichten, tarifliche Vergütungen zu bezahlen, wird das natürlich eine positive Unterstützung auf die Tarifverträge und deren Abschluss haben. Natürlich ist es unser gemeinsames Ziel, wirklich allgemeinverbindliche Tarifverträge zu haben. Denn im Moment läuft sehr viel an Konkurrenz auf dem Rücken der Pflegekräfte. Das ist aber genau das, was wir verhindern wollen.
Darüber hinaus gehen wir bei den Verhandlungen zum sogenannten PSG III, also dem Pflegestärkungsgesetz III, das jetzt kommen soll und im Moment auf der Bundesebene verhandelt wird, für Niedersachsen sehr, sehr stark in die Richtung, die Bedarfsplanung wieder bei den Kommunen einzuführen, d. h. die Stärkung der Kommunen dabei sehr deutlich in den Vordergrund zu stellen. Denn im Moment ist der ungute Wettbewerb, den wir durch eine Liberalisierung des Marktzugangs in diesem Bereich zu verzeichnen haben, genau das, was uns gerade bei der Vergütung und den Tarifabschlüssen auf die Füße fällt, weil es eben einen gegenseitigen Unterbietungswettbewerb im Bereich der stationären Pflege gibt, da es zu viele Plätze gibt und die Kommunen keine Möglichkeit zur Bedarfssteuerung haben. Also auch an solchen Stellen sind wir tätig.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es folgt noch einmal Kollege Thomas Schremmer, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass wir eben schon etwas über die Bedeutung von Zukunftstechnologien gehört haben, frage ich die Landesregierung, inwieweit die Wissenschaft ihren Beitrag zur sozialen Gesundheitswirtschaft leistet.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sicherlich allen klar, dass Gesundheitswirtschaft heutzutage immer in irgendeiner Form auf Forschungsergebnisse zurückzuführen ist; denn Medizin im Jahr 2016 ist letztendlich immer Hightechmedizin. Von daher ist die Forschung, ist die Wissenschaft, sind die Hochschulen erst einmal die Grundlage allen Fortschritts an der Stelle.
Ich finde, ein schönes Beispiel dafür, wie man tatsächlich diesen Bereich für die Gesundheitswirtschaft optimal nutzen kann, ist das wohl erst vor zwei Wochen gestartete Gebäude Niedersächsisches Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung, das NIFE, weil hier unterschiedliche Disziplinen aus der MHH, aus der TiHO und aus der LUH gemeinsam forschen und miteinander arbeiten. Denn das Entscheidende ist zum einen, dass heutzutage Medizin ohne Ingenieurwissenschaften nicht mehr auskommt. Bei allem, was beispielsweise den Bereich Implantate angeht, haben wir es immer mit Hightechmaterialien zu tun, die z. B. nicht mehr abgestoßen werden oder mit einer Beschichtung versehen sind, die keimfrei ist, damit keine Entzündungen entstehen können.
Der zweite Bereich ist das Thema Translation, d. h., die Frage, wie man es schafft, aus der Forschung heraus am Ende tatsächlich marktfähige Produkte für die Gesundheitswirtschaft zu generieren. Das schafft man sicherlich nur, indem man auch eine stärkere Orientierung an den Bedürfnissen oder den Rahmenbedingungen des Marktes sicherstellt. Das machen wir, indem wir uns im Masterplan darauf verständigt haben, sogenannte
Transfermodule in den Drittmittelprojekten - also wann immer im Medizinbereich Forschung finanziert wird - zu integrieren, damit die Translation, also das Übertragen in die Praxis, das Marktreifmachen von medizinischen Produkten, immer gleich mitgedacht wird.
Das machen wir auch - das ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Masterplans -, indem wir unsere Förderrichtlinien - im Wesentlichen im MW und MWK, aber sicherlich auch in Teilen im MS - zu bestimmten konkreten Projekten so zueinander aufstellen wollen, dass mit unterschiedlichen Teilaspekten tatsächlich eine große gesamtmedizinische Frage im Sinne der Gesundheitswirtschaft bearbeitet werden kann. Ich glaube, es ist ein sehr kluger und auch zukunftsweisender Weg, sich gerade über den Weg des Verschmelzens der Ressourcen dem Thema Förderpolitik zu widmen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Frage kommt aus der SPD-Fraktion. Kollege Uwe Schwarz, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Gesundheitswirtschaft und insbesondere der Gesundheitstourismus spielen in Niedersachsen regional eine ausgesprochen große Rolle. Ich frage deshalb: Welche Perspektiven ergeben sich aus dem Masterplan für diesen Bereich, insbesondere in den Kurorten und Heilbädern?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schwarz, vielleicht gestatten Sie mir zunächst, mich an dieser Stelle für die gute Zusammenarbeit der drei Häuser - des Sozialministeriums, des Wissenschaftsministeriums und meines Hauses - zu bedanken und einen herzlichen Dank an die Mitarbeiter zu richten. Denn ich glaube, es steckt ganz viel Arbeit hinter dem, was wir dort auf den Weg gebracht haben. Deswegen auch ein großer Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Fangen wir mit dem Tourismus an! - Der Tourismus hat eine extrem große Bedeutung für Niedersachsen: 340 000 Beschäftigte, mehr als 15 Milliarden Euro Wertschöpfung und Steuereinnahmen in Höhe von 320 Millionen Euro. Das zeigt, glaube ich, die Bedeutung. Die Tourismuspolitik hat für Niedersachsen einen extrem hohen Stellenwert. Wir haben es mit guten Maßnahmen, vor allem mit attraktiven Regionen, geschafft, dafür zu sorgen, dass es im vergangenen Jahr 41 Millionen Übernachtungen, so viele wie nie zuvor, in unseren Reiseregionen gab.
Aber - jetzt kommt der entscheidende Punkt - jede zweite Übernachtung findet dabei in einem der 110 niedersächsischen Kur- und Erholungsorte statt, also ein extrem positiver Trend, der zeigt, dass die Gäste sehr genau darauf achten, dass die Themen Gesundheit und Urlaub eng miteinander verbunden sind.
Deswegen ist auch der Gesundheitstourismus ein extrem wichtiges Handlungsfeld im Masterplan „Soziale Gesundheitswirtschaft“, und zwar eben in der Ergänzung oder Verbindung der attraktiven Erholungsorte mit der medizinischen und therapeutischen Kompetenz, die dort vorhanden ist, und natürlich mit den gesundheitsorientierten Dienstleistungen, die dort angeboten werden.
Nicht nur aufgrund des gewachsenen Gesundheitsbewusstseins der Gäste, sondern auch - ich glaube, es geht noch einen Schritt weiter; wir haben vorhin etwas über die Frage des demografischen Wandels gehört - aufgrund der Fachkräftesicherung und aufgrund der Erkenntnis, dass auch die Betriebe ein großes Interesse daran haben, dass ihre Mitarbeiter bis zur Altersgrenze und auch darüber hinaus gesund und arbeitsfähig bleiben, erhöht sich ihr Bemühen, das Thema Gesundheit wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Während in der Vergangenheit eher der Eindruck war, dass wenn jemand nicht mehr arbeiten konnte, es Ersatz gab, hat man heute, glaube ich, großes Interesse daran, die Fachkräfte so lange wie möglich zu halten. Beide Linien führen zu dem Ziel, also sowohl der Blick des Unternehmens auf die Fachkräfte als auch die Frage des eigenen Gesundheitsbewusstseins der Gäste.
Entscheidend für uns ist dabei, die Marktstrukturen in Richtung Gesundheitswirtschaft zu öffnen, und zwar nicht im Sinne eines Nebeneinanders der Angebote, also der touristischen Angebote und der
Gesundheitswirtschaftsangebote, sondern im Sinne einer wirklichen Kooperation zwischen den Dienstleistungen und der Tourismusbranche, um ein attraktives Angebot zu schaffen.
Das machen wir mit Tourismusförderung. Das machen wir mit den Projekten, die wir entsprechend finanziell unterstützen können. Das machen wir mit der TourismusMarketing Niedersachsen GmbH, also mit Marketingmaßnahmen, die ganz gezielt genau diesen Aspekt in den Mittelpunkt stellen. Wir haben dafür auch Leuchttürme. An dieser Stelle passt „Leuchtturm“ ganz besonders, weil er an der Küste steht.
Ich nenne dazu das Thema Gesundheitstourismus Thalasso, ein Thema, das sich in den letzten Jahren wirklich etabliert hat. Während sich am Anfang viele noch gefragt haben, was denn Thalasso sein mag, ist inzwischen vielen klar, dass die therapeutische Anwendung des Reizklimas am Meer - in einem sehr engen Umfeld übrigens; nicht 5 km hinter der Küste, sondern am Küstenstreifen entlang - etwas ganz Entscheidendes ist, um z. B. Atemwegserkrankungen, Hautkrankheiten, Rheuma und Erschöpfungszustände zu behandeln, also eine attraktive Verzahnung von Gesundheitsangeboten und Tourismus. Genau diese ganzheitliche, umfassende Thalassotherapie gibt es nur am Meer mit dem ortsgebundenen Heilmittel Meerwasser und eben auch als zentraler Bestandteil der Vermarktung. Mit dem Begriff und dem Projekt Thalasso Nordsee ist es wirklich gelungen, das in den Mittelpunkt zu stellen.
Ich glaube, dass das ein Beispiel dafür ist, wie man die Themen Gesundheit, Gesundheitswirtschaft und Gesundheitstourismus erfolgreich miteinander verbinden kann. Ich bin aber auch fest davon überzeugt, dass wir aus dieser Verzahnung heraus noch weitere Projekte für Niedersachsen entwickeln können.
Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Die nächste Zusatzfrage stellt für die CDU-Fraktion Herr Kollege Jasper. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da im Masterplan viel zur Pflege steht, Sie aber die Fachkommission Pflege aufgelöst haben, frage ich die Landesregierung, wie sie die Vorschläge umsetzen möchte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Bereich des Gesundheitswesens, gerade im Bereich der Pflege, gibt es eine Vielzahl von Aktionspartnern, mit denen wir laufend zusammenarbeiten. Dazu bedarf es nicht unbedingt einer Fachkommission. Bei der ging es ja ohnehin eher um die Entwicklung strategischer Fragen. Was die Umsetzung betrifft, haben wir unsere regulären Gremien und Wege. Da haben wir überhaupt kein Problem. Dabei sind wir zum Teil längst in der Umsetzung und müssen die Sachen einfach nur noch anders koordinieren.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt Herr Kollege Brunotte.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Im Masterplan ist mehrfach vom Thema gute Arbeit die Rede. Welche Definition nimmt die Landesregierung in diesem Zusammenhang vor, und welche Maßnahmen sind geplant?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema gute Arbeit ist einer der wichtigsten Punkte dieses Masterplans. Wir wissen, dass der Fachkräftemangel das Problem der Zukunft sein wird. Deswegen ist die Attraktivität dieser Berufe von besonderer Bedeutung, und daher
„Gute Arbeit“ heißt faire Löhne - daran arbeiten wir sehr intensiv mit den Tarifpartnern -, faire Arbeitsbedingungen und gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Dazu gehört, dass das Lohndumping, das uns besonders in den Pflegeeinrichtungen beschäftigt, beendet wird und dass es in diesem Bereich keine unnötige Leiharbeit gibt. Außerdem muss hier das Problem der Vielzahl von befristeten Arbeitsverträgen angegangen werden.
Wir müssen versuchen, über die Rahmenbedingungen, die wir schaffen, die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich zu verbessern. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören neben den eben schon beschriebenen Vereinbarungen die Umlagefinanzierung der Ausbildungskosten, die Pflegekammer und das, was in Richtung Tarifvertrag geht.
Wenn wir es nicht schaffen, in diesem gesamten Bereich angemessene Arbeitsbedingungen herzustellen, werden wir, was die Fachkräfte der Zukunft betrifft, scheitern. Und das würde heißen, dass wir die Versorgung der Bevölkerung nicht sicherstellen können. Deswegen ist es uns das allerwichtigste Anliegen, dass wir es schaffen, in diesen Bereichen wirklich gute Arbeit zu etablieren.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die fünfte und damit letzte Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt Frau Kollegin Glosemeyer.
Ich frage die Landesregierung: Welche konkreten Schwerpunkte werden im Masterplan aufgegriffen, und warum gerade diese?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diejenigen Punkte als Schwerpunkte in den Masterplan aufgenommen, die uns besonders wichtig erschienen, auch wenn das sicherlich nicht alle Punkte sind, die man sich hier vorstellen könnte.
Für besonders wichtig halten wir z. B. das Thema der sektorenübergreifenden medizinischen Versorgung der Bevölkerung.
Besonders wichtig ist für uns das Thema Zukunftssicherung, und hier insbesondere im gesamten Pflegebereich.
Ferner stellen wir das Thema Prävention und Gesundheitsförderung in den Vordergrund. Hier wird uns das neue Präventionsgesetz des Bundes mehr Möglichkeiten geben.
Das Thema Rehabilitation ist ein Schwerpunkt, weil es um die Wiedererlangung körperlicher, beruflicher und sozialer Fähigkeiten geht. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es nun einmal ganz wichtig, Menschen nicht verfrüht in Rente zu schicken, sondern ganz gezielt Maßnahmen zu ergreifen, dass sie weiter arbeiten können, gegebenenfalls mit einer gesundheitlichen Einschränkung, die dann eben bestmöglich behandelt werden muss.