Protokoll der Sitzung vom 18.08.2016

Es trägt seit mehr als 40 Jahren dazu bei, dass zahlreiche Kommunen ihre städtebaulichen Strukturen an aktuelle Bedürfnisse anpassen können. Die Förderung ist aber auch ein wichtiger Beitrag für Wachstum und Beschäftigung; denn 1 Euro an Fördermitteln löst bekanntlich ein Vielfaches an öffentlichen und privaten Folgeinvestitionen aus. Und davon profitiert wieder die regionale Wirtschaft.

Ich sage deshalb ganz deutlich: Die Städtebauförderung wird für uns als Landesregierung auch zukünftig ein wichtiges Instrument sein. Ein besonderer Schwerpunkt ist hier das Programm „Soziale Stadt“. Es trägt wesentlich dazu bei, dass Stadt- und Ortsteile, die städtebaulich und wirtschaftlich benachteiligt sind, stabilisiert und vor allem aufge

wertet werden können. Das Programm stärkt insoweit erfolgreich den sozialen Zusammenhalt vor Ort; es geht aber auch darum, die Kommunen bei den Herausforderungen zu unterstützen, die sich aus dem demografischen und dem wirtschaftlichen Strukturwandel oder auch in einigen Bereichen der militärischen Konversion ergeben.

Für die Landesregierung gehört auch dazu, dass die Städte und Gemeinden im ländlichen Raum auch zukünftig ihre zentralörtliche Versorgungsfunktion wahrnehmen können. Es bleibt daher weiterhin wichtig, Kommunen bei den erforderlichen Investitionen in ihre kommunale Infrastruktur zu unterstützen. Das gilt gerade für finanzschwache Kommunen, die manch sinnvolle Investition schon heute nicht mehr finanzieren können.

Wir als Landesregierung wollen daher auch in Zukunft die Bundesmittel für das Bund-LänderProgramm in vollem Umfang mit Landesmitteln gegenfinanzieren. Der Bund hat die beschriebene Problematik ebenfalls erkannt und unterstützt die Kommunen, indem er ihren Anteil an der Umsatzsteuer erhöht. Dies entlastet die Kommunen in den Jahren 2015 bis 2017 bundesweit um schätzungsweise 2,5 Milliarden Euro. An die niedersächsischen Kommunen fließen dadurch etwa 208 Millionen Euro.

Auch dies, meine Damen und Herren, ist ein wichtiger Schritt, nachdem Bund und Land - mit dem Niedersächsischen Kommunalinvestitionsförderungsgesetz - bereits dafür gesorgt haben, dass bis Ende 2020 rund 327 Millionen Euro in unsere Kommunen fließen. Der Erfolg macht sich deutlich bemerkbar; denn viele Kommunen sind schon jetzt dabei, z. B. Kindergärten zu bauen, Schulen und andere kommunale Gebäude energetisch zu sanieren oder auch den Breitbandausbau zu fördern.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Da geben Sie doch keinen Cent dazu! Das macht doch der Bund! - Ulf Thiele [CDU]: Das ist gar kein Landesgeld! - Reinhold Hilbers [CDU]: Dazu müsste er mal Finanzminister Schneider re- den lassen!)

Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend noch auf das politisch wohl aktuellste Themenfeld eingehen, und zwar die Flüchtlingsfrage. Wie wir wissen, hat es für die Übernahme der Kosten für Flüchtlinge Anfang Juli eine Einigung zwischen dem Bund und den Ländern gegeben. Die Landesregierung hat aber auch dazu mit dem Nachtragshaushalt umfangreiche Maßnahmen

initiiert, mit denen nicht nur die Bundesentlastungen weitergeleitet, sondern vor allem auch zusätzliche finanzielle Entlastungsmaßnahmen durch das Land für die Kommunen etatisiert wurden. Diese haben Sie erst gestern mit dem Nachtragshaushalt 2016 beschlossen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wir haben gestern gar keinen Nachtragshaushalt beschlossen!)

- Ja, eingebracht und in der ersten Beratung diskutiert.

Einen Moment, bitte, Herr Minister Pistorius! - Herr Kollege Hilbers - - -

(Reinhold Hilbers [CDU]: Ich habe Ihnen nur geholfen!)

Ja, das ist sehr nett von Ihnen.

Ich bin jetzt dran, Herr Minister! - Herr Kollege Hilbers, die CDU hat noch eine Restredezeit von knapp 3 Minuten. Das heißt, Sie haben alle Möglichkeiten, sich im Anschluss noch einmal zu Wort zu melden.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Es ist viel ef- fektiver zwischendurch!)

Jetzt hat Herr Minister Pistorius das Wort.

Dadurch werden wir die Entlastungen für die Kommunen weit über den Betrag des Bundes hinaus sicherstellen, meine Damen und Herren. Meiner Auffassung nach sind dies alles Maßnahmen, die die Kommunen zusätzlich erheblich entlasten - ein richtiger Schritt und zugleich ein wichtiges Signal. Es waren nämlich nicht zuletzt unsere Kommunen, die uns im vergangenen Herbst großartig unterstützt haben und die bis heute einen großen Teil der Integrationsarbeit erfolgreich leisten.

Unsere Unterstützung ist daher nicht nur ein Zeichen, sondern auch ein konkreter Beitrag, damit die Mittel dort ankommen, wo Integration ganz praktisch stattfindet.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, es gibt an vielen Stellen deutliche Entlastungen für Länder und Kommunen durch den Bund, aber auch für die Kommunen durch das Land Niedersachsen. Das

werden Sie trotz aller verzweifelten Versuche nicht wegdiskutieren können.

Die Maßnahmen, die ich hier nur exemplarisch beschrieben habe, sind in allen Politikbereichen vorbehaltlos zu begrüßen, aber eben auch erforderlich. Die Landesregierung wird sich weiter dafür einsetzen, dass dies in den vielen, vielen Feldern mit befristeten Entlastungsmaßnahmen dauerhaft so bleibt. Wir werden weiterhin dazu beitragen, dass alle Entlastungsmittel des Bundes für die Kommunen möglichst vollständig und zügig da ankommen, wo sie hingehören und gebraucht werden.

Dennoch zeigt die Erfahrung: Wir werden den Bund auch künftig gezielt auf seine gesamtstaatliche Verantwortung bei der Finanzierung gesamtstaatlicher Aufgaben hinweisen müssen. Es muss unser gemeinsames Ziel bleiben, die Kommunen, also die staatliche Ebene, die jeden Tag unmittelbar für die Bürgerinnen und Bürger da ist, auch zukünftig angemessen finanziell zu unterstützen. Die Kommunen sollten die Entlastung wiederum als Chance und Verpflichtung zugleich ansehen, die jeweiligen Herausforderungen auch weiterhin so tatkräftig anzugehen und zu gestalten wie in der Vergangenheit.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Pistorius. - Nun hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Lynack das Wort. Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich an dieser Stelle für die Anfrage der CDU-Fraktion ausdrücklich bedanken. Das Auskunftsrecht unseres Parlaments gegenüber der Regierung ist ein hohes und wichtiges Gut, und die Auskünfte helfen uns hier im Parlament dabei, nicht nur die richtigen Antworten zu bekommen, sondern auch unsere Debatten mit sachlichen Fakten zu unterfüttern.

Gerade auch diese Große Anfrage zu Bundesentlastungen für Land und Kommunen hilft, die Debatte um die finanzielle Ausstattung der Kommunen wieder einmal mit Fakten zu füttern. Ich glaube allerdings, dass die fragende CDU-Fraktion an dieser Stelle andere Antworten erhofft hatte. Man

kann nämlich in der Summe der Antworten durchaus festhalten - das hat der Herr Innenminister gerade gesagt -, dass die Landesregierung, insbesondere das Innenministerium und das Finanzministerium mit den nachgeordneten Behörden, einen richtig guten Job gemacht hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Zuweisungen, die vom Bund kommen, werden mit wenigen, aber dafür auch sehr gut begründbaren Ausnahmen vom Land komplett an die niedersächsischen Kommunen weitergeleitet. Aber damit nicht genug. Das Land selbst hat die Mittel, die es aus eigener Tasche an die Kommunen zahlt, erhöht, so z. B. auch im Zusammenhang mit dem starken Anstieg an Asylbeantragungen im vergangenen Jahr. Sie hat Bundeszuweisungen z. B. im Zusammenhang mit der neuen Finanzierung des BAföG - das ist gerade schon Thema gewesen - dazu genutzt, die Zukunft unserer nachfolgenden Generationen deutlich zu verbessern und in sie zu investieren.

So weit, so gut. Nach der Lektüre der Antwort auf die Große Anfrage lässt sich aus meiner Sicht beim besten Willen überhaupt nichts an der Arbeit der Landesregierung aussetzen.

Im Vorfeld zur heutigen Debatte habe ich natürlich meine grauen Zellen bemüht, um mir auszumalen, was die CDU jetzt, dreieinhalb Wochen vor der anstehenden Kommunalwahl, wohl aus dem Hut zaubern könnte. Es wäre schließlich schön blöd, wenn man so kurz vor der Wahl nichts finden könnte. Eine Rede vor dem Deutschen Bundestag hatte ich allerdings nicht erwartet, auch wenn ich anerkenne, dass der Bund seine Hilfen in der Vergangenheit erhöht hat.

Ich bin, als ich mir meine Gedanken gemacht habe, zu folgenden Möglichkeiten gekommen:

Ich fange mit Option A an: Das Land behält zu viel von den Bundesmitteln, die für Kommunen bestimmt sind. - Aber das - liebe Kolleginnen und Kollegen, verzeihen Sie mir - habe ich Ihnen nicht zugetraut, nachdem ich die Antworten auf die Große Anfrage gelesen habe, und bin lieber schnell zur nächsten Option übergegangen. Das, was Herr Lechner vorgetragen hat, hat mich ja dann auch darin bestätigt.

Ich komme zu Option B, die ich ins Kalkül gezogen habe. Das Land gibt den Kommunen viel zu wenig Geld dazu. - Dieses Argument haben Sie gerade auch u. a. bei den zwischenzeitlich stark gestiege

nen Kosten für die Flüchtlingsunterbringung angebracht. Aber irgendwie zieht das auch nicht so richtig. Wenn man sich anschaut, dass die Einnahmen des Landes vom Bund herrühren, wir hier in Hannover also nur an der Ausgabenschraube drehen können, und wenn man dann weiter berücksichtigt, dass wir auf die Schuldenbremse zusteuern, kommt man, wie ich finde, folgerichtig dazu, dass der Bund hier seiner politischen wie auch finanziellen Verantwortung nur unzureichend gerecht wird. Daher muss man sagen, dass das Land mit dem schnellen und unkomplizierten Bereitstellen weiterer Mittel einen grandiosen Job gemacht hat und immer noch macht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich würde Ihnen auch nicht wirklich empfehlen, diese Lesart zu betonen. Früher oder später wird man darauf kommen - insoweit bin ich anderer Meinung als Sie, Kollege Lechner -, dass dieses Problem auf die wenig nachhaltige Finanzpolitik des Bundesfinanzministers Schäuble zurückzuführen ist. Also habe ich mir bei der Vorbereitung auf heute gesagt: Bernd, diese Variante ist damit eigentlich auch klar raus.

Herr Lechner, weshalb hat der Bundesfinanzminister in den letzten Monaten denn so oft seinen Kassendeckel aufgeklappt? Ich will es Ihnen sagen: Es wäre schlicht peinlich gewesen, wenn er weiter auf Kosten von Ländern und Kommunen gespart hätte, um seine eigene schwarze Null schreiben zu können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Sebastian Lechner [CDU])

- Herr Lechner, ich fahre mit Option C fort: Das Gegenteil der Feststellung, dass wir zu wenig Geld ausgeben, ist, dass wir zu viel Geld ausgeben und in Zeiten hoher Steuereinnahmen zu wenig an den Schuldenabbau denken. Auch das ist ein beliebtes Strickmuster aus schwarz-gelber Richtung. Herr Lechner hat es vorhin gerade aufgegriffen.

Ich weiß ja, wie unfassbar heilig Ihnen die Monstranz der schwarzen Null ist, aber auch hierbei wird es irgendwie schwierig,

(Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

hat doch, Herr Hilbers, Rot-Grün die Neuverschuldung in Zeiten unserer Regierung seit 2013 gegenüber der CDU/FDP-Vorgängerregierung herun

tergefahren und geht jetzt, noch vor dem Jahr, das in der Verfassung für die Schuldenbremse festgeschrieben ist, auf einen ausgeglichen Haushalt zu.

(Zuruf von der CDU: 5 Milliarden Mehreinnahmen! Herzlichen Glück- wunsch!)

- Ja, meine Damen und Herren, die Glückwünsche nehmen wir gern entgegen, und bestimmt tut dies ganz besonders gern unser Finanzminister PeterJürgen Schneider. Ich weiß, es hat alles nur an den äußeren Umständen gelegen, und unser gestern ausgerufener Kabinettsliebling, Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, muss quasi nur wie eine Figur aus den Grimm‘schen Märchen herumlaufen und die Goldtaler einsammeln, die wahllos vom Himmel herunterpurzeln.

(Ulf Thiele [CDU]: Er muss sie nicht einmal einsammeln! Das machen die Finanzämter für ihn!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die Forderung, das müsse die Regierung alles noch besser und noch schneller schaffen, ist wirklich das Allereinfachste der Oppositionsargumente. Sie wissen genauso gut wie wir, dass das immer deutlich leichter gesagt als getan ist, im Übrigen auch gerade dann, wenn man nicht die Regierungsverantwortung hat und jeder Sparschritt auf der einen Seite fehlende Investitionen auf der anderen Seite bedeuten würde. Aber Investitionen finden statt, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen. Finanzschwachen Kommunen - das hat die Beantwortung der Großen Anfrage ergeben - werden passgenaue Lösungen zur Verfügung gestellt.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wodurch denn, bitte schön?)