Bernd Lynack

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Kollegin Geuter hat gerade schon zu den technisch haushaltsrelevanten Punkten Stellung genommen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und noch einmal allgemein auf die Soforthilfe eingehen, insbesondere aus der Sicht eines Abgeordneten aus einem betroffenen Wahlkreis. Ich spreche an dieser Stelle ebenso für meine Kollegin Petra Emmerich-Kopatsch und für meine Kollegen Alexander Saipa, Markus Brinkmann und Marcus Bosse, die ebenfalls von diesem Hochwasser in ihren Wahlkreisen sehr stark betroffen gewesen sind.
In der letzten Juliwoche hat es in vielen Regionen unseres Landes - das haben wir in den unterschiedlichen Reden eben schon gehört - schon wieder ein Jahrhunderthochwasser gegeben. Die Pegelstände in Goslar, Bad Harzburg, Wolfenbüttel und auch bei mir zu Hause in der Stadt und im Landkreis Hildesheim sind innerhalb kürzester Zeit auf Rekordniveaus angestiegen. Tausende Einsatzkräfte von Feuerwehren, Polizei und weiteren Hilfsorganisationen waren Tag und Nacht - teils bis zur inneren Erschöpfung - im Einsatz. Hinzu kamen unzählige freiwillige Helferinnen und Helfer, Einzelpersonen, ja sogar ganze Vereine - wie bei mir zu Hause in Hildesheim die komplette FootballBundesligamannschaft der Hildesheim Invaders -, die Tage und Nächte Sandsäcke gefüllt und geschleppt haben, um Schlimmeres zu verhindern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war ganz, ganz großes Kino! Es macht mich stolz und dankbar, in einer Gesellschaft zu leben, die zusammenhält, wenn es darauf ankommt.
Deshalb sage ich - ich denke, nicht nur im Namen meiner Fraktion, sondern im Namen von uns allen - ganz herzlich Danke an alle diejenigen, die geholfen haben - egal, ob bei der Feuerwehr, in den Hilfsorganisationen oder einfach nur als Nachbarin oder Nachbar. Diese Hilfe war wichtig, richtig und einfach großartig!
Jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem das Hochwasser abgeflossen ist, die Schäden deutlich sichtbar werden, viele Menschen vor den Scherben ihrer Existenz stehen und viele Kommunen Teile ihrer Infrastruktur verloren haben, ist es richtig und wichtig, dass wir mit diesem Nachtragshaushalt, den wir hier heute gemeinsam beschließen wollen, schnell und unbürokratisch helfen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, es war ein wichtiges Zeichen an die Betroffenen, aber auch an die vielen Helferinnen und Helfer, dass sich die Mitglieder des Kabinetts - allen voran unser Ministerpräsident Stephan Weil - von Anfang an ein Bild von der Lage in den betroffenen Gebieten gemacht haben, um auf dieser Grundlage die Weichen für dieses Hilfspaket stellen zu können.
Genauso wichtig ist aber auch das Signal, dass sich die Menschen unabhängig von der - sagen wir mal - etwas turbulenteren Lage mit den Mehrheitsverhältnissen bei uns im Landtag auf uns verlassen können. Dafür, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein ganz, ganz herzliches Dankeschön.
Nicht nur als Wahlkreisabgeordneter der Stadt Hildesheim bin ich froh, dass eine Klärung zur Übernahme der Schäden am Kulturcampus der Universität Hildesheim erreicht werden konnte. Die Kosten zur Beseitigung aller Schäden, die das Hochwasser verursacht hat, werden übernommen. Zu dieser Verantwortung steht das Land gegenüber den Studierenden und der Uni. Auch dafür ein herzliches Dankeschön, auch an Frau Ministerin Heinen-Kljajić, dass sie sich sofort - noch während des Hochwassers - ein Bild von der Lage gemacht hat.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ereignisse des Julihochwassers müssen in den kommenden Wochen und Monaten vor Ort und natürlich auch hier im Landtag politisch bewertet werden. Erlauben Sie mir dazu zum Schluss noch drei ganz kurze Anmerkungen.
Erstens. Bei der Berechnung der Schutzmaßnahmen müssen in Zukunft sicherlich andere Maßstäbe als ein 100-jährliches Hochwasser angelegt werden.
Zweitens. Zwischen Bund, Ländern und Kommunen müssen verbindliche Regelungen für die Investitionen vereinbart werden, die wir vor dem Hintergrund der aus den Hochwassern gezogenen Lehren zu tätigen haben.
Drittens. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei allem Lob für unsere Feuerwehren, Hilfsorganisationen und Einsatzkräfte müssen wir auf allen politischen Ebenen für eine ausreichende Ausstattung sorgen, die es den oft vielen Helferinnen und Helfern erleichtert, nicht nur uns bestmöglich zu schützen, sondern auch selbst unversehrt von den oft sehr gefährlichen Einsätzen zurückzukommen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Angelika Jahns, es mag sein, dass ich Sie mit meiner Rede jetzt ein bisschen enttäuschen werde; denn Ihre Prophezeiung, so denke ich, wird nicht ganz so eintreffen, wie Sie es eben hier versucht haben glaubhaft zu machen.
Ich bin nämlich sehr froh, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir am Ende dieses doch sehr kurzen Plenums in diesem Monat auf dieses wichtige Thema noch einmal zu sprechen kommen. Denn der vorliegende Antrag - das haben Sie sehr trefflich ausgeführt, Kollegin Jahns - stellt für einige Kommunen in unserem Land wirklich ein Problem dar.
In diesem Zusammenhang ist es mir aber doch noch wichtig, zu betonen, dass es bei der Diskussion um die Freizügigkeit von Geflüchteten darum geht, gerade auch im Sinne der Geflüchteten selbst ein möglichst gutes Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu erreichen.
Es geht darum, dass Migration und Integration zu einem Erfolg werden. Ich denke - das ist in Ihrer Rede deutlich geworden, Kollegin Jahns -, in diesem Ziel sind wir uns einig.
Nun stehen wir allerdings vor der Herausforderung, dass es viele Flüchtlinge nach deren Anerkennung in ganz bestimmte Orte in unserem Land zieht - Sie haben es ausgeführt -: Salzgitter, Oldenburg, Wilhelmshaven, Delmenhorst und weitere Kommunen zählen dazu. Das mag sicherlich an sozialen Bindungen wie Freundschaften und Familien liegen, aber das liegt ganz gewiss auch daran, dass die Mietpreise in diesen Gebieten besonders niedrig sind und sie deshalb für diese Menschen auch besonders attraktiv sind.
Man kann - das muss ganz deutlich gesagt werden - unseren neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sicherlich nicht vorwerfen, dass sie dorthin ziehen, wo sie Freunde und Verwandte haben und wo es obendrein auch noch günstigen Wohnraum gibt. Das ist alles viel zu menschlich und auch nachvollziehbar, gerade wenn man bedenkt, was die Betroffenen in der letzten Zeit durchgemacht haben.
Aber - das gehört selbstverständlich auch zu der Problematik -: Die Wohnsitzwahl stellt uns alle - Politik, Bürgerinnen und Bürger und natürlich auch die Geflüchteten selbst - vor große Herausforderungen.
Wir können und dürfen nicht einfach nur dabei zusehen, wie sich die Lage in manchen Teilen des Landes entwickelt. Deswegen ist es gut - das hat die Kollegin Jahns angesprochen -, dass die Landesregierung bereits von sich aus diese Problematik aufgegriffen hat und mit den betroffenen Kommunen in einem regen Austausch steht, um an einer wirksamen Entlastung zu arbeiten.
An dieser Stelle an Sie, Herr Minister Pistorius, und auch an den Ministerpräsidenten ganz herzlichen Dank dafür.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, in dem Antrag der CDU-Fraktion geht es um den konkreten Lösungsansatz zur Einführung einer Wohnsitzauflage. Die Forderung ist auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar. Der Gedanke, dass man einer Bildung von Gettos vorbeugen will, war sicherlich auch ein Grund dafür, weshalb sich andere Länder, fünf an der Zahl, bisher für dieses Instrument entschieden haben.
Ohne den Beratungen vorgreifen zu wollen, muss ich aber sagen, dass wir das Instrument der Wohnsitzauflage durchaus auch kritisch betrachten. Es muss genau hinterfragt werden, ob die Wohnsitzauflage als Allheilmittel zur möglichen Lösung des Problems geeignet ist.
Der Einschnitt in die persönliche Freizügigkeit für jeden Einzelnen ist schon, wie ich finde, erheblich. Ich halte es außerdem auf den ersten Blick nicht unbedingt für zumutbar, Menschen, die aus dem Bürgerkrieg kommen, zu verweigern, zu ihrer Verwandtschaft, zu ihren Freunden zu ziehen.
Auch - das gehört für mich ebenfalls zu einer objektiven Betrachtung - habe ich Zweifel daran, ob eine Wohnsitzauflage überhaupt juristisch vertretbar ist und ob sie z. B. auch im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention steht.
Wir alle konnten heute Morgen im Rundblick lesen, dass auch das Verwaltungsgericht Arnsberg mittlerweile Flüchtlingen Recht gegeben hat, die einer solchen Wohnsitzauflage widersprochen haben.
All das, so denke ich, gilt es in der nächsten Zeit kritisch zu hinterfragen und zu beleuchten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Integration der zu uns geflüchteten Menschen ist und bleibt eine riesengroße Herausforderung - eine Herausforderung, die wir angenommen haben und die wir auch gemeinsam - darin bin ich mir sehr sicher - vernünftig zu Ende und zum Erfolg führen werden.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch noch einmal an den Festakt, den wir am vergangenen Montag anlässlich des 70. Jahrestages des frei gewählten Niedersächsischen Landtages gefeiert haben. Unter wesentlich einfacheren Bedingungen ist es uns, wie uns in den Beiträgen vor Augen geführt wurde, in der Geschichte unseres Landes
schon mehrfach gelungen, zu uns geflüchteten Menschen ein neues Zuhause bei uns zu geben. Daran wollen wir auch in Zukunft arbeiten, meine Damen und Herren.
Die Wohnsitzauflage ist ganz sicher kein Wundermittel. Ja, fünf Länder haben sich bisher für eine solche Regelung entschieden. Aber es gibt auch elf Länder, die sich bewusst gegen das Instrument der Wohnsitzauflage ausgesprochen haben. Wenn man in Länder mit einer Wohnsitzauflage schaut, dann sollten zumindest die Erfahrungen, die dort mit diesem Instrument gemacht worden sind, noch einmal beleuchtet und hinterfragt werden.
Meine Damen, meine Herren, ich freue mich auf die konstruktiven Beratungen, die jetzt im Innenausschuss anstehen. Ich wünsche der Landesregierung bei den Gesprächen mit den betroffenen Kommunen ganz viel Erfolg, dass auch das zum Gelingen führt. Ich bin mir ganz sicher, Herr Minister Pistorius, dass Sie auch dabei wieder einen grandiosen Job machen werden.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem von der FDP! Ich hätte mir an dieser Stelle eine Debatte gewünscht, die weniger populistisch geführt wird, eine Diskussion, die weniger spaltet und die auch keine Keile treibt, sondern etwas mehr auf Zusammenhalt abzielt.
Ich finde, gerade in Zeiten wie diesen, in denen Populisten versuchen, einfache Antworten auf komplexe Sachverhalte zu geben, braucht es ein bisschen mehr als Populismus. Verkürzte Debatten zulasten derer, die auf der Grundlage unserer Verfassung demokratisch gewählt sind, finde ich sehr gefährlich. Das schadet nicht nur der Politik insgesamt, sondern befördert auch die Politikverdrossenheit.
Aber der Reihe nach, Herr Grascha. Hauptverwaltungsbeamte werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt, und zwar direkt von den Bürgerinnen und Bürgern ihrer Gemeinden. Sie genießen hohes Ansehen und tragen eine enorme Verantwortung für das Funktionieren unseres Gemeinwesens vor Ort - 24 Stunden am Tag und an sieben Tagen in der Woche.
Was ist eine Bürgermeisterin, was ist ein Bürgermeister? Was ist eine Landrätin oder ein Landrat? - Sie sind nicht nur die Chefinnen und Chefs der Verwaltung und die obersten Repräsentantinnen und Repräsentanten, sondern sie sind auch Kümmerer, Motivatoren, Vordenker, Integrationslotsen, Finanzbeamte, Wirtschaftskapitäne, Streitschlichter, Wirtschaftsförderer, Anwälte und Botschafter unserer Kommunen.
Wir alle wissen, dass sich diese Liste noch lange fortsetzen lassen würde. Deshalb sage ich, dass wir für diesen Job unbedingt Menschen brauchen, die bereit sind, sich mit ihrer ganzen Kraft für unser demokratisches Gemeinwesen einzusetzen.
Menschen, die dafür glühen, unser Zusammenleben zu gestalten. Dafür wollen wir natürlich auch die klügsten und die fähigsten Köpfe gewinnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Das geht aber nur, wenn wir diesen Menschen auch etwas bieten, wenn wir also auch künftig nicht nur die Fähigsten haben wollen, sondern auch noch weiter im Vor
feld unter den Fähigen eine Wahl haben wollen. Da ist eine Debatte über Kürzungen eher kontraproduktiv.
Ich kann mir übrigens bei bestem Willen nicht vorstellen, dass sich Menschen um dieses Amt bewerben, wenn sie das Ziel verfolgen, möglichst schnell und möglichst jung an Jahren in den Ruhestand zu kommen. Das finde ich absolut abwegig und völlig absurd.
Herr Grascha, Sie haben eben einen Fall geschildert, jetzt schildere ich auch einen. Ich kenne jemanden, der um die 40 Jahre alt ist und sich vor dem Hintergrund seiner existenziellen Verantwortung für seine Familie genau überlegt hat, ob er das Wagnis eingehen kann, sich um ein Mandat als Bürgermeister zu bewerben. Denn dahinter steckt ja noch ein bisschen mehr; Sie haben es geschildert. Das gilt für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister genauso wie für Handwerkerinnen und Handwerker.
Rückkehrrechte in den Beruf, wie wir Abgeordnete sie haben - den Vergleich haben Sie ja aufzumachen versucht -, gibt es für Hauptverwaltungsbeamte nämlich nicht. Landrätinnen und Landräte sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister müssen ihren Status als Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit gegebenenfalls aufgeben. Werden sie abgewählt - und da hinkt der Vergleich, den Sie vorhin gewählt haben -, haben sie keinen Anspruch auf Arbeitslosenversicherung. Der Fall, den Sie geschildert haben, hat mich wirklich sehr bewegt, aber der Vergleich hinkt absolut.
Anders als in der Privatwirtschaft, Herr Grascha, hat eine Vertragsverlängerung oft überhaupt nichts mit Bewährung oder Fleiß zu tun. Das wissen wir als Politikerinnen und Politiker alle ganz genau. Oft genug sind nämlich auch die Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten den politischen Großwetterlagen ausgesetzt. Diesen Umständen müssen wir offen Rechnung tragen, und sicherlich müssen wir sie auch von Zeit zu Zeit hinterfragen. Aber bitte, Herr Grascha, nicht mit Populismus, sondern in ernsthaften Debatten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten bei der Kommunalwahl im vergangen Jahr hat, denke ich, allen Parteien deutlich gezeigt, dass die Bewerberinnen und Bewerber nicht gerade Schlange stehen. Wir haben uns schon vor Jahren auch bei uns in Niedersachsen aus guten Gründen für eine Direktwahl der Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten ausgesprochen.
Wir müssen dieses demokratische Anliegen aber auch mit Leben füllen - auch wenn Sie das für einen Fehler halten, Herr Bode - und dafür sorgen, dass wir eine echte Wahl haben, eine Wahl zwischen unterschiedlichen Professionen und eine Wahl zwischen jünger und älter. Dafür brauchen wir Kandidatinnen und Kandidaten mitten aus unserer Gesellschaft.
Nein.
Herr Grascha, wir haben aber auch die Verpflichtung, diese Menschen nicht alleinzulassen, wenn sie über Jahre mehr als nur ihre Pflicht und Schuldigkeit getan und sich für uns eingebracht haben. Ich denke, dass uns die möglichen Einzelfälle, die Sie mit Ihrer Die-da-oben-Debatte und mit ihrer Anfrage im Dezember des vergangenen Jahres zu suggerieren versucht haben, an dieser Stelle nicht weiterbringen.
Herr Grascha, Sie haben in der Kommunalwahlkampagne Ihrer Partei dafür geworben, dass Deutschland vor Ort entschieden wird. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie die Landrätinnen und Landräte hatten Sie dabei sicherlich nicht auf dem Schirm.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der federführende Ausschuss für Inneres und Sport empfiehlt Ihnen einstimmig, den Gesetzentwurf mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Die Stadt Helmstedt und die Gemeinde Büddenstedt sollen zusammengehen, darüber sind sich alle Ausschussmitglieder einig.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung wurde direkt an den Ausschuss überwiesen und dort von einem Vertreter des Ministeriums für Inneres und Sport in seinen Grundzügen vorgestellt. Der Gesetzentwurf dient dazu, die Wirtschafts- und Gestaltungskraft der neuen Stadt Helmstedt zu stärken. Die haushaltswirtschaftliche Situation soll sich verbessern. Die durch das Gesetz ermöglichten Synergieeffekte sollen auch der demografischen Entwicklung begegnen. Diese Entwicklung ist ja bekanntlich rückläufig, vor allem wegen des Strukturwandels, in dem sich die gesamte Region befindet. Allein im Braunkohleabbau gingen 2 500 Arbeitsplätze verloren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch die heute hier zu beratende Fusion kann die Stadt Helmstedt als Mittelzentrum erhalten und gestärkt werden. Ganz wichtig ist uns dabei: Die Beratungen in den kommunalen Gremien vor Ort und die Bürgerbeteiligung haben einvernehmlich zu dem Ziel der Fusion geführt. Darauf hat bei den Beratungen eine Abgeordnete ausdrücklich hingewiesen.
Der Gesetzentwurf stieß auf einmütige Zustimmung im Ausschuss. Die empfohlenen Änderungen beruhen auf redaktionellen Empfehlungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes. Diese will ich hier nicht im Detail wiedergeben, sondern den Bericht insoweit zu Protokoll geben.
Abschließend bleibt mir als Berichterstatter nur, der neuen Stadt Helmstedt viel Glück für die Zukunft zu wünschen - allerdings unter der Voraussetzung, dass Sie alle sich gleich von den Plätzen erheben!
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Den empfohlenen Änderungen liegen im Einzelnen die folgenden Erwägungen zugrunde:
Zu § 2: Der Ausschuss empfiehlt zu der Regelung über die Rechtsstellung als selbstständige Gemeinde neben einer redaktionellen Berichtigung der Verweisung eine redaktionelle Anpassung an § 14 Abs. 3 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes.
Zu § 4: Der Ausschuss empfiehlt, Absatz 4 des Entwurfs zu streichen, weil die Regelung keine Abweichungen von § 73 a Abs. 1 der Niedersächsischen Kommunalwahlordnung (NKWO) enthält. Diese Vorschrift ist im Jahr 2015 eingeführt worden, um Regelungen wie in Absatz 4 des Entwurfs entbehrlich zu machen.
Die in Absatz 5 des Entwurfs enthaltenen Regelungen zur Anpassung der Fristen und Termine an die Bundestagswahl sollen redaktionell an § 42 Abs. 7 des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes (NKWG) angelehnt werden, von dem durch die Nrn. 1 bis 5 abgewichen wird. Dabei soll im Einleitungssatz die Verweisung auf Absatz 1 präzisiert werden. Die empfohlene konkrete Benennung der NKWO soll das Auffinden dieser Regelung erleichtern. In Nr. 3 soll auch § 43 Abs. 5 NKWG genannt werden, weil § 42 Abs. 6 NKWG nur über die dortige Verweisung Anwendung findet. Die Empfehlung zu Nr. 4 ist redaktionell auf § 19 des Bundeswahlgesetzes (BWG) abgestimmt („bis 18 Uhr“, vgl. auch Nr. 2 und § 18 Abs. 2 Satz 2 BWG).
Zu § 6: Da die Neubildung am 1. Juli 2017 in Kraft tritt, aber erst im September 2017 gewählt wird, benötigt die neu gebildete Kommune in der Zwischenzeit Interimsorgane. Es bedarf hier allerdings keiner ergänzenden gesetzlichen Regelung, weil die Interimsorgane in dem Gebietsänderungsvertrag geregelt sind, der nach Auskunft des Ministeriums für Inneres und Sport im September 2016 von den beteiligten Kommunen geschlossen wurde.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Kollege Hiebing, zu Beginn Ihrer Rede
habe ich glatt gedacht, wir reden doch noch über das FAG, das wir gerade unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt behandelt haben. Sie haben ständig über Steuern gesprochen. Wir reden jetzt über das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz. Dabei geht es ausschließlich um Gebühren und Beiträge.
Insofern hat der Vergleich gehinkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Novelle des NKAG gehört gewissermaßen schon ein bisschen zu unseren Spätlesen. Denn wir haben das Gesetz vor knapp einem Jahr erstmals hier im Plenum beraten. Aber ich finde, der Vergleich mit Wein ist dennoch gut und richtig. Denn gerade die intensiven Beratungen haben gezeigt, dass das Gesetz jetzt erst richtig rund geworden ist.
In seiner Rede zur ersten Beratung dieses Gesetzentwurfes hat mein Kollege Dr. Saipa - Frau Pieper, hören Sie einfach zu! - sehr zutreffend festgestellt: „Erfolgreiche Kommunen sind die Basis für ein erfolgreiches Land.“ Recht hat er, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Kommunen brauchen nicht nur einen verlässlichen Finanzausgleich - der durch das FAG geregelt wird - für die ihnen übertragenen Aufgaben; vielmehr muss auch der Rahmen stimmen, in dem vor Ort in eigener Zuständigkeit Gebühren und Beiträge auskömmlich erhoben werden können.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, diesen Rahmen wollen wir heute geraderücken und den aufgabenrechtlichen Gestaltungsspielraum für unsere Kommunen an die Bedürfnisse in der Praxis anpassen.
Im Kern betrifft die Novellierung - Herr Hiebing hat es gesagt - im Wesentlichen drei Punkte: erstens die Einführung einer Rechtsgrundlage für die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge, zweitens die Erweiterung des Erhebungsrechts für Tourismus- und Gästebeiträge sowie drittens die teilweise Wiedereinführung von Widerspruchsverfahren.
Auf die Möglichkeit zur Erhebung von Tourismus- und Gästebeiträgen wird im Anschluss mein Kollege Dr. Saipa eingehen, sodass ich mich in meiner
Rede auf die anderen beiden Punkte konzentrieren möchte.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dem Instrument der wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge erhalten die Kommunen eine zusätzliche - das betone ich: eine zusätzliche - Option, um den oft immens hohen Beitragsforderungen gegenüber Grundstücksanliegerinnen und -anliegern im Sanierungsfall effektiv begegnen zu können.
Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, dass es sich hierbei nicht um eine neue, zusätzliche Gebühr handelt.
Vielmehr geht es darum - hören Sie gut zu! -, ein sowohl für Kommunen als auch für Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen verlässliches wie kalkulierbares Instrument zu schaffen.
Die Belastung für Bürgerinnen und Bürger wird durch diese Option nämlich nicht steigen. Vielmehr wird es künftig möglich sein, die Beitragslast auf einen größeren Zeitraum und eine größere Zahl von Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern gleichmäßig zu verteilen. Es ist ein bisschen so wie das Prinzip der Sozialversicherung: Irgendwann zahlt jeder, und irgendwann wird auch jeder einmal davon profitieren können.
Die Städte und Gemeinden bekommen mehr Flexibilität, und die Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer brauchen in Zukunft keine existenzbedrohenden Gebührenbescheide mehr zu fürchten. Das ist ebenso kommunalfreundlich wie bürgerinnen- und bürgerfreundlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Gerade Bürgerinnen und Bürger wünschen sich das. Da habe ich andere Informationen als Sie, Kollege Hiebing. Gerade die sind es gewesen, die das gefordert und gesagt haben: Nehmt uns die Bürde weg, im Falle der Sanierung zu exorbitant hohen Gebühren herangezogen zu werden, gerade im Alter!
Übrigens - ich denke, auch das ist in diesem Zusammenhang aufgrund Ihrer Einleitung wichtig -: Die oft diskutierte pauschale Erhöhung der Grundsteuer ist absolut keine Alternative zu wiederkehrenden Beiträgen.
Steuern sind Mittel zur allgemeinen Deckung des Haushaltes. Das sollten Sie wissen.
Wir reden hier über Gebühren und Beiträge, die nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden dürfen.
Stellen Sie sich vor, Ihre Kommune gerät in eine Schieflage. Sie hat zwar etwas für die Straßensanierung auf die hohe Kante gelegt, aber die Kommunalaufsicht schreibt ihr vor, diese Mittel für die allgemeine Deckung des Haushaltes zu verwenden. Dann ist das Geld futsch, Herr Kollege Oetjen!
Meine Damen, meine Herren, auch die Änderungen in Artikel 4 bringen ein Stück mehr Bürgerinnen- und Bürgerfreundlichkeit. Denn die pauschale Unzulässigkeit von Widerspruchsverfahren, wie sie mit der Auflösung der Bezirksregierungen im Jahr 2004 in diesem Hause beschlossen wurde, wird jetzt für gewisse Verwaltungsbereiche zurückgenommen. Betroffene haben damit wieder eine Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten im Rahmen eines Vorverfahrens überprüfen zu lassen,
statt den Verwaltungsgerichtsweg beschreiten zu müssen, was für viele eine abschreckend hohe Hürde ist. Damit setzen wir heute auch endlich eine Handlungsempfehlung einer wissenschaftlichen Untersuchung aus dem Jahre 2009 - ich wiederhole die Jahreszahl: 2009 - zur Praxis nach der Abschaffung der Widerspruchsverfahren um.
In der letzten Legislaturperiode scheint das irgendwie liegen geblieben zu sein.
Last, but not least konnten wir quasi in allerletzter Minute mit dieser Novelle verhindern, dass die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren nach neuester Rechtsprechung in Zukunft Heerscharen von Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern bindet. In Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden ist es nämlich gelungen, dass wir
die Rechtsanwendung auf eine praktikable Art umsetzen konnten.
Meine Damen, meine Herren, ich danke allen Häusern, die an der Vorbereitung dieses Gesetzentwurfs mitgewirkt haben. Dies gilt insbesondere für den GBD, der uns durch intensive Rechtsmaterien geleitet hat. Herzlichen Dank dafür!
Herr Hiebing, zum Thema Bilanz habe ich meine eigene Sichtweise. Diese Rückmeldung bekomme ich auch vor Ort. Ja, wir sind kommunalfreundlich. Darüber hinaus sind wir aber auch bürgerinnen- und bürgerfreundlich. Ich lade Sie ein, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Das ist gut.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Oetjen, einfach durch das Land zu ziehen und etwas zu suggerieren, was de facto noch gar nicht eingetreten ist oder eintreten könnte, finde ich unredlich. Wir haben gerade vom Minister gehört, dass wir mit der Wiedereinführung von Widerspruchsverfahren Sachen aufarbeiten, die in die vergangene Legislaturperiode gehören und die Sie haben liegen lassen. Das machen wir heute. Sie haben das seinerzeit evaluiert. Wir haben gesagt: Jawohl, so wird es jetzt umgesetzt.
Jetzt komme ich zu den wiederkehrenden Beiträgen. Ich bitte Sie, einfach einmal abzuwarten und ins Land zu horchen, was die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich wollen. Kennen Sie Menschen, die von Existenznöten betroffen sind?
- Genau. Die kenne ich nämlich auch. Denen schaffen wir eine zusätzliche Möglichkeit, damit nicht das wieder eintritt, was es schon einmal gegeben hat.
Sie sagen einfach, in anderen Bundesländern zieht das nicht. Ich habe andere Informationen. Diese haben wir vorgetragen. Meine herzliche Bitte an Sie ist: Lassen Sie uns das ausprobieren. Nach drei Jahren können wie schauen, wie viele Kommunen das tatsächlich genutzt haben. - Wenn Sie dann sagen, es sei ad absurdum geführt, ist das in Ordnung. Sagen Sie es aber nicht schon an dieser Stelle. Zuerst probieren und den Weg beschreiten!
Danke.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Minister, das ist vorhin ja schon mehrfach angeklungen. Zur Unschuldsvermutung haben Sie sich geäußert. Aber mir kommt es so vor, als versuche die Opposition, mit ihren Fragen zu suggerieren, als sei der Vertuschungsversuch amtlich.
Gilt die Unschuldsvermutung, oder ist es tatsächlich amtlich erwiesen, dass hier versucht wird, den Sozialmissbrauch zu vertuschen?
Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Tagesordnungspunkt ist für viele Menschen - einige von ihnen sind heute hier bei uns - ein historischer Augenblick.
Fast genau 45 Jahre ist es im Januar her, dass der Beschluss über den Radikalenerlass in Kraft getreten ist. Am 28. Januar 1972 fiel in der Konferenz der Ministerpräsidenten ein Beschluss, der für viele politisch engagierte Menschen in unserem Land im schlechtesten Sinne ein einschneidender Wendepunkt in ihrem Leben werden sollte.
Formell sollte dieser Erlass Menschen aus dem Staatsdienst fernhalten, die radikal linke oder rechte Positionen vertraten und der Verfassung gegenüber als pauschal feindlich einsortiert worden sind.
Danke.
Real hat es aber vor allem viele Menschen getroffen, die politisch links eingestellt waren. Es waren Menschen, die kritisch waren, ja, sie waren systemkritisch, sie hinterfragten den Status quo, sie stellten Gegebenheiten infrage, suchten nach Alternativen wie Sozialismus und Kommunismus. Das war sicherlich alles andere als der Mainstream des damaligen politischen Establishments.
Es war aber - davon bin ich zutiefst überzeugt - Teil der freien Meinungsäußerung, die elementarer Bestandteil unserer Demokratie ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der Staat hat die Meinungsfreiheit, die er doch eigentlich schützen sollte, aktiv gebrochen und dabei das Leben vieler Menschen einfach mal so eben aus der Bahn geworfen.
Nehmen wir z. B. Udo Paulus aus Hildesheim, einen bei Schülerinnen und Schülern, Eltern und Kollegenschaft sehr angesehenen und beliebten Lehrer an einer Gesamtschule in Hildesheim. Seine Kandidatur zur Kommunalwahl für die Liste der
DKP hat dazu geführt, dass der Pädagoge im Herbst 1984 einen zehntägigen Prozess vor der Disziplinarkammer in Hannover über sich ergehen lassen musste.
Zu keiner Zeit seiner Lehrtätigkeit hat er auch nur ansatzweise versucht, im Unterricht zu indoktrinieren. Ganz im Gegenteil. Sogar die Landesschulbehörde bescheinigte ihm seinerzeit eine tadellose Dienstverrichtung. Doch alles das hat einfach keine Rolle gespielt. Es konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Eine Mitgliedschaft in der DKP war damals für viele Menschen einfach nicht mit dem jederzeitigen Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung vereinbar.
Der Gesamtschullehrer Udo Paulus musste nicht wegen seiner Person oder gar wegen eines Fehlverhaltens, wie man annehmen könnte, sondern für eine mehrere Jahre zurückliegende Kandidatur einfach so aus dem Dienst entfernt werden.
Wichtig war einzig und allein, dass dieses Verfahren ganz schnell über die Bühne gebracht werden musste.
So wie Udo Paulus ist es seinerzeit rund 130 Menschen allein bei uns in Niedersachsen ergangen. Allesamt Einzelschicksale. Dahinter stehen Betroffene und deren Familien, so wie auch im Fall von Udo Paulus, deren Leben innerhalb kürzester Zeit völlig auf den Kopf gestellt worden ist. Eine ähnliche politisch begründete Ausgrenzung hat es nur in den USA in der McCarthy-Ära gegeben.
Zu Recht hat der damalige Bundeskanzler Willy Brandt - maßgeblich war er mitverantwortlich - diesen Beschluss rückblickend als einen der schwersten Fehler seiner eigenen Regierungszeit begründet. Auch wenn es rückblickend ein schwacher Trost für die Betroffenen sein mag, so ist diese Einsicht doch sehr wichtig.
Gerade für die SPD wiegt die Schuld besonders schwer, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben doch gerade wir in unserer Geschichte politische Verfolgung immer wieder selbst erfahren müssen.
Das, was unter dem Deckmantel unserer Verfassung passiert ist, sollte uns alle hier in diesem Haus berühren - vor allem, dass es hier in Niedersachsen bis 1990 dauern musste, bis die erste Regierung Schröder den Erlass endlich aufgehoben hat.
Es ist eigentlich sowieso unbegreiflich, dass es jetzt noch einmal weitere 26 Jahre dauern musste, bis wir weitere Schritte in Richtung Aufarbeitung gehen können. Diese Aufarbeitung ist noch längst nicht abgeschlossen. Aber den Weg dorthin wollen wir jetzt endlich beschreiten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beschluss ist insbesondere für die Betroffenen, aber auch für unsere Demokratie enorm wichtig - und das, obwohl er leider immer noch hinter dem zurückbleibt, was sich die Betroffenen eigentlich gewünscht hätten. Ich gebe aber zu bedenken, dass es hier nicht zu unterschätzen ist, dass wir heute gemeinsam einen dauerhaften Aufarbeitungsprozess starten wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, es wäre ein ganz starkes Signal, wenn dieser Beschluss heute hier einstimmig fallen könnte.
Der gesamte Niedersächsische Landtag tritt geschlossen vor die Betroffenen und bittet um Entschuldigung. Was für ein überfälliger Schritt! Geben Sie sich einen Ruck und beteiligen Sie sich an der Aufarbeitung der Geschichte! Es wäre ein wichtiges Signal - nicht für uns als Regierungsfraktion, nein, für die Betroffenen, die seinerzeit zu Unrecht aus dem Dienst entfernt worden sind und jetzt auf ein so wichtiges Zeichen ihrer Rehabilitierung warten.
Mit unserem Änderungsantrag bleiben wir bereits ein ganzes Stück hinter unserer Ursprungsforderung zurück. Das ist ein Signal insbesondere an Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP. Hatten wir doch ursprünglich gedacht, dass wir alle gemeinsam eine Kommission einsetzen, gehen wir doch jetzt den Schritt zurück und sagen, in Richtung auf Sie ausgerichtet: Wir wollen es mit einem Beauftragten oder einer Beauftragten
versuchen. - Ich lade Sie ein: Stimmen Sie dem zu! Treten Sie mit uns gemeinsam vor die Betroffenen!
Ich kann mich nur wiederholen: Es wäre ein schönes Zeichen für alle vom Radikalenerlass betroffenen Menschen, wenn das ganze Haus hier mit einer Stimme sprechen könnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können Geschehenes nicht ungeschehen machen. Aber wir können aus Fehlern lernen und zu unseren Fehlern stehen, und wir können auch um Vergebung bitten. Das wollen wir mit diesem Antrag heute tun. Wir wollen eine Aufarbeitung starten und so vielleicht eine Wiederholung von Unrecht in ähnlichen Zusammenhängen für die Zukunft verhindern. Dafür bitte ich Sie alle ganz herzlich um Ihre Zustimmung.
Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, den Betroffenen und unserem Land einen Teil seiner Würde zurückzugeben! Wir sind dabei. Ich hoffe, Sie auch.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Jahns, das, was Sie hier gerade zum Besten gegeben haben, trifft weniger mein Schienbein als dasjenige der Betroffenen.
Sich hier einfach hinzustellen, den Spieß umzudrehen und zu sagen, zweieinhalb Jahre sei nichts passiert:
Am Rande vieler Plenarsitzungen - daran kann ich mich erinnern - haben wir überfraktionell versucht,
einen Kompromiss zu erarbeiten. Aber sowohl Sie als auch eine andere Oppositionsfraktion hatten keine Lust, da weiter mitzuarbeiten.
Die Wahlperiode geht langsam zu Ende. Wir haben den Betroffenen versprochen, etwas für sie zu tun, uns einzusetzen. Das setzen wir jetzt um, und jetzt handeln wir.
Ich lade Sie nochmals ein: Seien Sie dabei!
Punkt 2. Sie reden von Kosten. Sie haben gesagt, in dem Antrag stehe nichts über Kosten. Dazu erstens: Was die Kosten einer Beauftragten bzw. eines Beauftragten angeht, hat die Landesregierung bereits zugesagt, uns dabei unterstützen zu wollen. Das nehmen wir erst einmal so hin.
- Herr Nacke, ich wusste schon, warum ich auf dem Schulhof nicht mit solchen Lautsprechern zusammenstehen wollte.
Danke schön, Frau Präsidentin.
Zu den Kosten der Entschädigung, deren Haushaltsveranschlagung Sie angemahnt haben: Das haben wir weder in unserem ersten Antrag gemacht, noch haben wir versucht, das den Betroffenen zu suggerieren, verehrte Kollegin Jahns. Jetzt
stellen Sie sich hier bitte nicht so hin und unterstellen uns, dass wir das getan hätten! Keiner von uns auf dieser Seite des Hauses hat es getan.
- Das haben Sie hier eben ganz laut und deutlich erklärt. Das haben alle mitbekommen.
Und dann noch etwas.
Niemand nimmt die Demokratie für sich allein in Anspruch - nicht die Betroffenen, nicht wir und auch nicht Sie.
Fröhliche Weihnachten!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ungefähr ein halbes Jahr vergangen, seit wir zum ersten Mal über die Novellierung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes - kurz: NKomVG - gesprochen haben. Das halbe Jahr, das inzwischen vergangen ist, wurde gut genutzt. Es haben sich zahlreiche Änderungen ergeben, die letztlich in den uns jetzt zur Abstimmung vorliegenden Gesetzentwurf eingeflossen sind. Auch hier hat das Struck‘sche Gesetz gegolten: Kein Gesetzentwurf verlässt das Parlament so, wie er eingebracht worden ist.
Die Kommunalverfassung, meine lieben Kolleginnen und Kollegen - das wissen wir alle -, ist den ersten Blick ein trockenes, bürokratisches Gebilde. Das Thema ist eher etwas für Insiderinnen und Insider, als dass es die Masse der Menschen in unserem Land bewegen könnte. Dennoch haben die Bestimmungen in der Kommunalverfassung direkte Auswirkungen auf unser Leben, regeln doch die Paragrafen der Kommunalverfassung so grundlegende Dinge wie das Funktionieren unserer Gesellschaft vor der eigenen Haustür.
Unserer Koalition liegt die Novelle, die heute zur Beschlussfassung vorliegt, ganz besonders am Herzen. Ein Grund ist der negative Trend in den vergangenen Jahren, dass zunehmend Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge von der öffentlichen in die private Hand überführt worden sind. Dazu zählen z. B. Aufgaben wie Abfallentsorgung, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Grünflächenpflege, Straßenreinigung usw.
Wir alle in diesem Hause sind uns wohl darin einig, dass es sich hierbei um Aufgaben handelt, die in ganz besonderem Interesse unserer Gesellschaft liegen und daher zuverlässig erledigt werden müssen. Es ist - dort hört es mit der allgemeinen Zustimmung wohl schon wieder auf - im Zweifel besser, wenn diese Aufgaben Unternehmen erledigen, die den Kommunen - sprich: den Städten, Gemeinden oder Landkreisen - selbst gehören.
Kommunale Unternehmen sind letztlich den Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet, ihre Aufgaben gut zu erledigen, und eben nicht einer privaten Eigentümerin oder einem privaten Eigentümer, die bzw. der einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen will.
Das heißt nicht, dass es nicht auch Fälle geben könnte, in denen es sinnvoll wäre, kommunale Aufgaben von privaten Unternehmen erledigen zu lassen. Wenn Dritte nicht nur effizienter sind, sondern die Aufgabe auch qualitativ besser erledigen können und dabei vor allem eine langfristige Aufgabensicherung nicht gefährden, ist das ganz bestimmt im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Es sollte aber nicht die Regel sein, dass unsere Kommunen grundsätzlich der Privatwirtschaft den Vorrang geben müssen.
Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit, die mit staatlichen Geldern finanziert werden, sind schlicht nicht dazu da, private Gewinne zu erwirtschaften, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir unterstellen kommunalen Unternehmen nicht per se, dass sie unwirtschaftlicher als private Anbieter sind. Das ist eine wichtige und richtige Grundlage dafür, dass z. B. Strom-, Wasser- und Gasnetze nicht leichtfertig zu Objekten von rein wirtschaftlich profitorientiertem Interesse werden. Das ist definitiv im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger.
Ein weiterer wichtiger Punkt in dem vorliegenden Gesetzentwurf ist die Gleichstellung. Sie liegt uns ebenso stark am Herzen. Leider gibt es immer noch große Probleme in unserer Gesellschaft bezüglich einer fairen und gleichen Behandlung von Männern und Frauen. Der Staat und damit selbstverständlich auch die Kommunen müssen hier mit gutem Beispiel vorangehen und durch ihre und mit ihren Verwaltungen zeigen, wie Gleichstellung funktioniert.
Deshalb werden wir künftig Kommunen ab 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern verpflichten, eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu beschäftigen, die mit mindestens einer halben Vollzeitstelle ausgestattet ist.
Alles andere wäre schlichtweg ein zahnloser Tiger bzw. eine zahnlose Tigerin.
- Petra Tiemann hat es als einzige erkannt.
Auch wird künftig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht mehr Thema der Gleichstellungsbeauftragten sein. Familie geht schlicht und einfach beide Geschlechter an.
Kindererziehung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht die automatische Aufgabe einer Mutter und hat auch deshalb rein gar nichts nur bei der Gleichstellungsbeauftragen zu suchen.
Ich möchte auch noch auf die Stärkung unserer kommunalen Demokratie eingehen. Die Kommunalwahlen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegen jetzt gerade rund anderthalb Monate zurück, und vielerorts ist die Wahlbeteiligung gestiegen. Das finde ich erst einmal sehr erfreulich. Wir müssen dabei allerdings auch feststellen, dass die Verschiebungen im Parteiengefüge - so gefährlich ich diese Verschiebungen persönlich finde - zeigen, dass unsere Demokratie funktioniert. Gleichzeitig ist dies aber auch ein Aufruf an uns alle, uns noch stärker für die Belange unserer Einwohnerinnen und Einwohner einzusetzen, ihnen unser Handeln zu erklären und sie an den Entscheidungen direkt vor Ort zu beteiligen. Gerade jetzt gilt es, mehr Demokratie zu wagen.
Dazu gehört auch, die direkte Demokratie noch weiter auszubauen. Deshalb werden wir die Quoren für Bürgerentscheide, die sich in der Praxis als unrealistisch erwiesen haben, absenken. Gleichzeitig werden engagierten Bürgerinnen und Bürgern Steine aus dem Weg gerollt, wenn sie ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen wollen. Das bedeutet in diesem Fall ganz konkret, dass künftig kein Kostendeckungsvorschlag mehr verpflichtend vorgelegt werden muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die sich in ihrer Freizeit für unsere Demokratie einsetzen, nicht auch noch zumuten, etwas aus dem Ärmel zu
schütteln, was selbst den meisten Kommunalpolitikerinnen und -politikern nur mit Mühe und meist nur mit professioneller Unterstützung gelingt. Das neue NKomVG ist auch deshalb aus unserer Sicht ein großer Schritt in die Richtung von mehr Bürgerbeteiligung.
Aber nicht nur die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, der Einwohnerinnen und Einwohner, auch die Teilhabe liegt uns bei der zur Abstimmung stehenden Novelle des Kommunalverfassungsgesetzes sehr am Herzen. Mit der Novellierung wird die Bürgerbefragung zur Einwohnerinnen- und Einwohnerbefragung weiterentwickelt. Damit können nämlich künftig auch Mitmenschen, die keinen deutschen Pass haben, einbezogen werden. Hierbei geht es um ein Mehr an Teilhabe für junge Menschen, für unsere Nachbarinnen und Nachbarn, für unsere Kolleginnen und Kollegen, für unsere Freundinnen und Freunde. Es ist nur fair und konsequent, sie alle mit einzubeziehen.
Unsere Demokratie lebt von der Transparenz. Daher wird es künftig möglich sein, Rats- und auch Kreistagssitzungen live über das Internet zu streamen und zu konservieren, damit sie später wieder abgerufen werden können. Auch das ist eine weitere gute Möglichkeit, das Interesse für Kommunalpolitik zu wecken.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren, nach unserer festen Überzeugung werden alle diese Veränderungen dabei helfen, die Kommunen gerade auch in ihrer Eigenständigkeit zu stärken. Wir freuen uns, die Kommunen mit ihren Spitzenverbänden dabei an unserer Seite zu wissen.
Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals bei allen, die daran mitgearbeitet haben, ganz herzlich bedanken, auch für die konstruktiven Beratungen im Ausschuss - auch wenn wir alle nicht immer einer Meinung gewesen sind -, die dazu geführt haben, dass dieses Paket heute vorliegt und zur Abstimmung steht. Ich bitte Sie alle herzlich, der Ausschussempfehlung zuzustimmen. Lassen Sie uns gemeinsam die Kommunen in unserem Land stärken!
Allen neu gewählten und wiedergewählten Kolleginnen und Kollegen in den Kreistagen und Räten wünsche ich einen guten Start in die neue Kommunalwahlperiode, die am 1. November beginnt,
auf der Grundlage dieser modernen Kommunalverfassung.
Herzlichen Dank fürs Zuhören.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Oetjen, Sie haben es gerade erklärt: Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass wir als Land eine ganze Reihe an Vorgaben gegenüber den Kommunen flexibilisieren sollen. Wenn es dabei nach Ihrem Willen geht, soll es in Zukunft möglich sein, von ganz verbindlichen und, wie ich
finde, auch bewährten Bestimmungen wie z. B. der Bauordnung oder des Landesvergabegesetzes auf Antrag abzuweichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, erst im November des letzten Jahres - genauer gesagt: am 11. November 2015 - haben wir hier zusammengesessen und fraktionsübergreifend das Niedersächsische Flüchtlingsunterbringungserleichterungsgesetz einstimmig beschlossen und auf den Weg gebracht. Kern dieses befristeten Gesetzes ist die erleichterte Realisierung kommunaler Bauvorhaben zur Unterbringung von Flüchtlingen gewesen.
Wir haben dieses Gesetz nicht nur konstruktiv in der Zusammenarbeit, sondern insbesondere auch in Anbetracht der damals gebotenen Eile zügig auf den Weg gebracht. Nicht zu vergessen: Auch die Abstimmung mit den beteiligten Verbänden, insbesondere den kommunalen Spitzen, ist seinerzeit sehr gut gelungen. Ich fand die Zusammenarbeit wirklich hervorragend. Das war ein aus meiner Sicht gutes Beispiel parlamentarischer Zusammenarbeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Oetjen, wir wissen aber, dass Ihnen schon seinerzeit die beschlossenen Änderungen, die bis zum Jahr 2019 befristet sein sollen, nicht weit genug gegangen sind. Das haben Sie hier an dieser Stelle unterstrichen. Von daher finde ich es aus Ihrer Sicht auch nur konsequent, dass Sie diesen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen. Sie werden aber auch verstehen - gerade nach den Diskussionen, die wir seinerzeit zu dem Gesetzentwurf geführt haben -, dass wir dabei nicht unbedingt auf einer Linie liegen.
In Ihrer Vorlage ist eine Menge Standards und Vorgaben aufgelistet, die landesweit für alle Kommunen gleichermaßen gelten sollen. Diese Standards haben aus unserer Sicht ihre Berechtigung und dienen dem Zweck, einen gemeinsamen Handlungsrahmen für alle Kommunen im Land zu schaffen. Die jeweiligen Werte und Vorgaben sind schließlich nicht aus der Luft gegriffen, sondern haben ihre individuelle Begründung. Ein pauschales Aufweichen dieser Regelungen halten wir deshalb nicht für sinnvoll. Aber Sie haben das für mich eben in Ihren Darstellungen so weit relativiert, dass ich nachvollziehen kann, wohin die Beratungen im Fachausschuss gehen sollen. Von daher werden wir uns im Innenausschuss noch austauschen müssen.
Ich kann auch gut nachvollziehen, dass es Kommunen und Hauptverwaltungsbeamte gibt, die in
bestimmten Fällen sehr viel lieber flexibler sein möchten, als es die gesetzlichen Vorgaben erlauben. Aber, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, die in Rede stehenden Vorschriften sind nicht aus Jux und Tollerei entstanden. Vielmehr sollen die Vorgaben vor allem sicherstellen, dass wir - ich sagte es vorhin schon - in unserem Land einheitliche Regelungen haben. Wenn es z. B. Vorschriften gibt, die es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendpflege vorschreiben, sich soundso oft fortzubilden, dann ist das aus meiner Sicht keine bürokratische Regelungswut oder gar ein Vorschlag an die Kommunen. Nein, das ist es ganz und gar nicht. Der Kollege Bachmann hat eben die Feuerwehren angesprochen. Auch hier wollen wir landesweit einheitliche Standards haben. Wir reden hier nämlich über so gravierende Dinge wie den Gleichheitsgrundsatz, der sich nicht mal eben auf Antrag flexibilisieren lässt. Übrigens sagte ich auch, dass wir das Dingenskirchener Landrecht im Lande Niedersachsen schon lange nicht mehr haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Ich nehme selbstverständlich nicht für mich in Anspruch, Herr Oetjen, zu behaupten, dass wirklich jede einzelne Vorgabe, wie sie im Moment im Gesetz niedergeschrieben ist, perfekt ist. Darüber müssen wir reden. Das ist gar keine Frage. Aber wenn wir etwas verbessern wollen, dann müssen wir uns konkrete Einzelfälle anschauen. Auch das haben Sie eben deutlich gemacht. Darüber können wir gerne reden. Wir können diese Fälle bewerten und gegebenenfalls danach Vorschriften ändern. Aber ein pauschales Aushöhlen wird mit uns sicherlich schwierig werden.
Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass wir - nach der Lesart Ihres Gesetzentwurfes - Bürokratie abbauen würden. Wenn ich ihn richtig verstehe - aber vielleicht belehren Sie mich noch eines Besseren -, müssten die Vorgaben auch weiterhin eingehalten und von den Kommunen geprüft werden. Vorab soll also eine Prüfung erfolgen. Von daher sind die Arbeitsvorgänge erst einmal dieselben. In einem zweiten zusätzlichen Schritt könnten die Kommunen dann erst entsprechende Antragstellungen auf Ausnahmen prüfen. Erst danach können sie sie ausführen und gegebenenfalls mit Dritten rückkoppeln. In einem weiteren, dritten Schritt müssten die Landesverwaltungen diese Anträge annehmen, bewerten und bescheiden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Arbeitserleichterung kann ich in diesen Arbeitsabläufen per se nicht erkennen. Das erinnert mich eher an eine vor Jahren vollzogene Aufgaben- und Personalverla
gerung von den ehemaligen Bezirksregierungen zu anderen Behörden. Aber das steht auf einem anderen Blatt und war auch ein anderes Kapitel in der Landesgeschichte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir werden im Innenausschuss weiter in dieser Sache beraten. Einiges ist für mich nach den Ausführungen von Ihnen, Herr Oetjen, klarer geworden. Daher freue ich mich auf konstruktive Beratungen im Innenausschuss und Ihre jetzige Kurzintervention.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich an dieser Stelle für die Anfrage der CDU-Fraktion ausdrücklich bedanken. Das Auskunftsrecht unseres Parlaments gegenüber der Regierung ist ein hohes und wichtiges Gut, und die Auskünfte helfen uns hier im Parlament dabei, nicht nur die richtigen Antworten zu bekommen, sondern auch unsere Debatten mit sachlichen Fakten zu unterfüttern.
Gerade auch diese Große Anfrage zu Bundesentlastungen für Land und Kommunen hilft, die Debatte um die finanzielle Ausstattung der Kommunen wieder einmal mit Fakten zu füttern. Ich glaube allerdings, dass die fragende CDU-Fraktion an dieser Stelle andere Antworten erhofft hatte. Man
kann nämlich in der Summe der Antworten durchaus festhalten - das hat der Herr Innenminister gerade gesagt -, dass die Landesregierung, insbesondere das Innenministerium und das Finanzministerium mit den nachgeordneten Behörden, einen richtig guten Job gemacht hat.
Die Zuweisungen, die vom Bund kommen, werden mit wenigen, aber dafür auch sehr gut begründbaren Ausnahmen vom Land komplett an die niedersächsischen Kommunen weitergeleitet. Aber damit nicht genug. Das Land selbst hat die Mittel, die es aus eigener Tasche an die Kommunen zahlt, erhöht, so z. B. auch im Zusammenhang mit dem starken Anstieg an Asylbeantragungen im vergangenen Jahr. Sie hat Bundeszuweisungen z. B. im Zusammenhang mit der neuen Finanzierung des BAföG - das ist gerade schon Thema gewesen - dazu genutzt, die Zukunft unserer nachfolgenden Generationen deutlich zu verbessern und in sie zu investieren.
So weit, so gut. Nach der Lektüre der Antwort auf die Große Anfrage lässt sich aus meiner Sicht beim besten Willen überhaupt nichts an der Arbeit der Landesregierung aussetzen.
Im Vorfeld zur heutigen Debatte habe ich natürlich meine grauen Zellen bemüht, um mir auszumalen, was die CDU jetzt, dreieinhalb Wochen vor der anstehenden Kommunalwahl, wohl aus dem Hut zaubern könnte. Es wäre schließlich schön blöd, wenn man so kurz vor der Wahl nichts finden könnte. Eine Rede vor dem Deutschen Bundestag hatte ich allerdings nicht erwartet, auch wenn ich anerkenne, dass der Bund seine Hilfen in der Vergangenheit erhöht hat.
Ich bin, als ich mir meine Gedanken gemacht habe, zu folgenden Möglichkeiten gekommen:
Ich fange mit Option A an: Das Land behält zu viel von den Bundesmitteln, die für Kommunen bestimmt sind. - Aber das - liebe Kolleginnen und Kollegen, verzeihen Sie mir - habe ich Ihnen nicht zugetraut, nachdem ich die Antworten auf die Große Anfrage gelesen habe, und bin lieber schnell zur nächsten Option übergegangen. Das, was Herr Lechner vorgetragen hat, hat mich ja dann auch darin bestätigt.
Ich komme zu Option B, die ich ins Kalkül gezogen habe. Das Land gibt den Kommunen viel zu wenig Geld dazu. - Dieses Argument haben Sie gerade auch u. a. bei den zwischenzeitlich stark gestiege
nen Kosten für die Flüchtlingsunterbringung angebracht. Aber irgendwie zieht das auch nicht so richtig. Wenn man sich anschaut, dass die Einnahmen des Landes vom Bund herrühren, wir hier in Hannover also nur an der Ausgabenschraube drehen können, und wenn man dann weiter berücksichtigt, dass wir auf die Schuldenbremse zusteuern, kommt man, wie ich finde, folgerichtig dazu, dass der Bund hier seiner politischen wie auch finanziellen Verantwortung nur unzureichend gerecht wird. Daher muss man sagen, dass das Land mit dem schnellen und unkomplizierten Bereitstellen weiterer Mittel einen grandiosen Job gemacht hat und immer noch macht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich würde Ihnen auch nicht wirklich empfehlen, diese Lesart zu betonen. Früher oder später wird man darauf kommen - insoweit bin ich anderer Meinung als Sie, Kollege Lechner -, dass dieses Problem auf die wenig nachhaltige Finanzpolitik des Bundesfinanzministers Schäuble zurückzuführen ist. Also habe ich mir bei der Vorbereitung auf heute gesagt: Bernd, diese Variante ist damit eigentlich auch klar raus.
Herr Lechner, weshalb hat der Bundesfinanzminister in den letzten Monaten denn so oft seinen Kassendeckel aufgeklappt? Ich will es Ihnen sagen: Es wäre schlicht peinlich gewesen, wenn er weiter auf Kosten von Ländern und Kommunen gespart hätte, um seine eigene schwarze Null schreiben zu können.
- Herr Lechner, ich fahre mit Option C fort: Das Gegenteil der Feststellung, dass wir zu wenig Geld ausgeben, ist, dass wir zu viel Geld ausgeben und in Zeiten hoher Steuereinnahmen zu wenig an den Schuldenabbau denken. Auch das ist ein beliebtes Strickmuster aus schwarz-gelber Richtung. Herr Lechner hat es vorhin gerade aufgegriffen.
Ich weiß ja, wie unfassbar heilig Ihnen die Monstranz der schwarzen Null ist, aber auch hierbei wird es irgendwie schwierig,
hat doch, Herr Hilbers, Rot-Grün die Neuverschuldung in Zeiten unserer Regierung seit 2013 gegenüber der CDU/FDP-Vorgängerregierung herun
tergefahren und geht jetzt, noch vor dem Jahr, das in der Verfassung für die Schuldenbremse festgeschrieben ist, auf einen ausgeglichen Haushalt zu.
- Ja, meine Damen und Herren, die Glückwünsche nehmen wir gern entgegen, und bestimmt tut dies ganz besonders gern unser Finanzminister PeterJürgen Schneider. Ich weiß, es hat alles nur an den äußeren Umständen gelegen, und unser gestern ausgerufener Kabinettsliebling, Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, muss quasi nur wie eine Figur aus den Grimm‘schen Märchen herumlaufen und die Goldtaler einsammeln, die wahllos vom Himmel herunterpurzeln.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die Forderung, das müsse die Regierung alles noch besser und noch schneller schaffen, ist wirklich das Allereinfachste der Oppositionsargumente. Sie wissen genauso gut wie wir, dass das immer deutlich leichter gesagt als getan ist, im Übrigen auch gerade dann, wenn man nicht die Regierungsverantwortung hat und jeder Sparschritt auf der einen Seite fehlende Investitionen auf der anderen Seite bedeuten würde. Aber Investitionen finden statt, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen. Finanzschwachen Kommunen - das hat die Beantwortung der Großen Anfrage ergeben - werden passgenaue Lösungen zur Verfügung gestellt.
Das sind Hilfen, die sich sehen lassen können, und das ist nicht nichts, Kollege Hilbers.
Hier hat die Landesregierung, wie ich finde, einen wirklich guten Mittelweg gefunden, um insbesondere auch das Interesse an einem Abbau der Neuverschuldung und das Bedürfnis nach Investitionen in die Zukunft unter einen Hut zu bekommen. Es ist gelungen, einen fairen Interessenausgleich zu erreichen.
Meine Damen und Herren, es ist und bleibt dabei: Ein bloßer und strikter Sparkurs ist nur die halbe Miete einer gerechten Politik, übrigens auch für nachfolgende Generationen. Würden Sie z. B. zeitgleich an Infrastruktur und an Bildung sparen, dann würde das unsere Kinder und Kindeskinder
teuer zu stehen kommen, und wir hätten ihnen nicht mehr als einen Bärendienst erwiesen.