Protokoll der Sitzung vom 19.08.2016

Sie fordern im Kern eine Verschärfung des Untreueparagrafen in Bezug auf Steuergeldverschwendung. Ein Kernsatz Ihres Antrags lautet, dass als Haushaltsuntreue bereits bestraft werden soll, wenn - Zitat - öffentliche Mittel verausgabt oder bewilligt werden, welche in auffälligem Missverhältnis zu dem mit dem Haushaltsansatz verfolgten Nutzen stehen. - Lassen Sie das einmal auf sich wirken: auffälliges Missverhältnis zu dem mit dem Haushaltsansatz verfolgten Nutzen!

Herr Dr. Genthe, Herr Dr. Birkner ist es wirklich Ihre Absicht, weitere unbestimmte Rechtsbegriffe in das Strafrecht einzufügen? Wie wollen Sie das denn messen oder definieren? - Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ist es nicht so, dass gerade der Nutzen von Haushaltsposten Kern der politischen Auseinandersetzung ist? Wollen Sie etwa zukünftig den Streit über die Umsetzung politischer Haushaltsentscheidungen inklusive strafrechtlicher Folgen für die Amtsträger von Gerichten entscheiden lassen? - Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein! Das erzeugen Sie aber mit diesem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist nicht im Sinne des Grundgesetzes und der Gewaltenteilung. Für einen solchen Unfug stehen wir deshalb nicht zur Verfügung. Untreue gilt als Straftatbestandteil natürlich jetzt schon auch für Amtsträger.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Der § 266 des Strafgesetzbuches wurde bereits zitiert.

„Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder fremde … Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteile zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Dazu ist Vorsatz nachzuweisen. Es gibt entsprechende Fälle, in denen vor Gericht Verurteilungen erfolgt sind. Da macht man auch keinen Halt vor Amtsträgern bis hin zu ehemaligen Finanzminis

tern, wie Fälle belegen. Das Strafrecht ist also bereits vorhanden.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Es wirkt, und das ist gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig! Überhaupt kein Bedarf!)

Sie wollen nun aber offensichtlich auch die unbeabsichtigten Handlungen unter Strafe stellen. Aber die Amtsträger handeln doch hochgradig verantwortungsvoll.

(Christian Grascha [FDP]: Vorsatz! Es geht um Vorsatz!)

Wenn es trotz aller Umsicht einmal zu Fehlern kommt, dann muss man daraus vor allen Dingen politische und administrative Schlüsse ziehen, statt jeden gleich vor den Kadi zu ziehen.

(Christian Grascha [FDP]: Haben Sie mir eigentlich zugehört?)

Ihr Antrag ist gerade im Jahr der Kommunalwahl ein schlimmes Signal. Immer mehr kleine Gemeinden haben Probleme, Kandidatinnen und Kandidaten gerade auch für Bürgermeister und andere Hauptamtliche zu finden.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Das will die FDP alles allein bestimmen!)

Der Ebene der kommunalen Selbstverwaltung sollten wir den Rücken stärken und keine zusätzlichen Knüppel zwischen die Beine werfen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig, und das kurz vor der Kommunalwahl!)

Liebe FDP, Sie legen uns hier eine olle Kamelle vor. Das Ihrer Forderung zugrunde liegende Gutachten von Bernd Schünemann stammt aus 2011. Es wurde vom Bund der Steuerzahler auch schon der Bundesregierung vorgelegt. Wer war 2011 noch Justizministerin? - Ah, Sabine LeutheusserSchnarrenberger, FDP!

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Und was hat sie gemacht? - Nichts! Vielleicht werden Sie uns im Ausschuss deutlich machen, warum wir eine Strafrechtsverschärfung auf den Weg bringen sollen, die nicht einmal Ihre alte FDPJustizministerin umsetzen wollte.

(Christian Dürr [FDP]: Das stimmt nicht! - Dr. Gero Hocker [FDP]: So alt ist die gar nicht!)

Ich habe große Zweifel, dass uns Ihr Antrag beim gemeinsamen Ziel der sparsamen Steuerverwendung auch nur einen Schritt helfen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Machen Sie doch einmal einen eigenen Vorschlag!)

Vielen Dank. - Das Wort für die CDU-Fraktion erhält die Kollegin Lorberg.

(Editha Lorberg [CDU] schüttelt den Kopf)

- Frau Lorberg, hier liegt eine Wortmeldung zu Punkt 29 der Tagesordnung vor. Das ist der Punkt, an dem wir uns gerade befinden. Möchten Sie zu einem anderen Punkt reden? Dann können Sie das vielleicht später tun. - Alles klar. Frau Lorberg hat sich geirrt.

Dann hat nun das Wort für die Landesregierung Herr Finanzminister Schneider. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Ich möchte für die Landesregierung nur feststellen: Dieses Gutachten aus dem Jahre 2011 ist im Januar 2012 dem damaligen Justizminister in Niedersachsen, dem hoch geschätzten Kollegen Busemann, vom Bund der Steuerzahler überreicht worden. Die aus CDU und FDP bestehende Landesregierung hat es zur Kenntnis genommen. An diesem Vorbild werden wir uns orientieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Schneider. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließen kann.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Dann haben Sie so beschlossen.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Mehr Schutz für die Menschen in Niedersachsen vor Terror und Kriminalität - die Landesregierung muss endlich umdenken! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/6238

Zur Einbringung erhält nun das Wort für die CDUFraktion Frau Kollegin Lorberg. Bitte!

(Unruhe)

- Ich darf Sie alle um etwas mehr Ruhe im Plenarsaal bitten!

Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Mittwochmorgen konnten wir vor der Plenarsitzung im Gottesdienst den Worten von Herrn Bischof Dr. Bode lauschen. Er sprach davon, dass die Welt aus den Fugen geraten sei. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Welt ist aus den Fugen geraten. Das ist sicherlich nicht nur die Ansicht des Bischofs. Ich teile sie und mit mir sicherlich viele tausend Menschen in unserem Land.

Die Schreckensmeldungen der vergangenen Monate haben es fast unmöglich gemacht, die Sommerzeit unbeschwert und ungetrübt zu erleben. Wahrscheinlich geht es Ihnen ähnlich. Man will sich zu größeren Veranstaltungen verabreden und bekommt häufig gesagt: Ach nein, ich gehe nicht. Ich weiß nicht, aber irgendwie ist mir nicht wohl dabei. Ich meide öffentliche große Veranstaltungen.

Urlaubsreisen werden unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit ausgewählt oder schon so geplant. Das gilt selbst für Reisen in unsere Nachbarländer wie Frankreich.

Das, was wir alle nicht wollen, ist schon längst Realität geworden. Der Terror, in welcher Form auch immer, beeinträchtigt das alltägliche Leben vieler Menschen in unserem Land. Die beiden Orte Wolfsburg und Hildesheim sind nicht weit entfernt. Abgesagtes Fußballspiel, abgesagter Karnevalsumzug, Messerattacke auf die Polizei - ich könnte die Liste erweitern. Das ist eine Entwicklung, die uns sehr besorgt stimmen muss.

In einer Zeit, in der die Bedrohungslage ausgesprochen ernst zu nehmen ist, müssen wir hier im Landtag darüber diskutieren, ob islamistische Moscheen und Versammlungsräume überwacht werden dürfen. Wir müssen auch darüber diskutieren, ob Plätze, Busse und Bahnen überwacht werden dürfen.

(Beifall bei der CDU)

Dabei müsste es selbstverständlich sein, dass wir unseren Sicherheitsbehörden vertrauen und ihnen Befugnisse geben, die die Sicherheitslage in unserem Land verbessern. Es müsste selbstverständlich sein, dass Konzepte zur Bekämpfung von Islamismus und zur Abwehr von Terroranschlägen bereits greifen und auch umgesetzt werden.