Protokoll der Sitzung vom 26.10.2016

(Zuruf von Wiard Siebels [SPD])

Wenn es aber darum geht, die Rechte des gesamten Hauses, des niedersächsischen Volkes zu schützen, dann ist das ganz kleines Karo bei Ihnen, um das in aller Deutlichkeit zu sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ganz kleines Karo, wenn es darum geht, die niedersächsischen Interessen gegenüber dem Bund und anderen Ländern zu schützen!

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Abstrus!)

Herr Weil, Sie beklagen in Berlin immer wieder, der Bund nimmt uns nicht ernst. Ich will klar sagen: Wer sich selbst zum Würstchen macht, wird am Ende auch verspeist. Das ist in Berlin in der vorvergangenen Woche passiert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt erst wird klar, wie ernst Sie Ihre teilweise peinlichen Rufe in den vergangenen Jahren seit 2013 in Richtung Berlin meinten. Zu keinem einzigen Zeitpunkt ging es darum, Niedersachsen im Wettbewerb mit anderen Ländern nach vorne zu bringen.

(Björn Thümler [CDU]: Genau!)

Das war zu keinem Zeitpunkt das Ziel Ihrer Politik. Das einzige Ziel war, das Zugticket nach Berlin zu lösen, um den Bund zu überreden, den Ländern mehr Geld zu geben, damit sie sich nicht anstrengen müssen. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik, Herr Ministerpräsident!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ich will Sie noch einmal zitieren. Sie haben am 15. Oktober nach der Veröffentlichung dieses Kompromisses gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung gesagt:

„Niedersachsen kann mit dem Ergebnis zufrieden sein. Die finanziellen Verhältnisse des Landes … werden weiter gestärkt.“

Erfolg für Niedersachsen? - Halten wir einmal fest: Selbst, wenn man Ihrem Ansatz nur eine Sekunde folgt - also dass es gar nicht darum geht, im Föderalismus auch im Wettbewerb mit anderen Bundesländern zu stehen -, kommen dabei zwei Dinge heraus:

Erstens bekommen Sie eine Reform der Straßenbauverwaltung, die Sie nicht wollten und die der Niedersächsische Landtag noch im Januar dieses Jahres glasklar abgelehnt hat. Nicht ein Wort dazu, dass Sie das Gegenteil dessen machen, was der Landtag - übrigens mit den Stimmen von SPD und Grünen allen voran - beschlossen hat! Das, was Sie bekommen werden, ist das Gegenteil dessen. Vor allem nicht ein Wort dazu, wie Sie das wieder heilen wollen!

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal den Wirtschaftsminister ausdrücklich für das loben, was er dazu am 25. Oktober in der HAZ unter der Überschrift „Minister Lies fürchtet um A 20 und A 39“ gesagt hat. Herr Lies, Sie haben gesagt: „Ich halte es für den völlig falschen Weg“. - Es ist der völlig falsche Weg, und Niedersachsen steht auch hier komplett allein da!

(Zurufe von der SPD)

Herr Weil, Sie machen den Menschen in Niedersachsen etwas vor, wenn Sie behaupten, daran ließe sich noch etwas drehen. Sie haben die Straßenbauverwaltung des Landes Niedersachsen in Berlin in der vorvergangenen Woche endgültig verkauft. In aller Deutlichkeit: Sie haben sie verkauft!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Sie haben sie für Geld verkauft. Das ist Ihnen total egal; das merkt man. Das ist Ihnen total egal auch in der Sache, so als Kollateralschaden so nebenbei. Sie bekommen also eine Straßenbauverwaltung, eine Bundesverwaltung, die Sie gar nicht haben wollten.

Zweitens das Thema Mehreinnahmen: 600 Millionen Euro, großer Erfolg für Niedersachsen. - Auf Platz 1 in der Liste der Länder steht das nicht viele Kilometer von hier entfernte Bundesland Bremen.

Übrigens: Herr Sieling hält in der Bremischen Bürgerschaft die gleichen Reden; das finde ich spannend. Herr Sieling stellt sich hin und sagt: Ich habe 732 Euro pro Bürger des Landes Bremen hinzubekommen. 732 Euro! Er sagt: Wir sind der Gewinner, nämlich Platz 1 unter den Bundesländern. - Und sein Parteifreund stellt sich hier in Hannover hin und sagt: Wir bekommen 76 Euro pro Bürger zusätzlich in die Steuerkasse des Landes Niedersachsen und sind der Gewinner bei diesem Kompromiss.

Ich will es in aller Deutlichkeit sagen: Wenn man bei 16 Bundesländern den 16. Platz belegt, dann kann man sich selbst mit ganz viel Voodoo nicht als Gewinner darstellen, meine Damen und Herren. Das ist nicht möglich!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Dürr, nur ein Hinweis: Ihre Redezeit von acht Minuten ist abgelaufen. Die Anzeige

„Restredezeit“ hatte eine andere Vorgabe; das können wir aber nicht korrigieren.

Das macht überhaupt nichts.

Trotzdem: Gerne noch ein abschließender Satz!

Vielen Dank, Herr Präsident. Dann komme ich zum Schluss.

Herr Weil, die Tatsache, dass Sie den Föderalismus auf dem Altar zusätzlichen Geldes für Herrn Schneider geopfert haben, lässt sich nicht als Erfolg für das Bundesland Niedersachsen darstellen. Selbst wenn man dieser Logik folgen würde, tragen Sie die rote Laterne in der Bundesrepublik Deutschland.

Zum Schluss will ich noch sagen: Beim Fußball fällt uns immer wieder auf, dass es nicht ausreichen wird - das sage ich in Richtung aller Kolleginnen und Kollegen -, hier nur den Trainer auszuwechseln. Ich glaube, die ganze Mannschaft gehört ausgewechselt.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dürr. - Es folgt jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollegin Anja Piel. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wie es sich gehört, möchte ich an erster Stelle der Ministerpräsidentin danken

(Christian Dürr [FDP]: Wofür genau, bitte? - Weitere Zurufe)

- schön, dass auch Sie von der FDP aufgewacht sind -, der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen und auch den Ministerpräsidentinnen von Rheinland-Pfalz und aus dem Saarland. Genauso möchte ich natürlich auch den männlichen Kollegen aus den anderen Bundesländern danken. Ich danke auch den Finanzministerinnen und Finanzministern. Mein besonderer Dank geht natürlich an unseren Ministerpräsidenten Stephan Weil und unserem Finanzminister Peter-Jürgen Schneider.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie alle gemeinsam haben vermocht, was lange wie eine unlösbare Aufgabe erschien: den Finanzausgleich zwischen dem Bund und den Ländern neu zu regeln.

Meine Damen und Herren, ich stelle diesen umfassenden Dank an den Anfang meiner Rede, weil mir zwei Dinge wichtig sind:

Erstens - auch wenn es sich bei CDU und FDP heute so angehört hat, als wenn es hier um einen Wettbewerb gehen würde, in dem Niedersachsen verloren hat -: Ich glaube, eine Einigung zwischen 16 Bundesländern mit unterschiedlichen Interessen und zum Teil recht eigenwilligen Chefs - wenn wir nach Bayern schauen - und dem Bund ist mit Sicherheit keine leichte Aufgabe. Die Länder vertreten zum Teil sehr verschiedene Auffassungen davon, worauf es beim Finanzausgleich ankommt. Hier einen Kompromiss zu finden, ist an sich schon eine Kunst - einen Kompromiss, bei dem sich niemand benachteiligt fühlt, umso mehr. Dafür mein Dank an Herrn Schneider und auch an Herrn Weil!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zweitens bin ich in meinem Dank so überschwänglich, weil die gefundene Regelung auch eines deutlich zeigt: Der Vorwurf, wir würden immer nur nach Berlin zeigen, ist völlig falsch.

(Christian Dürr [FDP]: Wir fahren dahin!)

Wir zeigen nicht nach Berlin, sondern wir verhandeln mit Berlin - genauso wie die anderen Länder.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich war ein bisschen erstaunt von Ihrer Darstellung darüber, was da auf dem Altar geopfert wurde, Herr Dürr. Es hat auch andere Länder wie das von Ihnen eben zitierte Bremen gegeben, die mit den Ergebnissen ebenfalls sehr zufrieden sind. Die Bundesländer im Föderalstaat Deutschland sind eben nicht kleine Königreiche - auch wenn man das mit Blick auf Bayern manchmal denken mag -, die auf Eigenständigkeit aus sind. Wir machen Politik gemeinsam mit dem Bund und auch gemeinsam mit den anderen Ländern. Das ist auch gut so. Ich will Ihnen auch gleich erklären, warum.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen stellt sich durch die Neuregelungen besser und befindet sich im Feld mit den westdeutschen Flächenländern.

(Jörg Bode [FDP]: Wir sind Letzter!)

Die Einigung gibt uns die Möglichkeit, unseren Konsolidierungskurs der vergangenen Jahre fortzusetzen und gleichzeitig sinnvolle Zukunftsinvestitionen zu tätigen. Und wir werden - ich glaube, auch da sind wir, was den Wettbewerb angeht, den Sie eben eingefordert haben, gut mit dabei - weiterhin in Bildung und nachhaltige Infrastruktur investieren.

Meine Damen und Herren, womit wir nicht einverstanden sind - diesbezüglich fand ich, Herr Dürr, Ihre Beschreibung der Situation ein bisschen lustig -: Wenn wir die einzigen sind, die mit einer Protokollerklärung aus dieser Einigung über die Autobahngesellschaft herausgehen,