Protokoll der Sitzung vom 28.10.2016

Was mich sehr freut, ist, dass das Wissenschaftsministerium in enger Abstimmung mit uns im Rahmen der sogenannten Vorabmittel der VW-Stiftung eine Ausschreibung zur nachhaltigen Agrarproduktion durchgeführt hat. Da haben wir 3 Millionen Euro für Projekte der Agrarwende reserviert.

Ich glaube, in der vergangenen Woche hat das Forschungsministerium die ausgewählten Projekte mitgeteilt. Es sind sehr viele Projekte dabei, die richtig z. B. in die Züchtung von Sorten für den ökologischen Gemüse- und Obstbau oder von Rassen für die Tierhaltung gehen. Es wird also mit erheblichen Forschungsmitteln dieser Bereich gestärkt. Dabei wird ein besonderer Wert auf die Praxisrelevanz gelegt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Also: 3 Millionen Euro Mittelvolumen, fünf neue Forschungsverbünde zum Thema nachhaltige Agrarproduktion ausgewählt. In diesen Verbünden arbeiten Hochschulen, außeruniversitäre Forschungsinstitute, Unternehmen und Verbände zusammen. Die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen (WKN) hatte die eingereichten Anträge begutachtet und die insgesamt sehr hohe wissenschaftliche Qualität gelobt.

„Wir stärken die landesweiten Forschungsaktivitäten für eine moderne, innovative und nachhaltige Agrarproduktion. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Agrarwende."

So die Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajić. Damit tun wir sehr viel auch im Bereich Transfer.

Aus Landesmitteln haben wir z. B. das Eiweißprojekt unterstützt. Der ökologische Landbau kann keine Gensoja für die Tiere importieren. Gerade er will daher Eiweißfutter selbst erzeugen. Auf der Grünen Woche gab es letztes Jahr einen Stand, an dem private Hühnerhalter gentechnikfreies Hühnerfutter aus Niedersachsen mitnehmen konnten, das im Rahmen dieses Projekts erzeugt wurde. Es stärkt den ökologischen Landbau, dass wir mehr Eiweißfuttermittel für die Geflügelmast zur Verfügung haben.

Wir unterstützen natürlich auch eine Reihe von Feldtagen und Forschungen. Wir unterstützen die Beratung von Tierhaltern, die umstellen wollen, und von Saatgutzüchtern.

Mit dem Projekt Eiweißfuttermittel sind wir im Geflügelmast- und Legehennenbereich auf große Resonanz gestoßen. In diesem Jahr wurde es auf dem Betrieb des Landwirtschaftskammerpräsidenten Schwetje vorgestellt. Auch er nimmt an diesem Projekt teil, das sowohl dem ökologischen als auch dem konventionellen Landbau dient.

Immer wieder diskutiert wird die Frage des Flächenverbrauchs. Mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim und dem Landvolk haben wir jetzt ein Modellprojekt gestartet. Dabei geht es darum, dass die Kompensation für eine Straßenbau- oder sonstige Infrastrukturmaßnahme auch durch die Umstellung von Flächen auf ökologischen Landbau erfolgen kann. Das Modellprojekt sollten Sie sich wirklich einmal anschauen. Durch das Projekt werden die Flächen nicht aus der Nutzung genommen, und es wird der ökologische Landbau gestärkt.

Eine neue Maßnahme im Rahmen der EU-Förderung ist die Europäische Innovationspartnerschaft. Sie betrifft nicht nur den ökologischen Landbau. Dabei setzen wir auf Innovationen. Zwei Projekte im Bereich des ökologischen Landbaus sind ausgewählt worden und bekommen jetzt eine erhebliche Förderung.

Sie sehen: Auch durch eine ganze Reihe von Maßnahmen in Ausbildung und Studium tragen wir dazu bei, dass sich der Trend bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf die Landwirtschaft überträgt. Dieses Jahr haben wir Rekordzahlen bei der Umstellung auf ökologischen Landbau erreicht. Viele Leute haben Lust auf ökologischen Landbau. Auf diesem Weg begleiten wird sie mit einer Vielzahl von Maßnahmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage möchte die Kollegin Regina Asendorf, Bündnis 90/Die Grünen, stellen. Bitte sehr!

Seit drei Jahren soll die EU-Ökoverordnung überarbeitet werden. Was ist eigentlich geplant?

Danke schön. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eine EU-Ökoverordnung, die europaeinheitlich die Kennzeichnung mit dem Biosiegel regelt. Sie legt klare Standards fest, die europaweit gelten.

Leider hat der vorige EU-Agrarkommissar gesagt, dass eine Totalrevision gemacht werden müsste,

dass alles auf den Kopf gestellt werden müsste und dass man das von Neuem anfangen müsste. Der jetzige Kommissar hat das fortgesetzt.

Es gab Bemühungen, dieses Projekt zu Fall zu bringen. Leider hat Deutschland - anders als die Niederlande - nicht gesagt, man soll das mal lassen. Jetzt wird seit drei Jahren verhandelt.

Der Kommissionsvorschlag sieht z. B. vor, die Verantwortung für Dinge an den Ökolandwirt zu delegieren, für die er nichts kann. Bislang sehen die Regeln vor, dass er keine Pflanzenschutzmittel und keinen künstlichen Dünger verwenden darf. Die EU-Kommission plant nun aber, zwei Grenzwerte für schädliche Stoffe einzuführen.

Das kann aus meiner Sicht nicht sein. Wenn ein Stoff schädlich ist, dann muss ein Grenzwert eingehalten werden. Im ökologischen Landbau kann aber kein strengerer Grenzwert für Schadstoffbelastungen gelten als im konventionellen Bereich. Das führt vor allem zu etwas, wofür der Ökolandwirt manchmal nichts kann. Kein Landwirt erzeugt Dioxin - kein konventionell und kein ökologisch arbeitender -, es ist aber ubiquitär vorhanden. Wenn man in einer bestimmten Region ist, in der durch Industrieabgase Dioxin vorhanden ist, und man einen Extrawert für Bioeier hätte - man also sagen würde, dass in Bioeiern weniger Dioxin sein muss als in anderen -, würde das zu einem Problem führen. Denn ein Landwirt kann das nicht gewährleisten. Das würde zu einer großen Unsicherheit führen.

Wir sind der Meinung, dass wir das honorieren, was ein Landwirt macht und tut, nämlich eine bessere Tierhaltung und Gentechnikfreiheit zu gewährleisten, die Standards einzuhalten sowie auf Pflanzenschutzmittel und künstliche Düngemittel zu verzichten.

Die EU-Kommission will verschiedene Grenzwerte einführen. Welche Motive stehen dahinter? - Vielleicht kontrollieren bestimmte Regionen in Südeuropa nicht so gut auf Schadstoffe und wollen die guten Kontrollen, die wir in Niedersachsen machen, damit diskreditieren. Es darf nicht sein, dass bestimmte Regionen - gerade Niedersachsen gehört dazu - aus dem Biosystem herausgekickt werden, weil man Biolandwirte für etwas verantwortlich macht, wofür sie nichts können. Das sorgt für Verunsicherung.

Dann ist eine ganze Vielzahl von Spielregeln in der Diskussion. Es gibt offenbar die Debatte, ob man im Ökobereich das Schnabelkürzen nicht wieder

erlauben sollte. Diese Diskussion führt Frankreich. Das ist eine tolle Debatte. Wir verbieten das gerade im konventionellen Bereich. Einige Spielregeln werden gerade auf den Kopf gestellt. Deshalb sagen die Agrarminister aller Länder - ob von der CDU, der CSU, der SPD oder den Grünen -: Bitte lasst die Ökoverordnung so, wie sie ist, sie hat sich bewährt! Man kann an kleinen Punkten etwas nachsteuern, aber das kann man machen, indem man bestimmte Begrifflichkeiten konkretisiert, z. B. definiert, was regionaler Anbau ist. 20 % des Futters muss regional angebaut werden. In Deutschland haben wir die Auffassung, dass „regional“ „Bundesland“, „Nachbarbundesland“ oder „Nachbarprovinz“ heißt. Die Niederlande schreiben mir regelmäßig, „regionaler Anbau“ heißt „Mitgliedsstaat der Europäischen Union“. Dazu gehören meines Wissens auch Zypern und Rumänien.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Da wäre eine Klarstellung notwendig. Aber dafür muss man die Verordnung nicht ändern, sondern man muss „regional“ definieren, damit wir gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Tierhalterinnen und Tierhalter haben. Das sind Punkte in der Ökoverordnung, die wir diskutieren.

Wir haben auf der vergangenen Agrarministerkonferenz beschlossen, dass das entweder unter der slowakischen Präsidentschaft bis Jahresende fertig werden muss - das Europäische Parlament hat ja auch erhebliche Kritik geäußert - oder dass sich die Bundesregierung dafür einsetzen soll, dass diese Totalrevision der EU-Ökoverordnung zurückgezogen wird, damit wir endlich wieder Planungssicherheit haben.

Denn wenn diese Standards so durchkommen, kann ich keinem Landwirt sagen, welche Standards er in ein oder zwei Jahren einhalten muss. Ich bin dafür, dass er das einhalten soll, was er einhalten kann, nämlich das, was er durch eigenes Verhalten beeinflussen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt aus der SPD-Fraktion vom Abgeordneten Uwe Strümpel. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In welchen Bereichen der ökologischen Ernährungswirt

schaft ist Niedersachsen insbesondere überregional in der Vorreiterrolle?

Danke schön. - Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gesagt, dass wir bei Bioeiern bundesweit vorn sind. Wir sind übrigens auch bei Bioäpfeln bundesweit vorn. Ungefähr jeder dritte Bioapfel in Deutschland kommt aus Niedersachsen, mit steigender Tendenz.

(Ulf Thiele [CDU]: Wir sind auch kon- ventionell bundesweit vorn!)

Wir haben das dank des Schulobstprogramms noch einmal richtig ausgeweitet.

Ich habe gesagt, wir haben Probleme in der Fläche. Das ist richtig. Aber wir haben viele ganz tolle führende Verarbeiterinnen und Verarbeiter aus Niedersachsen. Zwei davon haben gerade den deutschen Nachhaltigkeitspreis bekommen: das Unternehmen Lebensbaum aus Diepholz, das viele kennen, und die Bohlsener Mühle aus der Region Uelzen. Den Preis haben sie für Vorbildlichkeit in dem Bereich bekommen. Wir verfügen bei der Verarbeitung über viele Marktführer. Da sind deutlich über dem Schnitt. Unsere Biounternehmen, die Bioprodukte verarbeiten, haben mittlerweile zweistellige Umsätze. Insgesamt sind 1 300 Unternehmen bei uns beheimatet, die ökologisch erzeugte Produkte verarbeiten und sich dafür habenlizensieren lassen. Da sind wir wirklich vorn.

Ich war kürzlich erst wieder auf der BioNord. Dort spürt man gerade in Niedersachsen eine richtige Aufbruchsstimmung bei den Unternehmen. Sie suchen weiterhin Landwirte, die umstellen. Die Molkereien wollen mehr Biomilch. Die Unternehmen sagen: Wir wollen mehr Umsteller, wir wollen noch mehr Produkte aus Niedersachsen.

Der Bundesminister - jetzt lobe ich ihn mal - vergibt ja immer einen Ökolandbaupreis der Bundesregierung. Dieses Jahr ging er nach Niedersachsen an einen Grünlandbetrieb von Herrn Wehmeyer im Harz sowie an einen Ökozüchter im Wendland, Herrn Müller. Den Bundespreis Ökologischer Landbau der Bundesregierung bekamen also zwei Tierhalter bzw. Pflanzenzüchter aus Niedersachsen im

Biobereich. Das zeigt, dass Niedersachsen mittlerweile sehr, sehr weit vorne ist.

Wie gesagt, bei Eiern beträgt der Anteil an der deutschen Bioerzeugung 44 %, bei Äpfeln sind es 33 %; bei Kartoffeln beträgt der Anteil Niedersachsens am bundesweiten Bioabsatz 25 %. Bei der Milch wollen wir uns mindestens um 50 % steigern. Denn bei der Biomilch war der niedersächsische Anteil sehr gering; da gibt es noch ein erhebliches Potenzial. Bislang kommen nur 6 % der Biomilch aus Niedersachsen. Aus Bayern kommen über 52 %. Ich finde, die Biomilch, die wir in Niedersachsen konsumieren, können unsere Milchbäuerinnen und Milchbauern auch selber erzeugen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke, Herr Minister. - Es folgt Herr Kollege Siebels, SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wie sich der Ökolandbau in den vergangenen Jahren - insbesondere während der schwarz-gelben Regierungszeit im Vergleich zur rot-grünen Regierungszeit - entwickelt hat. Ich bitte den Minister, diese Frage möglichst ausführlich zu beantworten.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Her- mann Grupe [FDP]: Das habt ihr doch abgestimmt! - Reinhold Hilbers [CDU]: Damit keine Fragen mehr gestellt werden können! - Frank Oesterhelweg [CDU]: Solche Fragen sind ja völlig überflüssig! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

Herr Kollege, der Minister antwortet selbstverständlich ausführlich.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Der Text ist fertig! - Ulf Thiele [CDU]: Er trägt ständig aus derselben Broschüre vor, die kann er auch verteilen!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere mich daran, dass es mal eine Pressemit

teilung gab - ich glaube, der FDP -, in der stand, dass unter Schwarz-Gelb der Ökolandbauzuwachs sogar höher gewesen sei als jetzt unter Rot-Grün. Vor zwei oder drei Jahren haben Sie so etwas behauptet. Dabei wissen Sie, dass da immer so lange Perioden betrachtet werden. Ich habe gesagt, dass sich das in diesem und auch schon im letzten Jahr deutlich geändert hat. Die Ökoflächen in Niedersachsen umfassten 2009 74 728 ha. 2010 gab es einen Rückgang um minus 428 ha auf 74 300 ha. 2011 gab es einen weiteren Rückgang - das betrifft immer noch Ihre Regierungszeit - um minus 993 ha oder minus 1,3 % auf 73 307 ha.