Protokoll der Sitzung vom 22.11.2016

Im Gegenteil: Durch die jetzige Regierung wird aus der Wahlfreiheit eine Zwangsinklusion. Die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen ist systematisch gegen die Wand gefahren worden. Der Druck auf unsere Lehrkräfte steigt damit noch weiter. Es gibt keine Lösung für die Schulbegleitung. Es gibt keine Pläne für den Ausbau der mobilen Dienste.

Aber das, was mir am meisten wehtut, ist, dass bestehende, gut funktionierende Konzepte in den Regionen zerschlagen werden, weil sie zukünftig nicht mehr möglich sein sollen. Förderzentren werden geschlossen. Förderschulen werden geschlossen. All das, meine Damen und Herren, sorgt dafür, dass die Akzeptanz für die Inklusion in Niedersachsen verloren geht. Und die Verantwortung dafür tragen SPD und Grüne in diesem Landtag!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es reicht nicht aus, die Situation schönzureden. Wir brauchen heute Lösungen, damit uns nicht eine ganze Generation junger Menschen auf diesem Weg verloren geht. Daher geht der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion durchaus in die richtige Richtung.

Ja, wir brauchen mehr Zeit zur Umsetzung der Inklusion; das sage ich ganz deutlich. Aber ich will auch sagen: Ob ein Aussetzen der Inklusion für zehn Jahre der richtige Weg ist, dahinter setze ich ein großes Fragezeichen, weil ich mir schon sicher bin, dass wir die Zeit nicht zurückdrehen können. Auch ein Schulgesetz kann die Zeit nicht zurückdrehen. Wir brauchen jetzt und heute Lösungen und eben keinen Stillstand bei der Umsetzung der Inklusion.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es reicht nach unserer Überzeugung nicht aus, die Zeit einfach nur anzuhalten und um zehn Jahre weiterzuschieben. Wenn es so ist, wie es die FDP sagt, nämlich dass wir die Wahlfreiheit für die Eltern wollen, dass wir die Wahlfreiheit auch erhalten wollen und dass das nicht nur irgendwo auf dem Papier steht, dann reicht es eben nicht aus, wie in dem hier vorgelegten Entwurf nur den § 183 c anzufassen. Dann müssen wir im Schulgesetz auch den § 14 anfassen, wie es unsere Fraktion seit zwei Jahren mit mehreren Anträgen hier im Parlament gefordert hat. Dies muss dann auch bedeuten, die Förderschulen Lernen und Sprache wieder in das Schulgesetz aufzunehmen. Nur so bekommen wir die

Wahlfreiheit für die Eltern in Niedersachsen zurück.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen heute Lösungen für die Herausforderungen, vor denen wir stehen. Das bedeutet zuallererst - und deswegen ist die Debatte über einen solchen Gesetzentwurf durchaus richtig -, dass wir mit dem Auslaufen von Förderschulen Schluss machen müssen. Wir müssen jetzt sofort damit Schluss machen, dass Förderschulen in Niedersachsen geschlossen werden. Wir müssen jetzt sofort damit Schluss machen, dass Förderzentren in Niedersachsen geschlossen werden. Wir müssen jetzt sofort damit Schluss machen, dass gut funktionierende, bestehende, in der Region gewollte Konzepte durch diese Regierung verboten werden. Meine Damen und Herren, wir müssen jetzt, heute und sofort den rot-grünen Weg der Inklusion in Niedersachsen beenden!

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

- Zu den RZIs komme ich gleich, Frau Hamburg.

Herr Politze und Herr Scholing sagen hier im Landtag öfter, dass ihre Philosophie und die dieser Regierung ist: „ermöglichen statt verordnen“. Das wird hier ständig, gerade auch im Bereich der Schulpolitik, gesagt: „ermöglichen statt verordnen“.

Aber schauen wir uns einmal das geltende Schulgesetz an, schauen wir uns die Umsetzung der Inklusion in Niedersachsen an. Das Gegenteil ist der Fall! In Sachen Inklusion wird nicht etwas ermöglicht, sondern systematisch etwas verboten. Das ist die Realität, die SPD und Grüne in diesem Landtag leben, die auch das Schulgesetz derzeit gestaltet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: etwas verbieten, statt zu ermöglichen. Ich finde, es widerspricht dem Grundgedanken der Inklusion, so zu denken, nämlich etwas zu verbieten, statt etwas zu ermöglichen. Die Grundphilosophie muss doch genau eine andere sein.

Deswegen muss Schluss sein mit der rot-grünen Turbo-Inklusion in Niedersachsen. Wir brauchen jetzt akute Lösungen. Dafür sind die in dem Gesetzentwurf erwähnten Lerngruppen als eine zusätzliche Möglichkeit durchaus eine gute Chance. Deswegen hat die CDU-Fraktion sie bereits in ihren Inklusionsantrag aufgenommen, der sich parallel in der Beratung befindet. Auch in unserem

Antrag zur Oberschule, den wir am Donnerstag diskutieren, wollen wir genau solche flexiblen Lösungen in der Schule ermöglichen, nämlich gezielt Lerngruppen zu bilden, um Schülerinnen und Schüler gezielt fördern zu können.

Aber ich will auch deutlich sagen: Bei den Lösungen, die wir brauchen, brauchen wir eines nicht: Wir brauchen keine zusätzlichen neuen bürokratischen Verwaltungsinstanzen in Niedersachsen. Genau die brauchen wir nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir brauchen keine neuen Verwaltungseinheiten wie ReschIs oder wie auch immer das dann heißen soll. In der letzten Woche hat die Ministerin RZIs angekündigt. Für mich hörte sich das eher nach einem Kreditinstitut an. Und wenn man das mit diesen RZIs liest, dann sieht man, das ist genau das Gleiche wie die ReschIs - und die sind in der Debatte doch schon grandios gescheitert.

(Beifall bei der CDU)

Die Umsetzung einer solchen zusätzlichen Verwaltungsebene ist erstens falsch. Zweitens man muss dieser Regierung vorhalten, dass das auch noch nicht einmal konsequent ist; denn es soll fünf Jahre lang dauern, bis das, was hier vorgelegt worden ist, umgesetzt ist. Fünf Jahre! Das bedeutet: acht Jahre nach der Einführung der Inklusion in Niedersachsen! Das zeigt doch noch einmal deutlich, welchen Ehrgeiz diese Kultusministerin in diesem Land noch hat - nämlich gar keinen! Das wird auch aus diesem Handeln deutlich.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen bleibt festzuhalten: Es ist keine Zeit fürs Warten, sondern es ist höchste Zeit zum Handeln. Wir müssen in unsere Kinder und dürfen nicht in zusätzliche Bürokratie investieren. Wir wollen, dass Inklusion in Niedersachsen gelingt. Wir wollen alle Beteiligten mitnehmen. Wir wollen, dass die Kinder dabei im Mittelpunkt stehen und nicht überfordert werden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Seefried. - Es gibt nun auf Sie eine Kurzintervention des Kollegen Scholing. Bitte, Herr Scholing!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Seefried, ich zitiere Sie mit dem Satz: „Wir müssen Schluss machen mit dem Schließen der Förderschule Lernen.“

Ich werfe einen Blick auf eine Tabelle in der Broschüre „Entwicklung der Schulen“, vom Kultusministerium zur Verfügung gestellt. Ihr kann ich entnehmen, dass wir im Jahr 2006 184 und im Jahr 2015 145 Förderschulen Lernen hatten. Das ist ein Rückgang um knapp 40 Schulen.

Herr Seefried, das ist kein Rückgang, der durch Verordnung von oben stattgefunden hat, sondern das ist ein Rückgang, der der Entwicklung in den Regionen entspricht. - Das ist das Erste, was es an dieser Stelle festzuhalten gilt.

Zweitens. In vielen Regionen haben wir genau das gegenteilige Problem. Wir haben nicht das Problem, dass wir Förderschulen ausschalten müssen. Wir haben vielmehr das Problem: Wie können wir Förderschulen erhalten, damit Strukturen bestehen bleiben, um die Inklusion in den Regionen zu erhalten? - Denn wenn wir diese Förderschulen schließen würden, dann hätten wir gar nichts in der Region.

Sie gucken mich so fragend an. Ich nehme ein Beispiel aus meiner Region: Wir hatten vier Förderschulen. Eine ist übrig geblieben. Dennoch haben wir natürlich ein Interesse daran, dass die Strukturen, die sich entwickelt haben, in dieser Region erhalten bleiben. Wenn diese Förderschule jetzt auslaufen würde, dann wäre da gar nichts.

(Glocke der Präsidentin)

Also: Es ist wirklich Zeit, dass wir ein Konzept auf den Tisch legen, in dem erarbeitet wird, wie die inklusive Schule zukünftig Beratung und Unterstützung erhält. Das ist genau das Konzept der RZIs. Darüber werden wir uns noch ausführlich unterhalten. Aber wenn wir mit diesem Konzept nicht auf den Markt kämen, hätten wir ein gigantisches Problem, weil wir überhaupt keine Strukturen hätten.

Herr Scholing, Sie haben jetzt ein Problem mit Ihrer Redezeit.

Insofern führt Ihre Debatte wirklich in die Irre. Niemand hat von oben verordnet, dass Förderschulen geschlossen werden, sondern das ist das Resultat

der Entscheidung, die hier im Hause 2012 getroffen worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jörg Hill- mer [CDU]: Nein!)

Vielen Dank. - Herr Kollege Seefried möchte Ihnen antworten. Bitte, Herr Seefried!

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Scholing hatte eben nicht nur ein Problem mit der Redezeit, sondern, Herr Scholing, Sie haben auch ein Problem mit der Wahrnehmung der Realität.

(Beifall bei der CDU)

Sie sagen, die Inklusion verläuft positiv, weil die Zahl der Schülerinnen und Schüler - - -

(Heinrich Scholing [GRÜNE]: Nein, das habe ich doch nicht gesagt!)

- Ja, gut.

Herr Scholing, dann haben Sie gesagt, die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die im Bereich der Förderschule Lernen unterrichtet werden, wird geringer. Das ist auch so. Aber die wird natürlich auch deshalb geringer, weil es diese Schule gesetzlich nicht mehr gibt. Diese Schule wird es fortlaufend noch weniger geben, weil Sie mit Ihren Änderungen in der letzten Schulgesetznovelle noch darüber hinausgegangen sind. Deswegen fordern wir als CDU-Fraktion seit 2014 - das ist schon ein bisschen her -, dass das rückgängig gemacht werden muss, damit wir in der Region tatsächlich eine Wahlfreiheit haben, weil es nicht überall so ist wie bei Ihnen in Uelzen oder wie auch bei mir in Stade, wo es tatsächlich keine Förderschule Lernen im Grundschulbereich mehr gibt.

Aber wir haben in Northeim gemeinsam gesessen - ich sage das, um nur ein Beispiel zu nennen; in den Regionen ist die Situation ganz unterschiedlich; dort gibt es dann andere Konzepte, die an solche Förderschulen angegliedert sind -, bei dieser Podiumsdiskussion standen die Eltern schreiend und weinend vor uns und haben gesagt: Nehmen Sie uns nicht die Fördermöglichkeiten für unser Kind weg! Lassen Sie uns diese Instrumente! - Genau das wollen wir ermöglichen. Wir wollen, dass die guten Konzepte vor Ort weiterleben können.

Ich will niemanden dazu auffordern, eine Schule wieder zwingend einzuführen. Aber das, was gut läuft, muss auch zukünftig möglich sein. Wir brauchen dafür keine Verwaltungseinheiten, sondern das kann gut über Förderschulen und Förderzentren organisiert werden - so, wie es in vielen Regionen des Landes auch gut läuft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie wollen wieder - typisch, wie SPD und Grüne sind - zentral, zentral, zentral und dann ordentlich durchregieren aus Hannover. - So kann Inklusion nicht funktionieren!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)