1. Wie viele Fälle des Wohnungseinbruches gab es in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 in den einzelnen Polizeidirektionen, und wie ist die Entwicklung prozentual im Vergleich zum Vorjahreszeitraum?
2. Wie viele Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 in den einzelnen Polizeidirektionen eingeleitet, und wie ist die Entwicklung prozentual im Vergleich zum Vorjahreszeitraum?
3. Inwieweit ist ein geändertes Anzeigeverhalten bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, etwa durch den gestiegenen Anteil angezeigter nichtdeutscher Tatverdächtiger, festzustellen?
Vielen Dank, Herr Kollege. - Die Landesregierung möchte antworten. Herr Innenminister Pistorius, bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mir ein Vergnügen, auf diese Dringliche Anfrage zu antworten. Ich möchte zu Beginn meiner Beantwortung kurz etwas zu den Umständen der Entstehung dieser Dringlichen Anfrage erwähnen, die sich ja eigentlich zunächst mit dem wichtigen Thema der Angriffe auf Flüchtlinge beschäftigen sollte. Nach Fristablauf wurde diese aber kurzerhand durch eine altbekannte Anfrage aus dem vorangegangenen Plenarsitzungsabschnitt ersetzt, damals als Mündliche Frage mit gleichlautender Fragestellung von den Abgeordneten Angelika Jahns, Thomas Adasch, Mechthild Ross-Luttmann und Editha Lorberg gestellt. Diese wurde damals selbstverständlich auch beantwortet.
Hierbei wurden durch die Landesregierung Bedenken zu einer unterjährigen Veröffentlichung der angefragten Fallzahlen mit Hinweis auf einen Beschluss der Innenministerkonferenz aus dem Jahr 2002 dargelegt. Hierauf wendeten sich die Fragesteller an mich und baten trotz der in meiner Beantwortung mitgeteilten Bedenken um eine Nennung der einzelnen Fallzahlen - ein an sich schon bemerkenswerter Vorgang, da seit nunmehr 14 Jahren - gleich, unter welcher Regierung - zwischen Regierung und Parlament Einigkeit darüber bestand, dass eine unterjährige Veröffentlichung der Zahlen nicht sinnvoll sei. Dazu später mehr.
Vor dem Hintergrund des gegenwärtig hohen öffentlichen und politischen Interesses bat ich den Landespolizeipräsidenten trotz allem darum, den Fragestellern anzubieten, die angefragten Daten den Mitgliedern des Ausschusses für Inneres und Sport im Rahmen einer vertraulichen Sitzung darzustellen. Dieses Vorgehen entspricht grundsätz
lich auch dem Verfahren bei vergangenen parlamentarischen Anfragen. Ich verweise auf die Drucksache 17/1696, Nrn. 39 und 40.
Im Übrigen wurde so u. a. bei der Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport in der 75. Plenarsitzung am 11. November 2005 vorgegangen. Damals stellte die CDU mit Uwe Schünemann den niedersächsischen Innenminister. Auf die Anfrage 39 des Abgeordneten Heiner Bartling - Drucksache 15/2310 - wurden die unterjährigen Zahlen u. a. mit dem Hinweis darauf nicht genannt, dass sich die Innenministerkonferenz im Dezember 2002 darauf verständigt hat, die Polizeiliche Kriminalstatistik nur einmal jährlich zu veröffentlichen.
Die Reaktion auf die Kontaktaufnahme des Landespolizeipräsidenten sehen Sie heute: Anstatt auf das Angebot von Herrn Binias einzugehen oder auch nur darauf zu antworten, stellte man kurzerhand die Mündliche Anfrage erneut und zog dafür eine andere Anfrage zurück. Meine Damen und Herren, vertrauensvolles Miteinander kann auch anders gehen, gerade bei einem solch sensiblen Thema!
Insbesondere wird die Arbeit der Polizei durch diese Anfragen immer wieder unangemessen infrage gestellt, ganz zu schweigen vom hohen Aufwand, der bei der Erstellung von immer neuen zweifelhaften Statistiken in den Dienststellen entsteht. Aber nun gut.
Bevor ich auf die einzelnen Zahlen eingehe, schildere ich Ihnen deren Zustandekommen - das ist nämlich wichtig - und weise auf den teils begrenzten Aussagewert hin, auch wenn sich die Zahlen sehen lassen können; so viel vorab.
Die Berichterstattung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport sowie der Polizeibehörden im Zusammenhang mit der allgemeinen Kriminalitätsentwicklung basiert grundsätzlich auf den validen Dateien der Polizeilichen Kriminalstatistik. Diese ist eine Ausgangsstatistik, d. h. eine Straftat wird erst nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen bei Abgabe an die Staatsanwaltschaft oder an das Gericht erfasst, sodass zwischen Tatzeit und PKS-Erfassung mehrere Monate liegen können. Die entsprechenden Fallzahlen werden bekanntermaßen erst am Jahresende nach einer Prüfung festgeschrieben. Bis zu diesem Zeitpunkt können die gemeldeten Fälle durch aktuelle Erkenntnisse Veränderungen erfahren.
interpretationen und nicht geeignet, die tatsächliche Kriminalitätsentwicklung darzustellen. Kurzfristige Veränderungen sind regelmäßig nicht interpretierbar, weil unklar ist, ob ihnen Besonderheiten zugrunde liegen. Erst bei Vorliegen der festgeschriebenen PKS-Jahreszahlen können konkrete Interpretationen vorgenommen, fundierte inhaltliche Aussagen getroffen und Analysen angestellt werden.
Auch vor diesem Hintergrund hat sich, wie schon erwähnt, die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder im Jahre 2002 in einem sogenannten Kamingespräch darauf verständigt, es bei einer jährlichen PKS-Veröffentlichung zu belassen. Ich will heute darauf hinweisen, dass eine zeitnahe neuerliche Befassung der IMK in diesem Zusammenhang vorgesehen ist.
Zusammenfassend ist letztlich festzustellen, dass die PKS-Daten des aktuellen Berichtsjahres 2016 vorläufige, unfertige Daten sind und nur scheinbar aktuell sind. Eine Vergleichbarkeit mit den Daten des Jahres 2015 ist nur eingeschränkt möglich und unter statistischen Gesichtspunkten problematisch.
Vor dem Hintergrund, dass seitens der CDU-Fraktion trotz der vorangestellten Bedenken auf eine Veröffentlichung der Zahlen bestanden wird, werde ich Ihnen nun die Zahlen darstellen.
Zu Frage 1: Wie viele Fälle des Wohnungseinbruches gab es in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 in den einzelnen Polizeidirektionen, und wie ist die Entwicklung prozentual im Vergleich zum Vorjahreszeitraum?
Landesweit wurden in der PKS des Jahres 2016 in den ersten neun Monaten insgesamt 13 292 Fälle des Wohnungseinbruchsdiebstahls registriert. Im Vergleich mit den Daten des Vorjahres ist das eine Zunahme um insgesamt 1,16 % bzw. um 153 Fälle.
Wie Sie sehen, ist die Entwicklung insgesamt eher unauffällig. In der Polizeidirektion Osnabrück gab es allerdings einen auffälligen Anstieg an Fallzahlen, weshalb dort auf die Zahlen besonders reagiert wurde. Seit dem Frühjahr 2016 gibt es im Bereich der Polizeiinspektion Leer/Emden eine Steigerung der Fallzahlen des Wohnungseinbruchsdiebstahls. Diese Steigerung hat auch Auswirkungen auf die Statistik der Polizeidirektion Osnabrück. Vor diesem Hintergrund wurde eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, die mit erheblichem personellen und materiellen Einsatz die Ermittlungen führt.
Zu Frage 2: Hier wurden landesweit in der Polizeilichen Kriminalstatistik für die ersten neun Monate des Jahres 2016 insgesamt 3 948 Fälle registriert. Im Vorjahresvergleich entspricht dies einer Zunahme um insgesamt 0,51 % gleich 20 Fälle
Die Fallzahlen, die keinem Zuständigkeitsbereich zugeordnet werden konnten, sind von 140 auf 75, also um 46,43 %, gesunken. Größtenteils handelt es sich hierbei um Fälle mit dem Tatmittel Internet. Es liegen somit lediglich Anhaltspunkte für den Tatort vor. Vor diesem Hintergrund werden die Fälle für Niedersachsen mit unbekanntem Tatort erfasst.
Die Steigerung der Fallzahlen im Bereich Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bei der Polizeidirektion Osnabrück resultiert u. a. aus dem Umfangsverfahren im Bereich der Kinderpornogra
fie im Internet. Hier wurden gegen Beschuldigte Ermittlungsverfahren eingeleitet, nachdem deren Daten bei einem vorherigen Beschuldigten auf dem sichergestellten Computer gefunden worden waren.
Zu Frage 3: In der Vorbemerkung weisen Sie auf einen Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 20. September 2016 mit dem Titel „Mehr Sexualstraftaten in Niedersachsen“ hin. Demnach soll laut Justizministerium die Zahl der Verfahren gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Niedersachsen im ersten Halbjahr um 17 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sein. Als mögliche Erklärung wird dabei auf ein geändertes Anzeigeverhalten verwiesen. Wie soeben dargestellt, weist die Polizeiliche Kriminalstatistik in diesem Zusammenhang eine Steigerung von lediglich 0,51 % aus. In der Gesamtbetrachtung ist vor diesem Hintergrund bislang keine Tendenz zu einem grundsätzlich geänderten Anzeigeverhalten festzustellen. Dies bedürfte insoweit einer wissenschaftlichen Untersuchung.
Vielen Dank, Herr Minister Pistorius. - Es hat sich jetzt zu einer ersten Zusatzfrage für die CDUFraktion der Kollege Ansgar-Bernhard Focke gemeldet. Bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Vor dem Hintergrund, dass der Innenminister auf das Schreiben seines Hauses an die CDU-Fraktion eingegangen ist, frage ich die Landesregierung, ob sie weiterhin daran festhält, diese unterjährigen Zahlen in vertraulicher Sitzung des Innenausschusses zu verkünden, oder ob wir jetzt generell damit rechnen können, dass dem Landtag unterjährige Zahlen zur Einbruchskriminalität zur Verfügung gestellt werden.