Protokoll der Sitzung vom 14.12.2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs läuft in Niedersachsen nicht rund. Spätestens 2022 muss bundesweit die E-Akte an allen Gerichten datensicher eingeführt sein und vor allem fehlerfrei laufen. Reibungsverluste durch Systemabstürze, nicht ausreichende Systemverfügbarkeit oder schlecht handhabbare Formulare, vor denen der Richterbund gewarnt hat, können wir uns nicht leisten.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Ministerin, kümmern Sie sich persönlich um dieses wichtige Thema, und sorgen Sie dafür, dass erkennbare Probleme überwunden werden! Die Bürger wollen sich auf die Judikative verlassen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Gewalt- und Sexualstraftätern ist ein wichtiges rechtspolitisches Thema. Wir brauchen die bestmögliche Betreuung gefährlicher Sexualstraftäter - wie auch aller anderen Straftäter -, die möglichst noch in der Haft beginnt und nach der Haftentlassung konsequent fortgeführt wird. Diese muss bedarfsdeckend und flächendeckend sein.

Wie schon im letzten Haushaltsjahr wollen wir auch in den nächsten drei Jahren jeweils 500 000 Euro für drei Modellprojekte einsetzen, und zwar für eine psychotherapeutische Fachambulanz mit Vertragsärzten beim Landgericht Hannover, eine angekoppelt an eine forensische Ambulanz beim Landgericht Göttingen und eine weitere beim Landgericht Oldenburg, nach dem Vorbild Bayerns. Die Modellprojekte sollen wissenschaftlich begleitet werden und fundiert darüber Auskunft geben, welche Angebote in Niedersachsen ausgebaut werden sollen, um das Rückfallrisiko von Straftätern weiter zu verringern. Das schafft Sicherheit, und das ist auch der beste Schutz der Bürger vor neuen Straftaten.

(Zustimmung bei der CDU)

Und das ist auch genau das, was die Bürger vom Rechtsstaat erwarten: Schutz und Sicherheit.

(Unruhe)

Einen Moment, bitte, Frau Kollegin! - Ich darf darum bitten, die Beratungen an der Regierungsbank einzustellen. - Vielen Dank.

Bitte, Frau Kollegin!

Danke, Frau Präsidentin.

Die 14 Anlaufstellen für ambulante Straffälligenhilfe im Erwachsenenbereich wollen wir finanziell besser ausstatten. Nach 2009, als CDU und FDP den Zuschuss um 300 000 Euro auf 1,3 Millionen Euro erhöht haben, wollen wir den Zuschuss jetzt um weitere 200 000 Euro anheben. Dies wird das ambulante Angebot für erwachsene Straffällige erheblich verbessern und auch zu mehr Sicherheit beitragen.

Wir wollen weiter den Verband der Schöffen mit 20 000 Euro unterstützen. Sie wissen: Der Verband der Schöffen hat für seine Arbeit und für Fortbildung erstmalig um 20 000 Euro im Haushalt gebeten. Sie von Rot-Grün haben 15 000 Euro eingesetzt. Ich denke, Sie sollten sich noch einen Ruck geben, weil die Arbeit der Schöffen so unendlich wichtig und für unseren Rechtsstaat unverzichtbar ist, und diesem berechtigen Wunsch des Verbandes folgen und den Gesamtbetrag zur Verfügung stellen. - Wir wollen das.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, bedrücken Sie nicht die hohen und immer weiter steigenden Zahlen von Einbrüchen, die uns der Innenminister nur auf Druck der CDU-Fraktion im letzten Plenum mitgeteilt hat? - Uns schon! Unser Ziel muss doch sein, Straftaten möglichst mit präventiven Mitteln zu verhindern und, wenn Straftaten geschehen sind, mehr aufzuklären und Beschuldigte zeitnah zu verurteilen. Es ist doch nicht hinnehmbar, dass bei Einbruchsdelikten einer ohnehin nur niedrigen Aufklärungsquote von 22 % eine Verurteilungsrate von lediglich 2,6 % gegenübersteht.

(Beifall bei der CDU)

Hier, Frau Ministerin, hätte ich erwartet, dass Sie nennenswerte Impulse setzen. Aber leider Fehlanzeige! Verantwortungsvolle Politik zugunsten von

Opfern ist das nicht. Wir wollen, dass Straftäter zeitnah zur Verantwortung gezogen werden. Was ist zu tun?

Gerade weil zunehmend ausländische Banden ganze Wohngebiete ausspähen, sich aber für die Einbrüche nur einige wenige Stunden in Niedersachsen aufhalten, müssen wir zum einen die Polizei stärken. Das hat meine Kollegin Angelika Jahns schon vermehrt gefordert, und Herr Kollege Adasch hat es hier im Plenum gesagt. Zum anderen müssen wir auch weiterhin - wenn wir die Polizei stärken, die für Aufklärung steht - die Staatsanwaltschaften stärken; denn die Staatsanwaltschaften sind diejenigen, die die aufgeklärten Straftaten zur Anklage bringen müssen.

(Beifall bei der CDU - Angelika Jahns [CDU]: Genau!)

Auch wegen des Auslandsbezuges wollen wir hier Schwerpunktstaatsanwaltschaften schaffen. Dafür haben wir im Haushalt zur Bekämpfung von Einbruchskriminalität zehn zusätzliche Stellen für Staatsanwälte und den mittleren Dienst und weitere 20 000 Euro für den Geschäftsstellenbedarf vorgesehen.

Meine Damen und Herren, ich komme nun zu den Baumaßnahmen, die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten betreffen.

Nachdem wir jahrelang nachdrücklich Mittel für den Justizstandort Osnabrück von Ihnen eingefordert haben, ist es Ihnen auf den letzten Metern gelungen, zumindest Planungsmittel in den Haushalt einzustellen. Diese Entscheidung war längst überfällig.

(Beifall bei der CDU - Filiz Polat [GRÜNE]: Ja, eben! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Zehn Jahre!)

Die Beschäftigten in Osnabrück warten schon lange auf dieses Signal von Ihnen. Hoffentlich ist es mehr als nur ein Signal.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Was haben Sie denn gemacht? Was sagen Sie denn als ehemalige Justizministerin?)

- Den ersten Bauabschnitt haben wir fertiggestellt. Und danach

(Helge Limburg [GRÜNE]: Danach sind Sie abgewählt worden!)

sind Sie in Regierungsverantwortung gekommen und haben diese Maßnahme nicht fortgesetzt.

(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Weil die Küche in Vechta dringlicher war! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, hoffentlich folgen den Worten der Ministerin, zügig mit dem Ausbau beginnen zu wollen, im nächsten Jahr auch Taten.

Der Zugang zum Recht ist elementares Recht eines jeden Menschen und unabdingbar für ein funktionierendes Rechtswesen. Deshalb müssen die Gerichte ohne Probleme für alle Menschen, mit und ohne Behinderung, erreichbar sein. Dies ist in Niedersachsen leider nicht bei allen Amtsgerichten gewährleistet. Knapp die Hälfte aller Amtsgerichte ist für rechtssuchende Menschen nicht barrierefrei zugänglich. Hier muss Politik handeln und mehr Investitionsmittel zur Verfügung stellen.

Wir wollen in den nächsten drei Jahren jeweils 10 Millionen Euro zusätzlich in den Haushalt einsetzen, um die Gerichte nach und nach zu sanieren und barrierefrei zu gestalten.

Ich möchte noch ein anderes Thema ansprechen: Das ist der Haushalt des Staatsgerichtshofs. Diesen Einzelplan haben wir traditionell immer im großen Einvernehmen verabschiedet. Ich hätte mir sehr gewünscht, Sie wären unserer Anregung gefolgt und hätten die Aufwandsentschädigung für die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Staatsgerichtshofes angemessen erhöht. Wir schlagen eine Erhöhung um 100 000 Euro vor.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin, mit den Stimmen von SPD und Grünen verabschieden wir gleich den vermutlich letzten Haushalt, den Sie in Ihrer Amtszeit zu verantworten haben.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Morgen erst!)

- Ich habe gesagt „gleich“. Morgen ist auch gleich.

(Jens Nacke [CDU]: Wir können uns auf „morgen“ einigen! Wir verabschie- den morgen euren letzten Haushalt! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Ihr werdet noch lange in der Opposition sitzen! - Jens Nacke [CDU]: Das nennt man Pfeifen im Walde!)

Sie haben 2013 bei der Regierungsübernahme viel versprochen und vermutlich bei dem einen oder

anderen Hoffnungen geweckt. Was ist denn daraus geworden?

Frau Ministerin, Sie haben versprochen, Richterwahlausschüsse in Niedersachsen einzuführen, um so die demokratische Legitimation der Justiz zu stärken. Richterwahlausschüsse gibt es bis heute nicht.

Sie wollten schon 2014 ein Resozialisierungsgesetz anpacken. Wo ist es?

Sie wollten die Mediation weiter vorantreiben. Wo sind Ihre Initiativen?

Sie wollten dem Landtag einen Entwurf zum Informationsfreiheitsgesetz vorlegen. Wo ist er?

Ihre Zeit wird langsam knapp. Aber Sie mussten sich ja mit wichtigeren Dingen beschäftigen und aus parteipolitischen Gründen einen verdienten Generalstaatsanwalt ohne Grund öffentlich diskreditieren und in seinem Ruf beschädigen.

(Helge Limburg [GRÜNE] lacht)

- Schade, Herr Limburg, dass Sie da lachen.

Von einer Entschuldigung war nach Einstellung des Verfahrens keine Spur.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ich lache, weil Ihre Unterstellungen nur noch zum Lachen sind! - Gegenruf von Vol- ker Meyer [CDU]: Das sind Tatsa- chen, keine Unterstellungen!)

Was bleibt? - Es bleiben zu wenig barrierefreie Gerichte, zu wenig Personal, zu viele Ausbrüche und Entweichungen und zu viele Skandale. Es bleiben Pleiten, Pech und Pannen.