Was bleibt? - Es bleiben zu wenig barrierefreie Gerichte, zu wenig Personal, zu viele Ausbrüche und Entweichungen und zu viele Skandale. Es bleiben Pleiten, Pech und Pannen.
Wo war eigentlich Ihr Einschreiten im Kabinett, Frau Ministerin, als Sie feststellen mussten, dass Ihre Kabinettskollegin Frauke Heiligenstadt gegen Ihren Amtseid verstößt, weil sie die Vollverschleierung einer Schülerin in Belm gegen das Schulgesetz und damit fortgesetzt einen Rechtsbruch duldet?
So wollen Sie Hüterin des Rechts sein? - Seit Übernahme der Regierungsverantwortung 2013 haben Sie mehr Negativschlagzeilen produziert, als Sie die Gestaltung der Rechtspflege vorange
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Ronald Schminke [SPD] - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Herr Schminke, wollen Sie sich hier wirklich zu Fragen der Justiz äußern?)
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Bevor wir fortfahren, bitte ich noch einmal um etwas Ruhe im Plenarsaal.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Justiz ist die tragende Säule unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die Justiz garantiert den Rechtsfrieden in unserer Gesellschaft. Je effektiver sie arbeiten kann, je besser sie personell und materiell aufgestellt ist, je angemessener die Dauer der Verfahren ist, desto mehr steigt die Akzeptanz in der Bevölkerung, und desto mehr kann die Justiz zu einem starken Rechtsstaat und zur Stärkung der Demokratie beitragen.
Gerade dann, wenn Populismus um sich greift, wenn er in alle gesellschaftlichen Poren eindringt, müssen wir wachsam sein und zur Kenntnis nehmen, dass vieles, was uns so vertraut und so selbstverständlich erscheint, immer wieder in Gefahr geraten kann.
Ein Blick nach Polen, in die Türkei oder die USA zeigt, wie zerbrechlich lang vertraute Strukturen sind und wie dünn der Firnis der Zivilgesellschaft ist. Darum ist es für unsere Demokratie wichtig, dass wir uns um unsere Justiz kümmern. Und mit dem vorliegenden Haushalt wird die Justiz in Niedersachsen gestärkt.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Joachim Janßen [GRÜNE] und Minister Stefan Wenzel sprechen miteinander an der Regie- rungsbank)
Einen Moment, bitte, Frau Kollegin, bevor Sie fortfahren! - Ich bitte darum, die Beratungen an der Regierungsbank, auch zur Linken, einzustellen.
Meine Damen und Herren, der Stellenzuwachs ist so hoch wie nie zuvor. Das ist gut, und das ist nötig, um die Situation der gestiegenen Belastungen in der Justiz auszugleichen. Mit diesen Stellen sollen insbesondere die Mehrbedarfe in den Serviceeinheiten von Amtsgerichten und Staatsanwaltschaften ausgeglichen werden. Etwa die Hälfte der neuen Stellen soll in diesen Bereich hineingehen.
Damit kommen wir auch der Forderung der Deutschen Justiz-Gewerkschaft und ihres Vorsitzenden Wolfgang Schmidt nach, der schon lange darauf verwiesen hat, dass hier ein großer Handlungsbedarf besteht. Durch die neuen PEBB§Y-Erhebungen - mit ihnen wird die durchschnittliche Belastungssituation der unterschiedlichen Bereiche gemessen - wird dies klar bestätigt.
Schaut man sich darüber hinaus die Personalverstärkungen in den besonderen Aufgabenbereichen an, ist deutlich erkennbar, dass unsere Justizministerin dem Ziel, PEBB§Y 1.0 zu erreichen, wieder ein Stück näher gekommen ist -
und das trotz der unterschiedlichen Herausforderungen wie den gestiegenen Fallzahlen durch mehr Flüchtlinge im Land, dem VW-Abgaskomplex und der Zuarbeit im Rahmen der großen Anzahl an Anfragen sowie des laufenden Untersuchungsausschusses, der auch die Justiz sehr stark belastet.
Meine Damen und Herren, die Justiz in Niedersachsen ist gut aufgestellt und leistet Großartiges. Das liegt vor allem an dem großen Engagement der Menschen, die in der Justiz tätig sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr viele Menschen arbeiten mit großem Engagement für unser Land in der dritten Gewalt - ob in den Ministerien, an den Gerichten, in den Staatsanwaltschaften, in der Anwaltschaft, im Justizvollzug oder in den Sozialdiensten. Dafür danke ich allen.
Ganz besonders danke ich auch all denen, die sich ehrenamtlich in der Justiz engagieren. Ehrenamtliche sind in so vielen Bereichen tätig: als Schöffen im Schiedswesen, in der Prävention, in der Opferhilfe, als Betreuer, als Bewährungshelfer oder auch in der Straffälligenhilfe.
Ihr Einsatz ist enorm wichtig. Sie bereichern die Justiz, und sie tragen zu einem gelungenen Miteinander bei. Das Ehrenamt ist ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Rechtspflege. Die Menschen spenden Zeit und Wissen.
Ich durfte gerade in der letzten Woche bei der Ehrung der ehrenamtlichen Betreuer dabei sein. Ich kann Ihnen versichern: Es war sehr beeindruckend, zu sehen, wie hoch engagiert die Menschen hier sind.
Meine Damen und Herren, jede Haushaltsberatung hat doch immer wieder ihre Besonderheiten und wirft eine Vielzahl von Fragen auf. Ich bedanke mich bei Herrn Groß und seinem Team dafür, dass sie auch dieses Mal wieder zur Verfügung standen und alle Fragen beantwortet haben.
Wie Frau Ross-Luttmann schon gesagt hat: Der Haushalt der dritten Gewalt ist ein kleiner, aber feiner Haushalt. Und er ist in den letzten Jahren sehr deutlich gewachsen. Ich will hier nicht auf alle Details eingehen, sondern einen Punkt herausgreifen, und zwar die Digitalisierung.
Die Justiz hat sich früh aufgemacht, und sie will bis 2022 den kompletten Bereich elektronisch ausgestalten und elektronisch kommunizieren. Das ist ein Mammutprojekt. Wie groß diese Aufgabe ist, zeigt sich auch im aktuellen Haushalt deutlich.
Es braucht viel Geld, um die nötige Infrastruktur zu schaffen, eine gut funktionierende Software zu entwickeln und ausreichende Schulungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Ich kann mir vorstellen, wie groß die Belastungen all derjenigen sind, die sich als Tester zur Verfügung gestellt haben, die immer wieder Rückschläge und technische Pannen erleben und es mit sehr arbeitsintensiven Programmen zu tun haben, aber dazu beitragen, dass sich die Situation Stück für Stück verbessert. Sie alle leisten eine sehr wichtige Arbeit.
Meine Damen und Herren, unsere Justizministerin hat einen guten Haushalt vorgelegt. Er ist ausgewogen und stellt sich den aktuellen Herausforderungen. Dafür meinen herzlichen Dank!
Auch Ihnen, Frau Ross-Luttmann, möchte ich eigentlich dafür danken, dass Sie das erste Mal in dieser Legislaturperiode den Justizetat nicht als Steinbruch für Wohltaten in anderen Ressorts genutzt haben. Sie haben vielmehr angefangen, etwas mehr Geld in den Justizhaushalt zu geben. Aber Sie müssten Herrn Hilbers einmal ausrichten, dass es im Justizhaushalt budgetierte Bereiche gibt. Das hat schon Herr Busemann eingeführt. Sie können nicht in die budgetierten Bereiche hineingehen und die Summen dort verschieben, um Ihre Wohltaten zu decken. So funktioniert das nicht. Aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Sie es doch noch irgendwann lernen.
Wenn Sie jetzt die gewohnte Tradition brechen und deutlich machen wollen, dass aus Ihrer Sicht vieles noch nicht erreicht ist, so kann ich Ihnen sagen: So viel wie in diesem Justizetat hat noch keine Landesregierung zur Verfügung gestellt.
So konkret auf die bestehenden Anforderungen eingegangen ist auch noch keine Landesregierung. Ich finde das, was unsere Justizministerin hier geleistet hat, wirklich aller Ehren wert. Lassen Sie uns bei der guten Tradition bleiben, die Debatte über den Justizetat als Etat der dritten Gewalt auch mit einer angemessenen Redekultur zu versehen. Ich würde es mir wünschen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussion um den Justizhaushalt findet auch in diesem Jahr eher im Schatten der gesamten
Haushaltsberatungen statt. Das liegt einerseits daran, dass er mit einem Anteil von 4 % am Gesamthaushalt eher ein kleinerer Teilhaushalt ist. Andererseits liegt es sicherlich auch daran, dass die Justiz in diesem Jahr von keinem größeren Skandal belastet gewesen ist.
Die ersten drei Jahre der rot-grünen Landesregierung waren im Bereich der Justiz von diversen Skandalen gekennzeichnet. Der Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren, die die Justiz in dieser Zeit erfahren hat, trauere ich jedenfalls nicht hinterher.
Insbesondere deswegen nicht, weil ich weiß, dass Krisenbewältigung nicht gerade zu den Stärken dieser Justizministerin zählt.
Doch auch eine fehlende Aufmerksamkeit tut der niedersächsischen Justiz nicht gut. Denn die Justiz steht vor historischen Herausforderungen. Die anstehende Digitalisierung ist sicherlich ein Umbruch, wie es ihn seit Jahrzehnten in der Justiz nicht gegeben hat. Hinzu kommt die juristische Aufarbeitung der VW-Abgasaffäre. Insoweit hätte ich mir gewünscht, dass wir nach der Diskussion über den Verlauf der Ermittlungsverfahren, die im Plenum nach meiner letzten Haushaltsrede aufgekommen ist, inzwischen weitergekommen wären. Die strafrechtliche Aufarbeitung der VWAbgasaffäre steht aber nach wie vor am Anfang, und mit dem CO2-Komplex ist ein Umstand hinzugekommen, der auch nach dem deutschen Kaufrecht abzuarbeiten ist.
Die Justiz in Braunschweig, aber auch die Mitarbeiter bei VW stehen vor riesigen Herausforderungen. Und gelitten haben bisher nur die Menschen, die infolge des Skandals ihre Arbeitsplätze bei VW verlieren werden, obwohl sie keinen Beitrag zu den Betrügereien geleistet haben.
Bis jetzt, meine Damen und Herren, sind es nur die Amerikaner und seit ein paar Tagen auch die EUKommission, die in dieser Affäre Druck machen. Es wäre ein fataler Eindruck, den unsere Bürgerinnen und Bürger von unserem Rechtsstaat gewinnen könnten, wenn am Ende lediglich die Kleinen gehängt und die Großen laufen gelassen werden. Ich kann an dieser Stelle nicht erkennen, dass die Landesregierung in diesen Fragen ein gutes Bild abgibt. Insoweit aber, meine Damen und Herren, war es zumindest ein passendes Bild, als die Justizministerin im Oktober-Plenum zu spät zu einer