Zu Frage 1: Eine aktuelle Erhebung in den zehn niedersächsischen Maßregelvollzugskliniken erbrachte, dass sich zurzeit insgesamt 165 Maßregelvollzugspatientinnen und -patienten mit ausländischer Herkunft - Stand: 31. Oktober dieses Jahres - in niedersächsischen Maßregelvollzugskliniken in Behandlung befinden.
Davon befinden sich im Maßregelvollzugszentrum Bad Rehburg 8 nach § 64 StGB, das entspricht einem Anteil von 9,64 % an den dortigen Patientinnen und Patienten.
Im AMEOS-Klinikum Hildesheim befinden sich davon 2 nach § 63 StGB - das sind 3,08 % - und 5 nach § 64 StGB, das sind 7,69 %.
In der Psychiatrischen Klinik Lüneburg befinden sich davon 3 nach § 63 StGB - das sind 2,5 % - und 4 nach § 64 StGB, das sind 3,33 %.
Im AWO-Psychiatriezentrum Königslutter befinden sich davon 6 nach § 63 StGB - das sind 6,45 % - und 2 nach § 64 StGB, das sind 2,15 %.
Im Maßregelvollzugszentrum Moringen befinden sich davon 22 nach § 63 StGB - das sind 5,5 % - und 18 nach § 64 StGB, das sind 4,5 %.
In der Summe haben wir 80 Patientinnen und Patienten nach § 63 StGB - das sind 10,6 % - und 58 nach § 64 StGB, das sind 11,31 %.
Zu Frage 2: Soweit es sich um Erkrankungen handelt, die medikamentös zu beeinflussen sind, stellt die Therapie dieser Patientinnen und Patienten keine besondere Herausforderung dar. Anders sieht es mit der „klassischen“ Psychotherapie aus.
Die forensisch-psychiatrischen Kliniken in Niedersachsen berichten, dass die meisten Patientinnen und Patienten so gut deutsch sprechen, dass sie von Anfang an den therapeutischen Prozess mit begleiten können. In seltenen Fällen müssen sie erst die deutsche Sprache erlernen, bevor eine therapeutische Behandlung beginnen kann. Hierzu werden in den Kliniken Deutschkurse angeboten.
Das Maßregelvollzugszentrum Moringen hat darüber hinaus zwei Pädagoginnen ausbilden lassen, die hier Sprachkenntnisse und kulturelle Werte unseres Landes vermitteln können.
Daneben stehen auch nicht-verbale Therapieverfahren zur Verfügung wie kreative Techniken aus dem Bereich der Ergotherapie oder aber auch aus dem Bereich der Körpertherapie, Sport bzw. Entspannungsübungen.
Regelhaft wird außerdem auf kulturelle und religiöse Besonderheiten im Kontext der Behandlung individuell eingegangen. In den Fällen, in denen
die deutsche Sprache mangelhaft beherrscht wird, greifen die Kliniken auf Dolmetscherinnen und Dolmetscher, u. a. auf den Dolmetscherdienst des Ethno-medizinischen Zentrums Hannover, zurück. Hierbei konnten sie sehr gute Erfahrungen sammeln.
Zu Frage 3: Derzeit ist nur ein Patient in der Anstalt Moringen bekannt. Dieser Patient ist nach § 126 a StPO untergebracht, also noch im Status eines Untersuchungshäftlings. Unter den Patientinnen und Patienten nach § 126 a StPO gibt es 27 mit ausländischer Herkunft. In den anderen Kliniken sind derzeit keine Patientinnen und Patienten untergebracht, bei deren Straftaten ein salafistischer bzw. islamistischer Hintergrund festgestellt wurde. Die Kliniken sind aufgerufen, das Fachministerium unverzüglich zu informieren, sollten hier Patientinnen oder Patienten eingewiesen werden, die einen salafistischen oder islamistischen Hintergrund haben.
Gemeinsam mit dem Justizministerium wird derzeit geprüft, ob und inwieweit bereits erarbeitete Sicherheitskonzepte aus dem Strafvollzug auf den Maßregelvollzug übertragen werden können.
Sozial- und Justizministerium führen einen engen Erfahrungsaustausch zwischen Maßregelvollzug und Strafvollzug durch. Im November 2016 hat ein erstes gemeinsames Treffen zwischen Sozial- und Justizministerium und zwischen den Vollzugsleitungen aus den Justizvollzugsanstalten und Maßregelvollzugseinrichtungen stattgefunden. Dieser fachliche Austausch wird in 2017 fortgesetzt und durch neue regionale Qualitätszirkel begleitet. Das schließt auch die Diskussion über Sicherheitsfragen einschließlich des Themas Radikalisierung ein.
Sie wissen, dass jetzt alle Abgeordneten bis zu zwei Zusatzfragen stellen können. Die übrigen Bestimmungen der Geschäftsordnung dazu kennen Sie.
Herr Präsident! Die im Zusammenhang mit der Untersuchung des im sächsischen Justizvollzug begangenen Selbstmordes des Terrorverdächtigen Jaber al-Bakr eingesetzte Kommission hat vor etwa einer Woche eine länderübergreifende Kooperation beim Einsatz von Fachpersonal gefordert. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob solche Einrichtungen - Sie haben sie eben im Maßregelvollzug für Ihren Bereich verneint - nicht doch erforderlich sind, wenn sie gerade auch im Justizvollzug gefordert werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich muss noch einmal darlegen, dass es einen wirklich tiefgreifenden Unterschied zwischen dem Vollzug im Justizbereich und dem Maßregelvollzug gibt. Im Maßregelvollzug handelt es sich um Krankenhäuser, in denen es darum geht, Patientinnen und Patienten zu behandeln. Ich hatte eben dargelegt, dass es Sinn macht - gerade im Hinblick darauf, dass diese Patientinnen und Patienten resozialisiert werden müssen -, sie bereits im Rahmen des Maßregelvollzugs bei der Integration voranzubringen. Insofern glaube ich nicht, dass es Sinn macht, hier solche zentralisierten Bereiche zu haben.
Der Unterschied liegt natürlich auch darin, dass wir eine sehr engmaschige therapeutische Begleitung im Maßregelvollzug haben, die eben auch dazu führt, dass besondere Probleme sehr schnell erkannt werden und dass wirklich eine individuelle Behandlung möglich ist.
Insofern meine ich, dass man den Strafvollzug nicht mit dem Maßregelvollzug vergleichen kann. Ich glaube, man kann auch nicht die entsprechenden Umgangsweisen in den neuen Bundesländern vergleichen mit der hiesigen - einfach langjährigen - Übung, auch mit ausländischen Patientinnen und Patienten umzugehen, wie sie bei uns im Maßregelvollzug eigentlich seit Jahrzehnten üblich ist.
Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welche Unterschiede gibt es in Niedersachsen bei der Verhängung von Maßregeln nach § 63 und § 64 StGB und deren Umsetzung zwischen ausländischen und einheimischen Straftätern?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wüsste nicht, dass es dort Unterschiede gibt. Denn erstens glaube ich, dass vor dem Recht alle Menschen gleich sind.
Darüber hinaus glaube ich, dass es gerade im Bereich des Maßregelvollzugs unterschiedliche therapeutische Angebote geben muss, die an die individuelle Situation angepasst sind. Das ist aber unabhängig von der Frage des Migrationshintergrunds, sondern richtet sich jeweils nach der individuellen Situation der Betroffenen.
Insofern gehe ich davon aus, dass wir hier keine erkennbaren oder großen Unterschiede haben, sondern dass es um die Menschen insgesamt geht.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Fin- den Sie nicht, Sie machen es sich et- was leicht?)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gibt es bei ausländischen Straftätern Auffälligkeiten beim sogenannten 64er-Tourismus, also der Situation, dass drogen- oder alkoholabhängige Straftäter, die sich als therapieunwillig erwiesen haben, dann nicht in den Justizvollzug eingewiesen, sondern einfach einer anderen Einrichtung zugewiesen werden?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist im Maßregelvollzug durchaus üblich, dass dann, wenn in einer bestimmten Einrichtung ein therapeutischer Erfolg nicht erzielt werden konnte, es noch einen Versuch in einer anderen Einrichtung gibt. Das ist aber völlig unabhängig von der Frage des Migrationshintergrunds.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, sind Sie nach den Erfahrungen im Maßregelvollzug der Meinung, dass zwischen § 63 und § 64, also zwischen Persönlichkeitsgestörten mit Suchtproblematik und Suchtkranken mit Persönlichkeitsstörungen, überhaupt noch unterschieden werden sollte?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für dringend geboten, dass unterschieden wird. Zum einen ist die Rechtsgrundlage völlig unterschiedlich. Wir haben z. B. unterschiedliche Verweildauern in diesem Bereich. Es ist auch, glaube ich, mehr als logisch, dass das therapeutische Angebot sehr unterschiedlich sein muss. Man kann im Bereich der Psychiatrie eine Schizophrenie nicht genauso behandeln wie eine Suchterkrankung. Insofern, glaube ich, verbietet es sich überhaupt, nicht zu unterscheiden.