Protokoll der Sitzung vom 01.02.2017

Ich möchte Ihnen diese Änderungen der NBauO gern ans Herz legen, weil ich glaube, dass wir auf den sehr unterschiedlichen Gebieten, vor allen Dingen in den Bereichen der Barrierefreiheit, der Landwirtschaft - wie wir an den Hühnerställen sehen können -, der ökologischen Landwirtschaft, aber auch des Klimawandels, Erhebliches tun können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Max Matthiesen [CDU]: Drei Jahre hat es gedauert!)

Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Einbringung. - Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort Herr Kollege Dr. Matthiesen. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Die Novelle der Niedersächsischen Bauordnung ist nur auf den ersten Blick ein technisches und trockenes Thema. Sie gibt Gelegenheit, Punkte von erheblicher wirtschafts- und sozialpolitischer Bedeutung aufzugreifen, wie die Baukosten im Wirtschafts- und Wohnungsbau - davon hat Frau Ministerin gerade nichts gesagt -, den Klimaschutz, das barrierefreie Bauen und die Einführung von Bearbeitungsfristen im Baugenehmigungsverfahren. Die Beratungen im Sozialausschuss werden eine Menge zu klären haben.

Die Novellierung der NBauO könnte einen wichtigen Beitrag liefern, die „Baubremse Baukosten“ zu lösen. Der vorliegende Gesetzentwurf wird diesem Anspruch nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU)

Das gilt zunächst für die Einführung von Bearbeitungsfristen im Baugenehmigungsverfahren, die andere Bundesländer schon längst haben. So gilt in Baden-Württemberg - schwarz-grün! - die Frist von einem Monat im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren - sonst zwei Monate -, sobald alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Unterlagen vorliegen. Ähnlich ist es in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen und anderen Bundesländern. Die CDU-Landtagsfraktion fordert, dass Baugenehmigungsfristen in die NBauO-Novelle aufgenommen werden.

(Beifall bei der CDU)

Es ist zwar positiv, dass die vorliegende Novelle nun die Typengenehmigung einführt als allgemeine Genehmigung für bauliche Anlagen an mehreren Stellen. Aber die Baukostensenkungskommission des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen von Bund und Ländern zeigt in ihrem Endbericht vom November 2015 noch viel mehr Möglichkeiten der Baukostensenkung auf, derer sich die vorliegende NBauO-Novelle nicht annimmt.

Ich nenne nur die Regelung der rechtssicheren Vereinbarung gesetzlicher Mindeststandards gegenüber höheren marktbedingten Standards, die dann später von der Rechtsprechung als Stand der Technik anerkannt werden, was dann zu zusätzlichen Kosten führt.

Ich nenne auch die Definition von Qualitätsstandards beim Bauen zur Vereinfachung und Rationalisierung, ohne eine Zweiklassengesellschaft entstehen zu lassen.

Hier verweise ich auf das Vorbild der Niederlande. Dort gibt es Kostenersparnisse gegenüber Deutschland durch geringere Vorschriften und Normenanforderungen, wie z. B. bezogen auf Kellergeschosse, Installationsgeschosse, raumhohe Türen, offene Leitungsverlegungen in Küchen und Bädern, kein schwimmender Estrich. Daraus lässt sich lernen. Die NBauO-Novelle geht darauf nicht ein.

Außerdem ganz wichtig:

Die Baukostensenkungskommission schlägt vor, für die Ermittlung des kostenoptimalen Niveaus energetischer Anforderungen eine realitätsnähere Berechnungsmethode und neue Kennzahlen zu entwickeln. Die Frage ist, ob das nicht in die technischen Baubestimmungen aufgenommen werden könnte.

Für den sozialen Wohnungsbau schlägt die Baukostensenkungskommission die Festlegung von Mindestnormen in allen Regelungsbereichen als technisch, sozial- und wirtschaftspolitisch gewollter und garantierter Standard vor.

Ein ganz großes Thema ist schließlich die Lockerung der Stellplatzanforderungen. In Bezug auf Hannover z. B. - der Herr Ministerpräsident ist nicht da - beißt der Verband der Wohnungswirtschaft Niedersachsen bei der Landesregierung auf Granit. Da soll nichts passieren. Demgegenüber schlägt die Baukostensenkungskommission vor, in Innenstädten und Ballungsräumen Stellplätze durch andere Mobilitätskonzepte zu ersetzen. Kein Wort davon in der NBauO-Novelle!

Auch in der Nachverdichtung liegen noch Möglichkeiten. Von daher ist der von der Landesregierung abgelehnte Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens noch einmal zu überdenken, dass die Festsetzungen geringerer Abstände eines Bebauungsplanes Vorrang vor den Grenzabstandsregelungen der NBauO haben sollen.

Ein enormer Kostenfaktor sind immer wieder die geforderten Brandschutzmaßnahmen. Die meisten von uns sind kommunalpolitisch tätig und wissen, was das heißt. Das kann so nicht weitergehen. Hier gibt uns die Baukostensenkungskommission auch Anstöße, etwa beim zweiten Rettungsweg und den innenliegenden Sicherheitstreppenräumen.

Damit setzt sich die NBauO-Novelle aber genauso wenig auseinander wie mit der kritischen Überprüfung der Mindestanforderungen an den Schallschutz.

Interessant ist auch, dass die Baukostensenkungskommission ebenso wie die Architektenkammer Niedersachsen vorschlägt, nicht mehr den Einbau von einem eigenen Wasserzähler je Wohnung vorzuschreiben, wie es zurzeit in der NBauO geregelt ist.

Das Thema Klimaschutz hat Frau Ministerin besonders hervorgehoben. Die Novelle ergänzt § 3 um die Vorschrift - ich sage es Ihnen noch einmal -, dass zum Schutz des Klimas Möglichkeiten zum sparsamen Umgang mit Boden, Wasser und Energie sowie zur Gewinnung erneuerbarer Energien zu berücksichtigen sind. Die meisten Verbände kritisieren dies insbesondere wegen des damit verbundenen Anstiegs von Baukosten. Demgegenüber zieht sich die Landesregierung auf die Behauptung zurück, sie wolle mit dieser Vorschrift nur den Klimaschutz als politisches Ziel stärken.

Das ist aber nur eine vordergründige Beruhigungspille. Der Klimaschutz braucht nicht als politisches Programm in die NBauO hineingeschrieben zu werden. In Wirklichkeit eröffnet dieser Gesetzesbefehl „sind zu berücksichtigen“ das Tor für Verschärfungen nicht zuletzt durch die Rechtsprechung, die nicht vorher genau geregelt sind. Das geht nicht mit Blick auf die zu berücksichtigenden Baukosten.

Ein ganz zentraler Bereich ist das Barrierefrauen - - - Entschuldigung, das barrierefreie Bauen!

(Heiterkeit)

- Ich bin verwirrt über diese ganzen Diskussionen, die es heutzutage so gibt. Es tut mir leid, aber es ist ja kein trockenes Thema, nicht? - Danke fürs Zuhören!

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie wollten nur gucken, ob wir alle noch aufmerk- sam sind!)

- Genau, lieber Herr Limburg. Aber jetzt wird es wieder ernst.

Beim barrierefreien Bauen sorgt die Landesregierung für große Enttäuschung. Das ist wirklich so, Frau Ministerin. Letzte Woche, am 25. Januar, hat die Landesregierung ihren sogenannten Landesaktionsplan „Inklusion“ präsentiert. Und jetzt wird es technisch. Dort steht unter Ziffer 6.2: „Die DIN 18040-2 (Wohnen) wird im Landesrecht verbindlich.“ Und die Landesregierung gibt als Ziel aus: „Die bauliche Barrierefreiheit bei Neubauten wird gewährleistet.“

Die einen Tag vorher vorgelegte NBauO-Novelle setzt das aber überhaupt nicht um und berücksichtigt keinen einzigen Vorschlag von Landesblindenverband, Deutschem Schwerhörigenbund und Sozialverband Deutschland.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Dies zeigt erneut die Unverbindlichkeit des sogenannten Landesaktionsplanes „Inklusion“ der Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Dagegen sollte auch auf der Linie der Baukostensenkungskommission das barrierefreie Bauen vorangebracht werden. Für bauliche Lösungen, die Barrieren beseitigen oder verringern, sollten abgestufte Mindeststandards, z. B. auf Basis einer genauen Zielgruppen- und Bedarfsanalyse festgelegt werden, um insbesondere in der Anpassung der Wohnungsbestände tragfähige Lösungen zu ermöglichen, die auch noch wirtschaftlich sind.

Zum Schluss möchte ich allerdings auch etwas Lob für die vorliegende Novelle aussprechen. Sie haben es zum Teil erwähnt. Das gilt etwa für die klare und gute Regelung der Bauvorlageberechtigung für Innenarchitekten. Sie sind zukünftig für die mit der Berufsaufgabe verbundenen allgemeinen baulichen Veränderungen von Gebäuden bauvorlageberechtigt. Mein Kollege Clemens Lammerskitten und ich bedanken uns bei Frau Ministerin Rundt, dass sie insofern unseren eingehenden Darlegungen gefolgt ist.

Ebenfalls Dank sagen möchte ich für meine Fraktion für die Einführung der Genehmigungsfreiheit für kleine und mittlere Hühnermobile. Dafür hatten sich meine Kollegen Martin Bäumer und Frank Oesterhelweg Jahr für Jahr in mehreren Anfragen eingesetzt.

Ich freue mich nun auf die hoffentlich spannenden Beratungen im Sozialausschuss.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Brunotte. Bitte!

(Unruhe)

- Ich darf noch einmal um etwas Ruhe bitten! - Vielen Dank.

Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In jeder Legislaturperiode gibt es mindestens eine große Novelle zur Bauordnung. Während wir in der letzten Legislaturperiode im Jahr 2012 u. a. das wichtige Thema Rauchwarnmelder in die Niedersächsische Bauordnung aufgenommen haben, wofür wir nicht nur bei den Feuerwehren, sondern auch bei vielen anderen massive Unterstützung erfahren haben, gab es in dieser Legislaturperiode bislang erst eine kleine Novelle, die vor allem von den Standards für die Unterbringung von Geflüchteten geprägt war.

Jetzt liegt eine neue Novelle der Niedersächsischen Bauordnung vor. Sie ist an mehreren Stellen von erforderlichen Anpassungen an EU- und Bundesrecht geprägt. Wir versuchen aber auch, eine Harmonisierung mit der Musterbauordnung vorzunehmen, um die 16 Bauordnungen der Länder einigermaßen zu vereinheitlichen. Schließlich - ich glaube, das ist Anspruch vor allem der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen - ist das Thema Inklusion stärker in der Bauordnung verankert worden.

Der Gedanke der Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist bindend und somit auch Gegenstand der Novelle der Bauordnung. Wir glauben, dass die Erweiterung um barrierefreie bauliche Anlagen ein richtiges Signal setzt; denn über Inklusion wird nicht nur im Zusammenhang mit dem Schulgesetz diskutiert,

sondern dieses Thema hat auch etwas mit Bauen zu tun. Vor allem bin ich dem Herrn Ministerpräsidenten für seine klaren Worte beim Parlamentarischen Abend der Architektenkammer dankbar, bei dem er sich für die Aufnahme der Inklusion in die Bauordnung sehr stark gemacht hat, auch wenn es - das wissen wir - ein Querling gegenüber dem ist, was der Kollege Matthiesen gesagt hat, dass nämlich Inklusion auch Baukosten verursacht. Es ist aber wichtig, dass wir hier als Gesetzgeber dokumentieren, dass Inklusion ein Recht ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Der zweite Bereich, der in die Bauordnung aufgenommen wird, kommt aus Europa und hat unmittelbar mit Niedersachsen zu tun. Die Seveso-IIIRichtlinie - Umsetzung von EU-Recht - regelt den Abstand von mit gefährlichen Stoffen arbeitenden Betrieben zu schutzwürdigen Nutzungen. Der Vorfall in Ritterhude hat sehr deutlich gezeigt, dass die Notwendigkeit besteht, diesen Bereich in der Bauordnung mit zu regeln. Von daher glauben wir, dass die Umsetzung dieser Richtlinie in der Niedersächsischen Bauordnung genau richtig ist und eine Akzentuierung mit den Erfahrungen aus Ritterhude erforderlich macht.

Die die Regierung tragenden Fraktionen haben den sparsamen Umgang mit Boden, Wasser und Energie in ihren Koalitionsvertrag als eine der Herausforderungen für die Novelle der Bauordnung aufgenommen. Wenn wir berücksichtigen, dass in Niedersachsen täglich 9 ha Land neu verbaut werden, dann ist das, glaube ich, schon etwas, was auch Thema der Bauordnung sein muss: Wie gehen wir mit der Ressource Land um? Wie gehen wir auch mit dem Thema Verdichtung um? Wie schaffen wir es, Klimaschutzziele auch im Bereich der Nutzung erneuerbarer Energien - vor allem Solar und Wind - über die Bauordnung darzustellen?

Dazu gehört auch - ich weiß, dass dazu eine Diskussion mit der Wohnungswirtschaft stattfindet - der Einbau von Wasserzählern in die einzelnen Wohneinheiten, damit der Verbrauch direkt nachvollziehbar und sichtbar wird und jeder Einzelne weiß, dass das Aufdrehen des Wasserhahns nur bei ihm etwas verursacht und nicht eine Umrechnung über die Umlage nach Köpfen stattfindet.