Protokoll der Sitzung vom 21.06.2013

Wir haben, wie gesagt, die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im April zum Anlass genommen, einen eigenen Entschließungsantrag einzubringen. Herr Ministerpräsident, Sie haben mit dieser Einigung in Berlin - das darf man nicht vergessen - ein zentrales Wahlversprechen gebrochen, indem nämlich Gorleben in der Betrachtung bleibt. Sie haben in dieser Erklärung auch das Standortauswahlgesetz in seinen Grundzügen begrüßt und sich dafür feiern lassen, dass es so gekommen ist.

(Johanne Modder [SPD]: Wir sind schon ein bisschen weiter!)

Genau das haben wir eben aufgegriffen, um Sie hier unterstützen, um die Basis zu schaffen für ein gemeinsames, starkes Signal aus Niedersachsen in diesem für unser Land so wichtigen Prozess. Und Sie verweigern sich diesem Beschluss!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dieses Angebot der Opposition - Sie fordern sonst immer Angebote der Opposition ein; Sie legen sonst immer so viel Wert auf die gemeinsame Basis, die wir in dieser wichtigen Frage wirklich hätten herstellen können - ist dann im Ausschuss durch einen doch sehr politisch formulierten Entschließungsantrag der Ausschussmehrheit ersetzt worden, in dem, wie Sie genau wissen, Punkte enthalten waren, die für CDU und FDP überhaupt nicht akzeptabel sein können. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben dieses Angebot durch Ihren eigenen Ersetzungsantrag ausgeschlagen.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei der SPDFraktion und bei Frau Modder, dass sie wieder auf uns zugekommen ist und am vergangenen Wochenende einen Entschließungstext vorgelegt hat, in dem sich viele Gemeinsamkeiten finden, auf dessen Grundlage wir gemeinsam vorgehen könnten, dem wir in wesentlichen Punkten zustimmen könnten. Zu 90 % des Textes habe ich beim ersten Lesen gesagt: Das kann man so machen.

Seit drei Tagen haben wir in diesem Hause am Rande der Plenarsitzungen darüber diskutiert, ob es gelingen kann, auf dieser Basis eine Einigung zu erzielen. Es sind immer zwei Punkte gewesen, die wir diskutiert haben.

Erstens erwarten wir, dass das, was der Ministerpräsident hier abgefeiert hat, auch tatsächlich begrüßt wird. Wir erwarten also ein Bekenntnis zu dem Standortauswahlgesetz in seinen Grundzügen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zweitens war für uns - die wir im Kontakt mit unseren Kollegen in Berlin stehen - ganz wesentlich, dass Niedersachsen in der Diskussion über das Bundesamt für kerntechnische Entsorgung nicht unnötigerweise die eine oder die andere Position bezieht. Deshalb haben wir gesagt: Lasst uns doch diesen Satz heraushalten! Wir sollten hier keinen Anlass schaffen, zu keinem gemeinsamen Beschluss zu kommen.

Wir haben im Ergebnis auf diesen letzten Punkt - auf den Wunsch zur Streichung dieses Satzes - verzichtet und sind damit wieder einen entschei

denden Schritt auf Rot-Grün zugegangen. Trotzdem wird verhindert und verweigert, dass wir hier zu einer gemeinsamen Entschließung kommen können.

Lassen Sie mich noch einmal etwas zu diesen acht Worten sagen! Da steht nichts anderes, als dass der Niedersächsische Landtag das Gesetz in seinen Grundzügen begrüßt.

(Johanne Modder [SPD]: In seinen Grundzügen!)

- Ja, was sind die Grundzüge? Frau Modder, da empfehle ich Ihnen die Lektüre der Rede des Ministerpräsidenten vom April, in der er genau dargelegt hat, was die Grundzüge sind.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will das gerne zitieren:

„Was ist der Kern dieser Übereinkunft? - … Der Gesetzgeber wird darauf verzichten, Entscheidungen zu treffen, ohne zuvor eine breite gesellschaftliche Diskussion möglich zu machen. … Stattdessen wird … eine … Bund-Länder-Kommission eingerichtet“.

Das setzt sich im Weiteren fort:

„Erstens: Der Gesetzentwurf legt einen Erkundungsstopp gesetzlich fest.

Zweitens: Die Einrichtung eines Salzlabors in Gorleben wird ausgeschlossen.

Drittens - und vor allem, meine sehr verehrten Damen und Herren -: Es wird keine weiteren Castortransporte nach Gorleben geben.“

Meine Damen und Herren, das war der wesentliche Punkt der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten.

Der Gesetzentwurf, der dann von den Koalitionsfraktionen mit SPD- und Grünen-Unterstützung in Berlin eingebracht wurde, ist doch der Ausfluss genau dieser Einigung, die Sie hier gelobt haben. Nichts anderes stellen wir hier heute zur Abstimmung: dass dieser Landtag genau diese Positionierung begrüßt.

Da frage ich mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, warum sich die Regierungsfraktionen nicht in der Lage sehen, ihrem Ministerpräsidenten hier noch einmal ein deutliches Signal mitzugeben, auch für Verhandlungen in Berlin, auch für die Positionierung, die da stattfindet.

Ich frage mich, warum sie nicht sagen: Jawohl, wir unterstützen den Ministerpräsidenten in dem, was er gesagt hat, und wir geben gemeinsam das starke Signal aus Niedersachsen.

Dass Sie es am Ende von diesem Punkt abhängig machen, zeigt mir, dass Sie an einer Einigung und an einem Signal aus Niedersachsen nicht interessiert sind.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Als Nächster hat im Rahmen der Aussprache der Kollege Bäumer von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das könnte heute ein historischer Tag werden.

(Zuruf von der CDU: Könnte!)

Wenn Einzelne hier im Saal in der Lage wären, über ihren ideologischen Schatten zu springen, dann könnte es gelingen, dass dieser Landtag heute ein starkes Signal nach Berlin sendet.

Aber ob das heute ein historischer Tag wird, das hängt von der linken Seite dieses Hauses ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Eben nicht!)

Bei der Asse haben wir das geschafft. Geprägt von dem Willen, in dieser für das Land Niedersachsen wichtigen Sache Übereinstimmung zu erzielen, haben wir hier im Juli 2012 im Landtag einstimmig eine Grundposition zur Asse und ihrer Zukunft beschlossen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das müsste doch auch bei der Endlagerung möglich sein!

Jahrzehntelang war unser aller Denken und Handeln von einer Uneinigkeit in dieser Frage geprägt. Doch inzwischen gibt es eine neue Generation von Politikern, die nicht mehr die Grabenkämpfe der Vergangenheit führen will. Diese Generation ist davon überzeugt, dass es keinen Sinn macht, vor Verantwortung wegzulaufen,

(Johanne Modder [SPD]: Das sagen gerade Sie!)

sondern dass es Sinn macht, die Frage der Endlagerung hoch radioaktiven Mülls zu lösen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich bin allen sehr dankbar, die partei- und fraktionsübergreifend an dieser Frage mitgearbeitet haben. Das gilt ganz besonders für David McAllister.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD)

Unserem früheren Ministerpräsidenten David McAllister ist es nicht vergönnt, das zu ernten, was er gemeinsam mit Winfried Kretschmann ausgesät hat.

(Johanne Modder [SPD]: Das wäre al- les nach Gorleben gegangen! Alles!)

Aber wenn wir heute über diese Frage diskutieren und wenn Bundestag und Bundesrat in wenigen Tagen das Standortauswahlgesetz beschließen werden, dann geht das auch auf unseren früheren Ministerpräsidenten David McAllister zurück.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das, was jetzt vorliegt, hat eine sehr bewegte Geschichte.

Mein Kollege Dr. Birkner hat es vorhin gesagt. Ausgehend von einem FDP-Antrag, den wir hier im Mai 2013 emotional diskutiert haben, wurde uns im Umweltausschuss von rot-grüner Seite ein Änderungsvorschlag als Tischvorlage präsentiert, der von grünen Kampfbegriffen nur so strotzte. Diesem Vorschlag - da verrate ich kein Geheimnis - konnten wir und wohl auch die Mehrheit der Mitglieder von Rot-Grün nicht zustimmen. Ansonsten wären Sie nicht mit einem weiteren Änderungsvorschlag auf uns zugekommen, der dann ganz eindeutig die Handschrift des Ministerpräsidenten getragen hat.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Die Ent- wicklung ist eben weitergegangen!)

Über diesen Antrag haben wir - auch davon war vorhin die Rede - in den vergangenen drei Tagen sehr intensiv verhandelt. Auch wenn Minister Wenzel bei diesen Verhandlungen stets freundschaftlich signalisiert hat, man könnte sich einigen, hat er sich in der Kernfrage leider überhaupt nicht bewegt. Statt mit uns weiter zu verhandeln, wie das mündlich zugesagt worden war, hat man gestern Morgen die Drucksache 17/333 durch die Saaldiener verteilen lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so sieht rot-grüne Dialogbereitschaft aus.