Protokoll der Sitzung vom 01.03.2017

Ich möchte gern noch einmal auf die Rechnung von Herrn Grupe zurückkommen. Die Zahlen, die Sie gerade genannt haben, beziehen sich auf das Gesamtmessnetz in Niedersachsen über alle Stockwerke. Da sind 16 % auch schon eine ganze Menge. Das Messnetz, das hier angewendet wird - Frau Geuter hat das gerade ausgeführt -, bezieht sich auf das oberflächennahe Grundwasser. 48 % der Grundwasserkörper in Niedersachsen weisen überhöhte Werte auf.

(Zuruf)

- Nur in Teilen, natürlich. Aber dann wird der ganze Grundwasserkörper so eingestuft. Diese Grundwasserkörper machen in der Summe 60 % der Landfläche von Niedersachsen aus. So ist das nun einmal. Man mag das vielleicht nicht hören. Aber das sind die hinterlegten Definitionen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Grupe, Ihr Ansatz zum Düngerecht, z. B. zum N-Überschuss von 60 kg den Sie in Ihrem Antrag gefordert haben, geht nicht weit genug. Das Verhandlungsergebnis auf Bund-Länder-Ebene sieht jetzt 50 kg N/ha vor. Ehrlicherweise glaube ich, dass auch das auf Dauer nicht ausreichen wird, um das Grundwasser und das Oberflächenwasser nachhaltig zu schützen. Wahrscheinlich werden wir an dieser Stelle in einigen Jahren nachbessern müssen.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Um Glauben geht es hier nicht!)

- Naja, wenn Sie den Glauben haben, dass es ausreicht, dann wollen wir einmal schauen. Ich warte auf die Reaktionen der EU-Kommission, wie

sie zu den 50 kg/ha steht. Das ist eine spannende Frage.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der FDP, Sie argumentieren mit den Kosten. Gestalten wir die Rechnung doch ruhig einmal etwas realistischer und beziehen die Kosten für die Wassergewinnung von bis zu 60 % Steigerung und mögliche Strafzahlungen der EU in Höhe von bis zu 3 Milliarden Euro wegen Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie mit ein. Dann sieht die Kostenrechnung anders aus. Herr Grupe, ehrlicherweise sollten Sie das Ihren Wählerinnen und Wählern nicht verschweigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe die Verhandlungsergebnisse zwischen Bund und Ländern als einen guten Schritt in die richtige Richtung. Dank des hartnäckigen Verhandelns unseres Landwirtschaftsministers ist es gelungen, im Düngegesetz endlich die Ermächtigung zu erhalten, Tierbestandsdaten und Daten zur Flächenausstattung eines Betriebes zusammenführen zu können.

(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Jetzt ist ein automatisierter Datenabgleich möglich. Wenn man weiß, wie viele Tiere gehalten werden, kennt man auch die anfallende Düngemenge und weiß, wie viel Fläche gebraucht wird, um diese sachgerecht unterzubringen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Welche par- lamentarische Mehrheit hat den Weg geebnet?)

Anhand der tatsächlichen Flächenausstattung können auch Sie nachrechnen und kann automatisiert erkannt werden, ob das zueinander passt. Die Düngebehörde wird also endlich in die Lage versetzt, gezielt die Betriebe zu kontrollieren, in denen es augenscheinlich nicht passt. Sie muss nicht mehr im Blindflug Stichproben nehmen.

Die Schlupflöcher werden geschlossen. Endlich werden auch Gärreste in die Düngeregelung mit einbezogen und auf die Höchstmengen angerechnet. Es wird eine Hoftorbilanz eingeführt. Für große Betriebe und flächenarme Betriebe erfolgt dies bereits ab 2018. Das Land erhält die Möglichkeit, in Belastungsgebieten zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen.

Das alles sind wesentliche Schritte, um die Überdüngung in den Griff zu bekommen. Für Weidehalter wurde unter Federführung von Niedersachsen erreicht, dass - anders vom Bund vorgesehen - der Kuhfladen nicht höher angerechnet wird als bisher. Das hätte die Weidehalter arg in Bedrängnis gebracht.

Wir denken, es ist insgesamt ein gelungener Kompromiss. Deshalb wollen wir, dass unsere Landesregierung diesem Kompromiss nun natürlich auch zustimmt. Allerdings erwarten wir auch, dass die jetzt gefundenen Regelungen weiterhin kontinuierlich überprüft werden und dass dann gegebenenfalls düngerechtlich nachgesteuert wird.

Herr Deneke-Jöhrens, das allein wird für die Oberflächengewässer wahrscheinlich nicht ausreichen. Ein Beispiel: Vor rund drei Wochen war durchaus noch Frost im Boden. In weiten Teilen des Landes Niedersachsen wurde dennoch Gülle ausgebracht. Wenn dann in der Nähe eines Gewässers gedüngt wird, können Sie davon ausgehen, dass ein Abfluss in die Oberflächengewässer stattfindet.

Genau das wollen wir mit einem Fünf-MeterStreifen verhindern. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es Ausnahmemöglichkeiten für die unteren Wasserbehörden nach § 38 des Wasserhaushaltsgesetzes gibt. Davon können die unteren Wasserbehörden in den Sondergebieten „Marsch“ und „Moor“ Gebrauch machen. Wir sind mit diesem Gesetz auf einem guten Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Janßen. - Es gibt auf Ihren Redebeitrag hin eine Kurzintervention des Kollegen Grupe. Bitte, Herr Grupe!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Janßen, immerhin haben Sie damit, dass Sie hier 38 % zugestanden haben, die Angabe des Ministers „50 %“ Meyer abgeräumt. Das ist ja schon einmal ein Fortschritt.

Gleichwohl sind Ihre 38 % falsch. Dabei geht es nicht um Stockwerke und irgendwelche Höhen. Ich kann Ihnen auch das Originalzitat des NLWKN vorlesen: Für den Parameter Nitrat werden 1 354 Messstellen ausgewertet. Bei 16 % der Messstellen wurden Belastungen über dem Grenzwert von 50 mg Nitrat nachgewiesen. Es sind hauptsächlich

bestimmte Gebiete, heißt es hier weiter, und, und, und.

Da wird unterschieden: Auf Geestböden ist das eher möglich als auf Lehmböden. - Das hätte ich auch so gewusst. Das hat der NLWKN nun aber noch einmal aufgeschrieben. Darum geht es. Die Angabe „38 %“ bezieht sich auf ein Belastungsmessnetz, auf ein völlig unrepräsentatives Messnetz.

Um mit einem Missverständnis aufzuräumen, Herr Kollege Janßen: Ich will keine Strafzahlungen der EU riskieren. Ich will auch nicht weniger sauberes Grundwasser haben. Ich will nach Möglichkeit mehr erreichen. Ich will aber unnötige Belastungen, die nur pauschal über alles gelegt werden und in manchen Regionen überhaupt nichts bringen, vermeiden.

(Zustimmung bei der FDP)

Auf unseren schwereren Böden ist der Stickstoff notwendig zur Humusbildung. Bei einem Sandboden muss man das ganz anders beurteilen. Wenn man das so genau regelt, wie es derzeit getan wird, dann muss man auch mehr differenzieren. Und dafür werbe ich. Ich will für die Umwelt nicht weniger erreichen als Sie, sondern ich möchte nur mehr Belastungen für die Landwirtschaft vermeiden.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sehr gut!)

Vielen Dank, Herr Grupe. - Herr Janßen antwortet Ihnen. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Grupe, das Zitat des NLWKN ist durchaus richtig; da gebe ich Ihnen ohne Weiteres recht. Trotzdem ist es so, dass sich das Grundwassermessnetz auf die verschiedenen Stockwerke bezieht.

Sie haben eben richtigerweise gesagt, dass für die Beurteilung der Grundwasserkörper, des oberflächennahen Grundwassers ein anderes Messnetz herangezogen wird. Dieses Messnetz ist mittlerweile erweitert worden. Inzwischen sind es mehr als 100 Stellen. Es ist nicht nur ein reines Belastungsmessnetz, sondern der Unterschied besteht darin, dass es hier insbesondere um die Messnetze geht, die sich auf das oberflächennahe Grundwasser beziehen.

Glauben Sie es mir - versuchen Sie nicht, hier immer wieder nur mit verwirrenden Zahlen um sich zu schmeißen -: Diese Zahlen sind valide und realistisch. Kommen Sie doch mal zu uns rüber! Wir erklären Ihnen das gern noch einmal.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Hermann Grupe [FDP]: Aber die „50 %“ vom Minister müssen Sie noch einmal erklären!)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Vielleicht, Herr Grupe, können Sie das nachher noch einmal klären. Jetzt hat für die Landesregierung das Wort Herr Landwirtschaftsminister Meyer.

(Hermann Grupe [FDP]: Jetzt kom- men die 50 %!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke den Vorrednern für die sehr sachliche Diskussion. Ich habe mitgekriegt, dass zumindest CDU, SPD und Grüne mit dem ausgehandelten Kompromiss zufrieden sind und ihn auch haben wollen. Ich habe mich entsprechend der Überschrift des Antrags der FDP-Fraktion für ein praxisgerechtes Düngerecht eingesetzt, das die Umwelt zielgenau schützt und unnötige Bürokratie vermeidet.

Das war aber nicht so ganz einfach. Ich habe gemerkt, wie harmonisch es hier im Landtag zugeht. Wenn Sie in den Verhandlungen die Schreiattacken zwischen Hendricks und Schmidt mehrfach erlebt haben, dann merken Sie, wie einig wir uns hier in Niedersachsen über das Düngerecht sind.

Ich hätte Ihnen diesen Kompromiss viel lieber schon vor drei Jahren vorgestellt, aber es hat gedauert, bis der Bund geliefert hat. Düngegesetz und Düngeverordnung sind nun einmal Bundesrecht. Ich freue mich darüber, dass wir jetzt endlich einen Kompromiss gefunden haben.

Ich habe genau das gemacht, was der Landtag mehrfach beschlossen hat. Das heißt: keine zusätzliche Bürokratie, vorhandene Daten nutzen. Diese werden jetzt mit dem Düngegesetz geliefert, wofür ich sehr dankbar bin. Ich stand da oft alleine da.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Einstimmig gefordert!)

- Ja, einstimmig gefordert in Niedersachsen. Genau. Vielen Dank, Herr Dammann-Tamke.

Herr Grupe hatte ja gefordert, dass die Weidehalter in Niedersachsen nicht übermäßig belastet werden sollen. Ich muss sagen: Da stand ich oft alleine da, auch gegenüber meinen Grünen in Süddeutschland. Sie wissen: Für Kuhfladen bleibt es bei 25 %. Für Festmist haben wir auch etwas Praktikables erreicht. Und - das haben auch Sie gesagt - wir wollen uns auf die schwarzen Schafe konzentrieren und nicht alle Betriebe über einen Kamm scheren. Deshalb haben wir auch zwischen klein und groß differenziert.

Das heißt jetzt nicht „Hoftorbilanz“, sondern „betriebsbezogene Stoffstrombilanz“. Es darf ja nicht „Hoftorbilanz“ heißen; denn die CDU hat gesagt: Das Neue darf nicht „Hoftorbilanz“ heißen. - Ich hatte dann in den Verhandlungen mit Priesmeier und Holzenkamp vorgeschlagen, das Ganze „PH-Bilanz“, also „Priesmeier-Holzenkamp-Bilanz“ zu nennen. Wochen später haben sich CDU und SPD dann darauf geeinigt, dass die Hoftorbilanz jetzt „betriebsbezogene Stoffstrombilanz“ heißen soll. Mir war immer egal, wie das heißt, Hauptsache, die Werte stimmen. Die sind dann auch richtig. Ich freue mich, dass wir es haben. Auch hier haben wir gesagt: Zum 1. Januar 2018 müssen das die großen, vor allem gewerblichen Betriebe liefern. Das sind in Niedersachsen 10 oder 15 %. Die anderen, die kleinen und mittleren Betriebe, werden geschont. Ich muss doch einen kleinen Ackerbauern, einen Nebenerwerbslandwirt, nicht zu einer großen Bilanz zwingen. Wir haben also Rücksicht genommen auf die kleinen und die mittleren Betriebe, und wir konzentrieren uns auch bei den Kontrollen auf die Richtigen. Von daher haben wir hier wirklich etwas Praktikables gemacht.

Herr Kollege Grupe, ich biete Ihnen jetzt etwas an. Sie haben behauptet, ich hätte von dieser Stelle aus hier im Landtag gesagt, 50 % der Grundwassermessstellen würden erhöhte Werte ausweisen. Ich habe das Ganze NILAS-Archiv durchgesucht, habe es aber nicht gefunden. Entweder nehmen Sie diese Behauptung zurück, oder Sie sagen mir, in welcher Sitzung ich diese Behauptung aufgestellt habe. Wenn Sie mir das nachweisen können, bin ich jederzeit bereit, mich hier zu korrigieren und zu entschuldigen. Ich erwarte von Ihnen aber auch, dass Sie mir einmal sagen, wann ich diese Behauptung gemacht haben soll.

Ich möchte mit einem letzten Fakt abschließen. Das ist das, was ich gesagt habe und in den Protokollen auch gefunden habe. Jetzt hören Sie mir einmal zu. Sie haben ja recht. 16 % von 1 354 Grundwassermessstellen in Niedersachsen weisen über dem Grenzwert liegende Werte aus. Viele davon - das hat Ihnen der Kollege Janßen erklärt - befinden sich in großer Tiefe oder im Wald. Von daher kann die Belastung nicht von der Landwirtschaft ausgehen. Fakt ist auch der Nitratbericht der Bundesregierung, beschlossen von CDU/CSU und SPD. Nach dem Nitratbericht vom Januar 2017 liegen 38 % der niedersächsischen Grundwassermessstellen bei über 50 mg; bundesweit sind es 28 %. Danach sind 47 % der niedersächsischen Grundwasserkörper belastet; nicht Messstellen, sondern Körper. Diese 47 % machen 60 % der Landesfläche aus. Das habe ich immer gesagt; das ist korrekt. Das sind die Zahlen von Bund und Land.

Ich bitte Sie, nicht eine Debatte über die Frage zu führen, ob die Düngung überhaupt ein Problem für das Grundwasser ist. Es gibt einen großen Konsens. Wir haben ein Problem, das wir mit dem neuen Düngerecht lösen wollen. Ich würde mich freuen, wenn wir eine breite Zustimmung des Landtags erfahren würden, damit wir am 31. März im Bundesrat endlich zu einem wirksamen, praxisgerechten und bürokratiearmen neuen Düngerecht kommen, das dazu beiträgt, unser Grundwasser in die Form zu bringen, die die EU von uns verlangt, und sowohl eine Milliardenklage - Frankreich soll fast 3 Milliarden zahlen - als auch eine Anhebung der Wasserkosten für die Verbraucher in Niedersachsen vermeiden. Das wäre ein schöner Konsens hier im Landtag.