Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Herr Minister? - Meine Damen und Herren, angesichts fehlender weiterer Wortmeldungen ist Punkt 2 b der Aktuellen Stunde abgearbeitet.
c) Insektensterben - droht ein stummer Frühling? - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/7466
Dieses Buch „Der stumme Frühling“ wurde in den 60er-Jahren geschrieben und ist letztendlich aktueller denn je. Es wurde damals zu einem Manifest der Umweltbewegung. Die gesellschaftlichen De
Doch die Situation ist brenzliger denn je. Es geht beim Thema Insektensterben nicht nur um zurückgehende Artenvielfalt, sondern einer repräsentativen Studie aus Nordrhein-Westfalen zufolge kommt es auch zu einem massiven Rückgang der Insektenbiomasse. In den letzten 20 Jahren ist die Biomasse um 80 % zurückgegangen. 1995 fand man in den aufgestellten Sammelfallen noch 1,6 kg Insekten, 2014 waren es nur noch 300 g.
Sie alle erinnern sich sicherlich noch an die Situation vor 15 oder 20 Jahren. Damals ist man mit dem Auto unterwegs gewesen, und an der Frontscheibe klebten nach einer längeren Fahrt tote Insekten. Ein schwarzer Rand bildete sich.
Ich glaube, das alles macht uns deutlich, dass dieser Insektenrückgang tatsächlich stattfindet und dass wir ihm entgegenwirken müssen.
Insekten sind nicht nur die Grundlage der Nahrungskette für Vögel, Amphibien und andere Tiere, sondern zersetzende Insektenarten gewährleisten auch den Humusaufbau. Es geht damit um die Bodenfruchtbarkeit und die Nahrungsmittelproduktion. Insekten bestäuben neun von zehn Wildpflanzen; diese können sich ohne Insekten nicht vermehren. Außerdem geht es darum - diese Debatte hatten wir schon im Zusammenhang mit dem Bienensterben geführt -, dass Insekten die Bestäuber von 80 % unserer Nutzpflanzen sind. Für die Bienen ist dieser Rückgang dokumentiert. Die Imker schauen ja in ihre Bienenstöcke und nehmen wahr, wenn die Völker sterben.
Wir brauchen aber auch ein Monitoring für die anderen Insektenarten. Rund 300 Wildbienenarten stehen auf der Roten Liste. Es geht aber auch um Tag- und Nachtfalter, es geht um Hummeln. Ich lebe mitten auf dem Land, aber ich glaube, ich habe im vergangenen Jahr keine einzige Hummel gesehen.
schen Sie sich nachher noch einmal beim Kaffee über die Hummelfrage aus. Aber jetzt hat Frau Staudte das Wort. Bitte!
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass von 23 Hummelarten, die es in Niedersachsen gegeben hat, nur noch 5 übrig sind.
Untersuchungen zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen der Abnahme der Insektenzahlen und Einbrüchen bei Vogelpopulationen. Viele gehen davon aus, dass Vögel auch Körner fressen, zumal sie im Winter Sonnenblumensamen ausstreuen. Aber für die Aufzucht ihrer Küken sind nahezu alle Vögel auf Insektennahrung angewiesen.
Worin liegen nun die Ursachen für das Insektensterben? - Ganz klar: Die Hauptursache ist sicherlich die intensive, auf Effektivität ausgerichtete Landwirtschaft ohne Lebensräume und ausreichend Nahrung für Insekten.
Aber weitere Faktoren verschärfen das Insektensterben. Ich nenne nur die aufgeräumten Gärten in den Städten. Heutzutage pflanzt man keine heimischen Gehölze mehr an, um das Grundstück einzufrieden. Stark in Mode gekommen sind die Steingabionen, also Gitterkörbe, die mit Steinen gefüllt sind. Die Flächen dazwischen werden zudem versiegelt, und eventuell wird auch noch etwas Rollrasen verlegt. Das kann in den Städten die Zukunft der Insekten nicht sichern.
Ein weiterer Punkt, der öffentlich überhaupt nicht diskutiert wird, betrifft die Problematik der Lichtverschmutzung. Viele Insekten sind nachtaktive Tiere. Sie alle kennen das Bild von Insekten, die ein Licht, das sie anzieht, umkreisen, bis sie letztlich tot unter der Lampe liegen.
Ich komme noch einmal auf den Punkt der Intensivlandwirtschaft zu sprechen. Ich denke, hier können und müssen wir massiv gegensteuern.
In den letzten Jahren ist wirklich alles an Grund und Boden unter den Pflug gekommen. Die Ursache dafür waren u. a. die gestiegenen Pachtpreise. Außerdem sind die Stilllegungsprämien entfallen.
(Zurufe von der CDU: Unsinn! Was für ein Quatsch! Leute, das kann doch nicht wahr sein! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Der Zeitraum, in dem Blütenpflanzen als Nahrung für Insekten vorhanden sind, das sind im Frühling vielleicht drei oder vier Wochen, je nach Witterung. Aber im Laufe des Jahres nimmt das Nahrungsangebot für Insekten deutlich ab.
Die Landesregierung hat an dieser Stelle gegengesteuert. Sie alle kennen das Blühstreifenprogramm. Durch die Anhebung der Förderung von 540 Euro auf 975 Euro ist die Fläche von 9 500 ha auf 15 000 ha im Jahr 2016 gewachsen. Das ist ein Anfang. Doch wir brauchen auch noch mehr mehrjährige Blühstreifen und mehr Strukturelemente wie Hecken und andere Lebensräume.
Ein weiterer Punkt, den wir im Zusammenhang mit dem Grundwasser diskutieren, ist die Überdüngung. Die Überdüngung führt insbesondere auf Grünland auch dazu, dass die Artenvielfalt deutlich abnimmt.
Es gibt also viel zu tun. Insbesondere der Umgang mit unseren Pestiziden ist zu hinterfragen. Alle neuen Erkenntnisse zu Neonicotinoiden, diesem Insektengift, das 5 000 bis 10 000 Mal stärker ist als DDT, sind wirklich dramatisch. Insofern müssen wir verhindern, dass diese Mittel weiterhin zugelassen bleiben.
Vielen Dank, Frau Kollegin Staudte. - Für die FDPFraktion hat nun Herr Kollege Grupe das Wort. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Insekten sind für uns Landwirte Nützlinge in sehr vielfältiger Form.
Sie sind aber auch in anderer Form Schädlinge. Das ist häufig der Fall. Sie bedrohen das, was wir auf unseren Feldern und Wiesen produzieren. Wenn man nichts dagegen tut, bedrohen sie unsere Produkte im Zweifelsfall auch noch in den Lagerstätten. Unsere Sinne sind sehr dafür geschärft.
Wir arbeiten z. B. sehr intensiv mit den Imkern zusammen. Die Biene ist ein herausragendes Beispiel für einen Nützling, der auch uns sehr viel
bedeutet. Die Biene ist zusätzlich ein Indikator für uns, wie unsere Maßnahmen, die wir treffen, um Nutzpflanzen zu erzeugen, auf die übrige Ökologie wirken. Deswegen sind Imker und Landwirte eng miteinander verbunden. Wir haben den Austausch jedenfalls in den Bereichen, in denen ich tätig bin, sehr stark intensiviert. Wir profitieren auf allen Seiten davon. Es gab oft Bedenken, dass unsere Maßnahmen die Bienen negativ beeinflusst hätten. Dann waren es vielleicht doch Krankheiten. Wir Landwirte können zusätzliche Vorsorge treffen, wenn wir wissen, wo Bienenkörbe sind, damit es nicht zu unnötigen Beeinträchtigungen kommt.
Meine Damen und Herren, wer nur in Bausch und Bogen sagt, wir müssen das verbieten, den kann ich nur warnen. Wir haben die Zahlen hier schon einmal diskutiert. Eines der Hauptprobleme der Ernährung der Menschen ist, dass gerade in den weniger entwickelten Ländern der Dritten Welt die Ernte nicht nur deswegen geringer ausfällt, weil dort weniger wächst und das Unkraut etwas überwuchert, sondern gerade Insekten bzw. Schädlinge dafür sorgen, dass die Früchte schon am Halm auf dem Feld oder im Lager verderben. Daran kann man sehr schön studieren, was wäre, wenn wir die Segnungen der Möglichkeiten, die wir heute haben, nicht hätten.
Meine Damen und Herren, es geht also nicht um Verbote, sondern um Verbesserungen. Wir müssen erreichen, dass wir das Ziel möglichst genau treffen und andere Dinge, die wir schützen wollen, nicht in Mitleidenschaft ziehen. Deswegen geht es um Risikoeinschätzung. Es geht um bessere Applikationstechniken. Es geht um Möglichkeiten, die uns die moderne Agrartechnik und Landwirtschaft bieten. Es geht um Wirkstoffformulierungen und darum, zielgenauer zu arbeiten.
Wir stellen uns natürlich der Verantwortung. Deswegen rede ich zentral über diesen Fakt, der uns als Landwirte betrifft. Wenn das Julius Kühn-Institut als zuständige Institution für Verdachtsfälle auf Vergiftung erklärt, es gebe in seinen Untersuchungen in den letzten Jahren keinen Anstieg von Vergiftungsfällen, dann frage ich mich schon, warum ein 80-prozentiger Ausfall der Insekten so gut wie ausschließlich darauf zurückzuführen sein soll, wie wir eben gehört haben. Pflanzenschutz gibt es seit Jahrzehnten.
Die Kollegin Staudte hat völlig zu Recht darauf hingewiesen: Man mag gar nicht mehr an DDT denken, das vor vielen Jahrzehnten verboten wurde. Das war wirklich ein absolut gefährliches Mittel.