Protokoll der Sitzung vom 02.03.2017

Bei den passiven Entweichungen haben wir im Jahr 2012 einen Höchststand von 73 gehabt. Das war unter der Verantwortung der alten Landesregierung. Wir haben im Jahr 2016 diese Zahl fast halbieren können, nämlich auf 40 passive Entweichungen.

(Zuruf von der CDU: Na super!)

Insgesamt konnten wir von einem Höchststand von über 100 passiven und aktiven Entweichungen auf 55 im Jahr 2016 herunterkommen.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, zu dieser Dringlichen Anfrage, TOP 15 a, liegen keine weiteren Zusatzfragen vor.

Wir gehen über zu

b) Zukunftsprojekt „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 17/7467

Die Anfrage wird eingebracht von der Kollegin Dr. Thela Wernstedt. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte werden von der Landesregierung bei der Gestaltung des regionalen Gesundheitswesens unterstützt. Für innovative Versorgungsprojekte einerseits und als Anschubfinanzierung andererseits werden jährlich 600 000 Euro für die „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ auf den Weg gebracht.

Mit dem Ende 2014 von der Landesregierung initiierten Projekt der „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ werden die niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte dabei unterstützt, neue Konzepte in der örtlichen Gesundheitsversorgung zu entwickeln und umzusetzen.

Die regionale Gesundheitsversorgung ist ein Schwerpunkt für die Landesregierung. Landkreise, Städte und Gemeinden sind herausgefordert, soziale und gesundheitliche Belange der Menschen direkt vor Ort bedürfnisgerecht zu gestalten.

In den Gesundheitsregionen entwickelte Ideen werden zur Verbesserung der Versorgungsstruktur vor Ort ausgewählt. Weitere Mittel für dieses Projekt stellen die Kooperationspartner - Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen, AOK Niedersachsen, Ersatzkassen, BKK Landesverband Mitte - zur Verfügung. Insgesamt zeigt sich eine breite Themenvielfalt in den Gesundheitsregionen, die ein Abbild der aktuellen Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung darstellen. Vor Ort wurden zunächst mit finanzieller Unterstützung der Landesregierung die erforderlichen Strukturen ge

schaffen, um den regionalen Prozess unter Beteiligung der interessierten Fachöffentlichkeit auf den Weg zu bringen.

Alle Beteiligten sind sich einig: Die Unterstützung von Landkreisen und kreisfreien Städten, das Engagement aller Beteiligten in den Gesundheitsregionen vor Ort und die Entwicklung von innovativen und regionalen Versorgungsangeboten zeigen, dass sich die Gesundheitsregionen in Niedersachsen tatsächlich zu einem Erfolgsmodell entwickelt haben. Eine regionale Vernetzung führt nicht nur zu optimalen Versorgungstrukturen, sondern auch dazu, dass die öffentlichen Mittel zielgerichtet eingesetzt werden. Gesundheitsregionen sind Zukunftsprojekte.

Wir fragen daher die Landesregierung:

1. Welche Gesundheitsregionen in Niedersachsen gibt es?

2. Welche Ziele verfolgen die Gesundheitsregionen?

3. Wo und wie können die Gesundheitsregionen weiterentwickelt werden?

Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Unruhe)

Vielen Dank, Frau Wernstedt. - Für die Landesregierung spricht wiederum die Sozialministerin. - Ich darf um Ruhe bitten! - Frau Ministerin, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Versorgungssituation der niedersächsischen Bevölkerung wird sich in den kommenden Jahren - wem sage ich das? - durch die demografische Entwicklung kontinuierlich verändern. Zunehmend werden ältere Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Erfahrungen sowie Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten medizinisch und pflegerisch zu versorgen sein.

Der Versorgungsbedarf wird also insgesamt steigen. Gleichzeitig gibt es bereits jetzt Regionen in Niedersachsen, in denen zu wenige Ärztinnen und Ärzte oder andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen tätig sind. Zudem macht der demografische Wandel auch vor der Ärzteschaft nicht halt. So geht eine Prognose des Niedersächsischen

Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2015 für das Jahr 2030 von einem zusätzlichen Bedarf von bis zu 1 050 Hausärztinnen und Hausärzten in Niedersachsen aus.

Um diese Herausforderungen zu meistern, bedarf es der Stärkung der kommunalen Ebene. Denn nur die kommunale Ebene ist geeignet, an gesundheitliche Belange der Menschen regional angepasste Angebote zu organisieren und dabei gleichzeitig besondere soziale und kulturelle Aspekte einzubeziehen.

Darüber hinaus müssen die Ressourcen für die gesundheitliche Versorgung der Menschen in Niedersachsen besser vernetzt und aufeinander abgestimmt werden. Eine Verbesserung der Zusammenarbeit über die Sektorengrenzen hinweg und innerhalb der Sektoren selbst - also z. B. zwischen Krankenhaus und Hausarzt, Facharzt und Pflegedienst - vermeidet unnötige Mehrfachversorgung und sichert Behandlungsqualität. Die Gesundheitsregionen bieten eine hervorragende Plattform, die unterschiedlichen Leistungsanbieter vor Ort zusammenzubringen und gemeinsam sektoren- und landkreisübergreifende Modelle zu entwickeln.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Versorgung in den Kommunen durch die Gesundheitsregionen verbessert wird. Patientinnen und Patienten profitieren z. B. von abgestimmten Behandlungspfaden zur Überwindung von Schnittstellen, z. B. beim Wundmanagement oder bei der Weiterentwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung. Der Zugang von Migrantinnen und Migranten zur regionalen und lokalen Gesundheitsversorgung wird verbessert.

Eine hohe politische Verankerung auf allen Ebenen - regional sowie auf Landesebene - ist absolut notwendig, und genau das geschieht bei dem Projekt Gesundheitsregionen. Die maßgeblichen Entscheidungsträger sind eingebunden. Schließlich zeichnen sich die Gesundheitsregionen durch systematisches und strukturiertes Vorgehen aus. Die Prozessbegleitung durch die Landesvereinigung für Gesundheit hat sich ebenfalls bewährt.

Über den Innovationsfonds fördert der Gemeinsame Bundesausschuss neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen. Gefördert werden insbesondere Vorhaben, die eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben und die Gewähr bieten, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden. Bei der Antragstellung ist in der Regel eine Krankenkasse zu beteiligen. Die Gesund

heitsregionen können bei der Auswahl der Ansätze unterstützen; denn im Regelfall sind auch bei den Gesundheitsregionen die Krankenkassen eingebunden.

Außerdem werden die Gesundheitsregionen nach der entsprechenden Landesrahmenvereinbarung mit ihren regionalen Kenntnissen auch in die Umsetzung des Präventionsgesetzes einbezogen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen:

Zu Frage 1: Insgesamt gibt es aktuell 35 Gesundheitsregionen. Dabei ist bereits berücksichtigt, dass die Landkreise Göttingen und Osterode am Harz zum 1. November fusioniert sind. Dazu gehören im Einzelnen folgende Landkreise und kreisfreie Städte: die Landkreise Lüneburg, Gifhorn, Hameln-Pyrmont, Peine, Uelzen, Cloppenburg, Goslar, Göttingen, Oldenburg, Northeim, Friesland, Wesermarsch, Lüchow-Dannenberg, Celle, Leer, Osnabrück, Region Hannover, Vechta, Grafschaft Bentheim, Holzminden, Rotenburg (Wümme) , Helmstedt, Diepholz und Nienburg/Weser, die Städte Salzgitter, Göttingen, Wilhelmshaven, Braunschweig, Osnabrück, Landeshauptstadt Hannover, Oldenburg und Delmenhorst sowie die drei Landkreise aus der Modellphase „Zukunftsregionen Niedersachsen“. Die Landkreise Wolfenbüttel, Emsland sowie Heidekreis waren nämlich in der Zeit von 2011 bis 2013 „Zukunftsregionen Gesundheit“. Diese Pilotregionen geben ihre im Hinblick auf die kommunale Strukturförderung gewonnenen Erfahrungen an die neuen Gesundheitsregionen weiter.

Ich würde es natürlich begrüßen, wenn alle 47 antragsberechtigten Kommunen und Landkreise Gesundheitsregionen würden.

Zu Frage 2: Mit unseren Gesundheitsregionen stärken wir auf der kommunalen Ebene die gemeinsame Verantwortung aller regionalen und lokalen gesundheitlichen Akteurinnen und Akteure. Dabei geht es um eine wohnortnahe und abgestimmte medizinische Versorgung. Über einen vorgegebenen, klar strukturierten Prozess entwickeln die Akteure vor Ort passende Versorgungsmodelle und setzen sie um.

Das Land gewährt daher nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Gesundheitsregionen in Niedersachsen Mittel für den Auf- und Ausbau von Gesundheitsregionen. Die Richtlinie verfolgt folgende Ziele zur Förderung von Gesundheitsregionen:

Erstes Ziel: kommunale Strukturbildung. Aus Landesmitteln wird ein Strukturaufbau in den Landkreisen und kreisfreien Städten über zwei Jahre als Anschubfinanzierung mit insgesamt ca. 25 000 Euro gefördert. Diese Strukturen sehen folgendermaßen aus: regelmäßige regionale Gesundheitskonferenzen, regionale Steuerungsgruppen, themenbezogene regionale Arbeitsgruppen zur Entwicklung innovativer Versorgungs- und Kooperationsprojekte und von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Primärprävention sowie die systematische Zusammenarbeit mit den drei Modellregionen des Vorgängerprojekts.

Zweites Ziel: die Entwicklung und Umsetzung innovativer medizinischer Versorgungs- und Kooperationsprojekte auf regionaler Ebene. Themen sind beispielsweise die sektorenübergreifende Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern mit nicht ärztlichen Gesundheitsberufen, die Ansiedlung von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten - insbesondere von Hausärzten - in ländlichen Regionen, die Entlastung von Vertragsärzten - insbesondere auch Hausärztinnen und Hausärzten - durch die Delegation, aber auch durch die Substitution, durch Teamarbeit und Vernetzung sowie die Entwicklung von Mobilitätskonzepten.

Zu Frage 3: Die aktuelle Förderperiode endet Ende 2017. Es ist beabsichtigt, das Projekt der Gesundheitsregionen Niedersachsen in modifizierter Form bis 2020 zu verlängern. Dies ist auch bereits mit den aktuellen Kooperationspartnern - der Kassenärztlichen Vereinigung, der AOK Niedersachsen, dem vdek und dem BKK-Landesverband Mitte - abgestimmt. Aller Voraussicht nach können wir dabei mit der Ärztekammer einen weiteren Kooperationspartner begrüßen. Die Gesundheitsregionen sind also ein Erfolgsmodell, das sich immer weiter verbreitet.

Es ist zunächst - noch für 2017 - vorgesehen, die von Beginn an teilnehmenden Gesundheitsregionen, deren Strukturförderung bereits ausgelaufen ist bzw. vor Ende des Jahres 2017 ausläuft, weiter zu unterstützen. Alle Gesundheitsregionen, die bereits jetzt länger als ein Jahr dabei sind, erhalten dafür eine anteilige Strukturförderung in Höhe von bis zu 10 000 Euro pro Landkreis bzw. kreisfreier Stadt. Damit ist ein nahtloser Übergang in die Folgeförderung im Jahr 2018 auch für diejenigen Gesundheitsregionen sichergestellt, die bereits frühzeitig mit dem Modell begonnen haben.

Für 2017 ist zudem - abweichend von der bisherigen Verfahrensweise - nur eine Projektförderrunde vorgesehen. Die Frist ist auf den 15. August 2017 festgelegt. Der Verwaltungsaufwand wird minimiert, indem nur eine Förderrunde durchgeführt wird. Die Fördersumme insgesamt bleibt gleich.

Die Konzeption für 2018 ist im Grundsatz mit den Kooperationspartnern - AOK, Kassenärztliche Vereinigung, Ersatzkassen, BKK-Landesverband Mitte - abgestimmt. Dabei ist Folgendes geplant:

Alle Gesundheitsregionen erhalten pauschal 13 000 Euro pro Jahr für den Aufbau und die Unterstützung von Strukturen vor Ort sowie für kleinere regionale Projekte. Das gilt auch für die ab 2018 neu hinzukommenden Gesundheitsregionen.

Die bisherige Projektförderung wird modifiziert. Künftig sollen Projekte landkreisübergreifend sein. Weitere Fördervoraussetzung ist, dass ein Leistungsanbieter bzw. Kostenträger, also eine niedergelassene Ärztin oder ein niedergelassener Arzt, ein Pflegedienst oder eine Krankenkasse, einbezogen und beteiligt wird. Dies trägt vor allen Dingen dem Umstand Rechnung, dass sich Versorgungsangebote - gerade für komplexere Erkrankungsbilder - nicht nur auf einzelne Landkreise beziehen. Die frühzeitige Zusammenarbeit mehrerer Landkreise ist also in der Regel sinnvoll. Die Einbeziehung der für das jeweilige Versorgungsangebot zuständigen Leistungsanbieter bindet das für die Projektentwicklung notwendige Know-how ein.

In Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln soll eine Fördersumme je Projekt in Höhe von 150 000 Euro angestrebt werden. Nach den bisherigen Erfahrungen können damit jeweils drei Modellprojekte jährlich gefördert werden.

Landkreise und Städte werden unterstützt, neue Konzepte in der örtlichen Gesundheitsversorgung zu entwickeln und umzusetzen sowie neue, regionale, an die demografische Entwicklung angepasste Strukturen zu schaffen. Deswegen sind wir mit den Gesundheitsregionen wirklich auf einem guten Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin, für die umfassende Antwort. - Eine erste Zusatzfrage für die SPD

Fraktion möchte unser Kollege Holger Ansmann stellen. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung: Gibt es bereits Kooperationen einzelner Gesundheitsregionen in Niedersachsen mit dem Ziel der Entwicklung regionsübergreifender Projekte?

Vielen Dank, Herr Kollege. - Frau Ministerin, bitte sehr!