(Jens Nacke [CDU]: Das haben Sie doch gemacht! Das ist doch Unsinn, was Sie jetzt reden! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Nein, das ist kein Unsinn! Ihr solltet mal zuhören! Meine Güte!)
Meine Damen und Herren, eine Unterrichtung zum Vergabeverfahren des Relaunch der Seite nds.de hat bereits im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr am vergangenen Freitag durch Staatssekretärin Behrens stattgefunden. Im Anschluss an die Unterrichtung hat mich der Pressesprecher des Wirtschaftsministeriums darüber informiert, dass es auch im Zusammenhang mit den Vergaben zur
Sieben-Städte-Tour vereinzelt Markterkundungsverfahren gegeben hat. Ich habe Ihnen heute Morgen die bisher vorliegenden Informationen dargestellt.
Beide Verfahren sind völlig unabhängig voneinander. Mir geht es darum, diese Verfahren so zügig wie möglich aufzuarbeiten. Daher werden wir Ihnen selbstverständlich die Akteneinsicht ermöglichen.
Lassen Sie mich aber an dieser Stelle kurz auf den bisherigen Sachverhalt zum Relaunch der Webseite nds.de eingehen. Ich hatte in meiner ersten Delegationsreise im Herbst 2013 das Projekt Copenhagen Capacity kennengelernt. Die Gestaltung und die Möglichkeiten dieser Seite habe ich als sehr vorbildhaft empfunden, vor allem die Zielgruppenansprache mit Blick auf Fachkräfte und Investoren sowie die Darstellung der Möglichkeiten des Landes. Das war für mich eine gute Grundlage für die Präsenz der Wirtschaftsseite.
Es geht dabei um die Internetseite des Standortmarketings Niedersachsen nds.de. Vor mehr als zehn Jahren ist sie entwickelt worden. Wie es normal ist, war sie 2015 in die Jahre gekommen und fristete nur noch ein Schattendasein. Sie entsprach längst nicht mehr einer modernen Internetpräsentation. Sie war damit auch kein nützliches Instrument des Standortmarketings mehr. Zu Beginn des Jahres 2015 ist dann die Entscheidung gefallen, einen Relaunch der Seite nds.de in den Blick zu nehmen.
Da die Entwicklung einer solchen Seite nicht im Wirtschaftsministerium erfolgen kann, sollte eine Agentur gefunden werden, die diese Aufgaben übernimmt. In das Vergabeverfahren dazu war ich nicht eingebunden. Das ist übrigens auch nicht die Aufgabe des Ministers. Selbstverständlich aber habe ich mich mit der Staatssekretärin immer wieder einmal in unseren täglichen Lagen strategisch darüber ausgetauscht.
Klar ist aber heute, meine Damen und Herren: Im Wirtschaftsministerium hat es im vergangenen Jahr Fehler im Vorfeld der beabsichtigten Vergabe gegeben. Dies hat in der Folge zu einer Wettbewerbsbeschränkung geführt. Staatssekretärin Behrens hat im Ausschuss betont, sie selbst stehe dafür in der Verantwortung. Sie hat sich für die vorgekommenen Fehler in aller Form entschuldigt.
Im Ausschuss hat Staatssekretärin Behrens den Ablauf dargestellt. Ein Punkt dabei war in einem zweiten Gespräch mit der Staatssekretärin die von
der Firma Neoskop dargestellte Präsentation mit ersten Entwürfen. Das war - ich will es wiederholen - so nicht angekündigt gewesen, meine Damen und Herren. Ich will aus der Mail zitieren, weil die Mails sicherlich im Wesentlichen vorliegen. In der Mail des Pressesprechers Stefan Wittke an die Staatssekretärin heißt es:
„Ich halte es für das Beste, wenn die Firma beim nächsten Treffen mit dir mit einem visualisierten Vorschlag kommt, also mindestens mit einem Screen von ein oder zwei Seiten.“
Die Idee war also: Wie kann das überhaupt aussehen? Es ging nicht um eine Präsentation, die dargestellt werden sollte, auch wenn Sie diesen Eindruck immer zu erwecken versuchen.
Solche Treffen, meine Damen und Herren, sind unter den Begriff der Markterkundung zu fassen und grundsätzlich zulässig. Dass es zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen zu einem Austausch zu bestimmten Vorhaben kommt, gehört zum typischen Markterkundungsverfahren öffentlicher Auftraggeber. Markterkundungsverfahren dienen zulässigerweise der Vorbereitung einer Vergabe, der Konkretisierung des Beschaffungswillens und damit des konkreten Auftragsgegenstandes.
Mit den konkreten Inhalten des Gesprächs am 10. Dezember 2015, spätestens aber mit der Präsentation am 12. Januar 2016, trifft der Begriff Markterkundung nicht mehr zu. Seitdem hätte Neoskop - wir haben es gerade gehört - vielmehr als vorbefasstes Unternehmen betrachtet werden müssen. Das ist leider unterblieben.
Die eigentliche Bekanntmachung der Ausschreibung ist dann am 15. Februar 2016 erfolgt. Die Angebotseröffnung erfolgte am 10. März 2016 um 10 Uhr. Das Wertungsgremium, das dann die Bewertung vorgenommen hat, setzte sich aus vier Personen des zuständigen Referats Außenwirtschaft, Ansiedlung und Marketing und der Pressestelle zusammen.
Es wurde jeweils geprüft, ob alle geforderten Unterlagen vorliegen, die Eignungskriterien erfüllt werden und, wenn ja, in welchem Ausmaß die Bewertungskriterien erfüllt werden konnten.
Der Preis floss laut Ausschreibung zu 30 % in die Wertung ein. Vor dem Hintergrund der öffentlichen Wirkung des Endprodukts sollte die zu erzielende Qualität ein entscheidendes Kriterium sein. Zudem floss die zeitliche Komponente zu 20 % ein, da der
Diese Bewertungskriterien waren aber - das muss man, glaube ich, im Verfahren wissen - auch allen Bietern bekannt. Alle wussten sozusagen also, wo am Ende der Bewertung die Schwerpunkte gesetzt werden.
In einer Punktematrix wurde Neoskop, obwohl als teuerstes Angebot, mit 15 Punkten bewertet. Das nächstplatzierte Angebot kam auf 12 Punkte.
Den Vergabevermerk mit den entsprechenden Empfehlungen hat die Staatssekretärin als Amtschefin schlussgezeichnet und damit letztlich auch die Entscheidung über den Zuschlag getroffen.
Ja, meine Damen und Herren, im Vorfeld der Vergabe ist es zu Verfahrensfehlern gekommen. Den Vorwurf der Mauschelei gegen Staatssekretärin Daniela Behrens im Zusammenhang mit der Neoskop-Vergabe weise ich mit Nachdruck ausdrücklich zurück.
Es sind Verfahrensfehler begangen worden, für die die Staatssekretärin die Verantwortung übernommen und sich entschuldigt hat. Wir werden diesen Sachverhalt konsequent aufarbeiten.
Am Freitag findet dazu ein Gespräch mit dem Landesrechnungshof statt. Es ist absolut richtig und sinnvoll, und ich begrüße es, dass der Landesrechnungshof alle Unterlagen sichtet und bewertet.
Auch Ihnen, meine Damen und Herren, werden die Akten zur Verfügung gestellt. Wir werden aus den Vorfällen unsere notwendigen Schlüsse ziehen.
Aber bei allem, meine Damen und Herren, bleibt leider immer eines außen vor; wir haben es gerade von Herrn Will kurz gehört. Lassen Sie mich noch etwas zu dem Ergebnis sagen; denn es ging darum, ein gutes Ergebnis für Niedersachsen und für die Darstellung der niedersächsischen Möglichkeiten zu erzielen.
Dass die inzwischen an den Start gegangene Seite ein erfolgreiches Instrument ist, zeigen die Zugriffszahlen - wir haben es gehört -: Im März 2017 waren es über 12 000 Zugriffe, die Hälfte davon aus dem Ausland. Es war ja das Ziel der Seite, aktiv Unternehmen, Interessenten aus dem Ausland zu gewinnen. Im Oktober 2014 waren es gerade einmal 400 gewesen.
Aber noch einmal: Es ging um ein gutes Produkt. Es ging nicht darum, eine Firma zu bevorzugen. Bei aller notwendigen und richtigen Kritik sollten Sie auch dies nicht aus dem Blick verlieren.
Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Das Wort hat für die FDP-Fraktion der Vorsitzende der Fraktion Christian Dürr.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Lies, Sie sagen, es ging um ein gutes Produkt. Dass Sie Qualität angestrebt haben, ist ja auch erst einmal gut. Aber dass Sie damit indirekt zum Ausdruck bringen, dass das mit Recht und Gesetz, mit dem Landesvergabegesetz, nicht möglich gewesen wäre und dass man quasi einen Rechtsverstoß begehen musste, um ein gutes Produkt zu erzielen, das wirft doch einen Schatten auf Ihre eigene Politik, Herr Minister.
Seit der Berichterstattung von heute ist klar, dass das, was bei Neoskop passiert ist, in Ihrem Hause System hat, Herr Minister.
(Gerd Ludwig Will [SPD]: Spekulativ! Unverschämt! - Johanne Modder [SPD]: Hören Sie auf mit dieser Skan- dalisierung!)
Deswegen reichen diese Verteidigungslinie und diese Rede seit heute nicht mehr aus, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Sie haben mit Ihrer Einstimmenmehrheit ein Landesvergabegesetz beschlossen, gegen das die Wirtschaft in Niedersachsen, der Mittelstand in Niedersachsen Sturm gelaufen ist. Sie haben die Kommunen in Niedersachsen mit Bürokratie überzogen, obwohl die Kommunen Sie ausdrücklich vor diesem Gesetz gewarnt haben.
Ich frage: Wie müssen sich Mittelständler in Niedersachsen fühlen, die bei öffentlichen Vergaben den Wust der Bürokratie auf sich nehmen und jetzt feststellen müssen: Es reicht ein persönlicher Draht in die Hausspitze des Wirtschaftsministeriums, um den Zuschlag zu bekommen. Das ist ein unerträglicher Vorgang, meine Damen und Herren! Es muss doch in aller Deutlichkeit gesagt werden, was Sie angerichtet haben.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Herr Dürr, hören Sie auf, das so zu überziehen!)
Seit heute ist auch klar, Frau Kollegin Modder: Neoskop ist kein Einzelfall. Es geht doch nicht, wie Sie, Herr Minister, hier gerade ausgeführt haben, um Formfehler. Das ist doch nicht aus Versehen oder aus Unvermögen oder, wie Sie es gerade formuliert haben, Herr Lies, ohne Vorsatz passiert, meine Damen und Herren. Sie haben - Ihre Hausspitze, Ihre Staatssekretärin; die Frage ist, ob mit Ihrem Wissen, Herr Lies - gezielt und bewusst Vergabeverfahren in Niedersachsen fingiert, damit ein bestimmter Anbieter den Zuschlag erhält. Das ist mit dem heutigen Tag bewiesen, meine Damen und Herren.
Ich will einmal fragen: Ist es Zufall, dass die Firma Neoskop knapp unter dem vom Wirtschaftsministerium, wie Sie im Ausschuss eingeräumt haben, intern festgelegten Budget von 200 000 Euro angeboten hat? Ist es ein Zufall, dass die knapp darunter gelegen haben? Übrigens fast 200 000 Euro, damit der teuerste Anbieter im Verfahren, wie Sie selbst zugeben, und im Vergleich zu fast allen anderen Bundesländern eine verschwindend geringe Anzahl an Zugriffen auf diese Website, meine Damen und Herren.