Protokoll der Sitzung vom 16.08.2017

Die Städte und Gemeinden in Niedersachsen halten schon heute vielfältige Angebote im Bereich

der Integrationshilfe vor. Sie stehen vor Ort in der Verantwortung und sind im direkten Kontakt mit den Betroffenen.

Die Leistungen im Bereich der Integration sind für die Kommunen in Niedersachsen eine neue Aufgabe, die einen hohen Einsatz von finanziellen Mitteln erfordert. Die Leistungen sind unabhängig vom Status der jeweiligen Person erforderlich. Auch nach dem positiven Durchlaufen des Asylverfahrens sind Integrationsleistungen vor Ort weiterhin notwendig. Eine finanzielle Ausstattung ist jedoch nicht vorgesehen.

Es wurde gerade veröffentlicht, dass das Land Niedersachsen 200 Millionen Euro zusätzlich über das Aufnahmegesetz an die Kommunen auskehrt. Das ist gut und richtig. Aber das Geld ist für die Asylbewerber bestimmt, die im Verfahren sind. Hinterher fehlen die Leistungen des Landes. Die Kommunen haben aber weiterhin die Aufgabe zu tragen. Wir sind der Meinung, dass wir die Kommunen, wenn sie eine Aufgabe haben, finanziell ausstatten sollten.

(Beifall bei der FDP)

Insbesondere sollten wir nicht die Fehler aus der Vergangenheit wiederholen. Im Rahmen der Migrationsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde den Menschen in der Vergangenheit oft gesagt: Irgendwann kehrt ihr vielleicht wieder in eure Heimat zurück, ihr braucht euch gar nicht zu integrieren.

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Ich glaube, dass gerade wir in Deutschland nach dem, was 2015 passiert ist, die Aufgabe haben, die Integration zu befördern; denn wir wissen nicht, ob sie bleiben oder nicht. Viele werden sehr lange bleiben. Viele werden eine neue Heimat hier bei uns in Deutschland finden. Deswegen müssen wir uns um die Integration kümmern, damit sie gelingt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Die Kommunen tragen die finanzielle und die organisatorische Hauptlast dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Integration.

Daher fordern wir Freie Demokraten, dass das Land ab dem 1. Januar 2018 eine Integrationspauschale an die Kommunen für alle Menschen, die ein Asylverfahren durchlaufen haben, in den ersten drei Jahren nach dem Durchlaufen des Asylverfahrens auszahlt, um diese Aufgabe der Integration

finanziell zu unterstützen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was vor Ort in den Sportvereinen, in den Kitas, in den Kirchengemeinden geleistet wird, geht nur gemeinsam mit der Kommune. Die Kommune ist vor Ort am dichtesten dran. Deswegen müssen wir die Kommune finanziell richtig ausstatten.

(Beifall bei der FDP)

Das Land Niedersachsen - wie übrigens auch der Bund und die EU - tut viel im Bereich der Integration. Wissen Sie aber, wie viele Landesprogramme es im Bereich der Integration gibt - nur Landesprogramme ohne Bundesprogramme und Europaprogramme und Programme von Stiftungen und anderen Organisationen? - 28! Es gibt 28 Landesprogramme zum Thema Integration. Damit werden 245 Millionen Euro Landesmittel ausgekehrt. Dazu kommen noch einmal die 55 Millionen Euro aus der Pauschale des Bundes, die über das Programm Quik an die Kommunen ausgeschüttet werden: 300 Millionen Euro über 28 Programme! Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Förderdickicht, in dem sich die Kommunen nicht mehr zurechtfinden.

(Christian Dürr [FDP]: Richtig! So ist es!)

Ich bin der Meinung, wir sollten ihnen eine Pauschale an die Hand geben, mit der sie vor Ort machen können - nicht was sie wollen, sondern natürlich das, was der Integration dient. Das wäre viel besser; denn vor Ort wissen sie am besten, wie man den Flüchtlingen gut helfen kann.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen brauchen wir einen Paradigmenwechsel in der Förderpolitik. Es gibt im Moment die Förderung der Koordinierungsstellen Migration und Teilhabe. Die liegt aber auf Landkreisebene und nicht in den Städten, in den Gemeinden, den Samtgemeinden, nicht bei denjenigen, die vor Ort am dichtesten dran sind. Deswegen unterstützen wir als Freie Demokraten die Forderung des Städte- und Gemeindebundes und des Niedersächsischen Städtetages, eine solche Integrationspauschale auf den Weg zu bringen.

Ich will nicht sagen, dass wir alle Förderprogramme abschaffen können, wenn wir eine solche Integrationspauschale haben. Wir könnten sie aber wesentlich vereinfachen.

(Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

Wir könnten die Verantwortung auf die örtliche Ebene übertragen dort, wo sie heute schon wahrgenommen wird, und dort, wo sie am besten wahrgenommen werden kann. Lassen Sie uns die Kommunen dabei unterstützen, die Integration von Geflüchteten auf den Weg zu bringen. Das wäre ein richtiger Ansatz, um Integration wirklich zum Gelingen zu bringen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen, für die Einbringung des Antrages der FDP-Fraktion. - In der Aussprache hat jetzt der Kollege Belit Onay für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der FDP baut - das hat der Kollege Oetjen bereits gesagt - auf einem Beschluss des Städte- und Gemeindebundes auf. Dem kann man erst einmal viel abgewinnen; denn richtig ist: Die Kommunen vor Ort tragen eine sehr große Last.

Um die Kommunen in Niedersachsen bei der Aufnahme von Flüchtlingen finanziell zu unterstützen, hat das Land Niedersachsen die Kopfpauschale mittlerweile auf 10 000 Euro angehoben, ausgehend von knapp unter 4 000 Euro noch unter Schwarz-Gelb. Wir haben die Vorauszahlungen in Höhe von 250 Millionen Euro mit auf den Weg gebracht.

Auch da gibt es übrigens sehr interessante Diskussionen. Die verschiedenen Kreise fordern - ich komme gleich auf Ihren Antrag zu sprechen - oder bringen zumindest in die Diskussion, auch über eine Spitzabrechnung nachzudenken.

Ich komme nun zu Ihrem Antrag, der eine Integrationspauschale von 2 000 Euro vorsieht. Darüber kann man diskutieren. Aber auch da hätten wir das Problem, dass wir das Geld im Grunde wie eine Gießkanne für einen Themenbereich streuen. Sie haben es gerade angesprochen: Die 28 Landesprogramme kommen ja nicht von ungefähr. Wenn wir von Integration sprechen, sprechen wir über ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. Denn die Migranten bzw. die Flüchtlinge gibt es so nicht. Es gibt ganz unterschiedliche Alters-, Geschlechts-

und Bildungsgruppen. Auch darüber muss man meines Erachtens nachdenken.

Viel wichtiger bei diesem Antrag ist aber meines Erachtens der Zeitpunkt. Ich habe mich schon etwas gewundert, dass jetzt ein Entschließungsantrag in dieser Form kurz vor Ende der Legislaturperiode eingebracht wird, obwohl wir doch gerade noch über den Nachtragshaushalt diskutiert haben. Dabei hätte man, glaube ich, einen solchen Antrag einbringen müssen, wenn man es ernst meint und Ihre Zählgemeinschaft dahintersteht.

(Jens Nacke [CDU]: Haben Sie Frau Hamburg gehört, wie sie sich aufge- regt hat? Jetzt schlagen Sie das vor? Das ist ja sehr interessant!)

- Ich habe den Zwischenruf gerade nicht einordnen können. Aber gut, ich mache weiter.

Die FDP-Fraktion versucht jedenfalls, sich hier kommunalfreundlich darzustellen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Wir sind kommunalfreundlich!)

Herr Oetjen behauptet weiterhin, dass die FDP dies sei.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Dann muss man sich allerdings wundern: Warum gibt es den Widerstand bei der Verabschiedung des Kommunalinvestitionsprogrammes, mit dem die Kommunen ganz viel Geld für kommunale Investitionen erhalten sollen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum Beispiel das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz: 125 Millionen Euro für die Kommunen. Schwarz-Gelb ist ganz groß dabei, das jetzt aktuell im Landtag zu verhindern. Die Kollegen aus dem Wirtschaftsbereich können das leidvoll bestätigen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Warum kommen Sie jetzt erst darauf?)

Aber wir als Rot-Grün haben da sehr viel auf den Weg gebracht.

Herr Kollege Onay, der Kollege Bode würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Ich habe wenig Zeit für eine Zwischenfrage. Ich würde meine Ausführungen gerne fortsetzen.

Dann machen Sie das. Bitte!

Danke schön. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rot-Grün hat da sehr viel auf den Weg gebracht, gerade um die Kommunen zu unterstützen. Wir haben beim Aufbau von Netzwerken zur Qualifizierung und Vermittlung von Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern sowie von Dolmetscherinnen und Dolmetschern und beim Ausbau der Flüchtlingssozialberatung angesetzt. Übrigens ist die Kooperative Migrationsarbeit Niedersachsen der Bereich, in dem gerade die Ehrenamtlichen, die den ersten Kontakt zu den Flüchtlingen haben, eine Mordsarbeit geleistet haben. Auch einen ganz herzlichen Dank an die hilfreichen Beraterinnen und Berater, die den Ehrenamtlichen hier zur Seite gestanden haben!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter dem Strich haben wir als Rot-Grün in Niedersachsen sehr viel gemacht, um die Kommunen zu unterstützen. Wir können uns gerne auch über diesen Vorschlag der FDP-Fraktion unterhalten. Ich weiß aber, ehrlich gesagt, gar nicht - da fehlt mir ein bisschen die Fantasie -, wann das in den wenigen Sitzungen geschehen soll, die noch anstehen.

Wenn wir aber darüber diskutieren, dann möchte ich auch gerne die Frage aufwerfen, wie sich die Kosten zusammensetzen. Das betrifft die Analyse der Kosten. Da sind wir ein Stück weit in der Diskussion zur Spitzabrechnung. Aber ich glaube, es wäre spannend, einmal zu gucken, welche Kosten da tatsächlich auf die Kommunen zukommen. Dann können wir auch darüber sprechen, wie wir die Kommunen in Niedersachsen bei der - hoffentlich erfolgreich - Integration unterstützen können.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank - auch für die Punktlandung, was die Redezeit angeht, Herr Kollege Onay.