Da werden Sie liefern müssen. Das ist peinlich für eine Partei, die seit 40 Jahren dafür kämpft, dass diese Energiewende auf den Weg gebracht wird, und auf diesem Gebiet überhaupt keine Antworten hat. Das ist peinlich, da müssen Sie nachliefern.
Kommen Sie mir bitte nicht mit dem berühmten Energieberater, den Sie dann immer aus dem Hut zaubern, wenn es um die Strompreise geht, der sozusagen wie die Zeugen Jehovas von Tür zu Tür gehen und den Leuten erklären soll, wie sie ihren Stromverbrauch und ihre Stromrechnung senken können, nach dem Motto: Öfter mal den Fernseher abgeschaltet lassen oder vielleicht das Licht aus lassen und eine Kerze anmachen.
Ganz ehrlich: Die Menschen, die im Winter 2013 in der kalten Bude hocken und Angst davor haben, dass der Gerichtsvollzieher kommt, Herr Kollege Bajus, empfinden diese Haltung als blanken Hohn.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hocker. - Jetzt hat sich für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Karsten Becker gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort, Herr Kollege Becker.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Hocker, Sie irren sich, wenn Sie glauben, dass wir in Deutschland, dass wir in Niedersachsen die Energiewende gestalten können, dass wir sie voranbringen können, wenn wir das EEG sturmreif schießen, indem wir es seiner wesentlichen Funktionselemente berauben, nämlich des Vorrangs der Einspeisung regenerativer Energien und der festen Einspeisevergütung. Wir werden damit nicht erfolgreich sein.
Man muss die zentrale Frage stellen: Was brauchen wir gegenwärtig in Deutschland, wenn wir die Energiewende gestalten wollen? - Der Ausbau der regenerativen Energieerzeugung genügt gegenwärtig nicht. Darum müssen wir - das zeigt auch der Vergleich mit anderen europäischen Ländern - diese Funktionselemente des EEG unverändert aufrechterhalten, wenn wir auch in Zukunft einen nennenswerten Zubau gewährleisten wollen, meine Damen und Herren.
Herr Dr. Hocker, Sie haben das Problem, das wir gegenwärtig bei der Diskussion der Energiewende in Deutschland haben, auf den Punkt gebracht. Wir diskutieren nämlich viel zu wenig über die Chancen der Energiewende. Wir diskutieren die Energiewende kaum noch in dem Zusammenhang mit dem Aspekt der Endlichkeit fossiler Energien. Peak Oil ist Realität. Wir haben das Maximum der Förderung fossiler Energieträger erreicht. All das hat Auswirkungen auf die Energiepreise, und das hat
Wir diskutieren in Deutschland auch kaum noch über die enormen wirtschaftlichen Chancen, die eine gelungene Energiewende für dieses Land bedeuten könnte. Vielmehr verengen wir die Diskussion - wie gerade auch von Ihnen gehört - auf die Steigerung der EEG-Umlage. Nun ist das natürlich ein wichtiger Punkt. Aber es ist bei Weitem nicht der einzige.
Gerade in Niedersachsen ergeben sich aus der Energiewende enorme Chancen für Arbeitsplätze, für regionale Wertschöpfung und für Wohlstand. Das zeigt sich insbesondere beim Ausbau der großen dezentralen Energieerzeugungsprojekte, den Offshorewindparks in der Nordsee und in der Ostsee.
Die öffentlichen Investitionen in Offshorehafenstandorte betragen allein in Niedersachsen etwa 250 Millionen Euro, die privaten Investitionen über 500 Millionen Euro. Unternehmen haben bis zum Jahr 2012 trotz schwieriger Rahmenbedingungen bundesweit rund 30 000 Arbeitsplätze in der Branche geschaffen. Allein in den norddeutschen Küstenregionen sind bereits 10 000 neue Arbeitsplätze entstanden.
Meine Damen und Herren! Die Offshorewindindustrie ist eine Jahrhundertchance für die strukturschwache niedersächsische Küstenregion. Aber der Ausbau der Offshorewindenergie kommt nicht voran. Statt der Ausbauplanung von 10 Gigawatt bis 2020 erscheinen bei realistischer Betrachtung gerade noch 6 Gigawatt Einspeisung erreichbar.
Die Entwicklungshemmnisse liegen vorrangig in der fehlenden Gesamtplanung und Koordination durch die Bundesregierung, in der verzögerten Netzanbindung und in ungeklärten Haftungsfragen, meine Damen und Herren.
Diese Unsicherheiten haben mit Beginn des Jahres zu einer Auftragslücke geführt. Die fehlenden Anschlussaufträge haben unmittelbare Folgen. Bereits heute verzeichnen wir einen Verlust von 700 Arbeitsplätzen bei den Nordseewerken in Emden und bei CSC in Cuxhaven. E.ON, RWE, DONG und EnBW schieben Investitionen bei Windparks auf. Investitionen in Höhe von 5 Milliarden Euro befinden sich derzeit in der Warteschleife.
Als kurzfristige Folge sind in Niedersachsen und Bremen 5 000 Arbeitsplätze und bundesweit 18 000 Arbeitsplätze akut gefährdet. Nahezu alle Unternehmen, die ausschließlich oder überwiegend auf die Offshorewindenergie gesetzt haben, sind davon betroffen. Die mittel- und langfristigen Folgen sind dauerhafte Fachkräfteverluste und die Verlagerung von Investitionen nach Großbritannien und Skandinavien. Meine Damen und Herren, gerade als Niedersachsen können wir das nicht wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ohne Offshorewindenergie wird nicht nur die Energiewende nicht funktionieren; wir verspielen auch enorme wirtschaftliche Chancen für Niedersachsen und insbesondere für unsere Küstenregion. Darum darf eine neue Bundesregierung die Energiewende nicht weiter nur vor sich hin verwalten. Die Energiewende muss endlich als Chance für Deutschland begriffen und angepackt werden, meine Damen und Herren.
Nur wenn in der deutschen Nord- und Ostsee bis zum Jahr 2020 ein Ausbaukorridor von 6 Gigawatt installierter Leistung realisiert werden kann, können bestehende Arbeitsplätze erhalten, Folgeprojekte realisiert und Kostensenkungspotenziale für die Zukunft gehoben werden.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. - Jetzt spricht für die Fraktion der CDU der Kollege Abgeordneter Martin Bäumer. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich den Titel des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Aktuellen Stunde gelesen habe, habe ich mich gefragt: Was wollen uns die Damen und Herren der Grünen-Fraktion damit sagen? - Nachdem ich die Redebeiträge von Grünen und SPD gehört habe, muss ich weiterhin fragen: Was wollten Sie uns mit diesem Antrag zur Aktuellen Stunde sagen? - Ich habe nichts Neues
Nun haben wir einen großen Vorteil: Die Bundestagswahl ist vorbei. Das Thema Energie - das haben wir alle zur Kenntnis nehmen können - hat bei dieser Bundestagswahl nicht mehr die Rolle gespielt, die es im Jahr 2009 gespielt hat. Selbst bei den Grünen war es so, dass sie das Thema Energie nicht mehr so weit nach vorn gestellt haben. Die Folgen dieser Arbeit sind bekannt: herbe Verluste bei den Grünen, Rücktritt der gesamten Spitzenmannschaft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit kann ich leben. Aber wir wollen ja über das Thema Energie sprechen. Ich glaube, es wäre in der Tat angezeigt, die wahlkampffreie Zeit dafür zu nutzen, dass wir uns intensiv, aber ohne Ideologie und nüchtern mit den Fakten beschäftigen und gemeinsam dafür sorgen, dass die Energiewende gelingt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeine der Fraktionen hier im Landtag Interesse daran hat, dass die Energiewende scheitert. Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir beim Zubau der erneuerbaren Energien unserem Fahrplan deutlich voraus sind. Herr Bajus, als Osnabrücker wissen Sie, was es bedeutet, wenn der Zug von Hannover nach Osnabrück seinem Fahrplan voraus ist. Dann muss er nämlich irgendwo auf freier Strecke halten und warten, bis er seine Zeit wieder eingeholt hat. Genau so ist das auch hier: Wir müssen aufpassen, dass wir in der Frage, wie schnell wir das Ganze machen, das Problem nicht überreizen.
Dann reden wir auch von stark steigenden Energiepreisen. Ich weiß, dass das einige hier im Saal überhaupt nicht interessiert. Aber es ist schon bemerkenswert, wenn wir in Deutschland Energiepreise von 28 Cent pro Kilowattstunde haben und bei unseren direkten Nachbarn, den Franzosen und den Polen, Preise von 14 oder 13,5 Cent gezahlt werden. Das muss uns nachdenklich machen. Solche Preisunterschiede hält man nicht dauerhaft aus.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Was wollen Sie uns damit sagen? Führen Sie doch einmal aus, welche Konsequen- zen Sie daraus ziehen würden! Un- sinn ist das!)
In 14 Tagen werden wir erleben, dass die Höhe der EEG-Umlage für das Jahr 2014 bekannt gegeben wird. Experten reden schon davon, dass wir statt 5,3 Cent demnächst vielleicht Beträge von 6,5 oder 7 Cent haben werden. In der Summe wird das dazu führen, dass der Strompreis demnächst bei 30 Cent liegen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da gibt es Handlungsbedarf. Sonst ist die Stabilität dessen, was wir tun, gefährdet. Es geht um die Stabilität der Gesellschaft, die sich zunehmend fragt, ob diese Energiewende richtig gemacht wird.
Gefährdet ist dann auch die Stabilität der Energienetze, die mit dem wahnsinnig schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien ihre Probleme haben. Ich hoffe, dass wir auch den kommenden Winter überstehen.
Wir müssen endlich wieder zurück dazu, dass das magische Dreieck von Ökonomie, Ökologie und Sicherheit im Gleichklang ist. Gerade Sie von den Grünen haben in der Vergangenheit das Thema Ökologie stark überbetont, aber auf Ökonomie und Sicherheit überhaupt nicht geachtet.
Nun fragt man sich, wenn uns hier jemand schlaue Dinge erzählt: Was will er denn selber tun? Welchen Beitrag will er leisten? - Ich habe mir vor diesem Hintergrund, Herr Bajus, Ihren Koalitionsvertrag angeschaut. Da habe ich einen sehr schlauen Satz gefunden, der im Grunde ausdrückt, warum wir nicht vorankommen. Sie schreiben auf Seite 85 unter dem Stichwort „Energiewende“:
„Das Gemeinschaftswerk Energiewende muss nach Überzeugung der rot-grünen Koalition von einem organisierten Kommunikationsprozess begleitet werden, der den Dialog mit dem bürgerschaftlichen Engagement, den Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie den Nichtregierungsorganisationen sicherstellt und die Partner miteinander vernetzt.“
(Filiz Polat [GRÜNE]: Das sollten Sie sich einmal zu Herzen nehmen, Herr Bäumer! Ihre Energiewende ist vor die Wand gefahren!)