„Das Erkundungsbergwerk wird bis zu der Standortentscheidung nach dem Standortauswahlgesetz unter Gewährleistung aller rechtlichen Erfordernisse und der notwendigen Erhaltungsarbeiten offen gehalten, sofern der Salzstock Gorleben nicht nach Absatz 1 aus dem Verfahren ausgeschlossen wurde.“
„Das Erkundungsbergwerk wird so lange unter Gewährung aller rechtlichen Erfordernisse (z. B. Verlängerung der Gorleben-Ver- änderungssperre) und der notwendigen tatsächlichen Erhaltungsarbeiten offen gehalten, wie der Standort Gorleben nicht nach dem Standortauswahlgesetz … ausgeschlossen wurde … Mit dem Offenhaltungsbetrieb des Erkundungsbergwerks wird die Verpflichtung, den Standort Gorleben in das Standortauswahlverfahren einzubeziehen, tatsächlich und rechtlich gewährleistet.“
Wenn das für Sie eine so entscheidende und wichtige Frage ist, frage ich mich: Wieso haben Sie dem Kompromiss damals so zugestimmt, obwohl alle diese Fragestellungen zu diesem Zeitpunkt hätten erörtert werden können? - Das lässt für mich nur den Schluss zu, dass Sie hier im Nachhinein versuchen, diesen Kompromiss am Ende doch wieder zu torpedieren und diese Zusammenarbeit und diesen Konsens, den man in Berlin gefunden hat, infrage zu stellen, allein um Ihre grüne Klientel zu bedienen und ein entsprechendes Signal auszusenden.
Es geht auch darum, Misstrauen zu überwinden. Frau Staudte, Sie haben hier eine Rede gehalten, die genau dieses alte Misstrauen fortsetzt. Sie sind nicht in der Lage, diesen neuen Konsens, den man
gefunden hat, als Chance zu begreifen, darauf einzugehen und diese taktischen Spielchen, die Sie hier an dem Beispiel Gorleben betreiben, zurückzustellen. Das ist eine Politik, die ich für verantwortungslos halte. Sie haben in dieser Landesregierung nach wie vor keine geklärte Position zum neuen Standortauswahlgesetz, zur Endlagersuche. Und das ist im Hinblick auf die Herausforderungen unverantwortlich.
Danke schön, Herr Dr. Birkner. - Für die Landesregierung, wenn ich das richtige deute, hat sich noch einmal der Umweltminister gemeldet. Herr Wenzel, Sie haben das Wort. - Ich weise darauf hin, dass das Redezeitkontingent der Landesregierung eben schon leicht überschritten wurde. Es gibt dazu ja eine bestimmte Vereinbarung. Selbstverständlich haben Sie das Wort, aber es könnte Redezeiten für andere auslösen. Bitte sehr!
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte nur klarstellend darauf hinweisen, Herr Dr. Birkner, dass selbstverständlich auch eine Verlängerung der Veränderungssperre möglich wäre. Ob die Voraussetzungen dann dafür vorliegen, müsste im Einzelfall geklärt werden. Aber für den Rahmenbetriebsplan besteht ohne Zweifel keine Rechtsgrundlage mehr, nachdem das Standortauswahlgesetz beschlossen wurde. Das hat im Übrigen auch das Lüneburger Verwaltungsgericht so gesehen. Das ist im Grunde eine Instanz, die sich das auch praktisch von außen angesehen hat. Das wollte ich nur noch einmal klarstellen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Wenzel, dann habe ich aber noch eine Frage: Warum schreiben Sie dann in Ihrer Pressemitteilung, in der es um die Rücknahme und die Aufhebung des Rahmenbetriebsplans geht, dass das Landesbergamt das auf Anweisung des Ministeriums getan hat? - Das würde mich wirklich interessieren, weil Sie so den Eindruck erwecken, als sei das eine einheitliche Rechtsposition, die von allen Beteiligten geteilt wird.
Wenn ein Ministerium in eine Pressemitteilung „auf Anweisung“ schreibt, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass es in der nachgeordneten Behörde auch andere Auffassungen gibt. Deshalb ist es, meine ich, ein bisschen einfach - es sei denn, ich täusche mich in dieser Interpretation -, es so darzustellen, als wäre das alles ganz, ganz selbstverständlich, um damit den Eindruck zu erwecken, hier ginge es ja lediglich um einen Rechtsvollzug - darüber kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein, das kann man so oder so sehen -, und zu überdecken, dass es hier um Politik geht. Sie senden politische Signale aus, um letztendlich Ihre Klientel zu befriedigen und nicht, um eine konstruktive Politik im Hinblick auf die Endlagersuche zu betreiben.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Birkner, ich habe durchaus mit Juristen gesprochen, die in der Vergangenheit zu dieser Materie sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten haben. In dieser Frage war nach Inkrafttreten des Standortauswahlgesetzes keiner mehr zu finden, der eine andere Position vertreten hatte, vielleicht mit Ausnahme eines Juristen im BMU.
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir zu Punkt 2 a der Aktuellen Stunde nicht mehr vor, sodass ich die Besprechung schließe.
Persönlichkeitsrechte stärken - maßloses Datensammeln stoppen! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/853
Hier liegt ebenfalls eine Wortmeldung von Herrn Dr. Birkner vor. Dann haben Sie auch gleich das Wort, Herr Dr. Birkner. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat starten, und zwar wie folgt:
„Im Mittelpunkt der grundgesetzlichen Ordnung stehen Wert und Würde der Person, die in freier Selbstbestimmung als Glied einer freien Gesellschaft wirkt. Ihrem Schutz dient... das... allgemeine Persönlichkeitsrecht... Es umfasst auch die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.“
Meine Damen und Herren, dieses Zitat stammt aus der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dem sogenannten Volkszählungsurteil aus dem Jahr 1983, das sich damit in diesem Jahr zum 30. Mal jährt. Es stammt somit aus einer komplett anderen Zeit, in der von einer breiten Anwendung des Internets, der Fähigkeit, massenweise Daten unbemerkt zu erheben, zu übertragen und auszuwerten, noch keine Rede sein konnte. Anlass war damals das Volkszählungsgesetz, mit dem zu statistischen Zwecken auf gesetzlicher Grundlage personenbezogene Daten erhoben werden sollten.
Im Lichte des bekannt gewordenen maßlosen Sammelns personenbezogener Daten durch ausländische Nachrichten- und Geheimdienste, aber auch durch private Unternehmen und der heutigen Bedeutung der elektronischen Daten für uns mutet der Anlass der damaligen politischen und rechtlichen Diskussionen und Entscheidungen geradezu lächerlich an.
Heutzutage sind alle Lebensbereiche von elektronischen Medien durchdrungen und von Daten geprägt. Selbst wer sich dem entziehen wollte, kann es am Ende nicht; denn ohne sich an diesen Pro
Die bekannt gewordenen Aktivitäten und Bemühungen von ausländischen Nachrichtendiensten, diese Datenerhebungen und Datenverkehre mehr oder minder komplett zu erfassen, zu speichern und auszuwerten, sind ein ungeheuerlicher maßloser Angriff auf unsere freiheitliche demokratische Grundordnung.
Meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 1983 festgestellt: Wenn Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß, führt dies letztlich zu einem angepassten Verhalten, was eben nicht nur die individuelle Entfaltungsmöglichkeit beschränkt, sondern eben am Ende auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine grundlegende Voraussetzung für ein auf die Handlungs- und die Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger gegründetes Gemeinwesen ist.
Die Befürchtungen, die in dem Jahr 1983 vom Bundesverfassungsgericht geäußert worden sind, sind heute längst übertroffen worden. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass es hier nicht - wie beim Volkszählungsurteil - um eine deutsche Behörde ging, sondern um ausländische Dienste. Denn am Ende müssen wir gerade in einer globalisierten und vernetzten Welt dafür sorgen, dass Datenschutz ein internationaler Anspruch ist, der an Staatsgrenzen kein Stopp und kein Halt machen kann.
Das berechtigte Anliegen, Terrorismus zu bekämpfen und Sicherheit zu wahren, darf nicht jedes Mittel rechtfertigen und darf auch nicht dazu führen, dass die Bürgerrechte ausgehöhlt werden.
Auch im internationalen Kontext, und nicht nur in unserer nationalen Diskussion, bedarf es einer neuen Justierung des Verhältnisses von Freiheit und Sicherheit; denn nicht alles, was man tun kann, um die Sicherheit zu gewährleisten, darf man auch tun, will man nicht am Ende das, was man schützen will, infrage stellen und gefährden, nämlich unsere freiheitliche Gesellschaft.
Letztlich, meine Damen und Herren, kommt es darauf an, auf europäischer Ebene einheitliche Standards für den Datenschutz zu schaffen. Die Datenschutz-Grundverordnung und die Richtlinie zur Cyber-Sicherheit müssen so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden. International,
über Europa hinaus, müssen einheitliche Standards gefunden werden, die auch für private Unternehmen zu gelten haben.
Aber auch auf nationaler Ebene, meine Damen und Herren, besteht Handlungsbedarf. Wir brauchen eine weitere Sensibilisierung der Bürger und insbesondere auch der Unternehmen beim Umgang mit ihren Daten. Wir müssen die Diskussion über Freiheit und Sicherheit intensiv führen. Für die FDP - das wissen Sie - gehört dazu, dass wir Abstand von der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung nehmen, die auch in diesem Kontext zu sehen ist.
In diesem Zusammenhang ist auch zu überlegen, wie wir die Reform des Verfassungsschutzes voranbringen können. Denn der Verfassungsschutz hat auch die Aufgabe der Spionageabwehr. Deshalb gehört es auch dazu, ihn in die Lage zu versetzen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass er nicht nur Telefone von Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sowie Kanzlerinnen und Kanzlern, sondern auch Unternehmerinnen und Unternehmer effektiv vor Spionage schützen kann. Hierfür muss Sorge getragen werden.
Deshalb komme ich auch hierbei darauf zurück: Gerade auch mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen ist es notwendig, eine breite öffentliche Diskussion darüber zu führen, was der Verfassungsschutz machen können soll und machen muss. Dafür bietet sich das Parlament an und nicht eine Kommission, wie sie der Innenminister eingesetzt hat.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Jetzt hat sich für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Maximilian Schmidt gemeldet. Herr Kollege Schmidt, Sie haben das Wort.
Guten Morgen, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Persönlichkeitsrechte stärken - maßloses Datensammeln stoppen!“ Diese Überschrift ist wunderbar; wir sollten sie einfach beschließen, gleich jetzt und hier. Damit ist allerdings noch kein
Wir erleben nämlich in der Debatte über den Datenschutz und noch mehr in der Debatte über die Frage, wie sich Staaten auf die Herausforderungen im Zeitalter der Informationsgesellschaft einstellen, vielfach einen Diskurs, der lediglich in Überschriften geführt wird. „Mehr Datenschutz“ sagen die einen, „mehr Sicherheit“ die anderen, am liebsten beides. Nur ändert sich nichts. Währenddessen erfahren wir täglich Neues aus einer Parallelgesellschaft, die sich zweifelsohne gebildet hat. NSA und andere staatliche Geheimdienste speichern einfach alles - „full take“ nennt man das. Jede Kommunikation wird abgespeichert, alles wird mitgenommen, und zwar ohne unser Wissen.
Zugleich leben wir in einer Zeit, in der wir die Erhebung von Daten letztlich auch als Annehmlichkeit empfinden. „Big Data“ sorgt u. a. dafür, dass uns bei Amazon Bücher zum Kauf empfohlen werden, die uns gefallen könnten; Daten werden aggregiert, Nutzerprofile erstellt. Als Kunden wird uns mithilfe von Daten alles annehmlich, mithin bequem gemacht - ebenfalls ohne unser Wissen.