Warum scheuen Sie sich denn davor, die Verantwortung in eine höhere Instanz zu geben, um gar nicht erst den Anschein zu erwecken, dass eine nicht neutrale Instanz darüber entscheidet und damit die Landkreise in eine Situation gebracht werden, die eher schädlich ist? Denn es entsteht der Eindruck, hier werden Interessen miteinander
Wir haben auch einen eigenen Vorschlag gemacht, nämlich dass künftig eine Landesbehörde zuständig ist, etwa die Gewerbeaufsichtsämter. Warum sollen nicht diese darüber entscheiden? - Wenn vor Ort eine private Sammlung stattfinden soll, aber die Kommune dies untersagen will, weil ihr eigener Abfallentsorgungsbetrieb davon profitieren würde, dann sollte eben nicht die Kommune, sondern die Gewerbeaufsicht entscheiden. Das ist ein aus unserer Sicht sehr pragmatisches, transparentes und praktikables Verfahren.
Ich will dazu noch ganz kurz ergänzen: Durch dieses Vorgehen ist klar, was gewollt ist bzw. künftig passieren wird. Künftig werden private Sammlungen - es gibt ja einzelne Fälle in Niedersachsen - untersagt, damit die eigenen Wirtschaftsbetriebe der Kommunen das übernehmen. Dadurch werden bewährte private Sammler zerstört, beispielsweise in Oldenburg die Firma Heine, die in der Arge sitzt, in Holzminden die Firma Wessarges, die das seit 20, 30 Jahren bewährt macht. Da wird einfach gesagt: Weg mit euch! - Das sind keine Rosinenpicker!
Das sind welche, die das unabhängig von den Preisentwicklungen kontinuierlich und verlässlich zur Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger durchgeführt haben.
Da ist bei Ihnen nichts von Bürgernähe zu spüren, sondern Sie haben überhaupt nicht darauf geachtet, was die Bürger wollen. Fragen Sie einmal in Oldenburg die Menschen, was da los ist! Die wollen, dass das so weitergeht. Stattdessen sagt die Kommune einfach: Die schmeißen wir hinaus.
Der zweite Punkt ist auch bemerkenswert: Kostentransparenz. Ich verstehe gar nicht, was Sie gegen Kostentransparenz haben. Bei jeder Gelegenheit predigen Sie uns, dass Sie für Transparenz sind. Die Kostentransparenz dient doch nicht dazu, irgendeine Kommune oder einen Landkreis zu ärgern. Auch sollte Ihre Politik nicht im Mittelpunkt haben, Kommunen irgendwelche Gefallen zu tun. Es geht um die Bürgerinnen und Bürger. Diese stehen im Mittelpunkt!
Die Kostentransparenz dient dazu, sicherzustellen, dass die Kostenstrukturen, die in der Abfallentsorgung sind, öffentlich werden, dass ein Vergleich möglich wird, dass man effizienter wird, und zwar im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb haben wir überhaupt kein Verständnis dafür, dass hier einfach gesagt wird: „Das hat sich nicht bewährt; darüber gehen wir hinweg; die Kommunen wollen das, also machen wir das“ und völlig außer Acht gelassen wird, wozu dieses Instrument dient, nämlich zur Schaffung von effizienten Strukturen.
Danke, Herr Dr. Birkner. - Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ansgar-Bernhard Focke für die CDUFraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von meinen Vorrednern sind schon viele einleitende Worte gesagt worden. Das will ich nicht wiederholen.
Im Zuge der Beratung zeichneten sich bei den Fraktionen in den allermeisten Punkten zunächst ein breiter Konsens und eine Übereinstimmung über den Inhalt des Gesetzentwurfs ab. Aber die Anhörung im Umweltausschuss hat dann doch den einen oder anderen handwerklichen Fehler bzw. die eine oder andere Schwäche des Gesetzentwurfs offengelegt. Insbesondere die Expertise des Juristen der Unternehmerverbände Niedersachsen hat rechtliche Fragestellungen aufgeworfen. Meine Damen und Herren, wir haben diese Hinweise ernst genommen.
Der ursprüngliche Wortlaut des strittigen § 42 Abs. 4 des Niedersächsischen Abfallgesetzes löst die Neutralitätsproblematik, die durch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg aufgedeckt wurde, nicht. Er wurde dann entsprechend geändert. Auch mithilfe des GBD wurde hier handwerklich noch nachgearbeitet.
In der Anhörung wurde aber auch ein druckfrisches Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vorgelegt, das die Problematik der organisatorischen
Trennung innerhalb einer Behörde aufgreift. Die Region Hannover hatte die gewerbliche Sammlung von Abfällen durch ein privates Entsorgungsunternehmen untersagt, weil der kommunale Zweckverband aha der Region Hannover die Abfallentsorgung durchführen sollte. Das Urteil ist eindeutig: Die Region Hannover hat durch eine Verknüpfung der unteren Abfallbehörde mit dem kommunalen Entsorgungsunternehmen aha die Neutralitätspflicht verletzt - ein peinlicher Vorgang für den Regionspräsidenten Hauke Jagau und seine Behörde. Er hatte seine Verwaltung nicht richtig strukturiert, meine Damen und Herren.
Auch darauf haben wir im Ausschuss hingewiesen. Wie erwähnt, wurde mithilfe des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes bei den handwerklichen Schwächen des Gesetzentwurfs nachgebessert, aber die rechtliche Frage der Auswirkung einer Auftragserteilung bzw. einer Untersagung von gewerblichen Sammlungen von Abfällen konnte nicht abschließend geklärt werden. Die Regierungsfraktionen waren leider nicht bereit, diese Frage noch zu klären, und haben den Gesetzentwurf zur Abstimmung gestellt, was folgerichtig zu unserer Enthaltung im Ausschuss führte.
Unser Ziel als CDU-Fraktion ist es, ein rechtssicheres Gesetz mit auf den Weg zu bringen. Die Gerichtsurteile und die Ergebnisse der Anhörung machen uns aber Bauchschmerzen. Es geht darum, den Kommunen eine rechtssichere Arbeitsgrundlage zu geben und sie vor einer möglichen Klageflut zu bewahren. Auf der anderen Seite muss es aber auch eine faire Chance für private Entsorgungsunternehmen geben, sich bei gewerblichen Sammlungen von Abfällen zu betätigen.
Nach nochmaliger Rücksprache mit den kommunalen Spitzenverbänden gehen wir davon aus, dass die Landkreise und kreisfreien Städte ihre Verwaltung so strukturiert haben, dass die Wahrung der Neutralität gewährleistet ist und der peinliche Vorgang in der Regionsverwaltung ein bedauerlicher Einzelfall bleibt.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf heute daher zu, weisen aber noch einmal auf den wichtigen Punkt der Neutralitätswahrung hin. Das, meine Damen und Herren, sollten wir im Auge behalten.
Vielen Dank, Herr Kollege Focke. - Das Wort hat jetzt die Landesregierung. Für sie spricht Herr Umweltminister Wenzel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf enthält zum überwiegenden Teil lediglich redaktionelle Anpassungen des Niedersächsischen Abfallgesetzes an das Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes und ferner eine Präzisierung der Regelung über die sogenannte Beteiligung in eigener Sache, die aufgrund der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts notwendig ist.
Die wichtigste Änderung in dem Gesetz ist damit der überarbeitete § 42 Abs. 4. Die sogenannte Interessenkollisionsnorm regelte bisher, dass anstelle der kommunalen unteren Abfallbehörde die oberste Abfallbehörde, also das Umweltministerium, zuständig ist, wenn die untere Abfallbehörde in eigener Sache beteiligt ist. Das Oberverwaltungsgericht hat eine solche Interessenkollision angenommen, wenn ein Landkreis in seiner Funktion als untere Abfallbehörde darüber zu entscheiden hätte, ob er sich selbst in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger vor der Konkurrenz gewerblicher Sammler schützt.
Diese Auslegung des Oberverwaltungsgerichts führt aber dazu, dass es in vielen Fällen - nicht nur bei den Anzeigen gewerblicher Sammlungen, Herr Dr. Birkner - zu Zuständigkeitswechseln kommen kann. Die Zuständigkeit hängt dann vielfach von Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Eine derartige Zuständigkeitsregelung wäre in der Vollzugspraxis nicht praktikabel.
Die Kollisionsnorm selbst ist vor dem Urteil nur in sehr wenigen Einzelfällen zur Anwendung gekommen. Sie wurde angewendet, wenn der Landkreis oder die Stadt Adressat eines Verwaltungsaktes der eigenen unteren Abfallbehörde gewesen wäre. Die neue Fassung des § 42 Abs. 4 soll sicherstellen, dass ein Zuständigkeitswechsel nur dann vorliegt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Antragsteller oder Adressat eines Verwaltungsverfahrens seiner unteren Abfallbehörde ist. Der Hauptanwendungsfall der Kollisionsnorm war in den vergangenen Monaten die Bearbeitung der
Anzeigen gewerblicher Abfallsammlungen. Aus meiner Sicht ist es richtig, wenn die Kommunen vor Ort wieder über derartige Anzeigen entscheiden und solche Dinge möglichst dezentral abgewickelt werden. Allerdings müssen sie dabei die Neutralitätspflichten beachten und dazu eine organisatorische und personelle Trennung der beiden Aufgabenbereiche sicherstellen.
Herr Minister, darf ich Sie kurz unterbrechen? - Hier herrscht ein ziemlich lautes Volksgemurmel. Die in den Sitzungssaal kommenden Kolleginnen und Kollegen haben irgendwelche Mitteilungen zu machen. Das sollten Sie aber nicht tun, während hier Herr Minister Wenzel redet. Er hat im Augenblick das Wort. - Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Die kommunalen Spitzenverbände haben in der Anhörung im Umweltausschuss erklärt, dass sie sich dessen sehr wohl bewusst sind. Deshalb bin ich auch zuversichtlich, dass die erforderlichen Maßnahmen kurzfristig getroffen werden, soweit dies noch nicht geschehen ist. Insofern, Herr Dr. Birkner, sehe ich für Ihre Bedenken keine Grundlage.
Umso mehr freue ich mich aber, dass sich die CDU-Fraktion entschlossen hat, die Novelle des Niedersächsischen Abfallgesetzes zu unterstützen und ihr heute zuzustimmen.
Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer diese so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Wer auf der Basis der Empfehlungen in der Drucksache 17/834 diesen Gesetzentwurf beschließen will, den darf ich bitten, sich vom Platz zu erheben. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Enthaltungen? - Dann ist das Gesetz mit großer Mehrheit so beschlossen.