Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen und Zurufe bei der SPD und bei den Grünen - Unruhe)

Vielen Dank, Herr Hocker. - Meine Damen und Herren, ich darf um etwas Ruhe bitten. - Jetzt hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Volker Bajus gemeldet. Herr Bajus, Sie haben das Wort!

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Mach das nicht so locker vom Hocker wie er gerade!)

Ich befürchte, auch dann verstehen sie es nicht.

(Zuruf von der CDU: Jetzt kommt mal wieder runter!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen ist das Land der Energiewende - kein Zweifel.

Unser Ziel - 100 % Klimaschutz durch den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien - ist ähnlich ambitioniert wie das, was sich auch die abgewählte Bundesregierung mal vorgenommen hatte. Leider stand das, was da im Bund aufgeschrieben wurde, aber nur auf dem Papier. In der Praxis hat das schlechte Management von Schwarz-Gelb die Energiewende ausgebremst und

damit Boombranchen wie Offshorewindenergie in schwere See gebracht;

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

ausgerechnet Offshorewind - die erneuerbare Energie, der eine Schlüsselrolle zukommt. Mehr Volllaststunden, stetigerer Ertrag, weniger Flauten, also eine bessere Versorgungsstruktur - das waren damals die Gründe für die ambitionierten Ziele im Bund. 10 GW Leistung bis 2020, bis 2030 gar 25 GW.

Im Vertrauen darauf wurde kräftig investiert. Regionale Wirtschaft und öffentliche Hand sind für Produktionsanlagen, Häfen, Netzausbau und Qualifikation mächtig in Vorleistung gegangen. In kürzester Zeit entstanden 5 000 qualifizierte Arbeitsplätze im Norden und sorgten an der Küste für neue Hoffnung.

Lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Birkner zu?

Nein, ich komme sonst wieder mit der Zeit nicht hin, das kenne ich schon bei mir.

(Zurufe von der FDP und von der CDU)

Das wird länger gerechnet.

Inzwischen deckt Niedersachsen die komplette Wertschöpfungskette von Entwicklung, Produktion, Installation und Wartung ab. 800 Millionen Euro Umsatz jährlich werden erwirtschaftet, und hier ist noch erhebliches Wachstumspotenzial, wenn man denn politisch wollte. Denn bis heute sind bloß 0,5 GW realisiert, lediglich 2,1 GW im Bau, und nur ein weiteres Gigawatt ist durchfinanziert. Die Bilanz: ein Fiasko! So, meine Damen und Herren, ging das in der Tat nicht weiter.

Zum Glück steht die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger weiter hinter der Energiewende. All das Schlechtreden, wie wir es gerade wieder gehört haben, all die Kostenpropaganda verfangen eben nicht. So werden Ausbaubremsen wie die FDP einfach nicht mehr in den Bundestag gewählt.

Die Bürgerinnen und Bürger wissen: Wenn zukünftig die fossilen Energiepreise weiter steigen, werden die Preise bei uns dank moderner Windmühlen langfristig sinken. Die Investitionen von heute garantieren die sichere und günstigere Stromversorgung unseres Wirtschaftsstandortes morgen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das, was wir hier bauen, wird in anderen Regionen der Welt nachgefragt. Deswegen ist das Bekenntnis zur Offshoreenergie der Großkoalitionäre in Berlin jetzt ein wichtiges energiepolitisches Signal.

(Zustimmung von Susanne Menge [GRÜNE])

Dieser Erfolg ist auch und gerade dem Einsatz unserer Landesregierung zu verdanken. Mit der sogenannten Kleinen Energierunde haben Stephan Weil und Stefan Wenzel gleich nach der Bundestagswahl Handlungsempfehlungen für eine Energiewende 2.0 vorgestellt. Gerade weil diese Runde sehr breit aufgestellt war mit Politik, Wirtschaft, Umweltverbänden und Wissenschaft, konnte dieses Statement in Berlin nicht einfach aus parteitaktischen Gründen ignoriert werden. Auf diese Weise mit guten Argumenten ausgestattet, sind unser Ministerpräsident Stephan Weil und unser Wirtschaftsminister Olaf Lies in die Verhandlungen gegangen. Sie haben für die Offshorebranche ordentlich etwas erreicht. Dafür an dieser Stelle herzlichen Dank!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Dr. Hocker, lassen Sie mich sagen: Ein bisschen Abfeiern darf sein, wenn dabei etwas herausgekommen ist. Bei Ihrer Politik kommt ja offensichtlich nichts heraus. Dann müssen Sie sich nicht wundern, wenn wir Sie nicht loben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

2020 sollen es nun 6,5 GW Leistung sein. Das ist ein realistisches und immer noch sehr ambitioniertes Ziel. Die Verlängerung des Stauchungsmodells ist zweifelsohne sehr wichtig dafür. Beides muss jetzt aber auch so schnell wie möglich rechtlich abgesichert werden; denn die Branche braucht verbindlichere Zusagen.

(Ulf Thiele [CDU]: Wissen Sie, dass Ihre Parteifreunde in Berlin genau das kritisiert haben?)

Aber das alles kann nur ein Zwischenschritt sein. Eine wirklich nachhaltige Wirtschaftspolitik braucht Weitblick und langen Atem. Das Erschließen des Offshorepotenzials ist ein Dauerlauf, kein Sprint. Wir brauchen ehrgeizige Ziele weit über 2020 hinaus. Die Verlängerung des Stauchungsmodells allein wird uns nicht über die Ziellinie tragen. Den Ausbau bis 2030 auf nur zwei Windparks pro Jahr zu begrenzen, meine Damen und Herren, wird nicht reichen. Hier muss noch geliefert werden. Hier ist Berlin gefragt.

Auch mit dem Aussitzen des Themas Bundesnetzgesellschaft, dem faktischen Ausstieg aus der PVFörderung und dem Ausbremsen - das ist für Niedersachsen wirklich schwer hinzunehmen - von Onshorewind bleibt die Große Koalition weit hinter den Hoffungen zurück. Vom Klimaschutz wollen wir an dieser Stelle lieber gar nicht erst reden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns dafür sorgen, dass das gute Offshoresignal in Berlin nur die erste Etappe war, und lassen Sie uns von Niedersachsen aus in Berlin noch mehr für die Energiewende tun! Machen wir das gemeinsam für unser Land!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. Das war auch zeitlich eine Punktlandung.

Jetzt ist für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Martin Bäumer dran. Herr Bäumer, Sie haben das Wort. Bitte sehr!

(Petra Tiemann [SPD]: Jetzt habe ich einen Verdacht!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe meinen Vorrednern von SPD und Grünen sehr genau zugehört. Aber ehrlicherweise muss ich sagen: Mir erschließt sich nicht, worin die Aktualität dieser Aktuellen Stunde liegt.

(Johanne Modder [SPD]: Das wundert uns nicht!)

Aber nachdem ich das sehr genau analysiert habe, habe ich schon den Verdacht:

(Heiterkeit bei der SPD - Zurufe von der SPD: Hey! Hey!)

Es ging weniger darum, uns zu überzeugen, sondern vielmehr darum, etwas für das Binnenklima von SPD und Grünen zu tun.

(Johanne Modder [SPD]: Was, noch mehr?)

Denn in den vergangenen Wochen konnte man doch feststellen, dass die Stärke für die Offshorewindenergie nicht bei allen Beteiligten mit einer solchen fundamentalen Kraft vorhanden war, wie Sie uns das heute hier glauben machen wollen. Denn der Ministerpräsident Stephan Weil hat, als sich die ersten Ergebnisse abzeichneten, die nicht so positiv waren, noch in der HAZ vom 12. November 2013 die Kappung der Offshorewindenergie verteidigt. Er hat damals gesagt - ich zitiere -:

„Die Energiewende muss bezahlbar bleiben. Deshalb sind Anpassungen in diesem Bereich gut vertretbar.“

Während Wirtschaftsminister Lies daraufhin betonte, man werde versuchen, das Beste für die maritime Wirtschaft in Niedersachsen herauszuholen, twitterte seine Staatssekretärin Behrens - ich zitiere -:

„Fatale Fehlentscheidungen zur Energiewende zeichnen sich ab. Meine Stimme gibt es dafür nicht.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass dem Emder Landtagsabgeordneten Hans-Dieter Haase bei so viel Kakophonie der Kragen geplatzt ist. Nur so ist zu erklären, dass er laut Ostfriesen-Zeitung vom 14. November 2013 von Ministerpräsident Weil und von Wirtschaftsminister Olaf Lies mehr Einsatz für die Windenergie forderte. In der Ostfriesen-Zeitung wird er mit folgenden Worten zitiert:

„Nach Ansicht des Emders wird vor allem die Offshorebranche bei den laufenden Verhandlungen … ‚nicht ausreichend berücksichtigt’.“

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das En- de einer langen Karriere!)

Anschließend kam es zu einem Kompromiss. Interessanterweise wurde auch dieser Kompromiss von Herrn Weil und Herrn Lies als ebenso wegweisend gelobt.

Ich kann feststellen: Bei schwankender Energieeinspeisung scheint es zumindest in diesem Punkt eine rhetorische Grundlast zu geben. Egal, wie das Verhandlungsergebnis in Berlin ist: Ministerpräsi

dent und Wirtschaftsminister loben stets das, was hinten herauskommt.