Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

Danke schön. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Limburg, zu Ihren letzten Sätzen möchte ich gerne noch etwas sagen. Die JVA Bremervörde ist als PPP-Projekt gebaut worden. Sie ist in Betrieb genommen worden. Dort arbeiten außerordentlich engagierte und motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die Justizministerin ist vor Ort gewesen und hat sich davon überzeugen können, wie hervorragend das Konzept klappt. Ich bin zutiefst davon überzeugt, wenn wir in einigen Jahren einmal evaluieren, welche hervorragende Arbeit in der Justizvollzugsanstalt Bremervörde geleistet wird, dann werden Sie erkennen, dass das Modell Zukunft hat und dass es genau richtig gewesen ist, dieses Projekt zu diesem Zeitpunkt aufzulegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Limburg möchte erwidern. Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Kollegin RossLuttmann, zunächst einmal gibt mir Ihre Kurzintervention Gelegenheit, noch etwas anzufügen. Ich schließe mich selbstverständlich dem Dank und der Anerkennung, den sowohl Frau SchröderEhlers als auch Sie für die Bediensteten in der niedersächsischen Justiz zum Ausdruck gebracht haben, im Namen der Grünen-Fraktion aus vollem Herzen an.

Aber jetzt zu Ihrer konkreten Anmerkung zu Bremervörde. Zum einen habe ich überhaupt nicht bestritten - auch die Justizministerin hat dies nie getan -, dass die Bediensteten der JVA Bremervörde gute Arbeit leisten. Aber wenn Sie jetzt quasi sinngemäß unterstellen würden - so muss ich Ihre letzte Aussage verstehen -, dass sie diese gute Arbeit dort nur leisten können, weil es ein teilprivatisiertes Projekt ist, dann ist das de facto eine scharfe Kritik an den Bediensteten in den staatlichen Anstalten, und das muss ich scharf zurückweisen. Selbstverständlich gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Privatisierungskonstruktion und der guten Arbeit. Die gute Arbeit liegt an den gut ausgebildeten Bediensteten. Diese würden ihre Arbeit aber viel lieber - wenn Sie ihnen zuhören würden, wüssten Sie das, Frau Kollegin RossLuttmann - in rein staatlichen Anstalten leisten. Das wird Rot-Grün dann auch im Jahre 2023, glaube ich, wenn der Vertrag ausläuft, umsetzen. Dann wird auch diese teilprivatisierte Anstalt Geschichte werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Bernd Busemann [CDU]: Die Frage ist nur, ob Ihr Vertrag so lange läuft!)

Meine Damen und Herren, es kommt jetzt die zweite Runde, die von drei Fraktionen angekündigt wurde, nämlich mit Einzelbeiträgen zu den Themen Justizvollzug und Straffälligenhilfe. Da halten wir die gleiche übliche Reihenfolge ein. Es beginnt für die CDU-Fraktion der Kollege Deppmeyer.

(Zuruf von Otto Deppmeyer [CDU])

- Herr Kollege Deppmeyer, das müssen wir nicht diskutieren. Beim Haushalt beginnt immer die größte Oppositionsfraktion, und für die haben Sie sich gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Wir wissen, mit dem Präsidium kann man nicht diskutieren. Darum akzeptiere ich das natürlich.

(Axel Brammer [SPD]: Wenn du nicht willst, mache ich das! - Heiterkeit)

Zu Beginn möchte ich an das erinnern, was Frau Schröder-Ehlers eingangs gesagt hat. Sie hat festgestellt, wie schön ruhig hier diskutiert wird. Wir beide kommen ja aus dem Landwirtschaftsaus

schuss, und interessanterweise haben wir beide uns - man höre! - vor 35 Jahren im Bereich der Landjugendarbeit kennengelernt. So lange arbeiten wir schon gemeinsam.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Dann haben Sie im Kindergarten angefangen!)

- Ja. Sie hat mit fünf angefangen.

Meine Damen, meine Herren, Justizvollzug und Straffälligenhilfe - so lautet der Name des Unterausschusses, und dieser Unterausschuss macht natürlich das, was in seinem Namen steht.

Im Justizvollzug hat es in den vergangenen Jahren sehr viele Veränderungen gegeben. Das haben Sie alle sicherlich miterlebt. Sie haben miterlebt, dass z. B. beim Jugendvollzug Ausbildung und Erziehung oder beim Erwachsenenvollzug die Resozialisierung eine immer größere Rolle spielen, und dies, weil wir die Aufgabe haben, zu resozialisieren, um die Leute in ein normales Leben und, wenn es geht, auch in ein normales Berufsleben zurückzuführen. Zehn Jahre lang wurde in diesem Politikbereich viel verändert, viel geschaffen, zugunsten der Betroffenen.

In diesen zehn Jahren wurde z. B. auch die Anstalt in Bremervörde gebaut. Sie hat in der Diskussion eben schon eine Rolle gespielt. Ich verstehe nicht, warum die Grünen schon heute wissen, was sich in zehn Jahren als Ergebnis feststellen lässt, schon heute wissen, dass diese andere Art und Weise der Trägerschaft schlecht ist. Ich glaube, Sie haben große Angst davor, dass das Ergebnis auch umgekehrt ausfallen kann. Darum legen Sie sich schon heute fest. Dafür habe ich kein Verständnis. Wir haben lange genug Zeit, um dieses zu betrachten und anschließend festzustellen, welche Entscheidung die richtige ist.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Grant Hendrik Tonne [SPD])

Verändert hat sich in den letzten Jahren auch der Umgang mit jenen, für die wir in Rosdorf gebaut haben. In Rosdorf ist eine neue Haftanstalt in sehr kurzer Zeit errichtet worden. Diese ist zur Sicherungsverwahrung für 12 Monate und für 45 Plätze aufgebaut worden. Auch hier hat Niedersachsen sehr schnell und richtig gehandelt, und hier haben wir das, was uns das Bundesgericht vorschreibt, sehr schnell umgesetzt.

Interessant ist die Veränderung der letzten Jahre vor allen Dingen hinsichtlich der Belegung unserer Haftanstalten. Ich darf darauf verweisen, dass

diese vor zehn Jahren mehr oder weniger voll, wenn nicht überfüllt waren.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Deppmeyer, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Es war bisher eine außerordentlich ruhige Debatte. Aber jetzt kommt wieder eine gewisse Grundunruhe im Saal auf. Ich bitte Sie, sich ein bisschen zurückzuhalten. Im Moment spricht der Kollege Deppmeyer!

In diesen zehn Jahren hat sich die Belegung der Haftanstalten von einer 100-%-Belegung auf eine Belegung zu 80 % zurückentwickelt, in konkreten Zahlen ausgedrückt: von rund 7 000 auf 5 200. Dies ist eine sehr positive Entwicklung, über die wir uns freuen und die deutlich macht, dass der Vollzug und die gesamte Gerichtsbarkeit, aber auch alles, was darum herum arbeitet, erfolgreich gearbeitet haben. Damit wurde erstens die Möglichkeit geschaffen, Kosten zu sparen. Vor allen Dingen wurde dadurch zweitens aber auch den Mitarbeitern in den Haftanstalten die Möglichkeit gegeben, sich intensiver mit den Inhaftierten zu befassen und so am Ende bessere Ergebnisse zu erzielen.

Wichtig ist, dass wir die Möglichkeiten, die wir durch die geringeren Haftzahlen haben, in vernünftige Arbeit umsetzen, d. h. dass wir die Chancen, die wir in den größeren Haftanstalten haben, auch nutzen. Eine Möglichkeit zeigte sich bei den Problemen, die wir in diesem Jahr in BraunschweigWolfenbüttel hatten. Wir konnten sofort reagieren und die Untersuchungshäftlinge nach Uelzen verlegen. Dies wäre nicht möglich gewesen, wenn wir z. B. Bremervörde nicht gebaut hätten.

Meine Damen, meine Herren, ich verweise darauf, dass die Mittel, die Sie aufgrund der guten Haushaltslage in Niedersachsen jetzt als Sondermittel z. B. für Tündern zur Verfügung stellen, dort völlig richtig eingesetzt werden. Ich verweise aber auch darauf, dass wir seit Jahren in Tündern umbauen und renovieren und es durchaus vernünftig ist, diese Mittel jetzt nicht in einen Fonds zu geben, der zum nächsten Wahlkampf in vier Jahren verbraucht wird, sondern dass diese Mittel zum Nutzen der Bürger in unserem Lande jetzt zügig umgesetzt werden sollten.

Veränderungen haben in allen Bereichen unserer Haftanstalten stattgefunden. Interessant und auch bedenklich ist in diesem Zusammenhang, dass die

Zahl der älteren Häftlinge immer weiter zunimmt. Dies gilt es zu beachten, und darauf ist sicherlich auch zu reagieren. Das Gute dabei ist aber, dass die Zahl der jüngeren Häftlinge deutlich schneller abgenommen hat. Ich hoffe, dass sich dies aufrechterhalten lässt und dass wir das auch in den Folgejahren zugunsten der gesamten Resozialisierung nutzen können. Die Reserven, die sich hierdurch bei den Mitarbeitern theoretisch bilden, sind zu erhalten, weil niemand weiß, was morgen oder übermorgen oder im nächsten Jahr ist. Die Zahlen der Häftlinge schwanken sehr, hierauf muss man reagieren können, und man muss auch in der Lage sein, vernünftig hierauf zu reagieren. Es darf nicht wieder so sein wie vor zehn Jahren, als die Haftanstalten überfüllt waren.

Meine Damen, meine Herren, wir setzen immer mehr für die Sicherheit ein. Die CDU schlägt vor, Stellenhebungen von A 8 auf A 9 oder von A 9 auf A 9 plus vor allen Dingen bei den Werkmeistern in unseren Haftanstalten vorzunehmen, weil unsere Haftanstalten hinsichtlich dieser Werkmeister mit den Berufsschulen konkurrieren. Dort haben sie meistens bessere Einkommensmöglichkeiten. Darum muss auch die Verdoppelung der Stellenzulage der Werkmeister umgesetzt werden. Dies ist bezahlbar. Wir haben das in unserem Haushaltsvoranschlag deutlich gemacht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Deppmeyer. Sie haben zeitlich eine Punktlandung hingelegt. Sehr schön! - In dem Themenbereich „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ geht es mit der SPD-Fraktion weiter. Das Wort hat der Kollege Brunotte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist der erste Haushalt, den wir mit neuer, mit rot-grüner Mehrheit hier in diesem Landtag beschließen können. Deswegen hat er für uns eine grundlegende Bedeutung. Wir haben uns sehr darauf gefreut, mit diesem Haushalt erste Akzente des Politikwechsels für Niedersachsen deutlich machen zu können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Gegensatz zur Kollegin Ross-Luttmann haben wir an mehreren Stellen deutlich gemacht, dass

man den Bereich der Justiz und ganz besonders den Bereich des Justizvollzugs, wenn man es denn will, anders gestalten kann.

Ich möchte gleich mit der JVA Bremervörde beginnen. Es wäre auch seltsam, würden wir eine Haushaltdebatte führen, in der diese Vollzugsanstalt nicht vorkäme. Ich bin mir sicher, dass die alte Landesregierung unter dem Eindruck dessen, was dort jetzt stattfindet, diese Entscheidung kein zweites Mal treffen würde, und wir können in Deutschland gerade auch keinen Massentrend feststellen, den Vollzug weiter zu privatisierten. Nein, alle Länder, die das gemacht haben, sehen das sehr kritisch und sagen: Das machen wir kein zweites Mal.

(Beifall bei der SPD - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Vollzug ist eine hoheitliche Aufgabe und soll es auch bleiben. Deswegen hat dies keinen Experimentier- oder Vorbildcharakter für weitere Anstalten in Niedersachsen.

Ich will auf eines auch ganz deutlich hinweisen: Woher kommt denn der Kostenvorteil dieser Anstalt, Herr Dr. Genthe? - Dieser Kostenvorteil der Anstalt geht zulasten der Beschäftigten des privaten Dienstleisters, die anders bezahlt werden, als wenn sie beim Land angestellt wären, und dieser Kostenvorteil heißt: Sie machen gute Arbeit für eine schlechte Bezahlung. - Und das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben in den letzten Jahren - das wird jetzt deutlich - mit der JVA Bremervörde einen Irrweg beschritten, der uns jedes Jahr im Haushalt 10 Millionen Euro bindet, die nicht zur Verfügung stehen, um sie in die bauliche Unterhaltung und in die Ausstattung der Anstalten zu stecken. Und Sie haben - auch das ist deutlich geworden - das Land auf einen langen Zeitraum mit Verträgen an eine Anstalt gebunden, die wir in dieser Konstellation nun wahrlich nicht benötigt hätten. Ich werde nachher auf die Zahl der Haftplätze eingehen. Der Vollzug hätte auch ohne Bremervörde funktioniert.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wir haben stattdessen einen von Schwarz-Gelb verursachten immensen Sanierungsstau und ungeklärte Probleme und Fragestellungen für Anstalten vorgefunden. Deswegen sind wir sehr dankbar

dafür, dass wir jetzt mit dem vorliegenden Haushalt für 2014 anfangen können, diesen Knoten zu entwirren. Der Bedarf für Instandhaltungen allein im Justizvollzug beträgt 50 Millionen Euro.

Wir machen Ernst mit dem Grauen Haus in Wolfenbüttel. Ich empfehle jedem, der dieses Haus noch nicht gesehen hat, sich dort einmal die Hafträume und vor allem die Duschräume anzusehen. Das hat nichts mehr mit menschenwürdiger Unterbringung von Inhaftierten zu tun. Wir machen Ernst mit dem Umbau, mit der Sanierung des Grauen Hauses in Wolfenbüttel und stellen hierfür in den nächsten Jahren 15 Millionen Euro zur Verfügung, damit ein vernünftiger Vollzug durchgeführt werden kann. Wir versehen das Ganze auch noch mit einem Gesamtkonzept für die Gedenkstätte für NSOpfer, die mit auf dem Gelände liegt, sodass dann in einem Zug saniert werden kann.