Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Dammann-Tamke das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

(Unruhe)

Moment, bitte, Herr Dammann-Tamke! - Ich bitte, sich zu setzen, und um etwas mehr Ruhe, damit wir beginnen können! - Ich danke Ihnen sehr. - Herr Dammann-Tamke, Ihre Redezeit können Sie selbstverständlich voll ausschöpfen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Ich werde seitens der CDU-Fraktion zum Einzelplan 09 sprechen und dies vordringlich aus Sicht der Landwirtschaft tun. Mein Kollege Frank Oesterhelweg wird sich danach schwerpunktmäßig dem Verbraucherschutz zuwenden.

Dieser Haushaltsplanentwurf für den Einzelplan 09 ist der erste in der Geschichte des Agrarlandes Niedersachsen, den ein Minister mit grünem Parteibuch zu verantworten hat. Wer in die Lektüre vertieft einsteigt, wird feststellen, dass es - das ist an der Veränderungsliste besonders gut abzulesen - keine neuen Haushaltstitel gibt, die auf eine neue Handschrift, basierend auf einer Neuausrichtung im Sinne einer Agrarwende, hindeuten. Nein, meine Damen und Herren, die sanfte Agrarwende kommt durch die Hintertür: Förderrichtlinien, Erlasse, Verordnungen einschließlich Gebührenordnungen, Kontrollen, Gesetzesinitiativen, und das Ganze finanziert durch die gesamte Wertschöpfungskette sowie EU-Mitteln. Das sind die Instrumente, mit denen die Interessen von Erzeugern, Verbrauchern und Umwelt nach dem Willen dieser Landesregierung miteinander in Einklang gebracht werden sollen.

Da hatte dieser Minister, zugegeben, einen „guten“ Start.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

„Ein Aktivposten im neuen Kabinett“ - so hat die Presse damals geurteilt. Möglich wurde dies maßgeblich durch einen Staatssekretär, der aus dem laufenden Geschäft aus NRW kam und der seine Vorstellungen und seinen Führungsstil nahtlos auf das niedersächsische Ministerium übertrug. Und der Minister ließ ihn gewähren, wie wir heute wissen. Der Rauswurf war im Grunde nur ein großes Missverständnis. - Ja, dieser neue Stil der „Kommunikation“ mit allen Betroffenen führte schon landesregierungsintern zum Waterloo. Seitdem ist nichts mehr, wie es war. Das Haus war über Wochen wie gelähmt, und vermutlich war auch das einer der Gründe, weshalb sich das Niedersächsische Landvolk indirekt an den Ministerpräsidenten wandte.

Auf diesem Weg ist viel Vertrauen zerstört worden,

(Johanne Modder [SPD]: Durch Ihre anschließende Pressemitteilung ist viel Vertrauen zerstört worden!)

und so bemüht sich der Ministerpräsident persönlich, wie gerade am Dienstag in Form einer Charmeoffensive im „Reich der Nutztierhalter“, wie die HAZ titelte, um ein gutes Verhältnis. Das ist zwar ehrenhaft und politisch bis zu einem gewissen Punkt sicherlich auch klug, doch schon tags darauf stellte die Grünen-Fraktion mit einer Pressemitteilung - tituliert mit „Brutale Ferkeltötung muss ge

stoppt werden“ - eben jene Nutztierhalter unter Generalverdacht. Dies basierte auf einer Ausstrahlung von „Report Mainz“, und der Bezug zu Niedersachsen wird nach meiner Wahrnehmung in journalistisch sehr fragwürdiger Art und Weise suggeriert. Die verdeckten Bildaufnahmen erinnern doch stark an die Zeit, als in der letzten Wahlperiode damalige Oppositionsabgeordnete offensichtlich hervorragend über solche nächtlichen Aktionen informiert waren.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Was heißt das denn? - Unruhe - Glocke der Prä- sidentin)

Heute drängt sich, wie in diesem Beitrag von „Report Mainz“, der Eindruck auf, dass die Macher ein hohes Interesse daran haben, immer wieder einen Bezug zu Niedersachsen zu konstruieren. Cicero bringt es schon vor fast 2 000 Jahren auf den Punkt: Cui bono? - Ich hoffe im Sinne der politischen Kultur doch sehr, dass sich dieses von mir vorgebrachte Misstrauen nicht eines Tages als absolut zutreffend erweist.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ihre Ver- schwörungstheorie? Herr Kollege, ich hoffe, dass Sie selber nicht glauben, was Sie da erzählen! - Zuruf von Miri- am Staudte [GRÜNE])

Fakt ist: Eine wie auch immer geartete Neujustierung der kompletten Wertschöpfungskette vom Erzeuger über die Verarbeitung, den Handel und zu guter Letzt bis zum Verbraucher wird nur mit und nicht gegen die handelnden Akteure gelingen.

(Beifall bei der CDU)

Wer dies ausblendet, der wird auf ganzer Linie scheitern. Die niedersächsische Ernährungswirtschaft mit ihrer herausragenden Bedeutung hat einen Minister verdient, der sich mit aller Entschiedenheit gegen pauschale Diffamierungen stellt, und das beginnt bereits mit der Wortwahl.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Haushalt und beginne mit einer Position, die von uns nicht mitgetragen wird: der Stellenvermehrung im LAVES. Wir lehnen diese als symbolischen Schnellschuss ab, da Zuständigkeiten in keiner Weise geklärt worden sind.

Gerade in dieser Woche habe ich Post von einem Landwirt bekommen, der vor Kurzem einen Legehennenstall mit Freilandhaltung, wie er allgemein gewünscht wird, fertiggestellt hat. Er schildert mir die Kontrollabfolge wie folgt:

Erstens. Die Stadt als Baugenehmigungsbehörde kommt und vermisst den neuen Stall - gebührenpflichtig.

Zweitens. Das Veterinäramt - Landkreis - vermisst den Stall im Hinblick auf die Einhaltung der baulichen Anforderungen des Tierschutzes - gebührenpflichtig.

Drittens. Das LAVES vermisst den Stall auf die Einhaltung der baulichen Anforderungen des Tierschutzes vor Aufstallung der Tiere - gebührenpflichtig.

Viertens. Das LAVES wird zukünftig ein- bis dreimal pro Jahr kommen, um die Einhaltung der Tierschutzbestimmungen zu kontrollieren - gebührenpflichtig.

Fünftens. Der Zertifizierer kommt zu Beginn der ersten Legeperiode. Unter anderem vermisst er den Stall, um die Einhaltung von Tierschutzstandards zu kontrollieren - selbstverständlich kostenpflichtig - und wird zukünftig dreimal in zwei Jahren zur Nachkontrolle kommen - natürlich kostenpflichtig.

Sechstens. Das LAVES wird zukünftig den Zertifizierer gebührenpflichtig kontrollieren, was dieser in seiner Kalkulation wiederum auf die Kunden - in Klammern: die Legehennenhalter - abwälzen wird - also kostenpflichtig.

Dies ist nur ein Beispiel für vollkommen überzogene und unabgestimmte behördliche Kontrollwut.

(Beifall bei der CDU)

Ja, ich spreche von Wut. Denn so lange wir es uns leisten können, dreifach, vierfach und fünffach vorzugehen, kann es keinen Mangel an Personal geben.

Für den Landwirt wird die Welt aber erst richtig aus den Angeln gehoben, wenn der Minister wie heute Morgen im Rahmen der Dringlichen Anfrage wiederholt erklärt, dass die LAVES-Kontrollen im Bereich der Futtermittelwirtschaft einzig und allein von dieser getragen würden und er, der Landwirt, dadurch keine finanziellen Mehrbelastungen zu befürchten habe.

(Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Ha, ha, ha!)

Das lässt leider auf grenzenlose Naivität in Bezug auf einfachste wirtschaftliche Zusammenhänge schließen.

Ein weiterer Punkt: die „Segnungen“ eines Schulungsprogramms, mit dem Kindern schon im Grundschulalter vermittelt wird, dass hochwertige, gesunde und vitaminreiche Äpfel sehr wertvoll sind, aber nichts kosten. - „Geiz ist geil“ lässt grüßen. Ich empfehle in diesem Zusammenhang den Kommentar des Redakteurs Vasel des Stader Tageblatts vom 18. September 2013, der tituliert ist mit: „Meyers Schulapfelprogramm ist Steuergeldverschwendung“.

(Beifall bei der CDU - Johanne Mod- der [SPD]: Man denkt ja auch nicht an die Kinder, nicht wahr?)

In diesem Kommentar wirft er dem Minister u. a. vor, entgegen dessen Zusagen im Januar, im Wahlkampf vor Ort, nicht auf die Erfahrungen aus dem etablierten und mit dem Innovation Award ausgezeichneten Schulobstprogramm aus dem Alten Land zurückzugreifen.

Ich komme zu einem weiteren Bereich, in dem wir in der Zielsetzung mitgehen, allerdings den von der Landesregierung gewählten Ansatz für falsch halten. Es geht um das Dünge- bzw. Güllekataster. Schon die beiden Begriffe, die hier verwendet werden, zeigen, dass die Vorstellungen seitens der Landesregierung sehr unscharf sind. Klar ist: Ein flächenscharfes jährlich aktualisiertes Kataster ergibt eine Datenflut, die in der Kontrolle des Vollzuges einer ordnungsgemäßen Düngung nach unserer Auffassung nicht zu Transparenz in der Fläche des Landes führt. Schon heute liegen, ergänzt durch die Verbringungsverordnung, die Ausgangsdaten für den Zugang und den Abgang von Nährstoffen betriebsbezogen vor. Somit ist im Rahmen des alljährlich zu stellenden EU-Flächenantrags mit vertretbarem Aufwand nachzuweisen, dass entsprechend der Düngeverordnung gearbeitet wurde.

Was nach unserer Auffassung benötigt wird, ist Forschung in Bezug auf die Verbesserung der Transportwürdigkeit und ist darüber hinaus Beratung, und zwar sowohl im Hinblick auf einen einzelbetrieblichen Düngeoptimierungsplan als auch, um die Akzeptanz der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern in den Ackerbauregionen sowohl bei den Landwirten als auch bei der Bevölkerung zu erhöhen. Wir wollen hierzu insgesamt 1,96 Millionen Euro im Rahmen der einzelbetrieblichen Managementsysteme zur Verfügung stellen.

Wir bleiben verlässliche Partner für den ländlichen Raum. Mit einem Ansatz von 7 Millionen Euro wollen wir die Mittel für die Dorferneuerung entspre

chend unseren Haushaltsbeschlüssen für 2013 unverändert fortschreiben. Wir gehen mit einer Erhöhung der Mittel für den von uns auf den Weg gebrachten Tierschutzplan um über 500 000 Euro weiter an diese Aufgabe heran.

Allerdings sehen wir noch erheblichen Dissens zwischen dem, was der Minister sagt - ich zitiere ihn sinngemäß: der Tierschutzplan wird von der neuen Landesregierung unverändert fortgeführt -, und dem, was die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Frau Piel, in ihrer Haushaltsrede gestern verkündet hat. Frau Piel hat gesagt: Der Tierschutzplan muss deutlich schneller umgesetzt werden. Klar ist: Dies steht im Widerspruch zur Einrichtung der neugegründeten Facharbeitsgruppe „Folgenabschätzung“. Klar ist auch: Es wird für die Prüfung und die Praktikabilität deutlich mehr Geld benötigt.

Zum Forstbereich: Ich stelle mit einer gewissen Süffisanz fest, dass die Mitglieder der ehemaligen Oppositionsfraktionen das alljährliche Ritual auf Geißelung der hohen Abführung an die Niedersächsischen Landesforsten mit Regierungsübernahme nicht nur eingestellt haben, sondern diese Praxis der erhöhten Abführung gern fortführen. Ich erspare mir an dieser Stelle namentliche Zitate, Herr Kollege Siebels.

Ich komme zum Schluss.

Ein wesentliches Ergebnis der Großen Anfrage der CDU-Fraktion zur Situation in Landwirtschaft und Ernährung war: Wir werden in den nächsten Jahren nicht genügend Betriebsnachfolger haben, um selbst die lebensfähigen landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Niedersachsen weiterzuführen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wir haben deshalb 370 000 Euro für eine Nachwuchskampagne „Landwirtschaft“ eingesetzt. Wer, wie durch die Landesregierung propagiert, das Ziel verfolgt, den Strukturwandel auch nur ansatzweise aufzuhalten, der muss bereit sein, schon bei jungen Menschen in der Berufsfindungsphase etwas zu tun. Das hat ganz maßgeblich etwas mit Interessewecken, mit Qualifikation und mit Image zu tun. Aber vor allen Dingen hat es etwas mit Vertrauen zu tun - Vertrauen in das eigene Können, Vertrauen in Märkte, Vertrauen in gesellschaftliche Akzeptanz und - elementar - Vertrauen in die politisch Verantwortlichen.

Die CDU-Fraktion bleibt mit ihren Haushaltsänderungsanträgen ein verlässlicher politischer Akteur für alle, die auch in Zukunft ihre Zukunft im ländlichen Raum sehen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)