Protokoll der Sitzung vom 24.01.2014

Danke schön.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Janßen. - Jetzt hat sich der Abgeordnete Hermann Grupe von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Grupe!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Schminke hat hier eine Rede von hohem Unterhaltungswert gehalten. Lieber Kollege Schminke, wir sind uns sicherlich darin einig, dass wir, was diesen Bereich angeht, bei der Verbrauchersicherheit keinerlei Abstriche machen wollen. Ihre kühnen einleitenden Worte, nämlich im Rahmen der Fleischbeschau nur noch anzuschauen und nicht mehr anzufassen, hätte ich mir nicht zu sagen getraut. Das trifft zum Glück auch überhaupt nicht zu;

(Ronald Schminke [SPD]: Das will die EU!)

denn entgegen den Darstellungen in Ihrem Antrag soll bei der visuellen Fleischbeschau nicht grundsätzlich auf das Anschneiden und das Abtasten von Schweineschlachtkörpern verzichtet werden soll, sondern es soll nicht obligatorisch durchgeführt werden. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Es soll aber in jedem Verdachtsfall durchgeführt werden. Das haben Sie hier jedoch verschwiegen; genau wie der Abgeordnete Herr Janßen.

Im Rahmen der Unterrichtung, die wir im Unterausschuss durch Fachleute entgegengenommen haben - das wurde schon gesagt -, wurde die Kreuzkontamination in der Tat angesprochen. Es wurde darauf hingewiesen, dass hygienische Gründe dafür angeführt werden, dass nicht jeder Schlachtkörper angeschnitten und durchtastet werden soll. Ob das fachlich zutrifft - darauf komme ich gleich noch zu sprechen -, ist für mich noch nicht geklärt.

Auch beim visuellen Verfahren soll angeschnitten und durchtastet werden, wenn - das kann ich Ihnen nicht ersparen - epidemiologische und andere Daten aus dem Herkunftsbetrieb Verdachtsmomente ergeben, wenn Informationen aus der Lebensmittelkette vorliegen, wenn Ergebnisse aus vorherigen Untersuchungen von Schlachttieren aus diesen Beständen vorliegen, die Verdachtsmomente ergeben, oder wenn der Tierarzt Anomalien bei der visuellen Fleischbeschau feststellt. In all diesen Fällen soll und muss er dem weiter nachgehen, schneiden und durchtasten.

Insofern, meine Damen und Herren, wird hier eine Menge an Gründen angeführt. Sie aber führen die Änderung ausschließlich auf Lobbyismus zurück. Ob das so ist oder ob es nicht auch Sachargumente geben kann, die nach dem Votum des Umweltausschusses der EU - wie Sie richtig dargestellt haben - das Parlament bewogen haben, mehrheitlich zuzustimmen, die den Ministerrat bewogen haben, das am 16. Dezember ohne Aussprache durchzuwinken, weiß ich nicht. Der Abgeordnete Janßen hat darauf hingewiesen: Die Bundesregierung hat dem zugestimmt. Also haben Sie im eigenen Haus die Möglichkeit, etwas zu beeinflussen.

Wenn es darum geht, die Bundesregierung zu überzeugen, lieber Herr Abgeordneter Schminke, dann ist es Ihnen freigestellt, ob Sie Ihre hier mehrfach erhobene Forderung „mit Messer“ umsetzen wollen oder nicht.

(Zuruf von der CDU: Besser nicht!)

Das überlasse ich Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Das Wort hat Herr Landwirtschaftsminister Christian Meyer. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für uns als Schlachtland Nummer eins in Europa hat es eine große Relevanz, dass seitens der EU-Kommission geplant ist, die visuelle Fleischuntersuchung, also die Beschau von Mastschweinen, zum 1. Juni dieses Jahres als Regeluntersuchung einzuführen. Das Europäische Parlament hat dem im Oktober 2013 gegen die Stimmen von SPD und Grünen bereits zugestimmt. Das heißt: Die visuelle Untersuchung wird die Regel. Auf den bisher obligatorischen Anschnitt der Lymphknoten im Unter

kiefer und des Herzens - mit einem Messer - soll damit offenbar aufgrund des Drucks einiger Interessenverbände der Fleischwirtschaft genauso verzichtet werden wie auf das Durchtasten der Leber und anderer Organe.

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Diese Entscheidung sorgt niedersachsenweit für sehr viel Unruhe. So wird berechtigterweise kritisiert, die Fleischuntersuchung werde dann nur noch lasch und nicht effektiv durchgeführt. Krankheiten der Schlachtschweine würden nicht sicher erkannt, aber auch das Untersuchungspersonal könnte sich durch z. B. an Rotlauf erkrankten Schweinen infizieren, da Erkrankungen übersehen würden.

Weiterhin bangen sowohl amtliche Tierärztinnen und Tierärzte als auch amtliche Fachassistenten um ihre Arbeitsplätze, weil - wie berichtet - auch die Forderung erhoben wird, deren Tätigkeiten in Zukunft zu privatisieren und nicht mehr durch amtliche Fleischbeschauer wahrnehmen zu lassen.

Aus Sicht der Landesregierung hat sich die bislang vorgeschriebene amtliche Fleischuntersuchung bewährt. Bislang ist es so, dass für jedes geschlachtete Schwein in Niedersachsen mindestens zwei Anschnitte zwingend vorgegeben sind, nämlich zum einen der Anschnitt des Unterkieferlymphknotens und zum anderen der Anschnitt des Herzens. Weitere vorgeschriebene Anschnitte ergeben sich aus der vorhergehenden Nutzung des lebenden Tieres: z. B. Anschnitt des Gesäuges bei Sauen und der weiteren Verwendung des Fleisches sowie z. B. Anschnitt der Lungen, sollten diese als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden.

Anschnitt und Durchtasten von Tierkörpern und Organen in der amtlichen Fleischuntersuchung sind eine wichtige unverzichtbare Methode, um Veränderungen wie Tuberkulose oder Rotlauf zu erkennen. Sie können auch Hinweise auf andere Krankheiten geben. Diese Chance darf aus unserer Sicht nicht leichtfertig aufgegeben werden. Wenn diese Regelung der EU 1 : 1 umgesetzt würde, würde das amtliche Personal in Zukunft bei der visuellen Fleischuntersuchung im Regelfall kein Messer mehr in der Hand haben.

Die weitere Frage ist, wie es eigentlich um das schlachthofeigene Personal steht; denn das wird weiterhin mit Messern arbeiten, die Tierkörper anfassen und trimmen. Von daher ist das Argument, dass es hier um den Hygieneschutz der

Fachassistenten geht, aus unserer Sicht sehr weit hergeholt. Deshalb lehnt die Landesregierung den grundsätzlichen Verzicht auf das Anschneiden und Abtasten von Schweineschlachtkörpern im Sinne des Verbraucherschutzes entschieden ab.

(Zustimmung von Hans-Joachim Jan- ßen [GRÜNE])

Diese Auffassung wird auch von der Bundestierärztekammer geteilt. Sie weist in einer Presseerklärung vom 11. Oktober darauf hin, dass Krankheiten übersehen und nicht lebensmitteltaugliche Tiere in den Verkehr gebracht werden könnten.

Gewinnerin dieser Rechtsänderung ist sicherlich die Fleischindustrie; denn es geht auch darum, den Zeitaufwand für das Prüfverfahren zu minimieren. Das derzeitige Prüfverfahren erfordert immerhin rund 50 Sekunden Untersuchungszeit pro ganzes Schwein. Wenn dieser Aufwand künftig nicht mehr vorgeschrieben ist, können die Schlachtbänder intensiver und schneller betrieben werden. Zulasten der Fleischqualität wird die Quantität erhöht, und es wird in Kauf genommen, dass möglicherweise belastetes Fleisch in den Handel gelangt.

Von daher begrüßen wir als Landesregierung den Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen und hoffen, dass sich diesem Antrag weitere Fraktionen anschließen und wir auf die EU-Kommission und die Bundesregierung entsprechend einwirken können. Wir als Land Niedersachsen werden sehr aktiv in einer Arbeitsgruppe zur nationalen Umsetzung mitarbeiten und gucken, welche Spielräume wir haben. Unser Ziel als Landesregierung ist, dass beides gemacht wird, nämlich schauen und tasten. Wir wollen jeden Spielraum für eine möglichst umfassende, risikomindernde und gründliche Fleischuntersuchung bei Schweinen nutzen.

Ich weise darauf hin, dass in Europa weiter darüber diskutiert wird, dieses Verfahren nicht nur bei Hühnern, sondern auch bei Rindern einzuführen. Das heißt, dass auch Rinder nicht mehr angeschnitten werden sollen. Auch diese Diskussion läuft. Deshalb ist dieser Einstieg in die visuelle Beschau bei Schweinen aus Sicht der Landesregierung ein falscher Weg. Das Niveau der Fleischuntersuchungen in Niedersachsen darf nicht zugunsten einer Billigbranche aufgegeben werden. Deshalb begrüßen wir diesen Antrag sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Meyer. - Da weitere Wortmeldungen nicht mehr vorliegen, können wir die erste Beratung dieses Entschließungsantrags abschließen. Das stelle ich hiermit fest.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, mit diesem Antrag federführend den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung zu betrauen und gleichzeitig die Mitberatung durch den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien und Regionalentwicklung zu beschließen. Wer das so unterstützt, den bitte ich um ein Handzeichen.

(Annette Schwarz [CDU]: Moment! Unterausschuss!)

- Entschuldigung, ich habe eben erst den Vorsitz übernommen und war vorher nicht hier im Saal.

(Annette Schwarz [CDU]: Das hat die SPD beantragt!)

Der Unterausschuss „Verbraucherschutz“ soll noch beteiligt werden. Okay. - Das hätte auch der federführende Ausschuss noch beschließen können. Wir beziehen dies aber in das Überweisungspaket mit ein. Insofern wiederhole ich: einschließlich des Unterausschusses „Verbraucherschutz“. - Wer das so unterstützt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist mit einer ausreichenden Anzahl von Stimmen so beschlossen. Danach wird verfahren.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 32: Erste Beratung: Arbeitsplätze sichern - Das EEG im Einklang mit dem EU-Beihilferecht reformieren - Die Energiewende zukunftsfähig gestalten - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1113

Wir kommen zur Einbringung. Für die antragstellenden Fraktionen hat das Wort die Kollegin Emmerich-Kopatsch von der SPD-Fraktion. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 18. Dezember hat die EU-Kommission das Hauptprüfverfahren zum Beihilferecht im Zusammenhang mit dem EEG gegen die Bun

desrepublik Deutschland eingeleitet. Was sich so harmlos anhört, kann sich in Wirklichkeit als schwerer Schaden für die deutsche Industrie erweisen.

Wettbewerbskommissar Almunia ist der Ansicht, dass deutsche Unternehmen, die von der Zahlung der EEG-Umlage befreit sind, gegenüber europäischen Wettbewerbern begünstigt sein können.

Diese Meinung teilen wir ausdrücklich nicht. Es werden hier keine öffentlichen Gelder verwendet, also sehen wir keine Verletzung der Beihilfevorschriften.

Besonders kritisch sieht Kommissar Almunia aber die seit 2012, also seit der letzten EEG-Novelle, geltenden Ausnahmeregelungen und prüft auch nur ab diesem Zeitpunkt, da sich seitdem die Zahl der von der Umlage befreiten Betriebe signifikant erhöht hat.

Man kann also sagen: Hätte die alte Bundesregierung diese Ausnahmen nicht ausgeweitet, hätten wir heute kein Problem.

Viele derjenigen Unternehmen, die sich in der Liste der befreiten befinden, gehören da auch schlicht nicht hinein. Hier finden sich zwar Betriebe, deren Stromkosten, gemessen an der Bruttowertschöpfung, relativ hoch sind; diese Bewertung lässt sich aber nur treffen, weil ihre Rohstoff- und ihre Personalkosten niedrig sind. Das macht das Ganze erst recht sehr bedenklich, weil genau diejenigen belohnt werden, die z. B. durch Auslagerung der Vorproduktion niedrige Lohnkosten nachweisen können. Das heißt, die Bewertungskriterien über zukünftige Befreiungstatbestände müssen dringend überdacht werden.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem Antrag meinen wir ausdrücklich die energieintensive Grundstoffindustrie, die im internationalen Wettbewerb steht. Denn ohne sie wird es auch keine Energiewende geben. Ein Windrad besteht aus Stahl, aus Beton und aus verschiedenen Kunststoffen, Solaranlagen kommen nicht ohne Siliziumschmelzen aus.

Was ebenfalls nicht passieren darf, ist, dass uns die Kommission über den Umweg des Beihilfeverfahrens die nationale Kompetenz für die Energiepolitik nehmen und sie nach eigenen Vorstellungen beeinflussen will.

Es ist schließlich die industrielle Basis, der wir es zum Großteil mit zu verdanken haben, dass Deutschland besser durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen ist als manch anderes Land. Die Industrie hält wertvolle, gute und mit guten Tariflöhnen bezahlte Arbeitsplätze vor und stellt die gesamte Wertschöpfungskette im Land dar. Sie sorgt mit dafür, dass es hier Wohlstand und Innovationen gibt. Diese industrielle Basis darf in keinem Fall gefährdet werden.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Industrie stellt bei uns in Niedersachsen jeden siebten Arbeitsplatz. Hinzu kommen zahlreiche Zulieferer, Handwerker und Dienstleister. Allein das macht klar, wie bedeutsam dieses Thema ist.