Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Krumfuß, der amerikanische Präsident - ich glaube, das habe ich vorgestern schon einmal gesagt - weiß alles, weil er diese Behörde hat. Deswegen glaube ich, dass er das an dieser Stelle auch richtig gesehen hat. - Das zum Einstieg. Ich will es aber auch nicht so lang machen.
Im letzten Jahr im November haben sich 24 Staats- und Regierungschefs in Paris zum Sondergipfel getroffen, zum zweiten Mal zum Thema Jugendarbeitslosigkeit. Es geht um die Zukunft Europas. Zitat Angela Merkel: Auf dem Spiel steht die Zukunft einer ganzen Generation. - Zitat François Hollande: Am Ende wird ein hübsches Foto gemacht. - Spiegel-Online nennt diese Zeremonie den zweiten Akt eines europäischen Polittheaters. Ich glaube, das, was dort veranstaltet wird und im Ergebnis letztlich 6 Milliarden Euro erbringt, ist maximal unausreichend für das, was uns angesichts der Jugendarbeitslosigkeit in Europa im Augenblick an Problemen bevorsteht.
Die Regierungsvertreter in Paris haben gesagt, sie bräuchten eigentlich 45 Milliarden Euro. Die ILO spricht von 21 Milliarden Euro. Ich möchte nur einmal eine Vergleichszahl sagen - der Kollege Erkan hat das auch schon gesagt -: Für die Bankenrettung gibt es aus Deutschland 500 Milliarden Euro und in ganz Europa 3 200 Milliarden Euro. Das ist der Unterschied in der Gewichtung, wo Geld hineinfließt. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass zumindest der Spitzenkandidat auf dem FDPParteitag zur Europawahl erklärt hat, dass die FDP in Zukunft bei der Frage der Bankenrettung durchaus bereit ist zu akzeptieren, dass auch Banken pleitegehen können, ohne dass man mit Steuergeldern nachhilft.
Für die Jugendlichen in den Krisenländern ist Europa - das möchte ich gerne noch einmal deutlich sagen - leider noch kein Symbol für Offenheit, für Freiheit und für selbstbestimmtes Leben. Die Jugendarbeitslosigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für Europa ein Menetekel, wie ich glaube.
Ich habe im Vorfeld dieser Beratung - damit komme ich schon zum Schluss - ein Gedicht gefunden, welches wohl ganz gut in die heutige Zeit passt. Es ist von Erich Kästner und wurde vor 80 Jahren geschrieben. Es hat mehrere Verse, von denen ich zum Schluss meiner Rede vier vortragen werde:
Das, meine Damen und Herren, ist die Situation. Ich glaube, dass wir die Verantwortung haben, das zu verändern.
Bevor als Nächste die Kollegin Gabriela König für die FDP-Fraktion das Wort ergreift, möchte ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass sich der Plenarsaal zum Schluss wieder ordentlich gefüllt hat. Allerdings ist auch der Geräuschpegel mächtig angestiegen. Geben Sie also durch weniger Gespräche an den Bänken den letzten Rednerinnen und Rednern die Chance, ihre Reden zu halten! - Frau König, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jugendarbeitslosigkeit ist eine ernste Sache, wer wollte das bestreiten? Wir haben in Deutschland lange dafür gekämpft, unsere Quote zu verbessern. Insbesondere hier in Niedersachsen haben CDU und FDP dabei einen großen Erfolg erzielt. Darauf können wir stolz sein.
Von daher können andere Länder durchaus von uns lernen. Allerdings haben die anderen europäischen Länder auch andere Probleme. Sehen wir uns beispielsweise die Situation in Spanien an. Dort sind viele Hochschulabsolventen trotz hervorragender Abschlüsse arbeitslos. Genauso ist es bei den gering und nicht Qualifizierten. Aber es fehlt auch schlicht an Arbeit. Bei einer Arbeitslosenquote von 26,7 % ist es wahrlich schwierig, diese jungen Menschen unterzubringen. Da darf es uns nicht verwundern, dass wir dort eine so hohe Arbeitslosigkeit vorfinden.
Finanzielle Anreize sind gut, aber sie allein reichen nicht. Mein Kollege Krumfuß hat eben klar gesagt, welche Möglichkeiten bestehen, das zu ändern.
Meine Damen und Herren von SPD und Grünen, Sie fordern, um 6 Milliarden Euro aufzustocken, weil das Geld nicht reicht. Damit schnüren Sie aber möglicherweise ein Rettungspaket, ohne dass diese Vorhaben mit klaren Programmen unterlegt sind. Das Geld muss von irgendwoher - vom Steuerzahler! - kommen. Es wird entsprechend der Arbeitslosenquote verteilt. Und wo bleibt es dann?
(Gerd Ludwig Will [SPD]: Was wollen Sie denn? Erzählen Sie uns mal, was Sie eigentlich bei der Jugendarbeits- losigkeit machen wollen! Bisher er- zählen Sie immer nur, was Sie nicht wollen!)
Ich zitiere aus einem Bericht von Herrn Dr. Gros. Er ist Direktor des Center for European Politicy Studies, einer der anerkanntesten Denkfabriken in der EU. Herr Dr. Gros sagt, die EU-Krisenländer würden allzu leicht aus ihrer originären Verantwortung für das Schicksal der jungen Erwerbslosen gelassen.
Was haben die Korrespondenten aus Griechenland, Portugal und Italien dazu gesagt? - In dem Bericht heißt es:
In Griechenland gebe es kein einziges Projekt der Regierung. Die Politiker seien mit sich selbst beschäftigt. Staatliche Maßnahmen auf diesem Gebiet gebe es nicht, schildert Alkyone Karamanolis in ihrer Reportage.
Ähnlich ist es in Portugal. Dort ist ebenfalls Fehlanzeige, wenn es um den Erfolg staatlicher Maßnahmen geht. Allein Privatinitiativen seien zu vermelden. Die Unternehmen würden im Prinzip nur dann junge Arbeitslose anstellen, wenn sie dafür entsprechende Hilfsgelder aus Brüssel erhalten. So das Fazit von Jochen Faget aus Lissabon.
In Italien ist es genauso. Dort würden zwar Projekte zur Eindämmung der hohen Jugendarbeitslosigkeit propagiert - wie etwa Praktika und Fortbildungsmaßnahmen -, aber im Alltag sei davon wenig zu spüren.
Da, meine Damen und Herren, müssen wir doch ansetzen! Wir können doch nicht einfach so tun, als wenn das Geld schon allein dadurch etwas bewirkt, dass es in irgendeiner Form ausgeschüttet wird. Unter dem Strich muss dabei doch auch etwas herauskommen. Man kann doch nicht allein nach dem Motto verfahren: Wir wollen unser Gewissen erleichtern, deshalb geben wir Geld dahin, und dann wird schon alles gut.
Das, was wir hierzu in der Ems-Achse propagiert haben, das, wofür wir letztlich überall im Ausland selber tätig werden, sind ganz wichtige Dinge. So etwas müssen wir auf den Weg bringen.
Das Geld, das wir zur Verfügung stellen - diese 6 Milliarden Euro -, muss ein Anschub sein, um überhaupt erst einmal in die Programmsituation einzusteigen. Aber letztendlich können wir die Länder nicht aus ihrer Pflicht entlassen. Sie sind dafür zuständig, dass bei ihnen die Jugendarbeitslosigkeit sinkt. Dabei können wir Hilfestellung leisten. Aber einfach nur Rettungsschirme aufzuspannen und in irgendeiner Form Gelder auszuteilen, ist einfach zu wenig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal meinen herzlichen Dank an die Antragsteller und an Mustafa Erkan, dass er dieses Thema besetzt und auf die Tagesordnung gebracht hat.
Ich glaube, die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist nicht ohne Grund inzwischen zu einem zentralen Thema geworden und in den Fokus einer wichtigen gesellschaftlichen und politischen Diskussion gerückt, die wir in Europa führen.
Die Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist völlig unterschiedlich ausgeprägt, und das ist gerade das Erschreckende daran. Ich will nur drei Länder nennen, nämlich die mit den höchsten Quoten: Spanien mit fast 58 %, Griechenland mit fast 55 % und Kroatien mit 50 % Jugendarbeitslosigkeit. - Ich glaube, einem fehlt wirklich die Kraft, sich die Perspektivlosigkeit der jungen Menschen in diesen Ländern vorzustellen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns intensiv damit beschäftigen, den jungen Menschen in diesen Ländern zu helfen.
In Deutschland beträgt die Jugendarbeitslosigkeit 7,5 %. Mustafa Erkan hat recht: Auch das ist immer noch zu hoch. Aber im Vergleich zu den genannten Ländern ist es niedrig. Zu dieser relativ niedrigen Arbeitslosigkeit trägt maßgeblich unser duales System der Berufsausbildung bei. Dieses
System kann sich zu einem wirklichen Exportschlager entwickeln. Es gibt mittlerweile auch schon einige Kooperationsprojekte, um die krisengeschüttelten Staaten zu unterstützen.