Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn es um Europa geht, ist mir ein Thema besonders wichtig. Ich bin dankbar, dass Frau Piel und Frau Modder das noch angesprochen haben. Ich will es ehrlich sagen: Herr Weil, in Ihrer Rede hat mir etwas gefehlt. Es ist eine Schande, dass fast jeden Tag Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa ihr Leben lassen müssen. Man kann das gar nicht oft und deutlich genug sagen.

Die FDP setzt sich genau aus diesem Grund schon seit Langem dafür ein, das absurde Dublinsystem abzuschaffen. Es kann nicht angehen, dass allein die Staaten an den Außengrenzen der EU die gesamte Last der Asylbewerber tragen müssen. Meine Fraktion hat dazu in diesem Hause einen Antrag eingebracht. Der wird im Moment in der Kommission für Migration und Teilhabe beraten - das weiß ich, Frau Schröder-Köpf. Aber es wundert mich schon, wie die Beratungen dort teilweise verlaufen. Der gleiche Innenminister, der hier im Plenum immer wieder das Mantra vom Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik wiederholt, lehnt unseren Antrag im Grundsatz ab.

Sehr geehrter Herr Pistorius, das ist nicht der versprochene Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik! Das sind am Ende des Tages nur Lippenbekenntnisse, die wir von Ihnen gehört haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Wahl am 25. Mai wird extrem wichtig, weil sie endlich einmal politisch ist. Es ist gut und richtig, dass wir alle einer Meinung sind, dass Europa ein wichtiges Friedensprojekt und - das habe ich vorhin schon gesagt - ein wichtiges Wohlstandsprojekt ist. Natürlich soll die Einigkeit in dieser Sache nicht beiseite geschoben werden. Aber es ist wichtig, dass wir auch die politischen Unterschiede im Europawahlkampf deutlich machen, meine Damen und Herren.

Es wird um die Frage gehen, ob sich Herr Wenzel durchsetzt und ganz Europa ein deutsches EEG bekommt, meine Damen und Herren, oder ob es einen marktwirtschaftlichen und freien Energiemarkt gibt. Es geht um die Frage, ob sich die Linken mit ihrer Idee eines europaweiten Mindestlohns nach deutschem Vorbild durchsetzen oder ob auch die jungen Südeuropäer eine Chance auf einen Berufseinstieg bekommen. Es geht darum, ob sich europäische Sozialisten durchsetzen und die europaweite Planwirtschaft vorantreiben oder ob Europa ein Kontinent der Vielfalt, der Chancen und des Wettbewerbes sein wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Und der Ausbeutung!)

Deswegen will ich das unterstreichen. Genau dieser Streit, der politisch ausgetragen werden muss, ist der Grund, warum jeder am 25. Mai zur Europawahl gehen sollte. Europa ist, meine Damen und Herren, politischer denn je. Damit am Ende nicht die Populisten das letzte Lachen haben, müssen wir endlich, meine ich, mit diesen Heileweltdebatten über Europa aufhören.

Es geht um das, worum es auch bei anderen Wahlen geht. Es geht um die Frage: Gibt es im Europäischen Parlament eine linke Mehrheit für hohe Steuern, viele Eingriffe und überbordende Bürokratie? - Ich will gerade vor dem Hintergrund der Debatten, die im Europawahlkampf über den Euro geführt werden, hinzufügen: Wir haben in Europa eine Staatsschuldenkrise. Wir haben als Deutsche vorangetrieben, dass über den Fiskalpakt in vielen nationalen Verfassungen eine Schuldenbremse verankert ist. Deswegen, Herr Ministerpräsident, ist es eine Schande, dass das Land Niedersachsen in seiner Verfassung nach wie vor keine Schuldenbremse hat. Das ist kein europäisches Vorbild.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es geht um viel. Es geht um die Frage, ob es linke Mehrheiten gibt für mehr Planwirtschaft oder ob es eine bürgerliche Mehrheit im Europäischen Parlament geben wird für Wettbewerb, für Wachstum und für die Chancen für alle Europäerinnen und Europäer. Ich bin mir sicher, dass die europäischen Wähler sehr genau wissen, dass linke Staatswirtschaft das Allerletzte ist, was Europa jetzt braucht.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auch Ihnen, Kollege Dürr, vielen Dank für Ihre Rede. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit sind wir am Ende der Besprechung der Regierungserklärung.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 19: Erste (und abschließende) Beratung: Europas Zukunft mitgestalten; das Europäische Parlament stärken: Europawahlen am 25.05.2014 - Wählen gehen! - Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 17/1482

Dieser gemeinsame Entschließungsantrag aller Fraktionen des Hauses ist von einigen Rednern in der vorangegangenen Debatte bereits angesprochen wurde.

Nach der Größe der Fraktion unter allen gemeinsamen Antragstellern hat zunächst die Kollegin Gudrun Pieper von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Präsident hat es eben ankündigt: Es ist jetzt der entsprechende gemeinsame Entschließungsantrag „Europas Zukunft mitgestalten; das Europäische Parlament stärken: Europawahlen am 25.05.2014 - Wählen gehen!“ einzubringen.

Meine Damen und Herren, in Niedersachsen ist in zehn Tagen die Europawahl. Insgesamt 6,3 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, zur Wahl zu gehen. Rund 200 000 von ihnen besitzen die Staatsangehörigkeit eines europäischen Staates.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das vereinte Europa ist mehr als ein gemeinsamer Binnenmarkt, mehr als eine gemeinsame Währung und viel mehr als eine gemeinsame Gesetzgebung. Wir alle haben hierfür eine große Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Denn das vereinte Europa bedeutet für uns eine Wertegemeinschaft, die für Frieden, für Freiheit, für Verständigung und vor allen Dingen auch für Sicherheit steht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir als CDU-Fraktion begrüßen es aus diesem Grunde sehr, dass wir mit diesem gemeinsamen Antrag, mit diesem gemeinsamen Wahlaufruf deutlich machen, wie wichtig die Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger an der Europawahl ist. Deswegen beantragen wir auch die sofortige Abstimmung; denn eine Beratung wäre jetzt im Fachausschuss nicht angebracht.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in den vergangenen Beratungen schon vieles über Europa gehört. Schauen wir doch einmal darauf, was uns Europa allein im Land Niedersachsen nur in den letzten zehn Jahren gebracht hat und was hier geschaffen worden ist. Ich sage: Es war eine Erfolgsgeschichte, auch für uns hier in Niedersachsen.

Ich möchte Ihnen dazu einige Beispiele benennen, z. B. auch das Beispiel Strukturförderung, obwohl Herr Dürr gerade gesagt hat, Strukturförderung sei nicht das alleinige Merkmal. Aber es war für uns eine sehr wichtige Phase, die wir 2007 bis 2013 erleben durften. Sie ist und bleibt auch das zentrale Thema der Europäischen Union und festigt auch den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, steigert Wachstum und Beschäftigung und unterstützt die soziale Integration. Der demografische Wandel, der Strukturwandel in der Landwirtschaft, der steigende Flächenverbrauch und der Klimawandel stellen Niedersachsen vor große Herausforderungen. Unsere Städte und Gemeinden benötigen bei dieser Aufgabe weiterhin eine wichtige, eine große Unterstützung.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb müssen sie sich einer verlässlichen Förderung ihrer Anstrengungen sicher sein können, um diese enormen Aufgaben auch bewältigen zu können. Wir haben es schon gehört: Die Förderprogramme EFRE, ESF, ELER leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Auch hier müssen wir in der kommenden Wahlperiode darauf achten, dass wir als Niedersachsen davon profitieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nehmen wir als weiteres Beispiel die Gemeinsame Agrarpolitik. Sie bildet die gemeinsame Grundlage für die Marktordnung und die Entwicklung unserer ländlichen Räume. Mit der Reform der Europäischen Agrarpolitik 2014 bis 2020 wurde eine Grundlage geschaffen, damit sich Landwirtschaft und die ländlichen Räume gut entwickeln können. Diese Beschlüsse gilt es nun praxisgerecht und

unbürokratisch verlässlich umzusetzen. Dazu brauchen wir auch ein stabiles Europäisches Parlament; es ist für uns in Niedersachsen nötig.

Nehmen wir als weiteres Beispiel unseren Wirtschaftsstandort. Auch hierüber haben wir schon sehr viel gehört; ich brauche es nicht alles zu wiederholen. Aber Niedersachsen profitiert enorm vom gemeinsamen Binnenmarkt. Jährlich gehen über 60 % aller Exporte aus Niedersachsen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Komplizierte Verwaltungsvorschriften und unterschiedliche Rechtssysteme und Bürokratie sind Exporthürden. Es gilt, diese zu minimieren. Sie schwächen nämlich unseren Wirtschaftsstandort. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind davon betroffen. Deswegen müssen wir uns gemeinsam dafür einsetzen, dass diese Bürokratie abgeschafft wird.

(Glocke des Präsidenten)

Ich nehme als letzten Punkt in der Kürze der Zeit die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Wir haben gestern etwas dazu gehört, wir haben heute etwas dazu gehört. Während in Deutschland im Vergleich zu den anderen Staaten in der Europäischen Union die Jugendarbeitslosigkeit gering ist, gibt es vor allem in den südlichen Ländern einen erheblichen Anstieg. Wir aus Niedersachsen haben einen erheblichen Beitrag dazu geleistet, dass wir hier hilfreich zur Seite stehen können. Denn es kann nicht sein, dass uns eine Generation innerhalb der Europäischen Union verlorengeht. Das können wir uns nicht leisten. Das wollen wir uns nicht leisten. Deswegen ist auch die europäische Jugend-Offensive durchaus eine Offensive, die zu stärken und zu unterstützen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin, Sie haben jetzt fast eine Minute überzogen. Das war ein guter Schlusssatz. Sie müssen zum Schluss kommen, bitte!

Ich sage Ihnen zum Abschluss: Europa - das sind wir alle! Lassen wir uns von den radikalen Rändern das nicht kaputtmachen! Lassen Sie uns dieses stabile Fundament erhalten! Lassen Sie uns gemeinsam wählen gehen - für Frieden, für Freiheit und für Sicherheit!

Vielen Dank.

(Starker Beifall)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper. - Für die SPDFraktion erteile ich jetzt der Kollegin Immacolata Glosemeyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 25. Mai, genau in zehn Tagen, haben rund 400 Millionen Europäerinnen und Europäer die Chance, über ihre Zukunft zu entscheiden - über die Zukunft Europas, über die Beziehungen zu unseren Nachbarn, über die Weiterentwicklung der EU, über den Weg, den rund 500 Millionen Europäer zukünftig gehen und gestalten werden. Dieser Weg - darin sind wir uns alle einig - wird nicht ohne Hindernisse zu gehen sein. Europa steht vor enormen Herausforderungen.

Nach den furchtbaren Ereignissen in Lampedusa brauche ich, glaube ich, niemandem zu erklären, warum wir uns zukünftig verstärkt um die europäische Flüchtlingspolitik kümmern müssen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und den GRÜNEN)

- Schön, dass Sie mir zustimmen!

Die Wirtschaftskrise hat tiefe Wunden geschlagen und die soziale Spaltung vertieft. Die Wirtschaft kommt in einigen europäischen Ländern noch immer nicht richtig in Schwung. Wir haben teilweise eine Jugendarbeitslosenquote, die einem die Sprache verschlägt. Wir haben heute mehrfach darüber gesprochen: Allein in Griechenland sind es 60 % - eine Generation von jungen Europäern, die keine Hoffnung auf eine Zukunft haben.

Das Vertrauen vieler Menschen in die EU und in ihre Institutionen ist geschwunden. Es wird über Rettungsschirme und Regulierungswahn berichtet. Ich erinnere an die Diskussionen um Gurken, Kaffeemaschinen, Olivenölkännchen, und ich bin mir sicher, dass jedem von Ihnen noch mehrere Beispiele dazu einfallen werden. Das ist die Seite Europas, die vielen Menschen präsent ist,

(Christian Dürr [FDP]: Die Seite kann man am 25. Mai abwählen!)

die in einer Vielzahl von Medien präsentiert wird und die sich in den Köpfen der europäischen Bürgerinnen und Bürger festgesetzt hat.