Protokoll der Sitzung vom 16.05.2014

(Zustimmung bei der CDU)

Wir alle gemeinsam, meine Damen und Herren, sind jeden Tag gefordert, im Umgang mit der Polizei darauf hinzuweisen, dass Übergriffe auf die Polizei durch nichts zu rechtfertigen sind ganz gleich, mit welcher politischen Gesinnung sie begründet werden. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe.

Wir müssen in Göttingen verstärkt etwas gegen die Stimmungslage tun, die es dort ja nicht erst seit gestern gibt; sie spielt sich seit 30, 40 Jahren in Wellenbewegungen ab. Dazu will ich meinen Beitrag leisten. Ich plane, im Sommer das eine oder andere Gespräch zu führen, öffentlich und nicht öffentlich, um zu versuchen, die Gruppen, die sich seit Jahren, ohne sich persönlich zu kennen, verfeindet einander gegenüberzustehen scheinen, zusammenzuführen. Ob uns das gelingt, weiß ich nicht. Ich wäre jedem, der mich oder die Landesregierung bei diesem Vorhaben unterstützt, dafür dankbar. Es ist wichtig, weil es um unser grundlegendes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltmonopol geht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Innenminister. - Die nächste Zusatzfrage kommt von der CDU. Frau Jahns!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Pistorius, Sie haben nach Ihrem Besuch am 12. Mai in Göttingen in einem Interview mit dem NDR erklärt, es gebe in Göttingen eine besondere Konstellation und eine latente Feindseligkeit durch die Kritik an der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit. Wie erklären Sie diese besondere Konstellation und die latente Feindseligkeit? Sehen Sie die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Göttingen besonders gefährdet?

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Pistorius.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die umfassende Beantwortung einer solchen Frage, liebe Frau Jahns, würde weit in die Geschichte der letzten Jahrzehnte des Landes Niedersachsen zurückführen. Ich hoffe, Sie ersparen mir das - und vor allen Dingen sich selbst.

Jeder, der die Situation in Göttingen kennt, weiß, wie die Situation dort seit 30, 40 Jahren, eigentlich seit den 70er-Jahren ist. Ich muss das hier nicht bewerten. Ich kenne die Situation aus eigener Anschauung noch nicht so lange wie andere hier in diesem Hohen Haus.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Es gibt diese latente Feindseligkeit gegenüber der Polizei in kleinen Kreisen innerhalb der Stadt Göttingen; das muss man sehr deutlich sagen. Wenn Sie mit der durchschnittlichen Göttingerin, dem durchschnittlichen Göttinger sprechen, dann werden Sie diese Feindseligkeit nicht antreffen, aber in Teilen gibt es sie. Ich habe gerade gesagt, dass wir gemeinsam - ich natürlich auch - gefordert sind, im Dialog vor Ort für eine Befriedung zu sorgen. Das ist kein Prozess, den wir morgen werden abschließen können, aber den Versuch und den Schweiß der Edlen ist das wert.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Frage wird von dem Kollegen Thomas Adasch gestellt. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich darf aus einer Pressemitteilung der Grünen Jugend aus Göttingen vom 7. Mai zitieren. Es geht darum, dass Sie sich hinter die BFE gestellt haben. Darin heißt es:

„Die Beibehaltung dieses Vorgehens wäre eines rot-grünen Innenministers unwürdig und würde zu einem Dauerkonflikt in Göttingen führen, in dessen Mittelpunkt Pistorius stehen würde.“

Ich frage Sie: Was wollen Sie unternehmen, damit dieser Konflikt zwischen Ihnen und der Jugendorganisation Ihres Koalitionspartners, der auf dem Rücken der Polizeibeamtinnen und -beamten ausgetragen wird, gelöst wird?

(Beifall bei der CDU - Zuruf von den GRÜNEN: Wir sind im Gespräch!)

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass die Grüne Jugend - ähnlich wie die Jugendorganisationen anderer Parteien - eine sehr auf Unabhängigkeit und Eigenständigkeit bedachte Jugendorganisation der Partei Bündnis 90/Die Grünen ist.

Zweite Vorbemerkung: Ich habe diese Internetmeldung natürlich auch gelesen. Ich stelle zunächst einmal fest: Ich bin Minister einer rot-grünen Landesregierung, aber immer noch Sozialdemokrat. Darauf lege ich Wert.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Gut zu wissen!)

Bitte lassen Sie mich ferner mit dem gebotenen Respekt, aber gleichzeitig mit der gebotenen Gelassenheit sagen: Nur weil die Grüne Jugend in Göttingen in ihrem Interneteintrag ein Junktim herstellt und behauptet, Herr Pistorius stehe im Mittelpunkt der künftigen Auseinandersetzungen, wenn die BFE nicht aufgelöst werde - nehmen Sie es mir nicht übel; meine Bereitschaft, so etwas über Gebühr mit Aufmerksamkeit zu bedenken, ist eher unterdurchschnittlich ausgeprägt.

(Heiterkeit bei der FDP)

Deswegen habe ich darauf auch nicht reagiert. Wenn ich auf jeden Internet- und Blogeintrag in diesem Lande oder außerhalb Niedersachsens reagieren müsste, wollte oder sollte, dann hätte ich viel zu tun und käme ich nicht zu meiner eigentlichen Arbeit.

Im Übrigen ist dieser Beitrag unsachlich und beeinträchtigt in keiner Weise meine Bereitschaft, die entsprechenden Gespräche in Göttingen mit allen zu führen, die zu Gesprächen bereit sind. Das wird der nächste Schritt sein.

Aber ganz im Ernst: Ich reagiere auch nicht auf jede Meldung der Jusos, der JuLis oder der Jungen Union. Das ist nun wirklich nicht meine Aufgabe.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die nächste Frage stellt der Kollege Johann-Heinrich Ahlers von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Innenminister: Gibt es Zahlen darüber, wie viele Angriffe es in den letzten beiden Jahren auf Polizisten in Göttingen gegeben hat und wie viele davon politisch motiviert waren?

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sicher: Diese Zahlen gibt es. - Ich habe sie aber nicht dabei, bin aber gerne bereit, sie Ihnen schriftlich nachzureichen.

(Zuruf von der CDU: Immerhin!)

Die nächste Frage stellt der Kollege Horst Schiesgeries von CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Frage lautet: Hält die Landesregierung trotz der, wie ich finde, sehr realen Gefahr, dass Beamte der Polizei auch privat wegen ihrer dienstlichen Tätigkeit angegriffen werden, an der Absicht fest, jeden Polizeibeamten in Niedersachsen individuell zu kennzeichnen?

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nie hat die Absicht bestanden - auch jetzt

besteht sie nicht -, eine individuelle Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten einzuführen.

(Björn Thümler [CDU]: Natürlich! Es besteht doch die Absicht! - Gegenruf von Anja Piel [GRÜNE]: Wir reichen euch den Koalitionsvertrag ein! - Wei- terer Gegenruf von der SPD: Wer le- sen kann, ist schlauer!)

Die nächste Frage stellt der Kollege Jens Nacke.

(Zurufe)

- Meine Damen und Herren, der Minister hat die Frage beantwortet. Die nächste Frage stellt der Kollege Nacke. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Pistorius, mit Blick auf Ihre Ausführungen hinsichtlich der Vorgänge in Göttingen haben Sie gesagt, dass die Polizeibeamten nicht die Frage stellen, was die Landesregierung tun kann.

Ich frage Sie daher: Ziehen Sie mit Blick auf die Ereignisse in Erwägung, in bestimmten Problemlagen oder beispielsweise generell in Göttingen auf die Unterrichtung der Betroffenen über Abschiebungstermine zu verzichten, die solche Polizeieinsätze möglicherweise erschwert, und nicht bereits im Vorfeld die Termine bekannt zu geben, wenn man weiß, dass insbesondere in Göttingen in Teilen die von Ihnen geschilderte besondere Feindseligkeit herrscht - Sie haben das ja genau ausgeführt -, die zu solchen Polizeieinsätzen mit schweren Folgen führen kann?

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Pistorius!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst klarstellen, damit kein Missverständnis aufkommt: Ich meinte mit einer individualisierten Kennzeichnungspflicht eine generelle Kennzeichnungspflicht jedes einzelnen Polizeibeamten. Wir erörtern gerade in den Verhandlungen die Frage einer anonymisierten Kennzeichnungspflicht in geschlossenen Einsätzen.

(Zurufe von der CDU: Aha!)

- Tun Sie doch nicht so erstaunt! Im Koalitionsvertrag steht doch, dass wir darüber reden!