Protokoll der Sitzung vom 25.06.2014

(Anja Piel [GRÜNE]: Ja, selbstver- ständlich!)

Aber schon allein diesen Grundsatz haben Sie missachtet.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ist die Ausgangslage, und so weit werden sich vermutlich auch alle in diesem Haus einig sein, zumindest nach außen.

Der zweite Punkt ist aber, dass Sie natürlich erheblichen Erwartungen ausgesetzt sind. Ich will einmal anfangen, die Erwartungen zu zitieren. Sie haben im Wahlprogramm der Grünen zur Landtagswahl 2013 auf den Seiten 60 und 61 Folgendes ausgeführt:

„Die Atomaufsicht des niedersächsischen Umweltministeriums hat bis heute keine Konsequenzen für die Nachrüstung noch laufender Atomkraftwerke gezogen. Bestehende Sicherheitsmängel werden ignoriert.“

Und dann sagen Sie mir noch einmal, ich würde die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Atomaufsicht beschimpfen! Das haben Sie in diesem Haus permanent getan, übrigens bis hin zur Androhung von Strafanzeigen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Ganze ist schon einmal aufgegriffen worden, und zwar im Januar 2014 von der taz, die sicherlich eher in Ihrem politischen Feld zu verorten ist als in meinem. Ich zitiere:

„,Das bittere Resümee ist, dass sich nichts Substanzielles verändert hat‘, erklärte Peter Dickel von der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad bei der Übergabe eines ,Zwischenzeugnisses‘ an den anwesenden Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne).“

Weiter heißt es dort:

„Beispiel Atomaufsicht: Weil sich SPD und Grüne im Bund 2011 mit der Stilllegung von acht AKWs begnügt hätten, komme der Atomaufsicht der Länder jetzt eigentlich die Aufgabe zu, Konsequenzen aus Fukushima zu ziehen, meinen die Initiativen. Tatsächlich jedoch sei auch im rot-grün regierten Niedersachsen von einem Neustart bei der Überwachung oder gar neuen Sicherheitsanforderungen für die noch laufenden Reaktoren in Grohnde und Lingen nichts zu bemerken.“

Der Druck steigt also, meine Damen und Herren. Man will endlich von Herrn Minister Wenzel sehen, dass die Atomindustrie blutet.

Das geht weiter bis in die jüngste Zeit. Zwei grüne Vorstandsmitglieder des Ortsverbands Gehrden sind mit Ihrer Amtsführung auch nicht zufrieden. In ihrem Schreiben, das gestern dankenswerterweise im Ausschuss verteilt worden ist, heißt es - ich zitiere -:

„Zu hinterfragen ist auch hier die Rolle der niedersächsischen Atomaufsicht. Vertraut der Minister dieser nicht? Oder warum wurde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet?“

Die Unzufriedenheit steigt also. Das heißt: hier der gesetzliche Auftrag - da der politische Druck aus den eigenen Reihen, endlich mal Ergebnisse sehen zu wollen, dass man der Atomenergie und den Kernkraftwerken doch möglichst noch vor Ende der Restlaufzeit den Garaus machen kann.

In dieser enormen Erwartungshaltung, der Sie ausgesetzt sind, kommt Ihnen die Revision von Grohnde gerade recht. Das ist die Gelegenheit, sich endlich einmal zu profilieren.

An dieser Stelle will ich auch das aufgreifen, was jetzt wieder versucht wurde. Hier werden nämlich sehr große Nebelkerzen geworfen. Wer es nur wagt, die Amtsführung von Herrn Minister Wenzel im Rahmen der Atomaufsicht zu kritisieren oder zu hinterfragen, dem wird sofort unterstellt, ihm sei die Sicherheit kerntechnischer Anlagen egal.

Meine Damen und Herren, das ist kompletter Unsinn. Das ist die originäre Aufgabe und das gemeinsame Anliegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Darüber sind Sie immer fein hinweggegangen - auch der Kollege Bosse.

Das waren alles Nebelkerzen. Selbstverständlich muss - daran gibt es in diesem Haus doch überhaupt keinen Zweifel - die Sicherheit der kerntechnischen Anlagen gewährleistet sein.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU] - Lachen bei den GRÜNEN)

Der Versuch, den Sie unternommen haben, ist aber, dass Sie gesagt haben: Ich habe hier einen Hinweis aus der Bevölkerung. - Dieser Hinweis ist selbstverständlich ernst zu nehmen und zu prüfen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ja!)

- Ja. - Jetzt kommt aber der Punkt, über den Sie hinweggehen.

(Zurufe von den GRÜNEN - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Nun lassen Sie mich doch ausreden, regen Sie sich doch nicht gleich so auf!

Sie sagen nämlich: Diesen Hinweis schicke ich zur Staatsanwaltschaft und warte die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft ab. Und wenn sie dann vorliegen, werde ich unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse, auch unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse

(Miriam Staudte [GRÜNE]: „Auch“!)

- das ändert in diesem Zusammenhang nichts - über das Wiederanfahren der Anlage entscheiden.

Das heißt: Sie entziehen sich Ihrer gesetzlichen Verantwortung, die Atomaufsicht selbstständig wahrzunehmen, und spielen den Ball zur Staatsanwaltschaft, die völlig perplex dasteht und Ihnen binnen eines Tages mitteilt, dass dieser Paragraf überhaupt nicht einschlägig ist.

Herr Minister, ein Blick in den Kommentar hätte hier die Rechtsfindung deutlich erleichtert und wäre auch Ihnen möglich gewesen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Da diese Kompetenz vorhanden ist, bleibt nichts anderes übrig als der Schluss: Sie wollten hier durch ein politisches Manöver versuchen, die Atomaufsicht aus dem Rennen zu nehmen, und das Ganze der Staatsanwaltschaft zuschieben. Damit haben Sie sich Ihrer gesetzlichen Verpflichtung entzogen.

Deshalb bleibe ich dabei: Das war der Versuch des Rechtsbruchs. Sie sind Ihren gesetzlichen Verantwortungen nicht nachgekommen. Deshalb ist die

einzige Konsequenz, die bleiben kann, dass diese Atomaufsicht unabhängiger gestaltet wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir werden dazu eine Initiative einbringen. Wir haben das auch in anderen Bereichen der Verwaltung, dass sie der politischen Einflussnahme entzogen wird. Denn in Ihren Händen, Herr Minister Wenzel, ist die Atomaufsicht nicht gut aufgehoben. Sie werden immer unter dem Verdacht stehen, Recht und Gesetz zu beugen, weil Sie hier versuchen, Ihre politischen Ziele durchzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege.

Bevor wir fortfahren, möchte ich die Kamerafrau darauf aufmerksam machen, die Privatsphäre der Abgeordneten zu respektieren und nicht auf und unter deren Plätzen zu filmen.

Ich rufe nun auf Frau Kollegin Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben zwei Minuten und wegen der Redezeitüberschreitung des Herrn Ministers noch zusätzlich anderthalb Minuten, falls Sie diese nutzen möchten.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, das eine oder andere kann man hier nicht so stehen lassen:

(Björn Thümler [CDU]: Genauso ist das!)

Sie reden von Willkür, von Ideologie und davon, dass parteipolitische Interessen verfolgt würden. Nein, meine Damen und Herren, darum geht es nicht, sondern: Hier geht es um die Sicherheit der Atomkraftwerke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Hier geht es den Schutz der gesamten Bevölkerung und nicht nur den einiger grüner Wähler.

Ich möchte Ihnen einmal Folgendes vergegenwärtigen: Das AKW Grohnde liegt ungefähr 50 km von diesem Rednerpult entfernt. Falls in Grohnde etwas passieren würde, würde sich die Evakuierungszone wahrscheinlich über die gesamte Region Hannover erstrecken. Davon betroffen wären 1,1 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Und deren

Interessen, meine Damen und Herren, hat Minister Wenzel korrekt vertreten!