Protokoll der Sitzung vom 23.07.2014

im Vergleich zum ersten Halbjahr des vergangenen Jahres um 413 Millionen Euro zurück.

(Reinhold Hilbers [CDU]: „Ausgegli- chen“ haben Sie gesagt!)

Ich wiederhole mich hier: Ich gehe davon aus, dass sich das noch ausgleicht. Aber dass wir in diesem Jahr mehr einnehmen, als wir veranschlagt haben, ist bedauerlicherweise wohl auszuschließen.

Wir haben von den Vermögensveräußerungen in Höhe von 290 Millionen Euro, die Sie eingeplant hatten, in der Tat nur 214 Millionen Euro realisiert. NORD/LB und HanBG - das Thema kennen Sie. Wir haben aber auch dieses Jahr 55 Millionen Euro in der Planung. Dafür verwenden wir das. Wir brauchen also nichts anderes zu verkaufen. Es bleibt trotzdem etwas übrig. Aber wie ich gesagt habe, haben wir auf der Einnahmeseite Risiken. Wir müssen erst einmal sehen, wie das Haushaltsjahr ausgeht. Möglicherweise sind wir am Ende ganz froh, dass wir damit den Haushaltsausgleich hinkriegen.

Auch das Stichwort „Sondervermögen“ haben Sie erwähnt. Was machen wir mit dem Sondervermögen? - Wir machen damit die Schlaglöcher zu, die Sie uns hinterlassen haben,

(Beifall bei der SPD)

und zwar Schlaglöcher im wortwörtlichen Sinne, aber auch das eine oder andere Fenster und das eine oder andere undichte Dach.

(Widerspruch von Ulf Thiele [CDU])

Sie haben die Infrastruktur sträflich vernachlässigt. Das hat die gleiche Wirkung wie Schuldenaufnahme. Das muss nachfinanziert werden.

(Christian Dürr [FDP]: Sie finanzieren das doch mit Schulden!)

Das tut uns weh. Das schränkt die Handlungsspielräume ein. Gleichwohl haben wir uns dieser Aufgabe gestellt.

Im Übrigen werden wir bei der Haushaltsklausur in den nächsten Tagen - wie ich heute Morgen schon einmal gesagt habe - eine vernünftige Politik realisieren, die die Notwendigkeiten - Investitionen in Bildung und Arbeit - mit dem Bekenntnis dazu verbindet, die Schuldenaufnahme so abzubauen, wie es das Grundgesetz vorsieht. Das ist eine ausgewogene Politik und nicht eine, die zugleich Einnahmen senken und Ausgaben erhöhen will.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich schließe die Beratung und komme zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/1622 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschussempfehlung wurde gefolgt.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 20: Abschließende Beratung: Finanztransaktionssteuer einführen - Initiative für verstärkte Zusammenarbeit ist erster konkreter Schritt für eine globale Umsetzung - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1328 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 17/1766

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung.

Das Wort hat Herr Kollege Heymann, SPDFraktion. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut, dass den Ostfriesen stets ein Stück Gelassenheit nachgesagt wird, sodass wir den vorletzten Tagesordnungspunkt in aller Ruhe angehen können.

Das Land Niedersachsen setzt mit der Entschließung, die heute voraussichtlich von mehr als zwei Fraktionen - mit großer Mehrheit - beschlossen werden wir, ein deutliches Zeichen für eine sinnvoll ausgestaltete und längst überfällige Finanztransaktionssteuer.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In einer Mehrzahl der Parteien haben sich die Fachpolitiker auf allen politischen Ebenen mit dieser Thematik auseinandergesetzt und sind zu dem Schluss gekommen, dass eine Finanztransaktionssteuer schnellstmöglich umgesetzt werden muss. Nun geht es auf allen politischen Ebenen darum, ein Zeichen zu setzen. Das holen wir heute im niedersächsischen Landesparlament nach.

Ich möchte mich in erster Linie bei allen Fachkolleginnen und Fachkollegen recht herzlich bedanken, die die Thematik im Ausschuss immer umfassend und stets sehr fair erörtert haben. Das Ergebnis sehen wir heute. Ich finde, wir senden damit ein starkes Signal nach Berlin, wenn nicht gar nach Brüssel. Das zeichnet uns hier aus: vor Ort handeln, aber über den Tellerrand hinausschauen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Finanzmarkt können wir nicht in Niedersachsen allein bändigen, auch nicht in Deutschland allein. Im Zeitalter der Globalisierung muss diese steuerliche Regulierung die Nationalstaaten weit übergreifen.

Diese Steuer ist sinnvoll. Denn mit einer solchen Steuer werden spekulative Geschäfte für die teurer, die nicht mit echten Waren, sondern mit dem Kapital ganzer Volkswirtschaften spielen. In einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung gilt doch immer: Je höher das Risiko, umso höher kann der Gewinn sein.

(Jens Nacke [CDU]: Außer in der Energiepolitik!)

Wer zukünftig bereit ist, ein spekulatives Geschäft - womöglich im Millisekundenbereich - einzugehen, sollte diese Kapitalverschiebung nicht zum Nulltarif machen können. Diese Akteure, denen es mehrheitlich wahrscheinlich nicht darum geht, realwirtschaftliche Gewinne durch Wachstum zu erzielen, müssen zukünftig durch die Aufbringung einer geringen Steuer auch das Risiko ihres Handelns mit einkalkulieren. Hoffentlich sind die Gewinne dann nicht mehr so hoch, sodass sich das gefährliche Spiel mit dem Risiko für eine bestimmte Klientel nicht mehr lohnt.

Die Folge daraus sollte sein, dass Kapital für den Handel mit Finanzprodukten frei wird, mit denen ein realwirtschaftlicher Mehrwert verbunden ist. Gerade wir in Niedersachsen mit unserem innovativen Mittelstand und mit unserer Industrie haben größtes Interesse daran.

Wir möchten im Sinne unserer großen und kleinen Unternehmen im Land keine weiteren Finanzblasen oder -krisen, die durch Finanzprodukte, die teilweise nicht einmal mehr von den Finanzakteuren selbst verstanden werden, verursacht und verschärft wurden.

Nicht nur die Staatschefs und Finanzminister der beiden großen Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich haben angekündigt, diese Maßnahme umzusetzen. Nein, auch Italien - dort gibt es das teilweise schon - und zahlreiche weitere EUStaaten machen mit, da die Vorteile die Nachteile überwiegen.

Ich möchte besonders auf Punkt 6 des Antrags verweisen. Langfristig wird eine weltweite Implementierung der Finanztransaktionssteuer angestrebt. Damit haben wir als eine der ersten Nationen auch eine Signalwirkung, um Krisen in der Zukunft einzudämmen und gar nicht erst hochkochen zu lassen, meine Damen und Herren.

Ein weiterer Punkt ist, dass wir damit mehr Gerechtigkeit schaffen. In Zukunft werden bestimmte Kapitalmarktaktivitäten besteuert, und damit leisten sie - wie auch normale Dienstleistungen oder die Schaffung eines Mehrwertes mit einem Produkt - einen Beitrag zu dem, wovon wir alle profitieren: dem steuerfinanzierten Gemeinwesen, das Schulen bezahlt, Krankenhäuser baut, öffentliche Sicherheit herstellt oder auch eine funktionierende Verwaltung gewährleistet.

Also: In unseren Augen ist die Finanztransaktionssteuer auch ein Stück Gerechtigkeit, und sie trägt zu diesem funktionierenden Gemeinwesen massiv bei.

Eines ist mir persönlich noch ganz wichtig. Es betrifft die Menschen, die eine private Altersvorsorge getroffen haben oder noch treffen werden. Wir haben im Antrag explizit darauf verwiesen, dass entsprechende Instrumente nicht negativ beeinflusst werden. Zudem achten wir darauf, dass auch negative Einflüsse auf die von mir bereits genannte Realwirtschaft vermieden werden und Kleinstanleger nicht negativ beeinflusst werden.

Wir möchten nicht, dass das Geld dem Geld dient. Wir möchten, dass ein gerechter Finanzmarkt den Menschen in Niedersachsen und darüber hinaus dienlich ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dazu ist es notwendig, dass klare Regeln Transparenz herstellen und die Regeln am Ende denen dienen, die tagtäglich dafür sorgen, dass mithilfe eines stabilen, transparenten und gerechten Finanzsystems ein gutes Zusammenleben möglich ist und nicht die Interessen einiger weniger über die Interessen von allen gestellt werden.

(Johanne Modder [SPD]: Genau!)

Meine Damen und Herren, wenn uns klare Regeln, wenn uns Transparenz und wenn uns Gerechtigkeit am Herzen liegen, dann sollten wir heute diesem Antrag zustimmen und ein Zeichen setzen. Wir wollen ein Signal für klare Regeln und Fairness und gegen einen entfesselten Finanzmarkt setzen. Ich bitte daher um Zustimmung zum vorliegenden Antrag.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Heymann. - Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Dr. Siemer das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Einführung der Finanztransaktionssteuer wollen wir einen Beitrag zur weiteren Stabilisierung der Finanzmärkte leisten und die Verursacher an den Krisenkosten stärker beteiligen.

Ich danke - wie es der Kollege Heymann getan hat - ganz ausdrücklich für die konstruktive und inhaltsstarke Auseinandersetzung im Haushaltsausschuss. Wir haben das Thema dort wirklich sehr umfassend und tiefgehend behandelt.

Bei diesem Thema sollte man noch einen Blick zurückwerfen, weil diese Steuer ja auf die Finanzkrise 2008/2009 zurückgeht. Mittlerweile sind wir schon im Jahr 2014. Was hatte sich 2008/2009 in der Finanzkrise getan?