Frau Kollegin Modder, ich darf Sie kurz unterbrechen. Der Kollege Hilbers möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie das?
(Petra Tiemann [SPD]: Er kann gleich selber noch reden! - Weitere Zurufe von der SPD - Gegenruf von Reinhold Hilbers [CDU])
Wir haben das Sparen fest im Blick. Wir werden das Land aber nicht kaputtsparen. Wir haben erheblich in die Sanierung der Infrastruktur investiert, und wir werden das auch weiterhin tun müssen.
Eine Kahlschlagpolitik wird es mit uns nicht geben. Eine Milliarde Euro in die Zukunftsoffensive Bildung - so viel ist in Niedersachsen noch nie in Bildung investiert worden, meine Damen und Herren.
Wir werden in den kommenden Wochen den Haushaltsplanentwurf in den Ausschüssen beraten und im Dezember-Plenum verabschieden. Ich freue mich auf diese Beratung. Heute hat man einen Vorgeschmack auf das bekommen, was uns in den Ausschüssen erwarten wird. Ich kann nur sagen: Dieses Land ist bei Rot-Grün in den allerbesten Händen.
Vielen Dank, Frau Modder. - Jetzt hat sich der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Christian Dürr, zu Wort gemeldet. Herr Dürr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Modder, wenn man nicht spart, dann kann man auch nichts kaputtsparen!
Frau Modder, Sie haben am Anfang Ihrer Rede den Vorwurf erhoben, Union und FDP würden sich vor allem um die Reduzierung der Neuverschuldung kümmern. Abgesehen davon, dass ich nicht erkennen kann, dass man uns das vorwerfen müsste, haben wir von Union und FDP Ihnen in unseren Haushaltsanträgen im letzten Jahr gezeigt, wie das geht.
Und jetzt nenne ich Ihnen einmal die Zahlen für das kommende Jahr, Frau Modder: 2 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen als 2013. 2016 steht eine weitere Milliarde mehr zur Verfügung, und 2017 noch eine weitere Milliarde mehr. 2018 stehen insgesamt 5 Milliarden Euro mehr als 2013 zur Verfügung, und gleichzeitig müssen Sie 400 Millionen Euro weniger für Zinsen ausgeben. Wie, Frau Modder, wollen Sie bei diesen Zahlen noch irgendjemandem in Niedersachsen erklären, dass es nicht möglich ist, die Schuldenbremse schon 2017 einzuhalten? - Das können Sie nicht, Frau Modder, es sei denn, Sie wollen das Geld nur so zum Fenster rauswerfen.
Ich möchte den Herrn Finanzminister aus der Braunschweiger Zeitung vom Montag zitieren. Dort haben Sie gesagt, Herr Schneider:
„müssten wir für unsere Kredite fast eine Milliarde Euro mehr aufwenden, als wir das jetzt tun. Fast jede Woche läuft ein Kredit aus, und wir bekommen einen zu günstigeren Zinsen.“
Ich erinnere mich noch sehr gut an 2003, als CDU und FDP einen Landeshaushalt geerbt hatten, in dem wegen der hohen Verschuldung die Zinsausgaben aus dem Ruder gelaufen waren. Sie, Herr Finanzminister, müssten das eigentlich auch noch wissen; denn Sie waren damals, als diese Schulden gemacht wurden, der Chef der Staatskanzlei.
Aber das allein wäre noch nicht so schlimm. Das Fatale ist jedoch, dass Sie jetzt an diese Tradition von damals anknüpfen wollen. Denn trotz dieser sehr guten Rahmenbedingungen wollen Sie im nächsten Jahr 130 Millionen Euro zusätzliche Schulden machen. Damit würden Sie den von CDU und FDP eingeschlagenen Abbaupfad zum Erreichen der Schuldenbremse - anders, als Frau Modder es vorhin beschrieben hat - erneut verlassen.
Herr Schneider, Sie sind der erste Finanzminister in Deutschland, der versucht, zurückgehende Zinsausgaben durch zusätzliche Schulden zu kompensieren. Das können Sie wirklich niemandem im Land erklären.
Angesichts dieser Zahlen - auf der einen Seite Rekordsteuereinnahmen und auf der anderen Seite Zinsen, die noch nie in der Geschichte des Landes so niedrig waren - versteht wirklich niemand, warum die Schuldenbremse nicht schon 2017 kommt.
Der Grund ist das Unvermögen dieser Landesregierung, eigene klare Schwerpunkte zu setzen. Stattdessen galoppieren Ihnen die Ausgaben schneller weg, als der Steuerzahler damit hinterherkommt, immer mehr Geld beim Niedersächsischen Finanzminister abzuliefern.
Und weil wir jetzt schon so viel über Zahlen gesprochen haben, Herr Schneider: Die Frage ist doch, wie seriös Sie eigentlich unterwegs sind. Ich erinnere mich noch an Ihre ersten Reden hier im Landtag - Frau Modder hat das das vorhin auch angesprochen - und daran, wie Sie beschworen haben, dass wir Ihnen einen Scherbenhaufen hinterlassen hätten.
Soll ich Ihnen noch einmal die Zahlen nennen? - 2013, also der Haushalt, den wir aufgestellt und den Sie von uns geerbt haben, konnten in Niedersachsen 1 Milliarde Euro Schulden getilgt werden. Das Erbe, das Sie ausschlagen wollen, hat Ihnen 1 Milliarde Euro gebracht, Herr Finanzminister. Wenn Sie Größe hätten, hätten Sie sich heute vor den Landtag gestellt und sich für Ihre damaligen Entgleisungen entschuldigt.
Herr Finanzminister, Sie werden ja auch nicht müde zu betonen, dass es gar nicht so sehr auf die Neuverschuldung ankommt, sondern dass das strukturelle Defizit viel entscheidender sei. Frau Modder hat das eben auch noch einmal gesagt. Aber gerade da haben Sie im letzten und in diesem Jahr versagt; das muss man so klar sagen. Denn laut Ihrer eigenen Planung werden Sie das strukturelle Defizit erst im kommenden Jahr wieder auf das Niveau von 2012, also auf das Niveau unserer Regierungszeit, bringen können. Erneut: trotz Steuermehreinnahmen und geringerer Zinsbelastung, meine Damen und Herren!
Ihre mittelfristige Finanzplanung entlarvt Sie nicht nur im Hinblick auf das strukturelle Defizit, sondern sie entlarvt Sie auch, was die Schuldenbremse angeht. 2020 - Pustekuchen! Damit ist auch klar, warum Sie die Einhaltung der Schuldenbremse 2017 nicht wollen. Ihre eigene Planung, Herr Schneider, ist der Beleg dafür; denn laut Ihrer Mipla, die Sie gerade erst Anfang September dem Haus vorgelegt haben, erreichen Sie die Schuldenbremse nicht einmal im Jahr 2020. Ich sage sehr deutlich: Das ist Verfassungsbruch mit Ansage, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Keine Landesregierung vor Ihnen - übrigens egal welcher Farbe - hatte solche Rahmenbedingungen wie Sie heute. Aber anstatt die Gunst der Stunde zu nutzen und endlich mit dem Sparen anzufangen, kommt von der Regierungsseite und von den Regierungsfraktionen vor allem der Ruf nach mehr Geld. Das ist schon spannend: Der Finanzminister redet mehr über das Geldausgeben als über das Sparen - was eigentlich sein Job wäre.
Herr Schneider - das hat er verkündet - will den Soli umwidmen und ihn damit anders, als von der Politik in Deutschland versprochen, dauerhaft erheben lassen. Wenn der Soli in die Tarife der Einkommensteuer eingearbeitet werde, so sagte Schneider, belaste das die Steuerzahler nicht stär
700 Millionen Euro zusätzlich rechnen, wird PeterJürgen Schneider zitiert. Herr Schneider will also den Soli für die Landeskasse.
Jetzt kommt der Herr Ministerpräsident ins Spiel. Herr Weil, ich erwähne das deshalb, weil Sie sich in letzter Zeit gerne als ein Freund der Abschaffung der kalten Progression gegeben haben. Aber Ihr Finanzminister hat das Geld, von dem Sie glauben, es stünde für den Abbau der kalten Progression zur Verfügung, bereits heute schon dreimal ausgegeben.
Ein Finanzminister, der so wie dieser nur ans Ausgeben, aber nie ans Sparen denkt, ist eine glatte Fehlbesetzung. Das muss deutlich gesagt werden.
Ich habe mich in den letzten Wochen gefragt, wie diese Ausgaberhetorik wohl zustande kommt. Ist das quasi der genetische Code der Sozialdemokraten: ausgeben, verteilen, mehr Geld fordern? Ist das das, was jedem Sozialdemokraten quasi inhärent ist?