Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

Sie wollen die erfolgreich gestarteten Oberschulen in Ihrem System zerschlagen und die Oberschulen zur Einheitsschule umbauen. Sie wollen Förderschulen abschaffen und gefährden damit die erfolgreiche Umsetzung der Inklusion in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei all dem, was jetzt nur in Kurzform hier aufgezählt wurde, ist es - ganz ehrlich - auch kein Wunder, dass Ihre versierten Schulpolitiker das Deck verlassen und rechtzeitig von Bord gehen,

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

bevor das ganze Scheitern deutlich wird. Ein Beispiel dafür haben wir erlebt, und Herr Poppe wird in wenigen Wochen folgen.

(Beifall bei der CDU - Thomas Schremmer [GRÜNE]: Wir wurden doch wohl mit Mehrheit gewählt - im Gegensatz zu Ihnen!)

Deswegen gilt beim Thema Sachlichkeit die Aufforderung:

(Petra Tiemann [SPD]: Tolles Beispiel für Sachlichkeit!)

Sagen Sie endlich der Öffentlichkeit die Wahrheit über das, was Sie vorhaben. - Die Ministerin erklärt im dpa-Interview von gestern, dass sie nicht mehr über Strukturen sprechen will. Nur: Bei all dem, was Sie hier ankündigen, bringen Sie diese Strukturdebatte ins gesamte Bundesland.

Die Ministerin sagt in dem dpa-Interview von gestern, dass sie die Gymnasien stärkt. Die Realität ist aber, dass die Gymnasien in Niedersachsen noch

nie in unserer Landesgeschichte so bedroht waren wie heute.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD)

Ich habe dazu im Landtag bereits im letzten Jahr etwas gesagt und die Ministerin auch aufgefordert, die Wahrheit zu sagen. Ihr Staatssekretär tut es im Gegensatz zu ihr nämlich. Als wir im letzten Jahr zum gleichen Thema diskutiert haben, hat Staatssekretär Bräth - auch über ein dpa-Interview - verlauten lassen, man müsse kein Mathematiker sein, um zu wissen, dass die Gesamtschulen Konsequenzen für die Gymnasien haben würden. Weiterhin hat er gesagt, dann werde es halt auch so sein, dass wir in Landkreisen, in denen es heute drei Gymnasien gibt, vielleicht nur noch ein Gymnasium haben werden. Der Staatssekretär sagt zumindest die Wahrheit, welche Entwicklung hier ansteht.

Einen Bestandsschutz für die Gymnasien soll es laut dem dpa-Bericht von gestern nicht geben. Diesen Bestandsschutz wird es nach der aktuellen Debatte in Niedersachsen nur noch für eine einzige Schulform geben, nämlich für die Gesamtschule.

(Beifall bei der CDU)

Dazu passt dann auch eine aktuelle Antwort, die wir gerade von der Landesregierung bekommen haben. Wir hatten gefragt: Wie viele Absolventinnen und Absolventen der Studienseminare für das Lehramt an Gymnasien, die innerhalb der letzten zwölf Monate ihren Vorbereitungsdienst beendet haben, haben keine Stelle im niedersächsischen Schuldienst bekommen? - Lassen Sie sich die Zahl auf der Zunge zergehen: 348 junge Absolventinnen und Absolventen haben wir auf der Straße stehen gelassen und in Niedersachsen nicht eingestellt.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Wer bei dieser Situation davon spricht, dass man das Gymnasium stärken wolle, muss die Verbindung zur Realität vollkommen verloren haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Menschen in unserem Bundesland wollen das, was hier gerade passiert, nicht. Zum Schuljahresbeginn wurden 17 neue Oberschulen und nur 10 neue Gesamtschulen genehmigt. In den aktuellen Umfragen vom Spiegel und vom NDR wird mit breiten Mehrheiten von über 80 % deutlich, dass die Menschen von den Plänen zur Abschaffung

der Noten, des Sitzenbleibens oder auch der Schullaufbahnempfehlung gar nichts halten.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen letzter Satz - ich habe die Zeit überzogen -: Ihr angebliches Bildungschancengesetz wird zu einem Chancenvernichtungsgesetz für Niedersachsen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Seefried. - Ich fahre in der Reihenfolge der Wortmeldungen fort. Jetzt ist für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Björn Försterling an der Reihe. Bitte sehr! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Scholing hat gesagt, Bildungsgerechtigkeit solle sich wie ein Faden durch die rot-grüne Schulpolitik ziehen. Ehrlich gesagt, ist das aber nichts anderes als ein seidener Faden. Denn stellen wir uns doch einmal folgende Fragen:

Ist es wirklich gerecht, im Koalitionsvertrag die Abschaffung der Förderschule Emotionale und Soziale Entwicklung zu vereinbaren, die Eltern zu verunsichern und einige Wochen später dann wieder zurückzurudern?

Ist es wirklich gerecht, seit anderthalb Jahren von der Abschaffung der Förderschule Sprache zu sprechen? Ist es wirklich gerecht, die Eltern zu vertrösten? Ist es wirklich gerecht, dass Eltern erst den Ministerpräsidenten anschreiben müssen, um eine Antwort der Kultusministerin zu erhalten? Ist es wirklich gerecht, dass Sie die 10 000 Petenten für den Erhalt der Förderschule Sprache ignorieren, meine sehr geehrten Damen und Herren?

Ist es gerecht, dass Sie die Noten an der Grundschule abschaffen wollen, obwohl Eltern und Schüler sie beibehalten wollen?

Ist es gerecht, dass Sie mit dem neuen Schulgesetz das Sitzenbleiben abschaffen wollen, obwohl Eltern und Schüler auch das beibehalten wollen?

Ist es gerecht, dass Sie ein Dialogforum zur Zukunft der Gymnasien durchführen und den Verband der Elternräte der Gymnasien ausladen, weil Ihnen deren Meinung nicht passt?

(Christian Dürr [FDP]: Unglaublich!)

Ist es gerecht, dass Sie ganz bewusst die Unterrichtsversorgung um mehrere Prozentpunkte absenken wollen?

Ist es gerecht, dass Sie den Ganztagsschulerlass erst zwei Tage vor den Sommerferien in die Schulen geben?

Ist es gerecht, dass Sie die Altersermäßigung der Lehrkräfte, ein SPD-Versprechen, einfach so einkassieren?

Ist es gerecht, dass Sie den Gymnasiallehrern einfach Mehrarbeit auflasten?

Ist es gerecht, dass Sie mit diesem neuen Schulgesetz den Schülern in Niedersachsen das Recht auf den Besuch eines Gymnasiums nehmen wollen?

Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist alles nicht gerecht! Wovon wir hier reden, ist keine Bildungsgerechtigkeit.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Anstatt sich diesen Fragen zu stellen, macht die Ministerin nichts anderes, als eine große Werbetour, eine Selbstimagekampagne durch die Ganztagsschulen zu starten, und sie vernachlässigt dabei die Probleme, die in den niedersächsischen Schulen tatsächlich gelöst werden müssten: Wie geht es weiter mit der Inklusion? Wie können wir für den Erhalt von kleinen Grundschulstandorten im ländlichen Raum sorgen? Wie sorgen wir eigentlich dafür, dass die Schulleiterstellen wiederbesetzt werden? Wie sieht es mit der tatsächlichen Lehrerarbeitszeit aus? Was macht eigentlich der ganze Bereich der Schulsozialarbeit?

(Zuruf von der SPD: Was haben Sie denn gemacht? - Gegenruf von Chris- tian Dürr [FDP]: Gute Politik!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da haben die Schulen wirklich Probleme. Frau Ministerin, kümmern Sie sich endlich um die Probleme in den Schulen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Ministerin gibt zusammen mit dem Ministerpräsidenten dpa ein Interview und sagt: Die Opposition will nur einen Schulstreit anzetteln, weil sie selbst kein Konzept hat! - Schauen Sie sich einmal die Anträge von CDU und FDP aus den letzten Monaten an! Wir haben Konzepte zur Inklusion, zu den Grundschulen im ländlichen Raum, zur

Schulsozialarbeit und zu vielen weiteren Punkten vorgelegt.

Sie sind aber mit sich selbst beschäftigt, und Sie interessieren sich überhaupt nicht für die Probleme in den Schulen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Sie reden von Bildungsgerechtigkeit. Aber das, was Sie machen, ist keine bildungsgerechte Politik, sondern nichts anderes als selbstgerechte Politik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Es folgt jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Stefan Politze. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Sie wollen es nicht verstehen. Nur diese Schlussfolgerung kann man aus den beiden Redebeiträgen, die wir gerade gehört haben, ziehen.