Herr Försterling hat sich schon in der Gesamtschuldebatte zu einem Bild von einem Flächenbrand verstiegen. Jetzt läuft er aber selbst mit dem Flammenwerfer durch die Gegend statt mit einem Feuerlöscher.
Uns aber und mir persönlich geht es im Kern nicht um ein Schild an der Tür, sondern um gute Schulen und guten Unterricht.
Meine Damen und Herren, was wird sich tatsächlich im Niedersächsischen Schulgesetz ändern? - Ich halte an drei Beispielen Dichtung und Wahrheit nebeneinander.
geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, emotionale und soziale Entwicklung, Hören und Sehen unverändert bestehen bleiben.
Für den Förderbereich Sprache wird es eine Anbindung an Grundschulen geben. Von einer Abschaffung kann also keine Rede sein.
Beispiel 2: Behauptet wird, der Errichtung von beliebig vielen Gesamtschulen würden Tür und Tor geöffnet. Tatsache ist, dass auch hier nichts von oben dekretiert wird. Es geht um Gleichberechtigung und darum, den Schulträgern mehr Möglichkeiten zur Gestaltung einzuräumen, wenn die erforderlichen Schülerzahlen erreicht werden. Der Rahmen der Vierzügigkeit und in absoluten Aus
nahmefällen der Dreizügigkeit, den wir erst im letzten Jahr eingeführt haben, wird natürlich nicht angetastet.
Beispiel 3: Behauptet wird, diese Regierung wolle den Gymnasien schaden. Tatsache ist, dass die Gymnasien in Zukunft besser ausgestattet werden als je zuvor.
Kleinere Klassen, bessere Ganztagsausstattung, ein modernes Abitur nach 13 Jahren, das laut NDR von 80 % der Eltern befürwortet wird, mit ergänzenden Förderstunden gegen Abschulung und für ein mögliches Überspringen werden hervorragende Bedingungen schaffen.
Meine Damen und Herren, das, was Sie betreiben, ist eine verfälschende, ja eine verlogene Kampagne, die in sich zusammenbrechen wird.
(Claus Peter Poppe [SPD]: Wir haben geklärt, was „Lügner“ und was „verlo- gen“ ist! - Zurufe von der FDP: Wollen wir jetzt den Präsidenten kritisieren?)
Meine Damen und Herren, nächster Redner ist für die Fraktion der CDU Herr Kollege Thümler. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine Bemerkung vorweg zu Ihnen, Herr Scholing. Die Idee, die Sprachförderschulen abzuschaffen, stammt nicht von uns, sondern von Ihnen. Ich sage das nur, damit hier der Geschichtswahrheit Genüge getan wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, anlässlich der Vorstellung von Frauke Heiligenstadt als Kandidatin der SPD für das Amt der Kultusministerin gab der damalige Spitzenkandidat der SPD Stephan Weil folgendes Versprechen ab: „Gymna
Heute, zwei Jahre später, meine Damen und Herren, fragen sich nicht nur Lehrer, Schüler und Eltern besorgt: Gilt dieses Versprechen noch?
Antwort: Nein, dieses Versprechen gilt nicht mehr! - Ich will Ihnen dazu einige Kommentare aus der Landespresse der letzten Woche vortragen:
Der Weser-Kurier schrieb am 8. September: „Von Ruhe an der Schulfront ist Niedersachsen meilenweit entfernt.“ Die Braunschweigische Zeitung vom 11. September sieht einen neuen Schulkampf heraufziehen und prognostiziert: „Für die Bildungspolitik in Niedersachsen lässt das nichts Gutes erwarten, mehr Ganztag hin oder her.“ Die Neue Osnabrücker Zeitung vom 11. September meint: „In Niedersachsen wird es im neuen Schuljahr sehr viel Unruhe geben.“
Meine Damen und Herren, wer diese gewichtigen Stimmen in der veröffentlichten Meinung als Quatsch abtut, wie Sie, Herr Ministerpräsident, es gestern getan haben, der ist entweder hochmütig oder ignorant.
Die Schulgesetznovelle geht weit über eine Gleichberechtigung der Gesamtschulen mit den Gymnasien und Oberschulen hinaus; das wissen Sie genau. Mit der Festschreibung der Integrierten Gesamtschule als ersetzende Schulform legen Sie die Axt an die Wurzeln des Gymnasiums und der Oberschule gerade im ländlichen Raum.
Wenn Sie das Gegenteil behaupten, dann schauen Sie doch heute schon einmal auf die Unterrichtsversorgung an den Oberschulen im ländlichen Raum. Dann erkennen Sie, Frau Heiligenstadt, dass Sie weit, weit von den 100 % entfernt sind, die Sie einmal prognostiziert haben. Ich kann Ihnen Beispiele zeigen, bei denen wir bei 70 % zu Schuljahresbeginn sind -
nicht mit der Ansage, dass es verbessert wird. Im Gegenteil: dass es noch schlechter wird. Dafür sollte man sich schämen.
Das heißt, meine Damen und Herren: Vorwärts in die Vergangenheit? Zurück in die bildungspolitische Sackgasse? Sollen die pädagogisch gescheiterten Gesamtschulfantasien eines Peter von Oertzen tatsächlich eine Wiederauferstehung erfahren? - Nein, das wollen wir alle nicht erleben, meine Damen und Herren. Das wäre nämlich die Fortsetzung einer Politik des vergangenen Jahrtausends und nicht das, was wir im neuen Jahrtausend brauchen, nämlich ein Schulsystem, in dem unsere Kinder entsprechend ihren Bedürfnissen gefördert und gefordert werden, meine Damen und Herren.
Eltern und Schüler haben das Recht auf freie Schulwahl. Dieses Recht wollen Sie ihnen mit der angekündigten Schulgesetznovelle nehmen.
Sie können hier erklären, was Sie wollen, dass Sie Wahlmöglichkeiten lassen. - Sie schaffen Fakten mit diesem Gesetz, das Sie hier verabschieden wollen!
Sie ziehen sich darauf zurück, dass die kommunalen Schulträger dann entschieden. - Die entscheiden auf der Grundlage Ihres Gesetzes, meine Damen und Herren! Welche Möglichkeiten sollen sie denn sonst haben, als diesem Trend zu folgen, den Sie dort vorgeben?
Wir haben im Übrigen dieses vermeintliche Bekenntnis zum Gymnasium von Ihnen, Herr Weil, schon einmal gehört, und wir haben es schon im Wahlkampf nicht geglaubt. Negative Angriffe auf Gymnasien - ich zitiere aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 13. November 2000 -:
„Die von Finanzdezernent Stephan Weil aufgeworfene Frage, ob die Südstadt fünf Gymnasien brauche, hat den Stadtelternrat auf den Plan gerufen. Weil hatte in seinem neuesten Sparprogramm Schulen zur Disposition gestellt.“
Schon damals starteten Sie eine Ihrer Attacken, ohne zuvor mit den Betroffenen darüber zu reden. Meine Damen und Herren, auch das ist Synonym Ihrer Politik. Sie reden mit den Leuten nicht, obwohl Sie andauernd mit „Dialogbereitschaft“ durch die Gegend ziehen. Sie reden nicht, weil die Menschen unbequem sind und Sie das Unbequeme einfach ausblenden wollen. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen!
Schulpolitik par ordre du mufti - das war Ihr Politikstil und ist eben auch heute leider Ihr Politikstil, aber kein moderner Politikstil, wie er in diesem Jahrtausend gepflegt werden müsste.
Deswegen mein klarer und eindeutiger Appell an Sie, Herr Weil: Pfeifen Sie Frau Heiligenstadt zurück! Drücken Sie bei der Schulgesetznovelle auf die Reset-Taste! Beginnen Sie ganz von vorne! Kümmern Sie sich um die Sorgen der Schüler, der Eltern und der Lehrer an den Schulen! Lassen Sie die Schulstruktur in Ruhe und kümmern Sie sich um die Qualität!