Sie sind doch aus Südniedersachsen. Sie haben zehn Jahre lang ein zentrales Ministerium innegehabt. Sie haben zugesehen, wie sich die Situation dieses wichtigen Teils unseres Landes von Jahr zu Jahr verschlechtert hat. Ich bin gerne bereit, über begründete Kritik zu reden. Aber von Ihnen hier konfrontiert zu werden, das hat ein Geschmäckle. Betretenes Schweigen wäre aus Ihrer Sicht eigentlich das Richtige.
Herr Ministerpräsident, einen Moment, bitte! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt kehrt bitte wieder Ruhe ein. Das Wort hat der Redner.
Die Situation in Niedersachsen entspricht der in fast allen anderen Bundesländern. Wir haben von 32 Programmen, die derzeit der EU-Kommission vorliegen, 6 typischerweise in einem geringeren Volumen genehmigt bekommen, die anderen 26 befinden sich im selben Status wie Niedersachsen. Wir hören aus anderen Ländern, dass man dort mit wesentlich anderen Zahlen, was die Anzahl der Anmerkungen angeht, zu tun hat und dass man dort ebenso wie bei uns aufgrund der verkürzten Fristsetzung der EU-Kommission vor einer besonderen Herausforderung steht.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, eines höre ich aus anderen Bundesländern nicht, dass das zum Gegenstand einer streitigen politischen Auseinandersetzung in den jeweiligen Landtagen gemacht wird. Das scheint eine niedersächsische Spezialität zu sein. Ich bin mir nicht sicher, ob das unserem Land zur Ehre gereicht.
Das, was wir von der EU-Kommission bekommen haben, ist eine Mischung aus sachlichen Nachfragen, aus neuen Anregungen, zum Teil aus unverbindlichen Erwägungen und aus konzeptionellen Hinweisen. Morgen und übermorgen werden dazu die abschließenden Verhandlungen in Brüssel geführt werden. Die betreffenden Mitarbeiter aus allen Ministerien arbeiten mit Hochdruck daran. Nach dem, was ich höre, haben wir keinen Zweifel, dass wir pünktlich zum Einsendeschluss in Brüssel auf dieser Grundlage die niedersächsischen Programme auf den Tisch legen können.
Kurzum, meine Damen und Herren, seien Sie gewiss, diese Landesregierung wird ihre Arbeit für die Regionen mit Hochdruck fortsetzen, und wir lassen uns dabei auch von Ihnen nicht abhalten.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Weitere Wortmeldungen liegen mir zu dieser Aktuellen Stunde 3 b nicht vor.
c) Zuwanderung und Integration - Chancen für Niedersachsen nutzen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 17/2197
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In unserer Koalitionsvereinbarung „Erneuerung und Zusammenhalt“ haben wir uns darauf verständigt, uns für ein weltoffenes Niedersachsen einzusetzen. Wir sind der festen Überzeugung, dass Niedersachsen ein Land ist, das von der Vielfalt, dem Engagement und den Ideen der Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft seine Kraft und Stärke bezieht.
Getreu dieser Grundüberzeugung verfolgt die Koalition seit nunmehr anderthalb Jahren eine Integrationspolitik, die sich nicht nur in folkloristisch anmu
tender Fassade erschöpft, nein, vielmehr verfolgt sie eine Politik, die mit Fug und Recht als Paradigmenwechsel bezeichnet werden darf.
Mit der institutionellen Förderung von Migrantenorganisationen, der Weiterentwicklung der Leitstellen für Integration zu landesweiten Koordinierungsstellen und nicht zuletzt der Reform der Härtefallkommission nenne ich Ihnen nur einige Beispiele, wo es Rot-Grün seit dem Regierungswechsel angepackt und besser gemacht hat,
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Niedersachsen erfährt in den letzten Jahren eine ansteigende Zuwanderung von Menschen - aus ganz unterschiedlichen Motiven. Zahlreiche kriegerische Konflikte haben zu einem Anstieg der Flüchtlingszahlen geführt. Ein Teil dieser Menschen sucht Schutz in Niedersachsen. Andere möchten gezielt ihre beruflichen Chancen hier nutzen. Die Antwort auf solch unterschiedliche Formen von Migration kann nur sein: Willkommenskultur leben und Chancen nutzen!
So wollen wir Niedersachsen zu einem attraktiven Standort für Fachkräfte machen. Dem Fachkräftemangel wollen wir auch durch mehr Zuwanderung begegnen. Die Zuwanderung muss sowohl aus humanitären als auch aus wirtschaftlichen und demografischen Gesichtspunkten erleichtert werden;
denn genau diese bietet Chancen für beide Seiten. Und um genau diese Chancen für Niedersachsen zu nutzen, setzen wir uns für ein Gesetz ein, das die Zuwanderung mit realistischen und realisierbaren Anforderungen regelt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, zahlreiche kriegerische Konflikte - ich hatte es schon angemerkt - werden die Zahl der Flüchtenden weiter ansteigen lassen. Bis Ende dieses Jahres werden etwa 200 000 Menschen einen Asylantrag in Deutschland stellen. Für Niedersachsen ist mit ca. 20 000 zu rechnen.
Ganz ohne Zweifel stellt diese Entwicklung eine Herausforderung für unser Land dar. Aber - lassen Sie mich auch das klarstellen - die Erfahrung unserer eigenen Geschichte mit Millionen Vertriebenen und Flüchtlingen hat gezeigt, dass wir Niedersachsen aus Herausforderungen sehr wohl auch Chancen und Potenziale generieren können.
So gelang es uns trotz Nachkriegszeit, die weitaus größere Herausforderung der Aufnahme und Eingliederung von Flüchtlingen zu meistern. Diese Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen und ihr Beitrag zum Wiederaufbau Niedersachsens haben unser Land zu dem gemacht, was es heute ist.
Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang meinen Dank an die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, Frau Doris Schröder-Köpf,
(Angelika Jahns [CDU]: Die kann auch mal reden! - Ulf Thiele [CDU]: Warum spricht die eigentlich nicht?)
und den Landesvorsitzenden des Bundes der Vertriebenen, Herrn Oliver Dix, auszusprechen. Unter Bezugnahme dieser historischen Erfahrung haben diese in einer gemeinsamen Resolution zur Solidarität mit Flüchtlingen aufgerufen. Herzlichen Dank dafür!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei der Aufnahme und Unterbringung von deutlich mehr Flüchtlingen arbeiten Land und Kommunen aktuell eng zusammen und leisten dabei hervorragende Arbeit. Insbesondere die Kommunen nehmen hierbei einen zentralen Stellenwert ein.
Wir wissen um deren Situation und Problemlagen. Die Landesebene arbeitet intensiv an einer Verbesserung der Lage und prüft die Einrichtung einer weiteren Erstaufnahmeeinrichtung. Darüber hinaus werden die Kommunen auch noch einmal finanziell durch die Erhöhung der Pro-Kopf-Pauschale entlastet.
Ferner hat sich die Ministerpräsidentenkonferenz in der vergangenen Woche mit dem Thema befasst und einen wichtigen Forderungskatalog - z. B. zur personellen Ausstattung des BAMF sowie zu Mindeststandards bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen - verabschiedet. Für den morgigen Donnerstag hat die
Bundesregierung hierfür die Chefs der Staats- und Senatskanzleien eingeladen. Ich bin mir sicher, dass Staatssekretär Mielke auch hier die Unterstützung der Kommunen im Blick haben wird.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die menschenwürdige Unterbringung und die dezentrale Integration der Flüchtlinge mit ihren eigenen Fähigkeiten und Potenzialen sind uns ein wichtiges Anliegen, damit die Herausforderung der Zuwanderung und der Integration als Chance begriffen wird und hieraus Entwicklungsperspektiven für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes erwachsen. In diesem Sinne werden wir auch weiterhin anpacken und besser machen.
Vielen Dank, Herr Dr. Pantazis. - Jetzt ist die Fraktion der FDP an der Reihe. Frau Abgeordnete Hillgriet Eilers hat das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Aussprache gibt uns gute Gelegenheit, den Widerspruch und die Inkonsequenz Ihrer Politik deutlich zu machen. Das fängt schon bei der Benennung Ihres Antrages an. Bei Antritt ihres Amtes hatte sich die Sozialministerin gegen den Begriff Integration gewandt. Man solle zukünftig von selbstverständlicher Teilhabe und Partizipation, von einem Paradigmenwechsel sprechen. Auch gerade eben haben wir das noch einmal gehört.
Sehr geehrte Damen und Herren der SPD, diese Auffassung scheint selbst in Ihrer Partei noch nicht angekommen zu sein. Es wird deutlich, dass der vermeintliche Paradigmenwechsel nur eine
Entscheidend ist etwas anderes, nämlich die konkrete Art und Weise, wie wir zugewanderten Menschen in unserem Land begegnen und wie wir ihnen Perspektiven eröffnen, Teil unserer Gesellschaft zu werden.