Protokoll der Sitzung vom 17.04.2013

(Beifall bei der SPD)

Der Bundeswirtschaftsminister hat zumindest zu dieser Frage - ich denke aber, auch zu vielen anderen Fragen an der Stelle - keine Antwort. Es gibt keinen Plan, es gibt keine Steuerungskompetenz, es gibt kein Management, und es geht bei diesen für den Bund, für das Land, für die Unternehmen und für die Bürgerinnen und Bürger doch so wichtigen Fragen völlig chaotisch und unkoordiniert zu.

Die Bundesregierung muss zur kurzfristigen Dämpfung der Kosten der Energiewende eine Verständigung mit den Ländern und der politischen Opposition auf Bundesebene - mindestens auf Bundesebene - herbeiführen, und zwar konsensorientiert. Konsensorientiert deswegen, weil die Energiewende natürlich in mehreren Legislaturperioden aktuell sein wird.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Deswegen brauchen wir den Konsens. Hier gilt es, nicht mit dem Kopf durch die Wand zu fahren.

Auch dazu scheint diese Bundesregierung offenbar unfähig zu sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Damit Investoren nicht länger verunsichert und ihr Vertrauen nicht gänzlich zerstört wird, was letztlich die Kosten der Energiewende erhöht, ist der geplante Eingriff in die Vergütungsstruktur von Bestandsanlagen im Bereich der Erneuerbaren Energien unbedingt zurückzunehmen. Die Befreiung für Unternehmen von EEG-Umlage, KWK-Umlage und Netzgebühren ist wieder auf den Kreis der Unternehmen zu konzentrieren, die mit hohen Energiekosten im internationalen Wettbewerb stehen und alle betriebswirtschaftlich rentablen Energieeffizienzmaßnahmen durchgeführt haben. Aber auch an der Stelle ist zu fragen: Was macht die Bundesregierung? - Die Bundesregierung steht auch an dieser Stelle wieder auf der Bremse, und zwar nicht nur deutschlandweit, sondern europaweit, meine Damen und Herren.

Die Energiewende muss letzten Endes auch eine Gerechtigkeitswende sein. Verbraucher und Unternehmen benötigen Vertrauen und Sicherheit in das System. Eine Stromsteuerbefreiung für den Grundverbrauch sollte den Verbraucherinnen und Verbrauchern einen Teil der höheren Umsatzsteuereinnahmen durch die gestiegenen Strompreise zurückgeben und kurzfristig den Anstieg der Strompreise dämpfen. Zusätzlich sollten Maßnahmen, die die Energieeffizienz in privaten Haushalten steigern, unterstützt werden.

Wir brauchen letztendlich ein Modell, das im Zuge der steigenden Selbstversorgung mit Strom eine zuverlässige Finanzierung der Infrastruktur ermöglicht. Für die Erarbeitung eines neuen Strommarktdesigns ist zunächst eine belastbare Datenbasis der Energiekosten herzustellen. Schließlich sind bei diesem wichtigen Thema innerhalb der Bundesregierung völlig neue Strukturen aufzubauen, die die Kompetenzen in der Energiepolitik bündeln und eine regelmäßige Koordinierung ermöglichen.

Doch nun, kurz, wirklich ganz kurz vor der Bundestagswahl, wird die Bundesregierung langsam rege. Es regt sich ganz langsam und sinnig. Da ist ja der 22. September. Jetzt muss ein bisschen Bewegung hineinkommen. - Wie heißt es doch so schön, meine sehr verehrten Damen und Herren? Am Abend werden die Faulen munter!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die vorgeschlagenen Maßnahmen der Bundesregierung senken den Strompreis nicht, sondern sie gefährden z. B. auch insbesondere im Bereich der Windenergie Milliardeninvestitionen und speziell hier in Niedersachsen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Hier gilt es anzusetzen. Niedersachsen ist in großem Maße auch und gerade von der Windenergie abhängig.

Ich stelle fest: Diese Bundesregierung ist unkalkulierbar, sie ist unfähig, sie ist nicht konsensbereit und verunsichert die Märkte sowie die Bürgerinnen und Bürger, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Bäumer. Sie haben das Wort.

(Jens Nacke [CDU]: Herr Präsident, lesen Sie die Rede bitte noch einmal nach!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel dieser Aktuellen Stunde ist ja ziemlich hehre: „Strompreise fair gestalten, den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben“. - Ich habe mich den ganzen gestrigen Abend gefragt, was denn da wohl kommt. Am Ende muss ich sagen: Herr Bajus, das war sehr viel heiße Luft und vermutlich der Versuch, Ihren Minister Wenzel heute noch einmal hier im Plenum reden zu lassen. Sie haben mir aber nicht erklären können, wie Sie die Strompreise fair gestalten wollen. Sie haben mir auch nicht erklären können, wie Sie dazu beitragen wollen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien vorankommt.

Wir haben gestern Abend auf dem Parlamentarischen Abend des Bundesverbandes Windenergie einiges zu dem Thema gehört. Mir ist in Erinnerung geblieben, dass in Niedersachsen die erneuerbaren Energien in den vergangenen zehn Jahren deutlich vorangekommen sind. Daran kann man sehen, dass wir Ihnen in Niedersachsen die Erneuerbaren aufgebaut haben. Im Grunde sind Sie jetzt in der Position, davon zu profitieren, dass wir in den vergangenen Jahren sehr viel Gutes gemacht haben. Niedersachsen ist führend im Be

reich der erneuerbaren Energien. Wer hat es gemacht? Wir haben es gemacht!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu diesem Thema habe ich von Ihnen bislang noch keinen konstruktiven Beitrag gehört. Mein Kollege Dr. Hocker und ich haben miterleben können, wie Minister Wenzel im Umweltausschuss versucht hat, zu erklären, was seine Handlungsschwerpunkte in den kommenden fünf Jahren sein sollen. Ich muss konstatieren, es ist nicht viel gewesen, was mich begeistert hat. Ich habe nicht die Hoffnung, dass es Rot-Grün in Niedersachsen gelingen wird, die gute Arbeit der Vorgängerregierung fortzusetzen.

(Johanne Modder [SPD]: Da haben Sie recht!)

Herr Bajus, ich bin mit Ihnen einig darüber, dass es im Bereich der erneuerbaren Energien Verlässlichkeit braucht. Die braucht es aber nicht nur da, sondern die braucht es eigentlich überall. Nur da, wo die Dinge verlässlich sind, haben die Menschen den Mut, etwas in die Hand zu nehmen. Insofern gilt die Forderung nach Verlässlichkeit für den privaten Bereich, für den Bereich der erneuerbaren Energien, aber darüber hinaus auch für das Thema Landwirtschaft und für das Thema Torf.

Wenn Sie auf der einen Seite fordern, dass die Menschen, die im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind, sich darauf verlassen müssen, dass die Dinge, die einmal gegolten haben, weiter gelten, dann gilt das, Herr Bajus, auch für die Landwirtschaft, die vor wenigen Jahren vielleicht einmal Ställe gebaut hat und sich nun darauf verlassen muss, dass sie nicht im Nachhinein gezwungen wird, teures Geld in die Hand zu nehmen, das in der damaligen Kalkulation nicht vorgesehen war. Verlässlichkeit ja, aber wenn wir von Verlässlichkeit reden, dann gilt das für alle Menschen und nicht nur für die, die im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind.

Bundeskanzlerin Merkel hat nach dem Energiegipfel ganz klar und deutlich gemacht, dass es Verlässlichkeit gibt. Sie hat gesagt, dass es rechtsverbindlich zugesagte Vergütungen für Bestandsanlagen gibt und sie nicht angetastet werden. Sie hat auch gesagt, dass dies für Anlagen gilt, für die es bereits rechtsverbindliche Verpflichtungen gibt. Das heißt also, für den, der unterschrieben hat, der sich darauf eingelassen hat, etwas zu machen, gibt es Verlässlichkeit und Bestandsschutz.

Wenig hilfreich, Herr Bajus, war Ihr Hinweis, dass neben dem Strompreis auch der Benzinpreis gestiegen ist. Bei Benzin haben Sie eine Alternative. Sie können - gerade wenn Sie in der Stadt wohnen - statt des Autos den Bus nehmen. Aber haben Sie diese Möglichkeiten auch im Bereich des Stroms? - Sie haben sie nicht! Die Menschen, die Probleme haben, weil der Strompreis so dramatisch gestiegen ist, haben keine Alternativen; sie können das Licht auslassen, aber das wird wenig hilfreich sein.

Insofern haben wir ein Problem, und es ist zu wenig, zu sagen: Dann machen wir die EEG-Umlage eben ein wenig anders. Dann senken wir die Stromsteuer, dann nehmen wir die strompreisdämpfende Wirkung. All das sind Dinge, die Sie in einem großen Pott verrühren wollen. Sie verkennen dabei, dass wir beim EEG in der Tat ein Problem haben. Alle haben geglaubt, das ist ein großer Topf, in den viel hineinkommt und aus dem man sich frei bedienen kann. Diese Zeiten sind ab dem Moment vorbei, ab dem erneuerbare Energien auch in Deutschland eine zunehmend große Rolle spielen. Deshalb muss es erlaubt sein, über die Zukunft des EEG zu diskutieren; nicht mit Hektik, sondern mit Verlässlichkeit.

(Glocke des Präsidenten)

Wir müssen überlegen, wie es anders gehen kann. Denn so, meine Damen und Herren, wird es nicht weitergehen. Der Strompreis steigt und steigt, und wir als Politiker haben keine Antwort darauf. Wenig hilfreich ist es zu sagen: Das klappt schon irgendwie. - Das erinnert mich an die damalige Diskussion über den Jäger 90. Er war auch für alles gut. Er musste auch für alles verwendet werden. Geholfen hat es am Ende nicht.

Die Webfehler des EEG, Herr Bajus, hat Rot-Grün damals eingebaut. Insofern sind Sie für das, was heute passiert, verantwortlich.

(Renate Geuter [SPD]: Und warum haben Sie es nie verändert?)

Was ich an dieser Stelle - weil Sie ein Grüner sind, müssen Sie damit leben - überhaupt nicht haben kann, sind Schlagzeilen wie die in der Neuen Osnabrücker Zeitung von heute. Da heißt es, dass die Energiegesellschaft grünen Gegenwind spürt.

Wenn sich ein Landkreis wie der Landkreis Osnabrück auf den Weg macht, über eine Energiegesellschaft in die Produktion von erneuerbarem Strom einzutreten, sind es die Grünen, die hier im Landtag sagen: Wir wollen erneuerbare Energien.

Da sind es die Grünen, die sagen: Nein, so wollen wir das nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie müssen überlegen, was Sie wollen. Halten Sie hier im Landtag keine hochtrabenden Reden. Tun Sie konkret etwas vor Ort. Wir tun das. Mit uns geht es weiter.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben eine Wortmeldung der Landesregierung. Herr Minister Wenzel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bäumer, nach dem, was ich gesehen habe und Ihre Vertreter im Bund und in den Ländern verhandelt haben, hatte ich einen anderen Eindruck als den, den Sie hier vermittelt haben. Es ging um hektische und auch rückwirkende Kürzungen. Das hat große Verunsicherung ausgelöst.

Meine Damen und Herren, ich will an zwei Megatrends erinnern: zum einen an die Endlichkeit fossiler Ressourcen, zum anderen an den Anstieg des Anteils von CO2 in der Atmosphäre und die Veränderung des Weltklimas, die an vielen Stellen der Erde leider bereits sehr deutlich spürbar ist, und zwar insbesondere in der Landwirtschaft.

Wenn wir alle unsere fossilen Ressourcen verbrauchen, dann wird unser Planet anders aussehen, als wir ihn heute kennen.

Was heißt all das für die Preisentwicklung? - Ein zentraler marktwirtschaftlicher Grundsatz ist: Bei gleicher oder steigender Nachfrage und sinkender Menge kommt es zu einem Preisanstieg. Das ist der Megatrend, den wir nicht einfach aushebeln können. Zum Beispiel haben sich die Heizölpreise für einen normalen Haushalt in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Von dieser Entwicklung können wir uns nur abkoppeln, wenn wir verlässlich auf erneuerbare Energien setzen. Das meine ich ernst: verlässlich und planvoll. Deswegen finde ich es problematisch, wenn es hier im monatlichen Rhythmus politische Vorstöße gibt, die alles Erreichte infrage stellen.

Das EEG war und ist das wichtigste politische und rechtliche Instrument zum Umbau der Energiever

sorgung. Das EEG hat ein hohes Maß an Verlässlichkeit und Planungssicherheit ermöglicht und hat viele Investoren - Bauern, Landwirte, Bürgerinnen und Bürger, Stadtwerke - dazu gebracht zu investieren. Weit über 50 % der Investitionen, die wir heute sehen, kamen genau aus diesen Bereichen.

Umso problematischer ist das Vorgehen der Bundesregierung, die das Vertrauen in die Förderbedingungen beschädigt hat. Insofern ist es erfreulich, dass die Pläne zunächst einmal zurückgestellt und kurzfristige Eingriffe vorerst gestoppt wurden. Aber wenn ich mir Ihre Redebeiträge hier und insbesondere den der FDP anhöre, dann muss ich erkennen: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Die FDP-Pläne zur Einführung eines Quotenmodells bedeuten nichts anderes als eine Remonopolisierung der Energieversorgung. Die FDP- und CDU-Pläne zusammen würden eine Vollbremsung bei den Investitionen zur Folge haben. Ihre Kürzungspläne würden alle Offshoreplanungen von heute auf morgen zum Erliegen bringen, weil alle Banken die Risiken und die Margen neu verhandeln würden. Das ist für unsere Betriebe an der Küste ein Problem. Deshalb wollen wir an dieser Stelle Verlässlichkeit. Deswegen setzen wir darauf, hier zu einem parteiübergreifenden Grundverständnis zu kommen. Ihre Pläne würden 70 bis 80 % der Onshoreinvestitionen und damit die gesamte Energiewende ausbremsen.

Wir stehen zur Windkraft - onshore und offshore -, wir stehen zur Photovoltaik, und wir stehen auch zur Bioenergie in einem vernünftigen Rahmen. Wir stehen für Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Wir haben daher Vorschläge gemacht, die den Anstieg der Strompreise begrenzen sollen und begrenzen können.

Bei der Ablehnung der rückwirkenden Kürzungen sind wir uns auch mit Ihren Kollegen in Bayern einig. Wir wollen nicht gerechtfertigte Ausnahmen von der Umlage abbauen, aber an der Entlastung von Unternehmen festhalten, die im internationalen Wettbewerb stehen. Deshalb geht das, was Herr Hocker hier vorträgt, in die Irre.