Ja. - Insofern bitte ich Sie - wenn er meint, Sie könnten ihm zustimmen -: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Am besten wäre, der Ministerpräsident zöge Ihren Antrag zurück.
(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Wieso denn der Minister- präsident? Was ist das für ein Parla- mentsverständnis?)
Sehr verehrter Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bertholdes-Sandrock, wenn ich Sie hier reden höre, muss ich mich wirklich sehr zusammennehmen. Denn da platzt mir die Hutschnur. Deswegen werde ich mich damit auch nicht auseinandersetzen.
Wir müssen doch einmal eindeutig festhalten, dass wir hier nicht über Sexualaufklärung sprechen. Es geht hier nicht singulär um Sexualkundeunterricht. Es geht auch nicht darum, wie wir Sexualerziehung in Schulen vornehmen. Ich habe Ihnen schon häufig gesagt: Bitte stellen Sie dazu einen Antrag, und lassen Sie uns über Sexualerziehung reden, aber nicht, wenn wir hier über die Diskriminierung von Menschen reden, die homosexuell, transsexuell, intersexuell oder bisexuell sind! Das gehört nicht zusammen. Reden Sie es auch nicht immer zusammen!
Wenn Sie sagen, man könnte es einfach mitbehandeln, dann verweise ich beispielsweise auf eine der GEW-Studien, die zu diesem Thema gemacht wurden und die zeigt, dass das bislang nicht funktioniert. Genau deshalb stellen wir diesen Antrag.
Wir werden heute ein Zeichen setzen, Diskriminierung entgegenzuwirken, indem wir in Unterrichtsmaterialien nicht nur Menschen verschiedener Herkunft zeigen oder auch einmal einen Rollstuhlfahrer oder die alleinerziehende Mutter, wie es schon heute passiert, sondern auch einmal das lesbische Pärchen mit Kind oder einen Transsexuellen, mit denen man derzeit in Textaufgaben noch nicht rechnen kann.
Es ist vielfach belegt, dass Diskriminierung oft durch Unkenntnis entsteht. Deshalb ist es von immenser Bedeutung, dass Unterrichtsmaterialien und Schulbücher die Lebensrealitäten darstellen, dass sich jedes Kind mit seiner Lebenssituation im
Schulbuch wiederfindet und dass die Arbeitsblätter nicht nur eine vierköpfige Familie mit Hund und Reihenhaus darstellen, sondern eben auch eine Patchworkfamilie, deren Oma im Libanon lebt, mit dem schwulen Lehrer, dem Nachbarn, der mit seinem Freund regelmäßig einmal auf dieses Kind aufpasst, weil die Oma halt im Libanon wohnt.
All das ist nämlich gegenwärtig unsere Lebensrealität. Unsere Gesellschaft ist bunt, sie ist vielfältig, und sie ist verschieden. Und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.
Aber weil Menschen eben so verschieden sind, muss auch die Schule Raum für das Anderssein bieten, und zwar ohne dabei zu diskriminieren.
Wir haben uns deshalb mit unserem Antrag bewusst auf den Bereich der sogenannten LSBTI bezogen, weil dieser Bereich in Schulen noch viel zu wenig thematisiert und mitgedacht wird. Im Gegensatz zu den Bereichen Rassismus oder vielleicht Behindertenfeindlichkeit gibt es für den Bereich der LSBTI wenig Vorgaben, wenig Konzepte und wenig Bewusstsein und Angebote. Das soll und muss sich zukünftig ändern.
Deshalb reicht Ihr Änderungsantrag hier nicht aus, meine Damen und Herren von der CDU; denn er ist an dieser Stelle oberflächlich und halbherzig und löst nicht den Kern des eigentlichen Problems.
Unser Antrag fordert die Aufnahme qualifizierter Fortbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer. Er fordert eine angemessene Berücksichtigung von LSBTI in Schulbüchern. Der Antrag fordert, die Kernkurrikula der jeweiligen Jahrgangsstufen auf angemessene Berücksichtigung zu überprüfen und Schulaufklärungsprojekte in dem Bereich zu fördern.
Schule ist tagtäglicher Lebensraum von Schülerinnen und Schülern und natürlich auch von Lehrerinnen und Lehrern. Tagtäglich treffen sich dort Menschen. Es ist eine schöne Kontinuität, aber
auch sehr schnell beengend, und zwar genau dann, wenn man sich mit seiner Persönlichkeit in der Schule nicht angenommen fühlt. Viele Jugendliche haben Angst, sich zu outen, und auch Lehrerinnen und Lehrer trauen sich oft nicht, zur eigenen sexuellen Identität zu stehen. Sie haben Angst vor den Reaktionen aus dem Kollegium und der Schülerschaft. Hier ist die Politik gefragt, Antworten zu geben. Wir hätten schon viel früher Antworten finden müssen.
Deshalb freue ich mich sehr, dass wir heute diesen Entschließungsantrag beschließen und endlich ein Zeichen gegen Diskriminierung und für eine tolerante Schule setzen werden.
Danke, Frau Kollegin Hamburg. - Auf Ihren Beitrag gibt es eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention durch die CDU-Fraktion. Das Wort hat Frau Bertholdes-Sandrock für 90 Sekunden. Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Hamburg, ich finde es außerordentlich bedauerlich, wenn man seinen Redebeitrag gerade dann, wenn ein anderer Beitrag einen so provoziert hat, wie es der meinige getan hat, damit beginnt, dass man sagt: Ich werde mich damit nicht auseinanderzusetzen. - Das ist die billigste Art überhaupt.
Aber ich kann Ihnen sagen: Sie mögen mit Ihrer Einstimmenmehrheit - der Herr Ministerpräsident ist nun auch da - diesen Antrag heute durchpeitschen.
(Ulrich Watermann [SPD]: Die FDP stimmt mit! - Thomas Schremmer [GRÜNE]: Sie sind die einzigen, die das nicht verstanden haben!)
Sie sagen, viele Jugendliche haben Angst, sich zu outen. Ich frage Sie: Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass es ein riesiges Problem für Kinder und Jugendliche ist, ihre Homosexualität im Klassenverband - so sie denn vorhanden ist; es sind ja wahrscheinlich 1 % bis 2 % aller Schüler, und wir müssen untersuchen, in welchen Altersstufen sich das manifestiert - zu zeigen. Woher nehmen Sie das?
(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist immer noch der wahrscheinlichste Grund für Selbstmord bei Jugendli- chen!)
sagen Sie nichts dazu, wo Sie Ehe und Familie als eine Möglichkeit haben wollen? Die einen haben eben eine Oma im Libanon, die anderen eine in Ostfriesland oder so, eigentlich ist alles egal.
Dazu nehmen Sie nicht Stellung. Ich hoffe, dass wenigstens die nächsten Redner es tun. Es ist nicht damit getan, zu sagen, Ihr Antrag sei oberflächlich. Oberflächlich war das, was Sie hier dargeboten haben.
Frau Kollegin Hamburg möchte auf diese Kurzintervention antworten. Sie haben für 90 Sekunden das Wort. Bitte, Frau Kollegin!
Sehr verehrter Herr Präsident! Frau BertholdesSandrock, sehr gern nehme ich mir die Zeit und gehe anhand des Protokolls Ihre Rede noch einmal durch und sage Ihnen, was ich daran schwierig finde. Dann können wir dazu gerne in einen