Sehr verehrter Herr Präsident! Frau BertholdesSandrock, sehr gern nehme ich mir die Zeit und gehe anhand des Protokolls Ihre Rede noch einmal durch und sage Ihnen, was ich daran schwierig finde. Dann können wir dazu gerne in einen
Wir haben diverse Stellungnahmen. Von diesen 24 Stellungnahmen haben 17 diesem Antrag uneingeschränkt zugestimmt, 4 haben differenziert geantwortet, und 3 haben abgelehnt. Da können Sie wirklich nicht von Durchpeitschen reden. Das ist eine breite Basis für diesen Antrag.
Darüber hinaus ist mir total egal, ob es 1 %, 2 % oder 10 % der Jugendlichen sind, die davon betroffen sind. Schlimm genug ist doch, dass die Schule derzeit noch ein Klima bietet, das bei Jugendlichen Angst davor verursacht, zu sagen: Ich habe eine andere sexuelle Identität.
Ich möchte Sie ganz herzlich bitten: Laden Sie SchLAu doch einmal ein! Reden Sie mit diesen Menschen, und fragen Sie, welches Klima sie in Schulen vorgefunden haben und was ihre Erfahrungen sind!
Dann können wir uns weiter unterhalten. - Wenn Sie das wirklich getan haben, Herr Thiele, dann wundert es mich, dass Sie sich immer noch hinstellen und sagen, alles das wäre kein Problem. Denn es ist ein riesiges Problem. Diesem Problem werden wir uns jetzt widmen und uns mit ihm auseinandersetzen.
(Ulf Thiele [CDU]: Es ist ein riesiges Problem, weil Sie wollen, dass es ei- nes ist! - Zurufe von den GRÜNEN: Aha! - Johanne Modder [SPD]: Das ist die moderne CDU!)
Es gibt Debatten mit hoher Emotionalität. Das ist vollkommen verständlich. Aber ich darf Sie darauf hinweisen, dass Zwischenrufe und störende Bemerkungen bei Kurzinterventionen wirklich hinder
lich sind. Den Kolleginnen und Kollegen stehen 90 Sekunden zur Verfügung. Die sollten Sie ihnen lassen. Insofern bitte ich, gerade bei Kurzinterventionen mit Zwischenrufen und Bemerkungen etwas sparsamer umzugehen.
Jetzt geht es mit dem Kollegen Björn Försterling weiter, der das Wort für die FDP-Fraktion hat. Bitte, Herr Kollege!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich mit meiner eigentlichen Rede beginne, kurz zur Kollegin Bertholdes-Sandrock sagen: Ja, liebe Kollegin, es ist ein Problem. Es ist in der Tat ein Problem.
Ich kann das sehr bewusst sagen. Mir war schon im Alter von 13 Jahren klar, dass ich homosexuell bin. Ich habe bis zu meinem 28 Lebensjahr gewartet, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Das hatte u. a. damit zu tun, dass es bei mir in der Schule so etwas gar nicht gab. Es gab keinen geouteten Lehrer und keinen anderen geouteten Schüler. Es gab so etwas wie das Schulaufklärungsprojekt SchLAu nicht. Von daher habe ich das alles also für mich behalten. Es ist auch mein gutes Recht, das persönlich für mich zu behalten. Aber vielleicht wäre es anders gewesen, wenn es ein anderes Umfeld gegeben hätte.
Aber um auch etwas Versöhnliches zu sagen: Einige, die hier im Raum sind, waren bei meinem Outing an meinem 28. Geburtstag anwesend. Das war einer der schwersten Momente meines Lebens. Ich bin heute noch der Kollegin Vockert dafür dankbar, dass sie diesen Moment, dieses Schweigen unterbrochen hat, indem sie einfach zu applaudieren begonnen hat. Dafür noch einmal herzlichen Dank!
Wir in der FDP-Fraktion haben uns mit diesem Antrag sehr intensiv auseinandergesetzt. Auch uns haben die zahlreichen E-Mails und Schreiben besorgter Bürger erreicht. Wir nehmen sie ernst. Wir müssen ehrlicherweise aber auch sagen, dass sie sehr oft mit Beleidigungen, Unterstellungen und auch einfach falschen Annahmen darüber gespickt waren, was im Antrag eigentlich steht.
Ich will hier einmal ganz deutlich sagen: In dem vorliegenden Antrag geht es nicht um Frühsexualisierung, es geht nicht um Sexualkunde, es geht
nicht um die Vermittlung von Sexualpraktiken, und es geht schon gar nicht darum, dass Grundschülern beigebracht wird, was Spermaschlucken und Analverkehr bedeutet, so wie es mancherorts unterstellt worden ist.
Aber erlauben Sie mir den Hinweis an die Eltern und die Bitte, dass sie mit dafür Sorge tragen, dass die Schüler nicht schon durch Handyclips und Internetvideos weit vor der Aufklärung durch das Elternhaus oder durch die Schule Dinge sehen, die sie vollkommen verstören. Hiervon geht eine Gefahr aus, nicht von dem Antrag.
In dem Antrag geht es um die Frage, ob Schule heute ein Ort von Toleranz und Akzeptanz ist, indem sich Jugendliche schon in der Pubertät trauen, sich ihre sexuelle Identität einzugestehen und für sich zu entscheiden, sich zu outen oder dies zu lassen. Es geht um die Erkenntnis, dass jeder Mensch einen anderen Lebensentwurf hat und dabei neben Herkunft und Glauben eben auch die sexuelle Orientierung eine Rolle spielt. Von daher fordert der Entschließungsantrag zu Recht, dass Lehrkräfte im Umgang mit der Diversität von Menschen sensibilisiert werden. Und ja: Diese Lebenswirklichkeit muss dann auch in den
Um das noch einmal deutlich zu machen: Das bedeutet nicht, dass in jedem Fach und in jedem Schulbuch gleichgeschlechtliche Sexualpraktiken behandelt oder abgebildet werden. Nein, es geht darum, dass beispielsweise in einer Lektion im Englischunterricht der Austauschschüler zwei Mütter hat, bei denen er groß wird, oder es geht auch darum, dass man im Geografie- oder im Politikunterricht, wenn man sich mit einem anderen Land auseinandersetzt, auch einmal über die Situation von Minderheiten in diesem Land nachdenkt.
Das alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, macht keinen einzigen jungen Menschen in Niedersachsen homo-, bi-, trans- oder intersexuell, und auch SchLAu und andere Aufklärungsprojekte vermögen es nicht, Jugendliche homo-, bi-, trans- oder intersexuell zu machen. Wenn das in einer Doppelstunde möglich wäre, dann wäre es auch möglich, in einer Doppelstunde Homosexualität
Über dieses Angebot von SchLAu wie auch über andere Maßnahmen im Bereich der Aufklärung hat die Schule auch künftig gemäß § 96 Abs. 4 des Schulgesetzes die Eltern zu informieren, und sie hat sie einzubeziehen. Daran will hier niemand rütteln. Das oberste Recht, aber auch die Pflicht zur Sexualerziehung und Aufklärung haben die Eltern und werden die Eltern auch behalten.
Ich kann allen Kritikern nur sagen: Lesen Sie unvoreingenommen den Antrag in der jetzigen Fassung! Dann werden Sie feststellen, dass es hier nicht darum geht, dem Gender Mainstream hinterherzulaufen oder die Schüler zu genderisieren oder zu sexualisieren. Schule wird auch künftig nicht in die sexuelle Persönlichkeitsfindung der Schülerinnen und Schüler eingreifen. Daher lehnen wir im Übrigen auch den Antrag der CDU ab, in dem es heißt, Teil der schulischen Sexualerziehung sei die Persönlichkeitsfindung der Schülerinnen und Schüler auch im sexuellen Bereich. Nein, das ist eben nicht die Aufgabe der Schule.
Wir vertreten die Auffassung, dass die sexuelle Identität eines Menschen weder durch die Schule noch durch das Elternhaus anerzogen werden kann. Aber jungen Menschen kann durch ein Umfeld von Akzeptanz und Toleranz dabei geholfen werden, ihre sexuelle Identität zu erkennen, sich nicht selbst zu verleugnen, sondern zu sich zu stehen. Genau diese Freiheit sollte jeder junge Mensch in Niedersachsen haben.
Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Kollege Försterling. - Es gibt auch zu Ihrer Rede einen Wunsch auf Kurzintervention. Frau Kollegin BertholdesSandrock, Sie haben noch einmal für 90 Sekunden das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Försterling, auch bei Ihrem Beitrag ist wieder sehr stark aufgefallen, dass Sie ständig sagen: Es geht nicht um … Es geht nicht um … Es geht nicht um … - Wenn wir andere Anträge und die Diskussionen in unserem Hause anschauen, dann muss man nicht permanent sagen, worum es nicht geht. Das ist mein Vorwurf gegenüber dem Antrag, dem Sie sich nun angeschlossen - - -
(Volker Bajus [GRÜNE]: Das liegt doch wohl an Ihnen! - Thomas Sch- remmer [GRÜNE]: Sie rufen diese Geister!)
Das ist mein Vorwurf gegenüber dem Antrag, dem Sie sich angeschlossen haben. Sie setzen die Grenze nicht. Sie zitieren das Beispiel vom Spermaschlucken. Ich weiß nicht, ob es so etwas gegeben hat. Das kann ich nicht beurteilen. Uns ist heute wieder ein Beispiel aus einer IGS in Hannover zugespielt worden. Dort ist die Vertretungslehrerin bei einem solchen Sexualprojekt hinausgegangen, und sie haben dann einen Film aus dem Internet angeschaut. - Dessen Inhalt möchte ich hier nicht wiederholen. Dann würde ich wahrscheinlich zurechtgewiesen. Ich zeige Ihnen das aber gerne. - Das kann so nicht sein.
Es ist bedauerlich, welche Schulrealität Sie hinter sich haben. Aber ich muss sagen: Die Realität in Schulen ist nicht so,
Und was die Menge der Zustimmung angeht: Wenn Sie von acht Homosexuellenverbänden Zustimmung haben und dann einen Lehrerverband, einen Elternverband und noch eine Kirche haben, dann haben Sie vielleicht nur drei oder vier Stellungnahmen, aber das sind dann unter Um