Protokoll der Sitzung vom 15.12.2014

Herr Kollege Nacke, ich fand, Sie haben eben bei der Begründung, weswegen Sie das ablehnen,

eine bemerkenswerte Pirouette hingelegt. Früher haben die Ausschüsse nicht öffentlich getagt. Jetzt tagen sie öffentlich und in begründeten Ausnahmefällen, bei besonderen Vorkommnissen nicht öffentlich. Das heißt unter dem Strich aber immer noch, dass es ein Mehr an Öffentlichkeit in den Ausschusssitzungen gibt. Damit sind Begründungen wie Scheintransparenz widerlegt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nach nun anderthalbjähriger Erprobung kann man feststellen: Die öffentlichen Ausschusssitzungen haben nicht nur keine Nachteile gebracht. Auch das wurde ja im Vorfeld immer wieder prognostiziert. Ich nenne einmal das Stichwort „Fensterreden“ und Ähnliches. Öffentliche Ausschusssitzungen haben ganz im Gegensatz zu den häufig genannten Befürchtungen zu einem Mehr an Transparenz der Landtagsarbeit, wie von mir gesagt, beigetragen. Das ist gut so, und das ist richtig so. Von daher ist es unser Auftrag, diesen Weg konsequent weiterzugehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der rot-grüne Koalitionsvertrag in Niedersachsen verspricht einen Neustart des Verfassungsschutzes. Das, was sich so einfach anhört, war aufgrund des dramatischen Verlustes an Vertrauen der Öffentlichkeit in den Verfassungsschutz unter den vorherigen Landesregierungen dringend nötig.

Innenminister Boris Pistorius hat umgehend eine Taskforce eingesetzt, ebenso eine Arbeitsgruppe zur Neukonzeption des Verfassungsschutzes. Die Vorschläge hierfür liegen erfreulicherweise auf dem Tisch.

Wir haben im Koalitionsvertrag auch versprochen, die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes zu stärken. Hierzu soll der Kontrollausschuss so weit wie möglich öffentlich tagen und nur so weit wie notwendig unter Geheimhaltung. Wir wollen eine transparente Arbeitsweise nicht nur im Verfassungsschutz selber, sondern auch im Ausschuss verankern. Das stärkt auch die Akzeptanz der Arbeit des Ausschusses.

Ich sage an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion recht herzlichen Dank an Innenminister Boris Pistorius, recht herzlichen Dank an die Präsidentin des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Maren Brandenburger, und recht herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes für die bisherige Arbeit und die

schon angeschobenen Reformen. Das war bereits ein Kraftakt, welcher richtig und notwendig war.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund der bereits angeschobenen Reformen und vor dem Hintergrund unserer Zielsetzung, den Verfassungsschutzausschuss zu stärken, ist es logisch, folgerichtig und auch politisch angebracht, die Öffentlichkeit in den Verfassungsschutzausschuss zu bekommen. Genau das wird heute passieren.

Ebenso wie dem Kollegen Limburg ist mir bis heute kein stichhaltiges Argument zu Ohren gekommen, weswegen man wirklich dagegen sein könnte. Die Äußerung der CDU hierzu im Rechtsausschuss wurde thematisiert. Das war ein Versuch, krampfhaft gegen etwas zu sein, ohne recht zu wissen, warum.

Mein ausdrücklicher Dank gilt auch dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, der die politische Idee passgenau in die rechtliche Systematik unserer Geschäftsordnung eingefügt hat.

Die heutige Entscheidung ist gut für eine Mehr an Transparenz, für ein Mehr an Öffentlichkeit, für eine Stärkung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes.

Ich freue mich über die Zustimmung der FDP und sage allen, die noch zögern: Kommen Sie auf die Seite der Guten! Stimmen Sie zu!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Jetzt überlegen wir uns das noch einmal! Wir waren sonst nie auf der Seite der Guten! - Heiterkeit)

Ich glaube, Herr Kollege Tonne, wir können uns darauf verständigen, dass es Gute und Böse in diesem Parlament nicht gibt.

Zu Ihrer Rede gibt es eine Kurzintervention des Kollegen Nacke. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Tonne, ich habe mich zu einer Kurzintervention gemeldet, weil ich die Bitte habe, dass Sie nicht den Fehler machen, den Eindruck zu erwecken, als sei es notwendig, die Öffentlichkeit

in einem Ausschuss herzustellen, um Vertrauen in den Verfassungsschutz zu fassen. Das ist blanker Unsinn.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Erwecken Sie bitte auch nicht den Eindruck, die heutige Debatte hätte irgendetwas mit den gesetzlichen Grundlagen, auf deren Basis der Verfassungsschutz arbeitet, zu tun!

Selbstverständlich wird es eine öffentliche Beratung des Gesetzentwurfes geben; das habe ich gerade hier gesagt. Wir hätten es vernünftiger gefunden, sie im Innenausschuss durchzuführen.

Das, was Herr Pistorius vorgeschlagen hat - auch das haben wir hier weitgehend besprochen -, deckt sich im Wesentlichen mit den Vorstellungen der CDU, nicht indes mit den Vorstellungen der Grünen. Auch das wissen Sie ganz genau.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Dies ist eine Beruhigungspille, und diese Beruhigungspille ist vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst derart eingedampft worden, dass es sich nur noch um ein Placebo handelt. Glauben Sie allen Ernstes, das merken die Menschen nicht?

Nichts, was irgendwie von Bedeutung ist, wird zukünftig in diesem Ausschuss tatsächlich öffentlich beraten werden, jedenfalls nicht die einzelnen Vorgänge des Verfassungsschutzes. Und das - meine Güte! - ist wirklich gut so. Denn das ist doch wohl Sinn und Zweck des Verfassungsschutzes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Kollege Tonne antwortet Ihnen. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nacke, durch diese Änderung der Geschäftsordnung ermöglichen wir erstmals öffentliche Sitzungen des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. Das bringt ein Mehr an Transparenz in die Arbeit des Verfassungsschutzes. Damit ist das eine richtige Entscheidung.

(Jens Nacke [CDU]: Wir werden ein- mal zählen, wie oft die Öffentlichkeit außerhalb der Gesetzesberatung zu- gelassen wurde!)

- Das können Sie gerne zählen. Damit habe ich überhaupt kein Problem.

(Jens Nacke [CDU]: Placebo! - Glocke der Präsidentin)

Aber ich glaube, dass genau an dieser Stelle ein Denkfehler steckt. In dem Moment, in dem wir die Öffentlichkeit ermöglichen, ermöglichen wir mehr Transparenz.

Der zweite Aspekt: Ich sehe überhaupt nicht, dass dies eine Beruhigungspille sein soll. Dies ist - ganz im Gegenteil - ein vernünftig ausgearbeiteter Kompromiss zwischen dem, was alle Beteiligten möchten, und dem, was rechtlich möglich ist. Wir müssen doch nicht so tun, als ob jeder Vorschlag, der ins Verfahren eingebracht wird, vom GBD 1 : 1 übernommen würde. Es ist gängige Praxis, dass der GBD rechtliche Vorschläge macht, wie eine politische Idee in unsere Geschäftsordnung eingefügt werden kann.

(Zuruf von Jens Nacke [CDU])

Genau das hat auch hier stattgefunden.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist doch et- was vollständig anderes als das, was Sie wollten!)

Von daher kann man dem insgesamt sehr gut zustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Tonne. - Noch einmal zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Limburg, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben noch 54 Sekunden. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Nacke, zunächst einmal: Ihre Sorge um die Durchsetzungsfähigkeit und das Seelenheil der Grünen ist so kurz vor Weihnachten ja ganz rührend. Aber seien Sie versichert: Dieses Vorhaben ist - wie viele Vorhaben einer Koalitionsregierung - ein klassischer Kompromiss. Keine Seite musste irgendetwas Bitteres schlucken. Wir haben einen guten Kompromiss für einen gut arbeitenden Verfassungsschutz gefunden, aber eben

auch für eine angemessene Rechtsstaatlichkeit, eine angemessene Kontrolle. Ich bin sehr optimistisch, was den weiteren Reformprozess angeht.

Zum Zweiten möchte ich auf einen anderen Punkt eingehen: Herr Nacke, Sie haben - das ist fast eine Kunst - diesen Punkt wieder einmal genutzt, um mit platten, pauschalen und unberechtigten Vorwürfen gegen die Landesregierung zu agieren. Natürlich haben Sie recht:

(Reinhold Hilbers [CDU]: Herr Nacke hat immer recht!)

Die Landesregierung sagt gelegentlich, wenn es z. B. um laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren geht - - -

(Zurufe von der CDU - Glocke der Präsidentin)

- Ich weiß, dass Ihr Verhältnis zur Justiz im letzten Jahr ein schwieriges war, Herr Nacke.

(Zurufe von der CDU: He! He!)