Mittlerweile gehen ca. 2 Millionen Menschen zu Tafeln oder zu Suppenküchen. Alleinerziehende, Wohnungslose, Geringqualifizierte sowie Migrantinnen und Migranten sind zu über 50 % von Armut bedroht.
Wer länger als ein Jahr arbeitslos ist - das ist mittlerweile ein Drittel aller Erwerbslosen -, kann ziemlich sicher damit rechnen, arm zu werden. Daran ändert leider - das muss ich von hier aus auch einmal sagen - auch das Konzept der Bundesarbeitsministerin nichts.
Moment, bitte, Herr Schremmer! - Meine Damen und Herren, ich darf Sie alle noch einmal um etwas Ruhe bitten. Ich weiß, es ist anstrengend für uns alle. Aber bitte etwas Ruhe! Das gilt für alle im Plenarsaal. - Danke.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es entsteht Perspektivlosigkeit. Das ist der entscheidende Nährboden für soziale Unruhe und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Wir haben das hier schon diskutiert. Das zeigen die aktuellen Entwicklungen wie diese rechten Demos von Hooligans, Pegida und anderen Gruppierungen. Wir sollten hier dagegensteuern und nicht versuchen, diese Teile auch noch schönzudiskutieren.
Zu den im Bund anstehenden Reformvorhaben könnte man noch eine ganze Menge sagen. Der Kollege Matthiesen hat etwas zum Bundesteilhabegesetz gesagt. Für mich ist der entscheidende Faktor die inhaltliche Reform der Eingliederungshilfe. Diese darf aber nicht von den Entlastungen der Träger der Eingliederungshilfe getrennt werden. Beides muss zusammen gedacht werden. Deswegen ist es richtig, dass man zu einem Teilhabegesetz kommt, das die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn also Herkunft, Alter und Geschlecht Bildungsniveau, Chancengleichheit und Teilhabe verhindern, dann ist es z. B. absolut richtig, unsere Kinder gerade nicht nach diesen Kriterien zu trennen. Das heißt: gemeinsames Lernen, tradierte Geschlechterrollen zu hinterfragen, aber eben auch, das Betreuungsgeld abzuschaffen und vernünftigerweise in Kindertagesstätten zu investieren. Dazu gehört ferner, die Integrationsarbeit mit und für Migranten zu stärken und zu erweitern - und dort eben nicht zu kürzen, wie Sie es vorschlagen. Nicht zuletzt gehört dazu auch die Etablierung eines sozialen Arbeitsmarktes mit relevanten Anteilen öffentlicher Beschäftigung und einem echten Aktiv-Passiv-Transfer.
Damit werden wir uns nächstes Jahr beschäftigen. Insofern, glaube ich, wird Niedersachsen unter der rot-grünen Landesregierung noch teilhabeorientierter und gerechter werden, und das ist auch gut so.
Vielen Dank, Herr Kollege Schremmer. - Auf Ihren Beitrag gibt es eine Kurzintervention des Kollegen Dr. Matthiesen. Bitte!
Lieber Kollege Schremmer, Sie tun immer so, als ob Sie die Guten und wir die Bösen seien. Aber so ist es nicht.
Das zeigt sich z. B. beim Thema Städtebauförderung. Auch wenn es Ihnen wehtut: Die Große Koalition hat die Städtebauförderung deutlich angehoben, in diesem Jahr um 700 Millionen Euro. Niedersachsen sollte nachziehen - das waren diese 47,5 Millionen Euro -, hat aber nur 11 Millionen Euro gebunden, obwohl es mehr hätte binden können. Das ist die Tatsache, das müssen Sie sich anhören. Die Kollegin Bruns hat gesagt: Mal gucken, wie es im kommenden Jahr wird.
Das zeigt sich aber auch beim Maßregelvollzug. Wir arbeiten das auf. Aber die 47 zusätzlichen Stellen, Frau Sozialministerin, kommen in den einzelnen Zentren zur Betreuung der zu therapierenden Straftäter kaum an. Die meisten dieser 47 Stellen sind für die sogenannten 14er-Teams vorgesehen, also für die Beamten, die die hoheitlichen Maßnahmen in den Privatkliniken vollziehen müssen. In Moringen z. B. mit seinen 400 Patienten kommen nur fünf bis sieben Stellen an.
Wir haben das nicht weiter aufgebauscht. Wir wollen Lösungen finden. Also müssen wir hier mehr tun. Das haben wir uns in Moringen gemeinsam vorgenommen. Wir werden sicherlich noch eine Schippe drauflegen müssen.
Ich bitte nur darum, dass wir auf der Schiene bleiben, die Dinge gemeinsam anzupacken und zu verbessern. Dass Sie immer die Guten und wir immer die Bösen sind, wird langsam langweilig.
(Beifall bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Die können nicht mehr schla- fen, wenn sie nicht sicher sind, dass sie die Guten sind!)
Ich fühle mich nicht als der Gute und sehe den Kollegen Max Matthiesen schon gar nicht als Bösen an.
(Jens Nacke [CDU]: Dann reden Sie doch mal anders, Herr Kollege! Sie treten hier immer so arrogant auf!)
Ich sage es noch einmal: Die Städtebauförderung insbesondere zum Programmpunkt Soziale Stadt ist von der letzten schwarz-gelben Bundesregierung um insgesamt 180 Millionen Euro gekürzt worden. Das wirkt sich natürlich auf die Program
Natürlich ist es gut, dass die Große Koalition das jetzt wieder erhöht. Das ist völlig unbestritten. Das kann überhaupt nicht anders interpretiert werden. Das finde ich richtig. Aber es muss auch gesagt werden, dass wir für die Jahre 2015 ff. in voller Höhe gegenfinanzieren werden. Dann werden wir sehen, wie dieses Programm langsam wieder zum Laufen kommt. Ich finde es richtig, dass wir uns an dieser Stelle gemeinsam engagieren.
Was den Maßregelvollzug angeht, muss man leider sagen - und das hat der Kollege Schwarz auch deutlich gemacht -: Er war in den letzten zehn Jahren ein Stiefkind. Sie haben auch da privatisiert und keine einzige zusätzliche Stelle geschaffen. Jetzt aber werden immerhin Stellen geschaffen.
Auch ich habe am Besuch in Moringen teilgenommen. Natürlich möchten die Einrichtungen mehr. Es gab die Diskussion darüber, dass es eigentlich 100 oder 120 zusätzliche Stellen sein müssten. Jetzt werden 47 Leute eingestellt. Ich finde, das macht deutlich, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.
Das wollte ich nur sagen. Wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass bei Ihnen die Bösen und bei uns die Guten sitzen, dann möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich das nicht so empfinde. Ich finde, wir setzen uns politisch über die richtige sozialpolitische Ausrichtung auseinander, und diese Auseinandersetzung darf, wie ich finde, manchmal auch im Streit miteinander ausgetragen werden.
Vielen Dank. - Nun hat Frau Kollegin Polat, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. Sie haben noch vier Minuten, Frau Polat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte zunächst meinen Dank gegenüber der Ministerin und ihrem Haus sowie gegenüber den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen aussprechen. Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit!
Wir werden einen Landeshaushalt 2015 verabschieden, der den Paradigmenwechsel hin zu einem weltoffenen einladenden Niedersachsen konsequent fortsetzt und damit Niedersachsen solidarischer und gerechter macht.
Ziel der rot-grünen Fraktionen und der Landesregierung ist und bleibt es, allen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt sowie zur sozialen und gesundheitlichen Daseinsvorsorge diskriminie
Dazu haben wir bereits in diesem Jahr den Aufbau eines psychosozialen Zentrums für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen mit einer Anschubfinanzierung von 100 000 Euro unterstützt. Und ganz wichtig: Angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahlen wird das Land dem NTFN ab 2015 jährlich 300 000 Euro zur Verfügung stellen. Dieses Netzwerk arbeitet flächendeckend mit Psychotherapeuten im ambulanten Bereich.
Übermorgen werden wir unseren Antrag zur medizinischen Versorgung für Flüchtlinge beschließen. Im Rahmen eines Modellprojektes werden zwei Anlauf- und Beratungsstellen unter ärztlicher Leitung eingerichtet. Hier soll für Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus die medizinische
Beratung und Vermittlung in Behandlung sichergestellt werden. Das ist einmalig in der Bundesrepublik Deutschland. Es gab viele Bundesländer, die darüber diskutiert haben, eine solche Anlaufstelle mit eigenen Mitteln einzurichten, aber bisher hat es das nicht gegeben. Wir starten damit im nächsten Jahr. Dafür hat die Ministerin bereits 500 000 Euro in den Haushalt eingestellt. Vielen Dank dafür!
Vor einigen Wochen haben wir das 30-jährige Jubiläum des Niedersächsischen Integrationsrats gefeiert. Erstmalig stellt das Land die finanzielle Planungssicherheit für die Dachorganisation zahlreicher kommunaler Migrationsbeiräte sicher.
Darüber hinaus stärkt Rot-Grün die Arbeit unserer landesweit tätigen Migrantenorganisationen. Erstmalig! Migrantenorganisationen werden zurzeit überall abgefragt. Ihre Vertreterinnen und Vertreter sitzen in Integrationsbeiräten und auch in der Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe. Sie werden auch als Experten zu Integrationsplanentwicklungen etc. eingeladen. Aber sie arbeiten seit mehr als 20 oder 30 Jahren ehrenamtlich. Wir
würdigen ihre Arbeit nun mit 250 000 Euro, damit das jahrzehntelange ehrenamtliche Engagement für unsere Gesellschaft gestärkt wird und sie auch - ganz wichtig - ihre Lobbyfunktion in unserer Migrationsgesellschaft wahrnehmen können. In Zeiten von Pegida ist das, glaube ich, so wichtig wie noch nie.
Für uns ist es absolut unverständlich, dass die Fraktionen von CDU und FDP diesen Ansatz für die institutionelle Förderung von Migrantenorganisationen streichen wollen.
In diesem Zusammenhang - wir haben es von Frau Eilers gehört - ist auch die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe zu nennen. Sie ist für die Migrantenorganisationen Ansprechpartnerin auf Augenhöhe. Fragen Sie die Migrantenorganisationen: Die sind zufrieden mit der Arbeit der Landesbeauftragten.
Ich kann das auch nur so bestätigen. Sie reist viel im Land herum. Sie war z. B. bei den sudanesischen Flüchtlingen am Weißekreuzplatz oder auch in den Regionen, um sich dort Flüchtlingsunterkünfte anzuschauen. Vielen Dank für diese Arbeit!
Wir setzen die flächendeckende Flüchtlingssozialarbeit mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 600 000 Euro fort. Auch hier ist es absolut unverständlich, warum CDU und FDP bei steigenden Flüchtlingszahlen dieses Unterstützungssystem für die Kommunen streichen.
Das Gleiche gilt für die Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe. Das sind Ihre ehemaligen Integrationsleitstellen. Wir haben sie weiterentwickelt. Auch hier kürzt die CDU den Ansatz auf null.
Meine Damen und Herren, ich kann jetzt leider nicht mehr zum Bereich Pflege sprechen. Der Kollege Schwarz hat aber ja schon die wesentlichen Eckpunkte genannt.