Protokoll der Sitzung vom 16.12.2014

Offenheit des Geistes, Freiheit der Gedanken und Kreativität - Frau Kollegin, das ist das, was einen Politiker in seiner Tugend auszeichnet. Denkverbote gehören in totalitäre Systeme, nicht aber hier nach Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Fraktion sieht vielmehr auch den positiven Effekt, dass sich nämlich der deutsche Technologie- und Forschungsstandort weiter frei entwickeln können muss. Da wir anerkanntermaßen führend sind, was Sicherheitstechnik von Kernkraftwerken angeht, wäre es fatal, hier mit ideologischen Scheuklappen von jetzt auf gleich alles abzuwürgen. Solange es noch Kernkraftwerke gibt, muss doch wenigstens deutsche Sicherheitstechnik zum Einsatz kommen können.

Mit der Forschung haben Sie, Frau Kollegin Staudte, aber generell ein Problem. Die Schweiz hat 8 Millionen Einwohner - ich habe es hier schon einmal erzählt - und forscht in zwei Untertagelaboren nach einem Endlager für radioaktive Abfälle. Deutschland hat 80 Millionen Einwohner, und sehr zur Freude der Grünen hat man gerade die Endlagerforschung in Gorleben abgewürgt. Da wird gerade etwas beerdigt. Es wird nicht nur stillgelegt. Es soll zurückgebaut werden. Da ruft die ganze Antiatombewegung im Wendland: Hurra! Hurra! - Ich frage Sie aber, Frau Kollegin: Wie wollen wir ohne eigene Forschung belastbare Ergebnisse für einen Endlagerstandort bekommen? - Sie sagen, es sei schon alles da. Ich behaupte, Sie werden sich in 20 Jahren hinstellen und sagen: Es ist nichts da. - Deswegen kann man das Ganze noch nicht beginnen.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Antworten haben Sie nicht. Fehlanzeige. Sie verweigern sich. Es ist für Sie immer leicht, sich zu verwehren. Konstruktive Antworten habe ich von Ihnen aber noch nicht gehört. Ihr Absolutheitsanspruch, der mich fürchterlich nervt, ist eine Sackgasse. Sie haben Probleme mit Kernenergie, mit

Kohle, mit Frackinggas, mit Biogasanlagen, mit der Endlagersuche. Sie haben leider zu allem eine Meinung, aber niemals eine Lösung.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Doch!)

Ich behaupte: Wenn es rot-grüne Politik - insbesondere grüne Politik - schon in der Steinzeit gegeben hätte, dann wäre das Rad niemals entwickelt worden, weil man damit theoretisch Insekten zerquetschen könnte. Vielleicht wäre es besser gewesen, das Rad niemals zu erfinden. Vielleicht wäre es besser, Frau Kollegin, wir würden heute immer noch in Höhlen sitzen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie sind so albern, Herr Bäumer! - Miriam Staudte [GRÜNE]: Ihre Rede stelle ich ins Netz, Herr Bäumer! Die ist super!)

Ich weiß das nicht. Ich halte es da mit Karl Popper: Wo kämen wir denn hin, wenn jeder fragen würde, wo kämen wir hin - und niemand ginge, um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen.

Frau Kollegin, wer gestern den Menschen das Fleisch verbieten wollte, wer heute den Wissenschaftlern verbietet, nach Energiequellen der Zukunft zu forschen - was wird der morgen verbieten? - Meine Damen und Herren von den Grünen: Ihre Batterie, Ihr Akku ist leer. Sie sind saftlos, kraftlos, ideenlos. Sie wissen das. Ich weiß das. Ihre Mitglieder wissen das. Und der Wähler beim nächsten Mal auch. - Gute Nacht!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Legen Sie sich mal wieder hin! Das ist besser so!)

Danke, Herr Kollege Bäumer. - Das Wort hat jetzt Marcus Bosse, SPD-Fraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gut gebrüllt, Herr Kollege Bäumer. Gut gebrüllt an der Stelle.

(Anja Piel [GRÜNE]: Na ja!)

An dieser Stelle will ich Herrn Minister Wenzel für diese gute Veranstaltungsreihe „Bis in alle Ewigkeit“ ausdrücklich danken, die im Übrigen, Herr Bäumer, sehr gut besucht war. Wir waren mehr als 100 Interessierte, die sich zu dieser Veranstaltung eingefunden haben. Sie sollten vielleicht auch wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die

Damen und Herren der Opposition mit Abwesenheit geglänzt haben. Das ist an dieser Stelle die Tatsache.

Ich muss Ihnen auch sagen: Diese Veranstaltung war sehr interessant. Das Publikum dort war verwundert, war irritiert und bei vielen Aussagen, muss ich zugestehen, auch recht fassungslos. Warum sage ich das, meine sehr verehrten Damen und Herren? - Sie alle wissen, dass es in den 50erJahren eine gewisse Atomeuphorie gegeben hat, und die Nutzung der Kernenergie war letzten Endes eine Selbstverständlichkeit. Niemand hat sich Gedanken darüber gemacht, wie einmal das Ende der Kernenergie aussehen soll. Wohin sollen wir mit dem Müll? - Das ist etwa wo, als wenn man mit einem Flugzeug startet, steil nach oben geht - so war es in den 50er- und 60er-Jahren - und dann oben kreist und keine Landebahn findet.

(Martin Bäumer [CDU]: Wer war denn der Pilot? Wer war der Pilot?)

Dieses Flugzeug kreist immer noch.

Das galt im Übrigen auch für die ehemalige DDR. Dort hat man gesagt: Schwach und mittelradioaktiven Müll schmeißen wir in Morsleben hinein. - Das galt auch für die Bundesrepublik Deutschland: Schwach und mittelradioaktiven Müll schmeißen wir mal eben in die Asse hinein. - Das Resultat liegt uns Niedersachsen unmittelbar zu Füßen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Vor dem Hintergrund der von mir genannten Veranstaltung muss man auch die Frage stellen: Sind Tschernobyl, Fukushima und Harrisburg schon vergessen? Ist das alles vergessen, meine sehr verehrten Damen und Herren? - Bei besagter Veranstaltung wurde nämlich deutlich, dass noch enorme Summen des Bundes in nukleare Forschung und auch Technologie fließen. Es geht auch nicht nur um Sicherheitstechnik, Herr Kollege Bäumer, sondern es geht um die Erforschung neuer Reaktortypen. Ich dachte immer, wir hätten uns von der Kernenergie verabschiedet, das sei ein großer und breiter gesellschaftlicher Konsens.

Ich sage Ihnen einmal meine Einschätzung: Hier wird Steuergeld verbraten für eine Technologie, von der wir uns letzten Endes schon längst verabschiedet haben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist die Tatsache.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Man muss auch die Frage stellen: Ist es vernünftig, in eine Technik zu investieren, die wir offenbar nicht beherrschen? - Kernenergie kann, darf und wird keine Zukunft in der Bundesrepublik Deutschland haben. Ich bin davon überzeugt, dass die Kernenergie auch mittelfristig keine Zukunft auf der Welt haben wird. Davon bin ich überzeugt.

(Beifall bei der SPD)

Sie hat auch keine Akzeptanz in der Bevölkerung.

Wie sieht es vor dem Hintergrund der erwähnten Veranstaltung auch mit der Ernsthaftigkeit der Absicht aus, aus der Kernenergie auszusteigen? Sollen diese neuen Reaktortypen an Länder verkauft werden, die sich noch nicht ganz klar darüber sind, ob sie die Kernkraft weiterführen wollen? - Wir haben doch folgende Situation vor Ort: Zum einen suchen wir seit Jahrzehnten wirklich verzweifelt nach einem Endlager für hoch radioaktiven Müll. Trotzdem wird weiter geforscht, als wenn überhaupt nichts passiert wäre.

Im Übrigen heißt das Frau Ministerin Wanka auch noch gut. Es sind aber doch zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe. Auf der einen Seite fließt eine Menge an Steuergeldern in die Erforschung neuer Reaktortypen, und auf der anderen Seite stehen der Ausstiegsbeschluss der Bundesregierung und die Absicht, grundsätzlich aus der Atomkraft auszusteigen. Das sind zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe! Ich sage: Für mich ist das letztlich eine verkehrte Welt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Es gilt, an der Stelle die Gesamtverantwortung zu übernehmen. Diese Erwartung müssen wir an die Bundesregierung richten. Dieses Signal sollte und muss gerade auch von uns Niedersachsen kommen. Das Geld, das dort hineinfließt, muss letzten Endes in das Ende der Kernenergie investiert werden, nicht aber in deren Reanimierung bzw. Wiederbelebung.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich danke Ihnen, Herr Bosse. - Jetzt hat sich Herr Dr. Stefan Birkner, FDP-Fraktion, zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Aber nicht wieder aus Prinzip dagegen sein!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bosse, das, was Sie hier gesagt haben, ist schon sehr bemerkenswert. Ich habe mir insbesondere ein Stichwort notiert: verkehrte Welt. - Das, was Sie hier machen, ist echt verkehrte Welt. Sie haben eben die ganze Zeit auf die Bundesministerin Wanka verwiesen. Haben Sie sich eigentlich auch einmal mit der Frage auseinandergesetzt, wer die Verantwortung dafür im Bund eigentlich trägt? - Das ist der Bundeswirtschaftsminister Gabriel!

(Marcus Bosse [SPD]: Auch! Auch!)

- Nicht „auch“! Der ist federführend für die Energieforschung verantwortlich. Er ist für den Energieforschungsbericht des Bundes und das entsprechende Programm dahinter verantwortlich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Anlass und die Zielsetzung dieser Aktuellen Stunde sind eigentlich klar. Das ist ja alles nur vorgeschoben. Die wahre Intention der Grünen ist einmal mehr, zu gucken, ob man aus dem Thema „Ausstieg aus der Kernenergie“ nicht doch noch irgendwie Honig saugen kann, wenn man merkt, dass einem das Thema so langsam wegbricht. Das ist ziemlich offensichtlich.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Sie schlie- ßen immer von sich auf andere!)

Was aber sozusagen der konkrete Anlass ist, bleibt unklar. Wenn Ihnen das ein ernstes Anliegen wäre, würde ich auch ernsthafte Initiativen von Ihnen verlangen und nicht irgendwelche Schaufensterveranstaltungen, bei denen keiner so richtig weiß, wohin Sie eigentlich wollen und bei denen Sie im Übrigen mit falschen Fakten arbeiten.

Es gibt ja verschiedene Handlungsebenen, auf denen Sie etwas tun können. Man könnte - das gilt zumindest für die SPD - z. B. über die Koalition, über den Bundesminister und Bundesvorsitzenden, der aus Niedersachsen kommt, entsprechend Einfluss nehmen.

Das 6. Energieforschungsprogramm ist noch von der alten schwarz-gelben Bundesregierung auf den Weg gebracht worden, es ist aber im Bundesbericht zur Energieforschung im Jahr 2014 durch Bundesminister Gabriel, durch Ihren Bundesvorsitzenden, ausdrücklich übernommen worden. Dort sind die Linien ausdrücklich gezeichnet: Die Schwerpunkte sollen beibehalten werden, sie werden übernommen und fortgesetzt.

Herr Kollege Bosse, insofern ist das, was Sie machen, verkehrte Welt. Sie streuen den Leuten hier Sand in die Augen. Sie suggerieren, das sei eine Thematik, bei der es um die Glaubwürdigkeit Ihrer Politik gehe. - In Berlin tun Sie exakt das andere, und hier in Niedersachsen, weil es Ihr eigener Bundesvorsitzender ist, der aus Niedersachsen - aus Ihrer Region im Übrigen - kommt, sind Sie still und tun Sie nichts dafür, die Position, die Sie hier vorgeblich haben, umzusetzen.

(Marcus Bosse [SPD]: Das wissen Sie doch gar nicht!)

Wenn Sie sich die Dinge näher anschauen - Frau Staudte hat Zahlen genannt, die ich zumindest nicht nachvollziehen kann -, gehen 74 % des 6. Energieforschungsprogramms in die Umsetzung der Energiewende. Das betrifft die Teilbereiche Energieeffizienz, erneuerbare Energien, nukleare Sicherheit- und Endlagerforschung und die Fusionsforschung. Wenn man die Verteilung im Jahr 2013 betrachtet - ich kann das anhand der Balken nur ungefähr sagen -, entfallen auf die Energieeffizienz 300 Millionen Euro, auf die erneuerbaren Energien 300 Millionen Euro, auf die nukleare Sicherheits- und Endlagerforschung etwa 80 Millionen Euro und auf die Fusionsforschung ca. 130 Millionen Euro. Hier den Eindruck zu erwecken, dies sei eine Energieforschungspolitik, die die Energiewende nicht in den Blick nimmt, obwohl 74 % des Programms darauf ausgerichtet sind, gehört wieder zu dem für Sie typischen Spiel: Sie versuchen hier, die Menschen zu täuschen, um sie in eine bestimmte Richtung zu drängen und zu suggerieren, hier würde der Wiedereinstieg in die Kernenergie vorangetrieben. - Das ist definitiv falsch!

(Zustimmung von Jörg Bode [FDP] - Miriam Staudte [GRÜNE]: Wenn man Herrn Bäumer hört, hat man aber den Eindruck!)

Zur Fusionsforschung: Ich erlaube mir, aus dem Bundesforschungsprogramm zu zitieren, das sich Bundeswirtschaftsminister Gabriel zu eigen gemacht hat, der gesagt hat: Wir setzen das fort. - Auf Seite 120 heißt es zur Fusionsforschung - ich zitiere -:

„Verantwortungsvolle Forschungsförderung bedeutet daher aber auch, langfristige Entwicklungen im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Bereich zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund wird die Erforschung der Kernfusion gefördert. Werden